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Draften mit dem Durchschnittshackbarth
von Torben Thies
10.04.2009

Hallo und herzlich willkommen zum vierten Teil dieser Draftreihe. Heute werde ich mit dem ersten Draft abschließen, indem ich einige Karten bespreche, deren Implikationen auf unser Maindeck bisher deutlich zu kurz gekommen sind. Beginnnen möchte ich mit einer der unterbewertetsten Karten aus Conflux, und zwar Valiant Guard. Seine Toughness hält so ziemlich jeden 2-Drop ab und das ist alles, was wir uns im frühen Spiel wünschen.
...
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„Cut!“

Okay, ihr merkt, der erste Draft wurde in seinem drei Wochen überspannenden Prozedere wirklich genügend ausgeleuchtet. Widmen wir uns lieber einem neuen Thema und damit einer neuen Boosterauspackparade, die diesmal auch innerhalb eines Artikels abgehandelt wird. Dafür müsst ihr euch aber auf einen geringfügig anderen Ablauf als in euren handelsüblichen 08/15-Walkthrough gefasst machen. Ich werde nämlich nur die meiner Meinung nach entscheidenden Picks mit euch besprechen, den Rest präsentiere ich euch mehr oder weniger kommentarlos.

Unser heutiges Thema ist Entscheidungsfreudigkeit, beziehungsweise ein Mangel daran. Ich bin ein Drafter, der ständig von der Angst besessen ist, in denselben Farben wie seine Nachbarn zu landen, wichtige Signale übersehen zu haben und allgemein offensichtliche Entscheidungen zu versemmeln. Deswegen ist diese Kolumne auch ein wenig Therapie und Selbstbestätigungsversuch. Bitte unterstützt mich dabei!

Aus dieser Angst resultiert meist ein Gefühl der Verlorenheit – etwas, das ein wirklich guter Drafter vielleicht so nicht kennt. Ein gutes Beispiel hierfür bildet die nachfolgende 8-4-Queue, bei der ich auch rückblickend noch mein Gehirn gefühlte drei Stunden pro Entscheidung vor sich hinbrabbeln höre und eigentlich sagen will: „Halt's Maul und nimm einfach irgendeine gottverdammte Karte!“

Diesmal werde ich also meiner selbstbescheinigten Durchschnittlichkeit alle Ehre machen und einen einigermaßen misslungenen Draft präsentieren. Vielleicht gibt ja gerade das umso mehr Anlass zu interessanten Diskussionen im Forum – sagt nur nicht, ich hätte euch nicht gewarnt!

Der Eiertanz beginnt

Dabei beginnt der erste Booster so gut. Caldera Hellion über Naya Charm und Naya Battlemage ist eine einfach Wahl und lässt mir zahlreiche Optionen offen.

Dann aber der Second Pick of Horror:





Was mache ich denn nun? Nach einem ausgiebigen Gespräch verweigert mein Gehirn die Aussage, weil es am Ende nicht zur Verantwortung gezogen werden will und verweist auf meinen Bauch. Grummelnd meint dieser, dass Rhox War Monk doch eindeutig die stärkste Karte sei. Grummelnd erwidere ich, dass mir das aber nicht viele Möglichkeiten biete, beide Picks in einem Deck zu spielen. Es folgen Sekundenbruchteile der eisigen Stille, bis ich endlich meinem Bauch zustimme und Rhox War Monk nehme. Druid of the Anima wäre vielleicht richtiger gewesen. Aber ich will einfach keine Möglichkeit verpassen und mich am Ende in ein Deck manövrieren, in dem der Pfannkuchenumdreher perfekt gewesen wäre.

Angst vor schwachen Picks mit Inkaufnahme von Inkonsistenz ist ein Phänomen, das meiner Erfahrung nach bei vielen Spielern auftritt. Es gibt so viele Drafter die immer die beste Karte aus dem Booster nehmen wollen, da sie Angst haben, sonst etwas zu verpassen. Bei mir führt eine zu geringe Distanz zum Geschehen häufig zu solchem Verhalten. In diesem Fall wollte ich unbedingt alles perfekt machen und den Draft gewinnen. Ich habe mich unter den Zwang gesetzt, immer die richtige Entscheidung zu treffen, obwohl das im Nachhinein so gut wie nie möglich ist. Das ist eine Situation, die ihr dringend vermeiden müsst. Ihr erlaubt euch durch solch eine selbstauferlegte Bürde nur zwei Möglichkeiten: Entweder ihr zieht zwanghaft den mit eurem ersten Pick begonnenen Weg durch oder ihr seid extrem sprunghaft, weil ihr ja auf jeden Fall und unter allen Umständen den bestmöglichen Weg einschlagen wollt. Caldera Hellion und Rhox War Monk also.


Der dritte und vierte Pick sind jeweils Länder, mit einem Jungle Shrine über Deft Duelist und Courier's Capsule und Seaside Citadel über Hissing Iguanar und Resounding Silence. Ihr merkt, ich will alle Möglichkeiten.

Der fünfte Booster sieht so aus und hier lasse ich euch aufgrund der vorigen Entscheidungen mal abstimmen:






Bis jetzt sind wir ja farblich sehr flexibel, haben aber noch keinen richtigen Plan, was eigentlich Sache ist. Herausragend für seinen Decktyp ist hier eigentlich nur Sigiled Paladin, den ich im Draft auch für besser als Knight of the White Orchid halte. Um weiterhin die optimalen Karten für den finalen Decktyp zu haben, nehme ich ebendiesen, ohne eine Ahnung zu haben, ob Bant wirklich meine Endstation sein wird.

Wieder könnt ihr beobachten, dass ich mich scheue, eine eindeutige Wahl zu treffen. Der Paladin könnte das Signal sein, warum also eine Chance verpassen. Wahrscheinlich mache ich mir viel zu viele Sorgen darum, was die anderen vielleicht von mir wollen. Sie sind immerhin meine Gegner und das, was sie für mich wollen, ist vielleicht gar nicht mal das Beste.

Es folgt ein Obelisk of Jund, der Esper Battlemage und Goblin Deathraiders vorgezogen wird. Also wohl doch nichts mit Sigiled Paladin als Signal. Schade.

Brilliant Ultimatum über nichts anderes ist auch keine Wahl, die mich himmelhoch jauchzen lässt.

Resounding Silence jedoch ist ein achter Pick, der mich wieder zuversichtlich stimmt. Ist fünffarbige Kontrolle der Weg, den ich einschlagen sollte? Jedenfalls ist das der Mörtel, der den Großteil meiner Picks zusammenhält.

Es folgen:

Mit diesen nicht gerade überragenden, aber für jeden Schabernack zu habenden Karten gehe ich in den nächsten Booster. Gemischte Gefühle machen sich breit. Ich habe zwar gutes Fixing, das jegliche Farben abdeckt, aber ich habe bei weitem noch nicht genug spielbare Karten, die meine Manabasis glänzen lassen. Das muss sich ändern.

Subthemen ohne Hauptthema





Mal ganz ehrlich, was hättet ihr hier genommen? Wo setzt man da an? Wo macht man weiter?


Fixing habe ich genug, ich brauche Karten, die was tun! Infest räumt ab, aber mein Plan (wenn man von so etwas sprechen kann) sieht eher „bantig“ aus. Mit einer zu verachtenden Menge an Artefakten nehme ich Sanctum Gargoyle, in der Hoffnung das Late Game mit halbwegs sinnvoller Artefaktrekursion und Fliegern zu gewinnen. Cavern Thoctar ist halt ein schwerer Junge, dessen Job jeder x-beliebige Cyclefattie erledigen kann, Master of Etherium ist zu speziell. Deswegen bin ich immer noch nicht dabei, irgendeinen begonnenen Plan zu vollenden, sondern krebse mit einer irren Anzahl an Potenzialen herum, von denen in den nächsten Boostern möglichst viele unter einen Hut gebracht werden sollen. Und wieder traue ich mich nicht, Butter bei die Fische zu machen und mich für etwas zu entscheiden.

Ich weiß, es ist von klimatischer Sichtweise her nicht sinnvoll, aber so ist es nun mal – hier folgt noch eine Umfrage:






„Voll“ – das ist das erste Attribut, das mir zu diesem Booster einfällt. Mein Bauch will mir aus irgendeinem Grund Sighted-Caste Sorcerer andrehen, aber jetzt meldet sich mein Gehirn zurück und erhebt Anspruch auf entweder Necrogenesis oder Resounding Thunder, drohend, ansonsten wieder in den Stand-by-Modus zurückzuschalten. Ich habe mein Gehirn eigentlich schon ganz gern, außerdem sind seine Argumente (hauptsächlich „Du hast so gutes Fixing, mach gefälligst was draus“ und „Bant ist für Versager“) zu gut, um sie zu vernachlässigen.

Fatalerweise lässt es mir aber noch einen letzten Hauch von freier Wahl und ich picke statt der Bombe das bombenstarke Removal. Resounding Thunder landet also in meinem Stapel, die vermutlich bessere Necrogenesis darf mit anderen Spielern liebäugeln. Ich Idiot.

Es folgen Executioner's Capsule, ein zweiter Sanctum Gargoyle (yay, Artefaktsubthema kommt in die Hufen) und als Nächstes eine Miniumfrage:



Die zwei Sanctum Gargoyle schreien eigentlich nach der Strix, jedoch fühle ich mich nicht sehr sicher, früh Blau und Schwarz zur Verfügung zu haben. Ein fünffarbiges Deck auf Basis von Bant ist gar kein so schlechter Plan, denke ich mir, und nehme Topan Ascetic. Vielleicht merkt ihr: Die Gedankengänge werden kürzer, die Picks spontaner.

Die Pausenfüller sind diesmal:

Kathari Screecher
Jund Panorama (noch mehr Fixing)
Steelclad Serpent (alles, was spät hauen kann, ist super in dem Deck)
Cancel
Kederekt Creeper (zwei hintereinander!)
Coma Veil
Jhessian Lookout
Soul's Grace
Island

Zu viele Länder, zu wenig Karten, die etwas tun.

Der Zusammenfluss des... ja, was denn eigentlich?

Ein relativ mauer erster Booster bietet mir Scepter of Dominance, ich nehme das Angebot an und hoffe auf weiteres Kittmaterial.






Hier könnte ich wirklich Boden gut machen. Zwar bietet der Booster keine Überbombe, aber solide Karten sind dabei. Und was nehme ich? Kaleidostone! Ich muss ja Mana fixen. Anscheinend fand ich jede der angebotenen Optionen nicht verlockend genug – und ich hatte ja zu diesem Zeitpunkt schon mehr als genug spielbare Karten... Ich befand mich wirklich in einem so desolaten und verzweifelten Zustand, dass ich völlig ignorierte, was ich wirklich für mein Deck brauchte.

Rupture Spire über Wretched Banquet und Spore Burst. Ich bin ja fünffarbig und brauche Fixing.

Vedalken Outlander über Absorb Vis. Ich bin zwar fünffarbig, aber brauche auch mal früh spielbare Karten.

Faerie Mechanist. Unangefochten. Kein Mispick.

Rupture Spire über Sylvan Bounty, Scarland Thrinax, Vagrant Plowbeasts und Pestilent Kathari. Ich bin ja fünffarbig und brauche Fixing.

Jetzt wird es doch noch einmal echt hart und deswegen lasse ich euch ran:







Ich entscheide mich für den Paragon. Er kommt früh und kann in meinem Fall auch früh frühstücken gehen. Aber so späte Auswahl hätte ich nicht erwartet.

Das Paket wird abgerundet durch:

Ich zeige euch nicht mein Deck, denn das ist hier nicht der Punkt. Ich bin mit euch durch den Draft gehetzt, habe euch keine ruhige Sekunde gelassen und trotzdem will ich von euch nicht hören: „Hättest du lieber Esper gedraftet!“ Das ist nämlich genauso wenig nicht der Punkt. Der Punkt ist schlicht und ergreifend, dass ihr euch nie selbst so sehr unter Druck setzen solltet, dass ihr das große Bild aus dem Auge verliert. Ihr denkt, das passiert euch nicht? Dann seht mal genauer hin. Ich wette mit euch, jeder von euch war mal an diesem Punkt. Es geht aber um den Draft, nicht um euch persönlich. Ihr müsst gar nichts. Ihr habt die Zeit zu observieren, die Freiheit zu forcen, das alles könnt und dürft ihr. Tut es aber, wenn ihr wollt, und nicht, wenn ihr euch dazu zwingt. Ihr werdet merken, die Entscheidungen werden besser.




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