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Limited
Wuchernde Pläne
von Simon Betz
05.10.2010

Nachdem ich vor einigen Tagen bereits erste Erkenntnissen über das neue Limitedformat geliefert habe, folgt heute der nächste Streich. Wir waren wieder einmal am Releasewochenende mit vielen Menschen und ebenso vielen Displays zugange und haben gedraftet. Hier nun also der Forschungsbericht über First Picks, Archetypen, Strategien sowie gute und schlechte Karten.

Um über Draftstrategien berichten zu können, ist es notwendig, sich die Archetypen dieses Formats bewusst zu machen. Das ist nicht nur wichtig, sondern auch aufwändig. Während relativ leicht festzustellen ist, dass es vermutlich Infect, Metalcraft und weniger Eindeutiges in den Ausprägungen Aggro, Midrange und Control gibt, ist es recht schwierig, die Grenzen zu ziehen. Das kann auch während des Draftens dafür sorgen, dass man mit ein paar abweichenden Picks plötzlich woanders landet als eigentlich geplant. Unter Umständen erlaubt dieses Format nicht nur eine hohe farbliche Flexibilität, sondern auch die Möglichkeit, sich erst sehr spät festzulegen, wohin das Deck denn eigentlich gehen soll. Die ersten Picks können die Wurzel eines Entscheidungsbaums sein, um den herum euer Draftplan wuchern kann.

Ich habe bisher überhaupt den Eindruck, dass es First Picks häufiger ins Deck schaffen als sonst üblich, da man durch den hohen Artefaktanteil etwas besser in der Lage ist, zu splashen. Das grundsolide Removal oder die gamebreakende Spoilerrare landet so gerne zur Verstärkung in einem Deck, welches eigentlich auf andere Weise gewinnen möchte. Das sollte Anlass genug sein, einmal darüber nachzudenken, was denn überhaupt Firstpickqualität hat. Jede einzelne Karte durchzugehen, wäre müßig und langweilt vermutlich die Leute nur noch weiter, die sich schon Vorabeinschätzungen aus dem Pflichtgeschreibsel von irgendwelchen Pros durchgelesen haben. Stattdessen möchte ich einige wichtige Karten hervorheben, die schnell dafür sorgen, dass sie der Kernbestandteil des Deckplans werden.

Weil auf den meisten Rares und Mythics recht klar draufsteht „Ich gewinne dir das Spiel“ oder „Ich koste zu viel Zeit und Ressourcen“, und sie überdies selten in Boostern auftreten, klammere ich sie hier aus. Auch im Common- und Uncommonbereich gibt es aber in jeder Farbe sowie natürlich bei den Artefakten sehr viele Karten, die gerne als First Pick genommen werden und die so den weiteren Draftverlauf beeinflussen.


Weiß:


Weiß hat vier Karten, denen ich Firstpickqualität zuspreche. Arrest, Revoke Existence, Myrsmith und Razor Hippogriff. Ersterer behandelt Kreaturenprobleme aller Art, Revoke entsorgt Artefakte und Verzauberungen sehr gründlich, der Schmied erzeugt Boardvorteil und supportet Metalcraft und der Uncommon-Flattermann generiert Kartenvorteil. Artefakt zurück, Leben zurück und 3/3 Flying ist für fünf Mana eine grandiose Investition. Vermutlich wäre Revoke auf Platz 1 gefolgt von Greif, dann Arrest, dann Schmied. Mit diesen First Picks ist man sehr flexibel, noch auf keinen Archetyp festgelegt und kann schauen, was der Nachbar einem für Zeichen setzt. Wird es der Greif, sollte man natürlich am Ende mit ein paar Artefakten dastehen, die es zurückzuholen lohnt, was aber in diesem Block weniger schwierig ist.


Blau:


Blau hat viele solide Karten, aber nur sehr wenige, die man zwingend firstpicken muss. Trinket Mage oder Thrummingbird, Sky-Eel School und Neurok Invisimancer sind absolut solide Karten, passen aber nicht immer in alle Decks. Sie kann man eigentlich nur dann als erste Karte nehmen, wenn wirklich sonst keine Qualität im Booster ist. Wobei ich da eigentlich schon jeden Manamyr höher ansiedeln täte. Es gibt jedoch einen Megaspoiler in Blau und zwar Volition Reins. Hat den Nachteil, wirklich äußerst blau zu sein, ist aber eine bessere Mind Control. Für diese Karte lohnt es definitiv, Blau zu gehen. An zweiter Stelle lässt sich Riddlesmith platzieren, welcher für lau lootet, eine Fähigkeit, die immer noch so gut ist wie eh und je.


Schwarz:


Schwarz hat in meiner Draftwelt drei First Picks im Common/Uncommon-Bereich, und das sind in dieser Reihenfolge Skinrender, Grasp of Darkness und Necrogen Scudder. Ersterer ist ein Nekrataal mit besseren Stats, welcher enorme Qualität sowie Kartenvorteil bietet. Grasp of Darkness ist ein sehr solides Removal und ein guter Combattrick, welcher fast alle gefährlichen Kreaturen abstellt, sogar unzerstörbare. Etwas kritischer ist vielleicht der Scudder als neuer Foul Imp, ich habe jedoch extrem gute Erfahrungen mit ihm gesammelt. Besonders in Decks, die nicht explizit auf Infect oder Metalcraft setzen, sondern auf flexible, hohe Kartenqualität, ist der äußerst willkommen. Nicht so hoch anzusíedeln wie Removal, oder Removal auf Beinen, aber schon kurz dahinter.


Rot:


Rot bietet uns vier starke Karten, welche schnell ins Deck möchten, wenn sie auftauchen. Das sind die Artefaktzerstörer Oxidda Scrapmelter und Shatter und die Burnspells Arc Trail und Galvanic Blast. Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Scrapmelter oder den Trail höher bewerten muss. Ein Shatter auf Beinen ist ohne Zweifel lächerlich stark, ein Schuss, der die ersten zwei Drops des Gegners mit ziemlicher Sicherheit eliminiert, auch. Gerade kleine Infecter oder Manamyrs sowie grüne und weiße Metalcrafter, die noch nicht ausgewachsen sind, bieten hervorragende Ziele. Aufgrund dieser Vielfalt an Anwendungsmöglichkeiten sehe ich den Trail, glaube ich, minimal höher. Platz 2 geht klar an das Shatter auf Beinen gefolgt von dem Shatter ohne Beine. Platz 4 geht damit an den Blast, der ohne Metalcraft bereits ein Shock ist und als solcher ein wichtiger früher Disruptionspell gegen oben angesprochenes Kleinvieh. Mit Metalcraft wird es dann absurd. Ich habe mit ihm schon oft größere Probleme ausgeschaltet oder die letzten vier bis acht Schadenspunkte durchgedrückt, eine unglaubliche Range im Limited.


Grün:


Grün ist einigermaßen dünn, was generische First Picks anbelangt, sind doch viele der Karten irgendwie im Metalcraft- oder Infectmilieu anzusiedeln. Karten wie Cystbearer, Tel-Jilad Exile oder Carapace Forger kann man firstpicken, wenn sonst nichts da ist, später werde ich aber noch drauf eingehen, dass man mit der Entscheidung zugunsten eines dieser Keywords besser warten sollte. Zwei Karten, die wirklich solide sind, sind Slice in Twain als Removal-Cantrip und die Acid Web Spider, die Equipments auffrisst. Meiner Meinung nach steht Grün allerdings hinter den anderen Farben zurück, was die frühen Picks angeht, kann jedoch, wenn der Deckplan sich verfestigt, eine tolle Ergänzung werden.


Artefakte:

Artefakte haben zwei Vorteile gegenüber farbigen Karten: Sie ermöglichen maximale farbliche Flexibilität – und sie sind Artefakte! Der letzte so banal klingende Punkt ist extrem wichtig. Wenn man sich letzten Endes entscheidet, den einen oder anderen Metalcrafter oder einen der roten Artefaktfresser, oder wenn man gierig proliferaten möchte, Throne of Geth zu spielen, ist es immer von Vorteil, keine Slots mit Füller-Artefakten vollmüllen zu müssen, sondern möglichst viele Artefakte mit Qualität zu haben, die ohnehin ins Deck möchten. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass Artefakte auch einen Nachteil haben: Sie sind Artefakte. Mehr Banalitäten also. Ich finde es absolut sinnvoll, viele gute Artefakte zu draften, man muss sich aber bewusst sein, dass dieser Block ebenso viel guten Artefakthate beinhaltet, der nicht zufällig bei Grün, Rot und Weiß hoch in der Pickorder auftaucht. Der verwegene Drafter kann durchaus auch ein artefaktfreies Deck draften, was mit ziemlicher Sicherheit den meisten Gegnern einige tote Karten beschert.


Natürlich ist nicht jedes Artefakt ein First Pick. Auf viele unscheinbare, doch mitunter sehr effektive Spielereien gehe ich später bei den Archetypen, insbesondere im Metalcraft-Teil, noch ein. Einige sind aber hoch auf meiner Favoritenliste, die möchte ich noch kurz vorstellen. Den ersten Platz teilen sich Darksteel Axe und Contagion Clasp. Das günstige Equipment, für das es genau zwei Removalsprüche gibt (Revoke Existence, Volition Reins) ist vor allem im infect- oder evasionlastigen Deck extrem stark, in kontrolligeren Listen sehe ich die Clasp leicht vorne. Ein schnelles Removal für Manamyrs und Co., welches dann noch als Metalcraftfutter auf dem Tisch liegt und im Lategame Wucherungen durchführt, ist schon ein sehr gelungener Allrounder. Welches dieser Artefakte im möglichen direkten Vergleich dann der Pick wird, bleibt vermutlich Geschmacksache. Leichter zu determinieren ist der dritte Platz, den bei mir Sylvok Replica einnimmt. Die ist erst einmal eine kleine farblose Boardpräsenz und kann mit minimalem Grünsplash ein potentes Removal werden. In leereren Boostern ist übrigens jeder Manamyr inklusive Palladium Myr ein valider First Pick, denn sie passen immer in die Kurve, unterstützen Metalcraft, kompensieren ein wenig die Abwesenheit von Artefaktländern (die zugegebenermaßen zu gut wären in diesem Block) und rampen schnell in sinnvolle Bereiche dieses recht manaintensiven Formats.


Picks, or It Didn't Happen


Nachdem ich bisher nur die Diskussion innerhalb der Farben abgehalten habe, bildet der Vorschlag einer farbübergreifenden Pickorder der Commons und Uncommons den Abschluss dieser Einleitung, bevor wir uns auf die Archetypen stürzen. Diese Order ist keineswegs verbindlich, nur ein Richtwert, aus meinen bisherigen Erfahrungen abgeleitet. Verbesserungen, Ergänzungen und Kommentare sind gern gesehen.

1.

Volition Reins/Arc Trail: Ich vermute, dass dies die Removalspells mit dem größten Potenzial sind. Ich würde vermutlich den vom Effekt her leicht schwächeren Arc Trail über die leider sehr teuren Reins nehmen, aber von der Qualität spielen sie schon in derselben Liga, vermutlich sogar im selben Stadion.

2.

Oxidda Scrapmelter: Artefaktremoval auf Beinen ist grundsolide. Nehmen.

3.

Skinrender: Hier bin ich etwas unschlüssig, ob nicht Artefaktremoval höher bewertet werden muss. Die Tatsache, dass er aber meist eine Kreatur abrüstet und selbst eine Boardpräsenz darstellt, setzt ihn in meiner Wahrnehmung knapp zwischen Scrapmelter und die Folgenden.

4.

Shatter: Instant zu sein, positioniert ihn knapp vor dem nächsten Bewerber …

5.

Revoke Existence: Das ist wirklich so eng, dass man diesen hier ruhig über Shatter nehmen kann, wenn noch weitere rote Zeichen im Booster sind. Enchantments zu entsorgen, ist ein starker Bonus (Arrest, Volition Reins etc.). Trotzdem sehe ich Shatter minimal drüber, weil er eben Instant ist.

6.

Darksteel Axe: Einfach solide Aufwertung des Boards.

7.

Contagion Clasp: Die Lobeshymne auf ihre vielen Anwendungsmöglichkeiten wurde oben schon gesungen. Je nach Geschmack wahlweise über der Axt.

8.

Razor Hippogriff: Kartenvorteil lässt diesen Mann noch über dem restlichen Removal auftauchen.

9.

Sylvok Replica: Flexibles Artefakt- und Enchantmentremoval ist in diesem Block noch etwas besser als Burn oder Kreaturenbekämpfung.

10.

Slice in Twain: Instant und Cantrip sind schon außerordentlich gut, jedoch finde ich die tiefgrünen und vier betragenden Kosten zu krass, um ihn höher in die Liste zu schieben.

11.

Arrest: Pacifism war noch nie schlecht, und auch das Abstellen der Fähigkeiten ist in diesem Block hin und wieder wertvoll.

12.

Galvanic Blast: Er tötet keine Artefakte, aber Kreaturen und Spieler. Solide.

13.

Grasp of Darkness: Er tötet keine Artefakte und Spieler, aber sehr zuverlässig Kreaturen. Kostet allerdings Doppelschwarz.

14.

Die Schmiede: Besonders hervorgehoben hatte ich die blauen und weißen Schmiede, die schnell Karten- und Qualitätsvorteil generieren. Embersmith liegt gleichauf, hat in Rot bloß sehr viel Konkurrenz.

15.

Necrogen Scudder: Ein solides Tier mit guten Stats für einen fairen Preis. Ohne Removal oder Kartenvorteil zu sein, in dieser Liste aber niemals an einem höheren Platz.

16.

Acid Web Spider: Die meisten Decks haben irgendwelche Ziele, weswegen sie durchaus Qualität besitzt, allerdings zu teuer und situativ, um es höher in die Liste zu schaffen.


1. Infect


Kommen wir also zum ersten verlockenden Archetyp. Um über Giftmarken zum Sieg zu gelangen, muss man dafür sorgen, dass der Gegner zehn davon bekommt. Das klingt in etwa so banal wie „Wenn der Gegner auf null ist, hast du gewonnen“. Ist es aber nicht. Es gibt durchaus vielfältige Möglichkeiten beim Draften, Deckbauen und Spielen, wie man auf diese zehn Marken kommt, so wie es auch Myr-iaden Wege gibt, dem Gegner die Lebenspunkte abzunehmen.

Die offensichtlichste Option ist, recht aggressiv alles zu picken, was das Keyword Infect ziert. Da Infect im Gegensatz zu den alten giftigen Tieren pro Schadenspunkt Giftmarken verteilt, sind für die restlichen Slots Pumpspells und Power vergrößernde Equipments Mittel der Wahl. Eine sinnvolle Pickorder ist hier, die jeweils beste Infect-Kreatur über alles andere zu nehmen, solange es sich anbietet. Heißt: Wenn ein Rarespoiler oder ein gutes Removal kommt, dann das drüber nehmen, diese sind nämlich verhältnismäßig selten und sehr entscheidend. (Siehe Pickorder.) Es ist wichtig, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, um zu entscheiden, welches Deck es werden soll. Kommen nach fünf Picks nur noch keine oder schlechte Infecter wie Vector Asp oder Blackcleave Goblin, ist vermutlich jemand anders auf dem Infect-Trip. Dann heißt es, nach Zeichen für einen anderen Archetyp zu suchen, oder wenn diese nicht vorhanden sind, Infect als Plan B auszupacken.

Dieser könnte so aussehen, dass man weniger Instanzen von Infectern draftet und stattdessen mit einer größeren Zahl an Removal und Pumpspells versucht, seine Marken durchzubringen. Das lässt Platz im Deck für defensive Kreaturen wie die Replicas oder Wall of Tanglecord, die eher mittlere Qualität haben, aber durchaus die nötige Zeit verschaffen können, die man zum Gewinnen braucht.

Ein dritter Plan, mit Infect zu gewinnen, lässt sich mit dem Grafted Exoskeleton realisieren. Eins bis drei dieser Dinger in einem evasionstarken Deck können aus einem relativ gestallten Board schnell eine Wenige-Runden-Clock herauszaubern. Das hat freilich nichts mit dem für ein handelsübliches Infectdeck nötigen Draftplan zu tun, sollte aber zumindest erwähnt werden.


2. Metalcraft


Zeit, den Impact des zweiten neuen Keywords auf das Format zu beleuchten. Es ist nicht entscheidend, ob man nun drei oder zehn Metalcrafter im Deck unterstützen will. Wichtig ist, dass man sich bewusst macht, dass hier ein Spagat nötig ist. Die meisten richtig guten Metallkünstler sind nämlich selbst keine Artefakte, daher muss man Sorge tragen, dass man ausgewogen genug pickt, um sich nicht selber auf dem Schlauch zu stehen.

Einige Metalcrafter wie Ezuri's Brigade oder Galvanic Blast haben Firstpickqualität. Diese sind freilich auch dann gut, wenn Metalcraft noch nicht aktiv ist. Gezielt von Metalcraft Gebrauch machen, sprich: sich dazu entschließen, es intensiv zu erdraften, sollte man aber zum richtigen Zeitpunkt und in einer angemessenen Art und Weise. Ich will versuchen, zu beschreiben, wie das aussehen könnte.

Springen wir ungefähr zum fünften Pick. Haben wir bis hierhin weder ein Artefakt noch eine Instanz von Metalcraft eingesammelt, sollten wir uns genau überlegen, ob wir nun einen Carapace Forger oder einen seiner weißen Brüder nehmen. Damit dieser Pick keine Verschwendung ist, müssen wir nämlich dafür sorgen, dass wir ausreichend Artefaktqualität bekommen, und das in ausreichender Stückzahl. Zudem sind dann weitere Instanzen von Metalcraft erwünscht. Wobei natürlich klar sein sollte, dass wir lieber zu viele gute Artefakte für unsere Metallkünstler haben als umgekehrt. Wie im ersten Forschungsbericht angeklungen sind 15 Artefakte im späteren Deck ein solider Richtwert, um Metalcraft zuverlässig zum Laufen zu bringen; mit weniger musste ich am Releasewochenende mehrmals feststellen, dass das ganze Deck schnell zum Zuschauer degradiert wird.


Sobald wir uns guten Gewissens für den Metalcraftplan entschieden haben, sind nicht nur weitere Metalcrafter und Artefakte hoch im Kurs, einige unscheinbare Vertreter steigen dann deutlich in der Pickorder, einfach weil sie Artefakte sind. Besonders hervorzuheben sind Chrome Steed und Rusted Relic ebenso wie leicht dahinter Snapsail Glider. Diese sind vielleicht vom Kosten/Nutzen her etwas schwächer als ihre farbigen Ebenbilder, aber sie sind Metalcrafter, die sich selbst mitzählen. Firstpickqualitäten spreche ich keinem der drei zu, doch ist man einmal auf diese Schiene geraten, sind sie äußerst wertvoll.

Weiterhin gibt es Spells in Artefaktform. Damit meine ich Artefakte, die ein paar Mal etwas machen und danach nicht mehr, so wie ein Spell, die danach aber noch zur Unterfütterung von Metalcraft auf dem Tisch liegen, was sie zu besonders reizvollen Spells werden lässt. Zudem sind diese Vertreter oft mit Marken versehen, was häufig für eine valide Kombination aus Metalcraft und Proliferate sorgen kann. Ein Umstand, der übrigens die Contagion Clasp zu einem extrem hohen Pick werden lässt. Die Rede ist von den Trigons und ähnlichen Dingen. Aufgrund seiner Günstigkeit ist Trigon of Rage an erster Stelle zu nennen, das Karten ziehende Trigon of Thought ist aber genauso stark wie das schwarze und grüne. Das weiße Trigon, das lediglich Leben generiert, hinkt weit hinterher und sollte lediglich im Notfall eingebaut werden.


Neben den Trigons ist vor allem noch der Tumble Magnet zu erwähnen. Im Aggrodeck drückt er Schaden durch, im Kontrolldeck kauft er Zeit. Nebenbei unterstützt er Metalcraft und freut sich sehr über Proliferate. Ich war schon versucht, ihn in die Firstpickliste mit aufzunehmen, sehe ihn jedoch knapp unter den dort gelisteten Karten. Für das Metalcraftdeck dennoch vorzüglich.

Ebenfalls eher unscheinbar, aber überraschend gut ist der Necrogen Censer. Ja, wirklich! Das aggressive Deck freut sich hier über Direktschaden, ein mit Proliferate gesegnetes Kontrolldeck über eine Killoption und das Metalcraftdeck, welches beides sein kann, über ein weiteres Artefakt.


Schon im letzten Artikel erwähnte ich Liquimetal Coating. Neben Precursor Golem und Myr Battlesphere die einzige Karte, die mehr als ein Artefakt aus einer Karte zaubert und somit Metalcraft zuverlässig und oft früher aktiviert, als es der Gegner erwartet hätte, ist sie zudem eine willkommene Hilfe für Shatter & Co., weil sie eben auch gegnerische Permanents anpinseln kann. Ein sehr interessantes Kontrolldeck, gegen das ich ranmusste, präsentierte mir übrigens das Coating plus Viridian Revel, was mein eigentlich sehr artefaktarmes Deck gut unter Druck setzte, da ich mich plötzlich deutlich im Kartennachteil befand, wie das eben so ist, wenn auf den gegnerischen 2-Mana-Instants plötzlich „Destroy target permanent. Draw a card“ steht.

Zudem sind sämtliche Spellbombs und Manamyrs (und auch der Perilous Myr) im Metalcraftdeck gern gesehen. Selbst im Limited eher marginal relevante Spellbombs wie die schwarze lassen sich spielen, wenn man das Mana zum Karte-Ziehen produzieren kann. Früh gelegt, wenn man eh sonst keine Drops hat, bringen sie einen in die Nähe der kritischen Masse, später, wenn genug Artefakte da sind, ersetzen sie sich selbst. Die herausragenden Qualitäten der Manamyrs habe ich ja schon gelobt.

Man muss sich als werdender Metallkünstler also bewusst sein, dass unscheinbare Karten der Schlüssel zum Erfolg sein können. Interessant macht Metalcraft übrigens, dass hier viele Variationen möglich sind. Während Weiß und Grün auf Beatdown aus sind, können Rot und Blau sowohl diesen als auch Kontrolle unterstützen. Galvanic Blast, Lumengrid Drake und Vedalken Certarch können Tempovorteil oder Zeit erkaufen. Schwarz ist etwas dünner besetzt, die anderen vier Farben können jedoch in jeglicher Kombination von der Metallkunst Gebrauch machen.


3. Aggro


Während Aggro mit Metalcraft- oder Infectdecks Überschneidungen haben kann, muss es das nicht. Traditionelle Aggrostrategien funktionieren auch in diesem Format, wenngleich nicht ganz so gut und offensichtlich wie sonst. Gerade wenn man bemerkt, dass ein Infect- oder Metalplan nicht aufgeht, ist es aber wichtig zu wissen, dass althergebrachte Strategien auch greifen können. Aggressive Decks können mit blauen Evasiontieren arbeiten oder das Equipment-Subthema mit Goblin Gaveleer und Sunspear Shikari ausnutzen. Trigon of Rage, Necrogen Censer und Tumble Magnet sind für diese Strategie hervorragend geeignet.

Generell ist der aggressive Archetyp ebenso wie die folgenden beiden eine Ausweichstrategie, wenn man die beliebten Keywords nicht draften kann oder will. Hier gilt die in der Einleitung angesprochene Pickorder. Ab unserer imaginären Pick-5-Marke geht es dann jedoch nicht etwa in Richtung Gift oder Kunst, sondern eben auf Tiere mit guten Werten und wahlweise Evasion. Dies ist nur dann ratsam und möglich, wenn solche auch kommen. Trivialitätswarnleuchte: an.

Necrogen Scudder, Neurok Invisimancer oder Vulshok Replica sind Dinge, die hilfreich sind. Wenn keine Karten in dieser Größenordnung, keine aus der Firstpickliste, und kein Infect und Metalcraft kommen, dann ist immer noch nichts verloren, denn es gibt ebenfalls gute Defensivkarten, die nicht nur Aggro das Leben erschweren, sondern auch andere Ausweichstrategien ermöglichen.


4. Midrange


Midrange ist die halbwegs angemessene Bezeichnung für das, was man andernorts „Removal.dec“ nannte. Es gibt zwar einiges an Removal, jedoch scheinen viele Drafter in diesem Format die Rare- oder Uncommonbombe dem generischen Removal vorzuziehen oder von Anfang an aggressiv auf die Keywords zu draften. Das bedeutet, dass viele Decks ein bisschen Removal haben, aber meist nicht davor strotzen.

Dieses (subjektiv wahrgenommene und einfach mal als Hypothese aufgestellte) Draftverhalten sorgt dafür, dass man ab und zu an der richtigen Stelle des Tisches sitzen kann, um abstrus viel Removal aufzusammeln. Eine alte Draftweisheit besagt, dass man mit jedem Gray Ogre gewinnen kann, wenn man einfach nur das Board leer hält. Genau das kann auch in diesem Format funktionieren. Das ist nun sicherlich keine bahnbrechende Erkenntnis, aber wichtig im Kopf zu behalten. Also auch hier: Apply pick order and see what happens.


5. Control


Etliche Kreaturen dieses Formats haben eine größere Toughness als Power. Das kommt dem Magier, der seinen Leib erst einmal vor kreatürlichem Schaden schützen will, um später mit teuren Spells zu gewinnen, sehr gelegen. Die blaue und die grüne Replika sind gute Vertreter der defensiven Rasse, aber selbst so simple Vanillamänner wie der blaue 1/4er oder der weiße 1/5er können gute Dienste leisten. Ihre Schwäche gegenüber Evasion und gegen Infecter, die mehr als Toughness 1 haben, bedeutet allerdings, dass es lediglich unterstützend, aber keineswegs ausreichend sein kann, sich hinter diesen Mauern zu verschanzen.

Oft, wenn ich am Ende mit einem Kontrolldeck dastand, wurde es übrigens um eine oder mehrere Rares oder wenigstens um teure Flieger herum gebaut. Das macht es schwierig zu verallgemeinern, was ein gutes Kontrolldeck ausmacht. Es gibt jedoch wie einleitend angemerkt einige Rares, die sich frech über die Pickorder hinwegsetzen, weil sie das Potenzial haben, alleine zu gewinnen. Hat man eine oder gar mehrere dieser Exemplare aufgesammelt, kann es hilfreich sein, die kleinen, stallenden Kreaturen höher zu bewerten als sonst.


Mehr Vanille und die schlechten Karten

Anfangs habe ich angekündigt, auch etwas zu den schlechten Karten zu schreiben. Nach sorgfältiger Dosierung von Hirnaktivität bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass ich noch nicht sagen kann, welche Karten wirklich schlecht sind. Ich habe viele Karten ausprobiert und bin von weiteren Karten ausprobiert worden. Liquimetal Coating und Necrogen Censer sowie die defensiven Kreaturen ohne Fähigkeiten haben mir eindrucksvoll ihre Existenzberechtigung bewiesen. Dass Karten wie Scoria Elemental oder Whitesun's Passage einen anschreien und sagen, „Ich mache Kartennachteil, spiele mich nicht!“, ist mir auch nicht mehr als diese Zeilen wert.


Zu guter Letzt möchte ich noch auf eine weitere Überraschung eingehen, die mir widerfuhr. Jemand hat es nämlich geschafft, einen 11-Mann-Draft ungeschlagen mit, nun ja, Klobotierchen zu gewinnen. Das Deck hatte ein paar Removalsprüche und Manamyrs und hat dann mit Nachdruck Dinge wie Alpha Tyrannax aufs Board geklatscht. In meiner Wahrnehmung war das eine Karte, die man völlig zu Recht als einen der letzten Picks bekommen kann. So teuer, unbeholfen und unsynergetisch sieht sie aus. Aber habt ihr einmal darüber nachgedacht, wie wenige Kreaturen und welches Removal es mit einem 6/5-Body aufnehmen können? Kein Artefaktremoval, kein Grasp of Darkness, kein Galvanic Blast. Der Tyrannax möchte erst einmal beantwortet werden. Und dieses eine freche Deck hat, wenn man einen losgeworden war, einfach den nächsten fetten Mann nachgelegt. Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte, würde ich es nicht glauben. Bei näherer Betrachtung scheint es jedoch logisch, in einem Deck, welches sich durch Stallen und Removal ein paar Probleme vom Leib halten kann, leicht zugängliche Commonfatties als Finisher zu spielen. Also selbst die behäbigen, dicken Männer sollte man auf dem Schirm haben. Und wenn ihr nachvollziehbarerweise keine Lust habt, sie zu draften, bedenkt, dass es jemand anders tun könnte, und überlegt euch, was ihr dagegen unternehmt.


Blick nach Bochum




Ich finde das Format momentan unglaublich spannend und vielseitig. Eine gewisse Raredominanz war besonders im Sealed zu beobachten, beim Draft schien die Spoiler- und Removalverteilung etwas ausgeglichener und die Spiele dadurch interessanter. In einigen hier veröffentlichten Publikationen konnten wir den „TrashT-Draft“ bewundern, die Art zu draften, bei der man sich möglichst lange nicht auf einen Plan oder eine Farbe festlegt und zu Beginn möglichst viele möglichst flexible Karten einsammelt. Dieses Format gibt uns quasi vor, es genau so zu machen. Da wir viel farblose Qualität in den Boostern haben, sind selbst farbige First Picks auf lange Sicht flexibel. Wir können unsere Pläne wuchern lassen, während unsere ersten Picks den groben Vektor des Wachstums diktieren.

Wichtig erscheint mir, den richtigen Einsprungspunkt abzupassen, zu dem man sich für einen Plan entscheidet. Das muss natürlich nicht der Arbeitswert „Pick 5“ sein, den ich oben verwendet habe. Jedoch sollte man, nachdem man aus der Firstpickphase heraus ist, die Sensoren tunen und genau beobachten, ob Infect oder Metalcraft draftbar sind, oder ob man die Finger davon lässt und auf klassische Varianten zurückgreift. Das Draften mit der metallischen Puzzlekiste ist großartig. Heißt also, in Bochum das Sealed überstehen und einfreuen am nächsten Tag. Oder irgendwie so. Bis dahin werden weitere und ausgearbeitetere Erkenntnisse als diese durchs Netz geistern, aber ich hoffe, ich konnte schon einmal erste hilfreiche Ideen in euren Proviantkorb für die Reise an die Ruhr legen.

Bis spätestens dann!

SiBert / muenstermagic.de




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