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Kalenderblatt #23
von Torben Thies
20.09.2011

Willkommen zurück zum Kalenderblatt! Letzte Woche habe ich mich gemütlich zurückgelehnt, während Tobi und MiDi euch alles über Planeswalker-Punkte erzählt haben. Da sich die magische Nachrichtenlage letzte Woche auf dieses Thema beschränkt hatte, wäre mein Beitrag dazu lediglich gewesen, den inhaltlichen Hattrick auf dem Planeten zu komplettieren. Diese Woche dagegen liegt wieder informationstechnisches Frischfleisch auf dem Teller, das ich euch in den kommenden Zeilen schmackhaft zubereite.


Nebenbei: Dass ich euch nicht über die Planeswalker-Punkte aufklären musste, kam mir eigentlich ganz gelegen. Ich habe schlicht und einfach noch keine kohärente Meinung zu den Dingern, sondern will ein, zwei Seasons abwarten, bis das neue System (das übrigens ausdrücklich auf Spielerverhalten basiert, also bei unerwartetem Verhalten durchaus noch mal angepasst werden kann) sich voll entfaltet hat.


Strad Fighter

Das Innistrad-Prerelease steht vor der Kellertür und ich kann es kaum erwarten, am Samstag meine müden Knochen mit Ächzen und Stöhnen zu heben und zum Laden meines Vertrauens zu schlurfen. Um die Vorfreude noch mehr zu steigern, wurde am Montag der komplette offizielle Spoiler veröffentlicht. Anhand einiger ausgewählter Commons und Uncommons möchte ich euch zeigen, was euch am Wochenende so erwartet.


Wer sich also beim Prerelease völlig unbefleckt ins neue Set stürzen will, macht jetzt besser die Augen zu. Um es mit Patrick Chapin zu sagen: „I wonder if there is even one reader out there who actually avoids reading a Magic article because it leads with 'Warning: Spoilers!'“

Eines der entscheidensten Elemente von Innistrad ist der Kampf von Menschen gegen Monster, entlang dessen auch viele kreaturentypabhängige Karten zu finden sind. „Monster“ sind auf Innistrad das Triumbestiat aus Vampiren, Werwölfen und Zombies. Dementsprechend ist auch der Großteil des Removals im Set ein wenig eingeschränkt.


Ein wenig erinnert mich Innistrad deshalb an den Kamigawa-Block. Dort musste man sich ebenfalls oft genug zwischen Rend Spirit und Rend Flesh entscheiden. Weiß, die Farbe der Menschen, ist dementsprechend schlecht ausgestattet, wenn es gegen andere Menschen antreten muss:


Apropos Kamigawa: Auch auf Innistrad gibt es Geister, die sich diesmal aber ein wenig abseits des weltlichen Trubels platzieren. Will heißen: Es gibt Karten, die explizit Geister unterstützen, aber meist werdet ihr sie spielen, weil sie durch die Bank effiziente Flieger sind.


Besonders wenn euer Gegner Grün spielt, würde ich seine kleinen Kreaturen anfangs eher durchlassen, als abzutauschen. Der Grund dafür ist die neue Fähigkeit Morbid, die Karten verstärkt, wenn eine Kreatur in diesem Zug gestorben ist. Wenn man sich Festerhide Boar so anschaut, kommt man nämlich nicht umhin festzustellen, dass Morbid in gewisser Weise den Gegenentwurf zu Bloodthirst darstellt. In M12 will man rote Kreaturen möglichst blocken, in Innistrad werdet ihr euch gut überlegen müssen, ob ihr den Grizzlybären nicht lieber gewähren lasst. Oh, und dementsprechend ist es auch keine Schande, spontanes Removal wie eine Hexerei zu spielen.

Auch Blauspieler haben lieber einen vollen Friedhof als einen leeren, was durch eine Reihe starker Zombies, die als zusätzliche Kosten Kreaturenkarten aus dem eigenen Friedhof entfernen, begründet ist. Auch hier gilt: Solange es nicht um Leben und Tod geht, seid ihr besser dran, wenn ihr im frühen Spiel wenig tauscht.


Gespannt bin ich derweil auf die Performance von Werwölfen am Wochenende. Es scheint, als ob die beste Strategie gegen die Möter eine gute Kurve ist. Zusammen mit Morbid ergibt das dann in den ersten Zügen wohl ein Wettrüsten, bei dem niemand so richtig tauschen möchte. Seid ihr hingegen selbst Rudelführer und wollt aktiv bei der Entwicklung eurer Tierchen helfen, bleibt euch wohl nur das System „Holperkurve“, bei dem ihr manche Züge aussetzt. Da durch fiese Sachen wie Spontanzauber aber noch nicht mal dieser Plan zu hundert Prozent klappt, empfehle ich euch, die Wölfe als normale Kreaturen zu sehen, die nebenbei sehr gut mit natürlich bedingter Spruchdürre klarkommen.


Das letzte Detail, auf das ihr bei euren Reisen nach Innistrad achten solltet, ist altbekannt, feiert in Kürze seinen zehnten Geburtstag und heißt natürlich Flashback. Ganz so häufig kommt die Fähigkeit diesmal allerdings nicht vor. Dennoch solltet ihr euch besonders im Lategame öfter mal euren und den gegnerischen Friedhof anschauen, um nicht aus dem Auge zu verlieren, was ihr noch für Optionen habt. Flashback ist übrigens eine effektive Waffe gegen Werwölfe. Anscheinend werden sie nicht besonders gern an die Vergangenheit erinnert.



Zeigt her eure Monster

Wo wir gerade über Innistrad-Limited sprechen: Solltet ihr schon dieses Wochenende mit dem Draften anfangen, beachtet die Änderung bezüglich doppelseitiger Karten. Ganz nebenbei verriet Tom LaPille in seinem letzten Artikel nämlich, dass ihr euch nicht mehr aussuchen könnt, wie ihr doppelseitige Karten draftet. Wenn ihr eine aus dem Booster nehmt, ist sie solange oben auf eurem Stapel sichtbar zu halten, bis der nächste Pick gemacht wurde. Wer gerne Werwölfe vom Düsterwald spielt, wird wohl enttäuscht sein, seine Wolfsnatur nicht verstecken zu können. Verständlich ist die Änderung allemal, hätte das vorherige, geschicklichkeitsbasierte Versteckspiel der Karten, doch für zu viel Tumult und Ablenkung vom eigentlichen Draft gesorgt. Jetzt ist es halt eher die Wowereit-Methode: „Ich bin Wolf und das ist auch gut so.“


Blame Canada

Es gibt so Auftritte, bei denen man sich fragt, ob die nicht eine gekonnte Inszenierung sind. Da taucht Richard Hoaen, seines Zeichens Kanadier und renommierter Limitedspezialist, nach Jahren der Abstinenz beim Grand Prix Montreal (!) auf, gewinnt das Ding ohne größere Schwierigkeiten und beweist quasi en passant, dass auch Coresets mit Skill gemeistert werden können. Das Siegerfoto ist da mit seiner lässigen „Joah, hab ich mal wohl gewonnen, was?“-Pose der beste Beweis.


Mit einem ziemlich starken Bloodthirst-Deck (die Top-8-Listen findet ihr hier) besiegte er aber nicht nur irgendwelche dahergelaufenen Kanadier und Amis, sondern auch ein hierzulande bekanntes Gesicht. Lino Burgold musste sich nämlich erst im Halbfinale dem späteren Sieger geschlagen geben und konnte seinen Amerikaurlaub entsprechend mit einem dritten Platz, sechs Pro-Punkten und 1500 US-Dollar gut abrunden. Dem anderen Deutschen im Feld, Jonas Köstler, blieben derweil Geld und Punkte verwehrt – dafür sorgte ein ärgerlicher 66. Platz.

Damit ist das M12-Limitedformat offiziell zu Grabe getragen, denn aus dem selbigen erhebt sich bekannterweise demnächst Innistrad.


Brazil, der Meister diggt echt tief



Marcus Vinícius Camargo Prates

Sorry für das schlechte Wortspiel, aber den genialen „Pod Cast“ hat mir Rich Hagon schon weggeschnappt. Wie letztes Jahr durfte mein Lieblingsprotourlivekommentierungsbrite wieder nach Brasilien reisen, um Paulo Vitor Damo da Rosa zuzuschauen, wie er seine Nationals, nun ja, vergeigt. Gewonnen hat dagegen Marcus Vinícius Camargo Prates, der sich mit PV zwar die Anzahl der Namen, aber nicht die Anzahl der vorherigen Erfolge teilt. Wie man unschwer an meiner Überschrift erkennen kann, gewann er mit Bant-Pod, einem Deck, das exzellent geeignet ist, um dem alten Standard Lebewohl zu sagen und das neue zu begrüßen:

Marcus Camargo, Champion

4 Forest
2 Island
4 Misty Rainforest
2 Plains
4 Razorverge Thicket
4 Seachrome Coast
2 Tectonic Edge

2 Acidic Slime
4 Birds of Paradise
1 Blade Splicer
1 Elesh Norn, Grand Cenobite
3 Llanowar Elves
1 Obstinate Baloth
2 Phantasmal Image
2 Phyrexian Metamorph
1 Razor Hippogriff
3 Sea Gate Oracle
1 Solemn Simulacrum
1 Stonehorn Dignitary
1 Sun Titan
1 Sylvan Ranger
1 Viridian Corrupter
1 Viridian Emissary
1 Wall of Omens
1 Wurmcoil Engine


4 Birthing Pod
4 Preordain
2 Venser, the Sojourner

Sideboard:

1 Acidic Slime
2 Celestial Purge
1 Devout Lightcaster
2 Flashfreeze
1 Linvala, Keeper of Silence
1 Lone Missionary
4 Nature's Claim
1 Obstinate Baloth
1 Spellskite
1 Sylvok Replica


Mit einer Liste, die meines Erachtens sehr viele Spielereien enthält, konnte sich Camargo den Titel schnappen. Das Team komplettieren Igor Sousa, Guilherme Merjan und Marcus Pacheco (Ersatz), die allesamt blau-schwarze Kontrolle ins Feld führten. Die restlichen vier der Top 8 spielten Deceiver-Twin. Ja, das bedeutet, dass die brasilianische Top 8 aus ganzen drei Decktypen bestand. Und ja, das heißt, dass Caw-Blade wenig zu melden hatte. Obwohl ich kein Constructed spiele, bin auch ich froh, dass sich die Standardsaison dem Ende zuneigt. Das Metagame ist schon lange definiert und die größten Unterschiede finden sich ironischerweise beim Bau von monoroten Decks. Die Baustelle UB wurde anscheinend von Ali Aintrazi totzementiert, im Caw-Blade galten Mirran Crusader schon als Revolution und von der Flexibilität von Valakut wollen wir gar nicht erst reden.

Igor Sousa, Finalist

4 Creeping Tar Pit
4 Darkslick Shores
4 Drowned Catacomb
4 Island
1 Mystifying Maze
5 Swamp
4 Tectonic Edge

1 Black Sun's Zenith
1 Consume the Meek
1 Deprive
1 Despise
1 Dismember
2 Doom Blade
2 Go for the Throat
4 Inquisition of Kozilek
1 Into the Roil
3 Jace Beleren
4 Mana Leak
4 Preordain


2 Consecrated Sphinx
1 Grave Titan
2 Solemn Simulacrum
2 Spellskite
2 Wurmcoil Engine

Sideboard:

3 Disfigure
3 Flashfreeze
2 Memoricide
2 Mental Misstep
1 Surgical Extraction
4 Vampire Nighthawk


Bei Deceiver-Twin war zumindest noch die Frage nach den Kreaturen spannend. Puristen reichten vier Deceiver Exarch, verspielte und/oder sicherheitsbedürftige Spieler addierten je nach Bedarf null bis vier Grim Lavamancer und Spellskite und manchmal sogar ein Sea Gate Oracle, wie bei Jonathan Melamed zu beobachten:

Jonathan Melamed, Top 8

2 Arid Mesa
1 Halimar Depths
6 Island
2 Misty Rainforest
6 Mountain
4 Scalding Tarn

2 Dispel
3 Gitaxian Probe
1 Into the Roil
4 Mana Leak
4 Ponder
4 Preordain
1 Shrine of Piercing Vision
3 Spell Pierce
4 Splinter Twin


4 Deceiver Exarch
4 Grim Lavamancer
1 Sea Gate Oracle
4 Spellskite

Sideboard:

2 Combust
1 Dispel
2 Flame Slash
2 Jace Beleren
1 Lightning Bolt
2 Mental Misstep
2 Mutagenic Growth
2 Shatter
1 Twisted Image



Honolulu, Baby!

Das ist exakt der Grund, warum auch ich dieses Jahr seit Langem mal wieder bei einem PTQ mitspielen werde. Die Versuchung, durch deutlich mehr Glück als Können (das Format ist schließlich Sealed) eine Reise ins Paradies, wo Lava und Ananasse fließen, zu gewinnen, ist doch zu hoch. Wenn ihr euer Glück ebenfalls versuchen möchtet, lege ich euch folgende PTQ-Termine und -Orte ans Herz:

FUNtainment Nürnberg: 1. Oktober
Auenland Dortmund 1. Oktober
Mage Store Düsseldorf: 15. Oktober
JK Entertainment Frankfurt 5. November
Der Andere Spieleladen Berlin: 12. November

(Anmerkung: Die PTQ-Termine für Wien und München stehen anscheinend noch nicht fest, werden aber nachgereicht.)


Must Read


To My Someday Daughter – Geordie Tait: In einem ausufernden Text nimmt Tait sich mit Bezug auf das Finkeldate, das in Finkelgate endete, die ausufernden Misogynie der Magic-Szene vor. Dabei verteidigt er Alyssa Bereznaks Entscheidung, Finkel allein aufgrund seines Hobbys nicht zu daten. Dass damit die öffentliche Diffamierung seiner Person nicht ebenfalls gerechtfertigt ist, sollte klar sein, aber darum geht es Tait nicht. Ihm geht es um die Antworten der Community, die Bereznak auf ihren Artikel hin mit „oberflächliche Schlampe“ und ähnlichen Nettigkeiten denunziert haben. Darüber hinaus geht er vom Speziellen ins Allgemeine und beleuchtet, wie wir Nerds es außerdem schaffen, dass Frauen sich in unserer Umgebung möglichst unwohl fühlen. Ignoriert man, dass Tait dabei oft nicht zum Punkt kommt, findet man in seinem Text einen schonungslosen Spiegel, bei dem jeder für sich selbst entscheiden muss, wie sehr er die Wahrheit verzerrt.

Magic: The Gathering: A Professional Tournament – KornmanAndHolt: On a much lighter note empfehle ich euch dieses Video von zwei Brüdern aus Philadelphia, die einen sehr sympathischen Blick auf die Pro Tour werfen. Lasst euch bloß nicht von den fremdschämigen ersten Sekunden abschrecken, was folgt, ist nämlich ein toller Bericht mit permanentem Augenzwinkern, einem tollen Soundtrack und einem geilen Simon Görtzen.

A Pro Tour Philly Report *10th* – Jeremy Neeman: LSVs „Archneemesis“ spricht über seine Performance mit Storm auf der Pro Tour. Achtet besonders auf Runde 3, die er sehr analytisch und lehrreich beschreibt. Der Aha-Moment in der selben Runde ist ebenfalls sehr lustig.


Nächste Woche ist (Ban-)Hammertime! Gruselt euch bis dahin schön beim Prerelease!




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