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Limited
Zehn kleine Archetypen
von Nico Bohny
17.02.2012

Neue Draftformate sind immer was Tolles. Einerseits hängen einem die alten schon lang zum Hals raus, andererseits ist es einfach interessant zu sehen, ob sich die eigenen Theorien tatsächlich bewahrheiten oder ob eine neue Karte einen mal richtig überraschen kann. Dark Ascension gesellt sich zu einem doch schon sehr erforschten und bekannten Draftformat dazu, sodass man auch gut sagen kann, in welche Richtung sich die bereits bekannten Archetypen entwickeln. Genau das möchte ich heute tun – zuerst mal die einzelnen Farben durchgehen und danach auf die verschiedenen Draftstrategien zu sprechen kommen.

Im Allgemeinen habe ich das Gefühl, dass der Powerlevel der Karten im Vergleich zu Innistrad etwas zurückgegangen ist und dass Dark Ascension eine große Palette an Unplayables mit sich bringt. Zwar hatten das die meisten Editionen aus der Vergangenheit, aber gerade Innistrad hat in meinen Augen damit geglänzt, dass fast jede Karte, und war es nur eine Rotting Fensnake oder ein Mulch, in irgendeinem Deck spielbar oder sogar gut war. Was man von Bar the Door, Clinging Mists, Favor of the Woods, Sanctuary Cat und Co. einfach nicht behaupten kann. Klar, ein paar schlechte Einzelkarten ŕ la Gruesome Deformity gab's auch in Innistrad, aber wir sprechen hier von einem kleinen Set, in dem die Karten häufiger auftreten.

Manafixing nimmt mit Evolving Wilds seinen guten farblosen Lauf und auch Dawntreader Elk hilft dem grünen Spieler sicher mehr als Caravan Vigil, sein Deck mit guten Karten zu füllen und gleichzeitig optimal zu fixen. Da die Edition wie gesagt etwa halb so groß ist wie Innistrad, stehen im Direktvergleich im Schnitt mehr und vor allem bessere Manafixer zur Verfügung, um womögliche Flashbackkosten aus fremden Farben begleichen zu können. Oder die gute Olivia Voldaren aus Booster 3 zu splashen.


Die Farben


Einmal mehr überzeugt Weiß mit seiner angenehmen Tiefe. Die meisten Karten sind nicht nur Füllmaterial, sondern tatsächlich gut. Humans werden in diesem Set nochmals etwas aufgewertet, neben den altbekannten Ausrüstungen, die besonders gut mit Menschen interagieren – in diesem Set primär Avacyn's Collar –, gibt's jetzt auch in anderen Farben, allen voran Schwarz, gute Synergien mit Humans. Des Weiteren verfügt Weiß mit Lingering Souls über die beste Uncommon aus dem Set. Dazu gibt's eine gute Auswahl an aggressiv ausgerichteten Karten und auch ein paar eher defensive Gemüter sowie ein hübsches Token-Subthema. Burden of Guilt ersetzt zwar Bonds of Faith in keiner Weise, funktioniert aber teilweise genauso solide.


Blau scheint der Tendenz aus Innistrad zu folgen und ist in meinen Augen die stärkste Farbe der Edition. Zwar gibt es einige Mühleffekte, die man in „normalen“ Decks nicht braucht, sie sind aber dennoch so gut als Bonus auf den Karten angebracht, dass es auch nicht groß stört, mal einen Screeching Skaab oder ein Thought Scour ohne Mehrwert zu spielen. Außerdem hat man eigentlich immer den einen oder anderen friedhofsplündernden Skaab, also können ein paar Gratismühleffekte nicht schaden. Blau ist eher defensiv ausgerichtet und tendiert wieder stärker dazu, den Boden mit guten Defensivmaßnahmen auszustatten, ein wenig Kartenvorteil zu erwirtschaften und dann über den Gegner drüberzufliegen.


Der große Verlierer in Dark Ascension, und nach einer Dürreperiode in Innistrad beschränkt sich die Beliebtheit der Farbe wohl weiterhin auf die tollen Spoiler, die es zu bieten hat. Tragic Slip scheint mir mit Abstand die stärkste schwarze Common zu sein, was neben Chosen of Markov als bester Commonkreatur nicht wirklich brilliert. Kreaturen gibt's allgemein fast keine tollen, nach Chosen und Highborn Ghoul kommen dann gleich Reap the Seagraf und Falkenrath Torturer, beide nicht das, was man unter starken Kreaturen versteht. Morbidsynergien bieten sich dafür einige an, da Schwarz doch auch ein paar Undyer und Sacrifice-Outlets abgekriegt hat. Das heißt, in Innistrad werdet ihr Morkrut Banshee um einiges höher picken können als bisher.


Das Problem von Rot ist weiterhin, dass es neben den an sich flotten Spells einfach keine guten Tiere abgekriegt hat. Zwar erlauben es einem die günstigen Vanilla-Kreaturen, früh Druck zu machen, aber sobald ein beliebiger 2/3er beim Gegner liegt, schauen Fires of Undeath, Wrack with Madness, Torch Fiend, Erdwal Ripper, Hinterland Hermit und Forge Devil schon mal in die Röhre. Waren das sämtliche roten Commons? Leider beinahe. Dennoch hat Rot eine ordentliche Tiefe erhalten und wird wohl meistens genug Playables für ein solides Deck zusammenbekommen.


In Grün weiß man einmal mehr, was man kriegt, wenn man sein Mana ausgibt. Faires Preis-Leistungs-Verhältnis und obendrauf oft noch ein kleines Gratisgeschenk. Nach Removal muss man leider weit suchen, das heißt, bis zurück nach Innistrad, was man besser mit einer Zweitfarbe kompensiert. Grün scheint mir etwas langsamer geworden zu sein und kann sich dank Scorned Villager und Dawntreader Elk auch wieder flotter in die höheren Gegenden der Manakurve rampen, was Tiere wie Hollowhenge Beast und Kessig Recluse noch einmal besser macht.


Die Archetypen


Durch die Tiefe der beiden Farben in beiden Sets lassen sich nach wie vor schöne aggressive wie auch defensive Decks bauen. Blau-Weiß hat auch in dieser Kombination wieder die besten Flieger am Start, was am Ende dann meist ein schönes Midrange-Deck ergibt. Zwar leidet die Kombination etwas darunter, einen Booster weniger Chancen auf Invisible Stalker zu haben, welcher in UW einfach unbesiegbar war, erhält dafür mit Saving Grasp jedoch eine Karte, die man spät aufsammeln kann und die mit gewissen Karten oder gegen gewisse Decks einiges an Potenzial zeigt. Kein Ersatz für Stalker, aber da beide Farben in Dark Ascension sehr stark sind, wird das kaum zu spüren sein. Bevor ich's vergesse – die Strategie, den Gegner zu mühlen, wird wohl weiterhin am ehesten in UW angesiedelt sein, mit Chant of the Skifsang als fairem Ersatz für Ghostly Possession.


Wird weiterhin als Kontrolldeck existieren, aber auch nur als solches. Obwohl Highborn Ghoul und Screeching Skaab das Zombiethema etwas aggressiver gestalten, wird man wohl Karten wie Divination, Chant of the Skifsang, Death's Caress und Griptide über die Aggressoren picken. Was wiederum zur Folge hat, dass die Kreaturenzahl im UB eher zurückgeht und folglich auch die Skaabs etwas abschwächt.


Um diesen Archetyp mache ich mir keine Sorgen. Zwar fehlt ein Booster mit Burning Vengeance und guten Flashbackkarten, aber Faithless Looting und die anderen starken – vorwiegend blauen – Kontrollkarten machen das in meinen Augen wieder wett. Looting hat den klaren Vorteil gegenüber herkömmlichem Selfmill, dass es Burning Vengeance und andere Schlüsselkarten nicht einfach mühlt, sondern wirklich aus dem Deck filtert, somit braucht man unter dem Strich auch weniger davon. Secrets of the Dead sind zwar kein Ersatz für Vengeance, werden aber von keinem anderen Drafter begehrt und sind entsprechend spät aufzusammeln. Des Weiteren hat UR auch ohne Vengeance ein Konzept, das prima funktioniert: rotes Removal, blauer Kartenvorteil und ein paar wenige Finisher.


Mein armes Baby! Ja, ich weiß, es war 'ne geile Zeit … Ein ganzer Booster weniger Spider Spawning, Gnaw to the Bone und Endlos-Kombo schwächen das Deck grausam ab. Forcen kann man sowieso nicht mehr, da der Erfolg mittlerweile nun nicht einmal mehr von den Mitdraftern, sondern auch vom Kartenglück abhängt. Ganz abschreiben würde ich den Archetypen trotzdem nicht. An Selfmill bietet sich auch in Dark Ascension wieder einiges an und die echt starken Tracker's Instincts vereinen ziemlich viel, was man im Selbstmühldeck so haben möchte. Sogar irgendwie eine Win-Option, falls man ein tolles Tier im Deck hat (was ja hoffentlich der Fall ist). Trotzdem muss man sich anderweitig umschauen und auch klar fokussierter draften. Da die Win-Options, die auch via Graveyard funktionieren (Spider Spawning, Memory's Journey), zurückgehen, wird man auf solche zurückgreifen müssen, die man wirklich ziehen muss. Und von denen benötigt man eindeutig mehrere, da man ja ab und zu eine auf direktem Weg ins eigene Grab befördert. Was bedeutet, dass Runechanter's Pike, Back from the Brink, Creeping Renaissance, vielleicht sogar Wreath of Geists und Boneyard Wurm mit Artful Dodge höher gepickt werden müssen als bisher, außer natürlich man hat das Glück und erhält ein frühes Spawning in Booster 2. Rot für Faithless Looting, die an sich perfekte Selbstmühlkarte, kann ich mir als Splash vorstellen, was zwar die Manabasis zerreißt, einem aber indirekt mit der Threat-Problematik hilft.


Burning Oil ist eine Karte, für welche ich es tatsächlich in Erwägung ziehen würde, Weiß-Rot zu draften, obwohl ich das Deck mit Dreifach-Innistrad nicht mochte. Ansonsten zeigen sich hier die altbekannten Probleme – wenig bis gar keine Synergien seitens der Tribes und diesselbe Situation bei den Spells. Was sich natürlich mit guter Kartenqualität kompensieren lässt, wo wir wieder am Anfang des Abschnitts wären: Burning Oil


Das Duett, das mit dem Erscheinen von Dark Ascension die höchste Aufwertung genießen darf. Synergien zwischen Menschen, Menschenfressern und Seelen von Ablebenden, Lingering Souls, Undying Evil mit Enter-the-Battlefield- und Leave-the-Battlefield-Effekten, Morbid und Altar's Reap mit Tokens, und so weiter und so fort. Zwar beschränken sich die stärksten Synergien auf die Uncommons und Rares, aber selbst der sonst eher dürftige Falkenrath Torturer wird mit einem Gather the Townsfolk plötzlich zu einem ernstzunehmenden Threat.


Weiß-Grün verliert einiges an Stärke. Kein dritter Booster mit Travel Preparations mehr, kein gutes Removal wie Prey Upon oder Bonds of Faith, keine passablen 1-Drops wie Avacyn's Pilgrim, Doomed Traveler oder Selfless Cathar, und auch die 2-Drops kommen nicht an Darkthicket Wolf heran. Mit Niblis of the Urn und Niblis of the Mist bleibt Weiß zwar ziemlich aggressiv, Grün liefert leider nur Vanilla-2-Drops und orientiert sich mehr an dicken Tieren, Ramp und defensiven Karten.


Auch dieser Archetyp leidet brutal. Ohne die guten 1-Drop-Uncommons Diregraf Ghoul und Reckless Waif verliert das Deck einiges an Tempo und Schlüsselkarten, kriegt dafür weder gute Tiere noch tolles Removal. Außer Fires of Undeath natürlich, aber das nehmen einem auch die anderen Rotmagier weg, und Moonglove Extract ist im ersten Moment auch nicht das, was ein Aggrodeck will. Klar, Flashback im Lategame, aber RB im Lategame ist ohnehin schon so lahm, dass einem das oft nicht mehr aus der Patsche helfen wird. Highborn Ghoul ist zwar nicht ohne, macht aber in Wirklichkeit nicht viel mehr als Vampire Interloper. Gegen irgendeinen 2/3er sieht das gesamte Deck einfach schon mal sehr alt aus, was nicht für seine gute Qualität sprechen kann.


War das jemals ein Deck? Nein, und das wird es auch trotz Deadly Allure nicht werden. Ausnahme: Man öffnet den grünen Spoiler und bekommt den schwarzen dazugeschoben. Also ähnlich wie Rot/Weiß – kann mangelnde Synergie mit Kartenqualität kompensieren, in diesen Farben aber nur im Rareslot.


Den Werwölfen kommt die manaausweitende Tendenz von Grün eigentlich ganz entgegen. So wird sich die Wolf-Ramp-Spielweise vom Constructed wohl auch aufs Limited übertragen – Ramp, dicke Tiere und günstiges Removal. Mit Kessig Recluse erhält das Deck außerdem eine gute Waffe gegen Flieger. Karten wie Grizzled Outcasts, die etwas mehr kosten und den Boden zumachen, werden tendenziell also stärker. Ebenfalls gut und mal für einen zünftigen Alpha-Strike zu gebrauchen: Wild Hunger. Nach wie vor der große Erzfeind: Blau mit seinen Bounceeffekten. Eigentlich schade, da Werwölfe ursprünglich so toll ausgesehen haben gegen Blau mit all den Instants …

So weit meine ersten Einschätzungen zu den Veränderungen im Limited. Im nächsten Artikel kann ich endlich wieder von der Theorie in die Praxis wechseln und von der Pro Tour in Hawaii berichten.




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