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Limited
Limitedpreview: Return to Ravnica (1/5)
von Andreas Pischner
26.09.2012


Weitere Artikel in dieser Reihe …

Es ist lange her, seit ihr von mir an anderer Stelle als auf meinem Blog Zeromagic etwas über Magic lesen konntet, aber jetzt hat mich die Lust, für ein größeres Publikum zu schreiben, wieder gepackt (eine vermutlich vorübergehende Erscheinung, nur keine Sorge). Es lag wohl daran, dass ich zuletzt wieder mehr auf Magic Online gedraftet habe – hauptsächlich Magic 2013, aber auch ein halbes Dutzend Nostalgia-Drafts mit dem alten Ravnica-Block. Letzteres stellte für mich ein sehr erfreuliches Wiedersehen dar, gelang es mir doch, alle diese Drafts mit einer Anfangsinvestition von nur einem einzigen Draftset durchzuführen … Offenbar hatte ich die Gegebenheiten dieser höchst komplexen Limitedumgebung doch noch recht gut in Erinnerung (oh, und natürlich eine reichliche Portion Glück)!

Jetzt steht also die Rückkehr zu diesem von den zweifarbigen Gilden dominierten Setting bevor, und ich habe keinen Zweifel daran, dass ich auch dieses neue Draftformat ausgiebig auf Magic Online erkunden werde. Daher habe ich mich bereits ausgiebig mit der (zuerst inoffiziellen, später dann offiziellen) Spoilerliste befasst, sie analysiert und meine Schlussfolgerungen daraus gezogen; so gründlich, wie ich es schon seit Jahren nicht mehr gemacht habe. Da lag es doch nahe, mich an den guten (und unterdessen auch beinahe schon alten) Tobi zu wenden und ihn zu fragen, ob er Interesse an einer Pischner'schen Limitedpreview zu Return to Ravnica hätte! Nun, er hatte, und deswegen lest ihr dies jetzt.


Mein erster Instinkt war, mich in meiner Analyse stark auf das alte Ravnica-Block-Draftformat zu beziehen und Vergleiche dazu anzustellen, aber dann wurde mir klar, dass ich gar nicht darauf zählen kann, dass die heutigen PlanetMTG-Leser dieses noch (als Spieler) miterlebt hatten! So geht es also nicht; ich muss stattdessen bei null anfangen.

Noch eines vorweg: Ich stelle Überlegungen dazu an, wie sich Return to Ravnica draften wird – wer daraus Schlüsse ableitet, wie Sealed Deck mit diesem Set funktioniert oder gar wie dieses abstruse Prerelease-Format mit Gildenboostern abläuft, tut dies auf eigene Gefahr! Nur in kurzer Form will ich rasch die typischen, fundamentalen Unterschiede zwischen Sealed und Draft ansprechen: Sealed Decks neigen dazu, weniger stark ausdifferenziert und fokussiert zu sein als Draftdecks. Sie sind üblicherweise langsamer und enthalten mehr Bomben. Wenn die Farben oder Farbkombinationen einer Umgebung nicht gut ausbalanciert sind, kann ein sehr einseitiges Metagame entstehen. (Ein Draft-Metagame hingegen korrigiert sich in gewissem Rahmen selbst, weil die Anzahl der Drafter, welche sich einer Farbe bedienen, sich der Stärke dieser Farbe anpasst.) In jedem Fall muss man bei jedem Gegner damit rechnen, dass dieser gewisse Mengen an Removal besitzt, weil die Möglichkeit, möglichst viele Exemplare dieser Kartengattung zu spielen, eine der hauptsächlichen Zielsetzungen beim Bau von Sealed Decks darstellt. Außerdem wird man vermutlich einem höheren Anteil (farbloser) Artefakte begegnen, da diese im Gegensatz zu farbigen Karten von jedem Spieler genutzt werden können. Daraus ergibt sich, dass die größten Unterschiede in der Kartenbewertung zwischen Sealed und Draft bei folgenden Arten von Karten zu erwarten sind: bei solchen, die starke Farbanforderungen stellen; bei solchen, die hauptsächlich im Early Game oder umgekehrt ausschließlich im Late Game nützlich sind; bei solchen, welche eine starke Fokussierung auf eine spezielle Strategie oder Synergien mit anderen Karten erfordern; bei solchen, welche gegen Removal besonders anfällig sind; und schließlich bei Artefakt-Removal.

Jetzt aber zum Draft: Das grundlegende Merkmal dieser Umgebung ist natürlich ihre Buntheit. Insbesondere muss man sich darauf einstellen, zumindest solide zweifarbig zu draften. Einfarbige Decks sind praktisch unmöglich und selbst eineinhalbfarbige Decks dürften kaum jemals in konkurrenzfähiger Form zustande kommen. Auf die Qualität, welche zweifarbige Karten insbesondere auch im unteren Bereich der Manakurve bieten, kann man nicht verzichten, sodass man sich bei Zweifarbigkeit beider Farben in weitgehend ausgewogenem Verhältnis bedienen möchte. Im Klartext: Man möchte als X/Y-Drafter im zweiten Zug auch X/Y-Mana zur Verfügung haben.


Dies ist nicht zuletzt auch deswegen wichtig, weil man dreifarbigen oder noch bunteren Decks begegnen wird, die prinzipiell aufgrund der größeren Auswahl eine insgesamt höhere Kartenqualität besitzen sollten und die man daher nur über Tempo besiegen kann, was bedeutet, dass das eigene Deck früher und zuverlässiger ins Spielgeschehen eingreifen und Druck machen muss als sie. Man muss also sein Mana ab Zug 2 tatsächlich benutzen können.

Für die bunteren Decks wiederum gilt, dass die Existenz schneller, aggressiver zweifarbiger Decks (und so viel will ich vorwegnehmen: Diese Decks wird es geben!) sie dazu zwingt, in ihren frühen Zügen ebenfalls mehr zu tun, als nur ihr Mana zu sortieren. So verlockend die zahlreichen manafixenden Optionen und Late-Game-Karten des Sets auch sind: Ohne eigene frühe Drops beziehungsweise wirksame defensive Maßnahmen – und natürlich das geeignete Mana, diese tatsächlich auszuspielen – gelangt man häufig rasch zu sehr ins Hintertreffen, um diesen Nachteil noch aufholen zu können. Wenn ihr also plant, Decks zu draften, deren erster Spruch normalerweise eine Keyrune sein würde, haltet euch vor Augen, dass ein Rakdos-Spieler mit einem gar nicht einmal allzu unrealistischem Draw euch in seinem vierten Zug umbringen kann, wenn ihr euch nicht wehrt! (Und wenn ihm dazu im realen Fall doch noch ein paar Punkte Schaden fehlen, wird euch das aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht mehr retten.) Das fünffarbige Deck mit sechs Gates und drei Keyrunes wird normalerweise nicht funktionieren; und es wird sich in aller Regel auch gar nicht draften lassen, weil Manafixing in diesem Set keineswegs im Überschuss vorhanden ist und weil alle Drafter ein starkes Interesse daran haben (ein Umstand, welchen die Karten, die mit einem Gate im Spiel besser werden, noch einmal verschärfen).


Daher erwarte ich folgende Farbkombinationen als reale Optionen:

die fünf 2-Farb-Kombinationen der Gilden,
die fünf 3-Farb-Kombinationen, welche zwei der Gilden miteinander vereinen,
4- beziehungsweise 5-Color-Green
und möglicherweise ein spezielles UG-Deck, zu dem ich in einem späteren Teil etwas schreiben werde.

Ansonsten verschenken 2-Farb-Kombinationen, die nicht mit den Gilden übereinstimmen, einfach zu viele potenzielle Picks und zu viele in die Gilden integrierte Synergien, während 3-Farb-Kombinationen, die nur eine Gilde enthalten, einerseits ebenfalls Synergien verschenken und andererseits zu große Probleme mit ihrem farbigen Mana haben sollten. Vier- oder fünffarbige Decks schließlich, welche nicht auf den beiden grünen Manafixer-Commons basieren, können es eigentlich nicht schaffen, sich zuverlässig genug ihr Mana zu besorgen.

Ich gehe weiterhin davon aus, dass ein gelungenes dreifarbiges Deck aus Managründen einer seiner beiden Gilden deutlich Priorität einräumt: Man draftet also nicht WUR oder Azorius/Izzet, sondern entweder Azorius plus Rot oder Izzet plus Weiß. Was das bunte grüne Deck angeht, so ist darin offensichtlich Grün die Hauptfarbe; es wird (sollte zumindest) aber auch eine Hauptgilde geben – also entweder Selesnya oder Golgari –, denn auch die Auswahl aus vier oder fünf Farben insgesamt ist es nicht wert, auf eine Basis von zweifarbigen Karten einer Gilde zu verzichten. Daher lassen sich diese Decks sinnvollerweise als Selesnya beziehungsweise Golgari plus weitere Farben klassifizieren, wobei Selesnya als Basis auch die Integration einiger Azorius-Elemente ermöglicht und Golgari entsprechend die von Rakdos. Dabei erscheint die Selesnya-basierte Variante prinzipiell als attraktiver, da Azorius-Karten besser mit der Strategie des langsameren, flexibleren Decks harmonieren.

Meine Preview hat insgesamt fünf Teile, die jeweils im Abstand von ein paar Tagen erscheinen sollen. (Dieser hier ist wohl der längste, weil er die Einleitung und allgemeine Überlegungen zu dieser Umgebung enthält.) Ich teile dafür das Set wie folgt auf:

1.
Rakdos & Monoschwarz
2.
Izzet & Monorot
3.
Azorius & Monoblau
4.
Selesnya & Monoweiß
5.
Golgari & Monogrün

Die Länder und Artefakte quetsche ich dann noch rasch in den zweiten Teil.

(Wenn ich im weiteren Verlauf dieser Artikelserie ein Deck mit dem Namen einer Gilde benenne, meine ich damit je nach Kontext möglicherweise auch dreifarbige Decks, welche dieser Gilde Priorität einräumen.)


Ich beginne also mit Rakdos, und da Rakdos-Aggro dasjenige Deck ist, welches das Tempo in dieser Umgebung vorgeben wird, ist es ein guter Ausgangspunkt für spätere Betrachtungen.

Die vier Rakdos-Commons sind: Auger Spree, Skull Rend, Spawn of Rix Maadi und die Hybrid-Karte Rakdos Shred-Freak.

(Eine Beobachtung zu den Hybrid-Commons: Es ist kein Zufall, dass sie im Gegensatz zu ihren ersten Inkarnationen alle zwei farbige Mana kosten! Sie sollen also nicht allgemeine Buntheit unterstützen, sondern die Konstanz zweifarbiger Decks erhöhen.)


Hier sind Spree und Freak die wichtigsten Karten: Auger Spree streitet sich mit Arrest darum, das beste Removal im Set unterhalb der Rares zu sein (alles andere ist nicht konkurrenzfähig), und der Freak ist das Herzstück jedes aggressiven Rakdos-Decks, zuverlässig in Zug 2 auszuspielen und sofort Druck ausübend. Von ihm kann man nie genug Kopien im Deck haben und daher ist er über die meisten anderen Kreaturen zu picken, die sich möglicherweise deutlich beeindruckender lesen, aber höher in der Manakurve liegen.

Der Spawn ist als starker Followup der Anfangsoffensive gut spielbar, aber nicht essenziell und in einem wirklich fokussierten aggressiven Deck vermutlich bereits zu teuer, so ähnlich wie es Fire Elemental häufig in Magic 2013 erging.


Skull Rend wiederum ist eine Karte, die ich eher gegen langsame Decks aus dem Sideboard holen würde: So hässlich ihr Effekt den Gegner auch treffen kann, sie kostet fünf Mana und befindet sich damit in einem Slot, in dem man in diesem Set ein massives Überangebot an Alternativen hat, das einen nicht verleiten darf, sein Deck mit solch klobigen Karten vollzustopfen.

Die sechs Rakdos-Uncommons sind: Rakdos Charm, Rakdos Cackler, Rix Maadi Guildmage, Hellhole Flailer, Rakdos Ragemutt und Rakdos Ringleader.

Der Charm gehört in euer Sideboard und sollte es in den allermeisten Fällen auch nicht verlassen. Es ist eine dumme Idee, selbst eine Karte zu investieren, um die zusätzlichen „Gratis“-Effekte von Scavenge zu verhindern – ihr bremst euch nur mit diesem Pseudo-Mulligan! Artefakte sind in dieser Umgebung kaum zu erwarten und noch viel seltener eine eigene Antwort wert, und aller Wahrscheinlichkeit habt ihr bereits ein oder zwei Exemplare von Batterhorn zur Verfügung. Und die letzte Fähigkeit wird euch nur in solchen Situationen, in die ihr überhaupt erst geraten seid, weil ihr diese Quatschkarte anstelle einer sinnvollen Karte gezogen habt … in der Regel auch nicht helfen. Klar, irgendwann wird irgendjemand in einem Draft auch mal gegen diese Karte verlieren, aber irgendjemand gewinnt ja auch irgendwann immer mal wieder im Lotto.


Der Cackler ist natürlich vergleichbar hoch zu bewerten wie der Shred-Freak, zumindest in Rakdos – in Izzet oder Golgari ist er gewiss nicht unspielbar, aber da diese Decks nicht das irrwitzige Tempo der Rakdos'schen Offensive erreichen, nicht so essenziell.

Der Guildmage wäre allein schon als 2-Drop für ein solider Pick, doch die Art und Weise, wie er das Zeitfenster verlängert, in dem Rakdos mit seinen Weenies angreifen kann, macht ihn zu einem soliden First Pick (wenn auch nicht über Auger Spree). Ach ja, und die zweite Fähigkeit wird ebenfalls immer noch weit häufiger ihren Nutzen finden als der dritte Modus des Charms.


Hellhole Flailer: 4/3 für drei Mana und später noch einmal vier Punkte (oder gar mehr, wenn man ihn gepumpt hat) Direktschaden – wow! Ich würde ihn nicht über den Guildmage nehmen, aber bereits über die anderen 2-Drops.

Rakdos Ragemutt ist ein weiterer Kandidat für den bereits jetzt hoffnungslos überfüllten 5-Slot und bislang der beste – Haste macht den Unterschied! Lifelink ist nur ein netter und geradezu irritierender Bonus, der allerdings im Rakdos-Mirror sehr relevant werden könnte – in anderen Matchups fällt es mir schwer, mir ein Damage-Race vorzustellen: Entweder die Offensive wird rechtzeitig gestoppt, oder eben nicht.


Der Ringleader wiederum gehört in kein Deck. Wenn ihr wirklich einen 6-Mana-Spruch braucht, werdet ihr etwas Besseres finden.

Die Rakdos-Rares und -Mythics: Dreadbore ist absolutes Premium-Removal, Slaughter Games eine höchst eventuelle Sideboardkarte.


Havoc Festival ist für ein wirklich gelungenes Aggrodeck zu teuer, kann aber ein Spiel in vier Zügen allein gewinnen und ist deswegen einen Splash in anderen Strategien wert (und dort vermutlich firstpickwürdig). Auch das wirklich gelungene Aggrodeck wird es manchmal sideboarden wollen, es aber vermutlich einfach nicht haben, weil man essenziellere Dinge darüber gepickt hat.


Cryptborn Horror sollte man vermeiden – er ist nur dann beeindruckend groß, wenn man sowieso bereits gewinnt, und liegt oft tot in der Hand.

Carnival Hellsteed schließlich ist wieder eine Karte, die das Rakdos-Deck gar nicht will, weil sechs Mana einfach zu viel sind, die sich aber wunderbar in andere Decks splashen lässt. (Und überlegt euch gut, ob ihr das Steed unleashen wollt – 5/4 mit Erstschlag ist gut genug, da kann man sich die Option zu blocken auch offenhalten.)


Rakdos's Return ist viel bösartiger als Skull Rend: Ein Mana weniger beziehungsweise eine Karte mehr macht den Unterschied. Im Rakdos-Deck würde ich trotzdem Spree und starke, effiziente Kreaturen darüber nehmen (vom Geldwert der Karte einmal abgesehen), aber als Splash in einem Matchup zweier langsamerer Decks ist sie der absolute Trumpf.

Und Rakdos, Lord of Riots himself … tja. Haltet mich für verrückt, aber ich würde ihn erst so spät nehmen, dass ich ihn vermutlich gar nicht mehr bekäme! Einmal ist er im Limited schon alleine wegen seiner Manakosten gar nicht so einfach auszuspielen. Dann kann ich ihn per Definition nur ausspielen, wenn ich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bereits im Vorteil bin. Okay, ist er erst einmal im Spiel, habe ich einen fliegenden 6/6-Trampler, der mir den generischen Manaanteil meiner weiteren Kreaturenzauber bezahlt (die ich wohl gar nicht mehr brauche, falls er sich nicht gerade unter einem Arrest oder so befindet). Ich kann ja lesen!


Es geht mir aber nicht darum, besonders beeindruckend zu gewinnen, wenn ich gewinne. Dieser Dämon ist ein verschenkter Draw, wenn die Dinge nicht nach Plan laufen, und wenn sie nach Plan laufen, besteht eine gute Chance, dass ich auch ohne ihn gewinne, und eine noch bessere, dass ich mit der Karte, die ich an seiner Stelle ins Deck gesteckt habe, gewinne. Verdammt, ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich dieses Ding überhaupt spielen würde … Natürlich ist er andererseits hervorragend dazu geeignet, um nach einem schiefgelaufenen Draft die Varianz zu erhöhen, aber solange ich darauf hoffen kann, dass mir mein Draft gelingt, nehme ich die zuverlässige Karte darüber.

Nochmals in aller Deutlichkeit: Rakdos als eure Hauptgilde (und vorzugsweise einzige Gilde) zu draften, bedeutet, Aggro zu draften. Andere Deckkonzepte sind zwar nicht völlig undenkbar, aber das ist damit vergleichbar, sich vor einem Ringkampf einen Arm auf den Rücken zu binden: Die Stärke dieser Gilde liegt unmissverständlich in ihrer frühen Offensive. Überlasst ihre guten Late-Game-Karten den Golgari- und Izzet-Draftern zum Splashen.


Schwarze Commons, zunächst die Kreaturen: Drainpipe Vermin ist ein völlig akzeptabler 1-Drop und Kurvenfüller, den Rakdos höher als 5- oder 6-Mana-Kreaturen nehmen sollte, den Golgari aber wohl eher nur gegen Decks mit Shred-Freak-Offensive hereinboarden will.


Grim Roustabout ist für Nicht-Rakdos-Decks noch uninteressanter, denn zwei Mana zum Regenerieren frei zu halten, ist viel verlangt, wenn man unter Druck steht. Hat man Probleme mit vereinzelten gegnerischen Fatties, wechselt man ihn aber vielleicht ein. Rakdos hingegen freut sich über einen weiteren starken, aggressiven 2-Drop, der im Midgame noch weiter angreifen kann.

Daggerdrone Imp bettelt natürlich darum, verzaubert oder mit Scavenge-Marken versehen zu werden. Auch dieser kleine Flieger fühlt sich in Rakdos am wohlsten, das ein paar Punkte Evasion-Schaden am besten gebrauchen und es sich außerdem leisten kann, ihn etwas riskant mit einer Aura zu pumpen – wer am Drücker ist, wird in der Regel gegen ausgetappte Gegner zumindest einen Angriff durchbekommen und kann dann auch den Kartennachteil leichter verschmerzen. In der Defensive hingegen macht der Imp normalerweise zu wenig, ist jedoch im Zweifelsfall immer noch besser als nichts.


Dead Reveler ist für eine schwarze Common-Kreatur mit nur einfach farbigen Manakosten geradezu erschreckend stark. Als 3/4er kaum früh sinnvoll zu blocken und auch nur schwierig zu entsorgen ist er der zweite 3-Drop, den ich höher als die meisten 2-Drops einschätze. Doch selbst als 2/3er für drei Mana ist er immer noch eine gern gesehen Maindeckkarte, um gegnerische 2-Drops aufzuhalten oder zumindest mit ihnen abzutauschen.

Und auch Sewer Shambler ist eher etwas für die Offensive (und das nicht nur wegen der gelegentlich nützlichen Evasion), da man den Gegner früh zum Abtauschen zwingen und den Druck mit ihm gleich weiter erhöhen kann (vorausgesetzt, man hat noch eine Kreatur – aber dafür nimmt man ja seine 2-Drops so früh!). Mana ausgeben, um eine Kreatur zu pumpen, das funktioniert offensiv nun einmal besser als defensiv. Als Sideboardoption benutzt man ihn jedoch möglicherweise auch im Splash.


Ogre Jailbreaker ist einer der wenigen Fälle, wo es für Rakdos „Finger weg“ heißt. Mit dem Defender kann man nichts anfangen, und selbst wenn der Oger in manchen Fällen angreifen kann, ist ein 4/4er für vier Mana gar nicht einmal so spektakulär. (Ja, so weit ist es gekommen!) Defensive Decks hingegen nehmen ihn gerne als massiven Aggrostopper, selbst in ihrer Drittfarbe, und haben vermutlich auch mehr Zeit und mehr Manafixing, um ihn später zur vollwertigen Kreatur zu machen. Dort ist er nicht per se ein hoher Pick, aber häufig die Besetzung einer notwendigen Planstelle.

Bei Perilous Shadow ist es wieder andersherum: Als Blocker ist er nützlich, aber unbefriedigend, bis man zumindest zwei Mana für ihn offenhalten kann. In der Offensive dagegen ist er eine gute Option für vier Mana, wenn der erste Ansturm gestoppt ist – doch das ist kein Grund, ihn allzu hoch zu nehmen.


Catacomb Slug: Der klassische 3/5er für fünf Mana mag ja noch seinen gelegentlichen, klobigen Nutzen haben, aber 2/6 ist einfach zu defensiv in dieser Preisklasse. Gegen langsame Fattydecks mag man das Schleimvieh ja vielleicht einsideboarden.

Terrus Wurm schließlich ist keine Karte, die man einfach so draftet; dafür benötigt man ein spezielles Deck. Wenn ihr absehen könnt, dass eure Strategie Ramp ist, dann nehmt ihn gerne (aber nicht früh – die Karten, die sicherstellen, dass euer Deck überhaupt funktioniert, sind wichtiger) als sehr starken Finisher. Ansonsten sind sieben Mana schlicht zu viel, auch als gesplashter Finisher in einem bunten Deck.


Diese Übersicht über die schwarzen Kreaturen demonstriert, dass Schwarz sich in erster Linie für den aggressiven Rakdos-Ansatz eignet. Dementsprechend stützen sich Golgari-Decks stärker auf Grün.

Die restlichen schwarzen Commons: Cremate kann man seiner Natur nach immer spielen (obwohl man es leider nicht im ersten Zug „cyceln“ kann), aber aggressive Decks wollen es lieber vermeiden, und auch andere Decks sehen es eher als Füller – oder eben als das, wofür die Karte konzipiert wurde: Als Sideboardmaterial.

Destroy the Evidence ist Landzerstörung für fünf Mana, was selbst in einem bunten Limitedformat einfach zu viel ist. Über den Mill-Effekt müssen wir da auch nicht reden. Einzige realistische Einsatzmöglichkeit ist die in einem langsamen Matchup, in dem das andere Deck zahlreiche Land-Auren spielt … doch selbst dann sollte man es sich dreimal überlegen, ob man nicht lieber versucht, sein Deck auf andere Art stärker oder wenigstens schneller zu machen.


Deviant Glee ist eine weitere Rakdos-Karte, und das meine ich nicht nur wegen des roten Manasymbols und des Wasserzeichens: Unholy Strength auf einen frühen Drop ist genau das, was man benötigt, um seine Offensive noch gegen den ersten nennenswerten Blocker aufrechtzuerhalten, und wie gut so etwas auf einer Evasion-Kreatur (insbesondere Daggerdrome Imp) ist, sollte jedem einleuchten. Dazu kommt, dass Return to Ravnica nicht gerade besonders viel brauchbares, billiges Removal hat. Diese Auren (Rot hat ebenfalls eine) sind ein weiteres Puzzleteil für das ultraaggressive Rakdos-Deck.

Mind Rot in diesem Set könnte einige überraschen, denn die Karte dürfte sich fast immer als gut erweisen. Bis auf Rakdos leert kein Deck wirklich rasch seine Hand und „überschüssige“ Länder zum Abwerfen hat man in dieser Umgebung auch selten. Selbst gegen Scavenge ist sie nicht wirklich schlecht, denn ein überteuerte Pumpspruch ist kein guter Ersatz für eine Kreatur (die sich immer noch in diesen Pumpspruch verwandeln könnte). Zwischen langsameren Decks ist sie schlicht Kartenvorteil und im perfekten Moment angebracht häufig spielentscheidend. Und selbst ein Rakdos-Drafter hat Grund sich zu überlegen, ob er lieber seine Manakurve auf fünf ausdehnt oder ob er diese lieber flach hält und sein Deck mit dem einen oder anderen Rot auffüllt.

Launch Party funktioniert in Rakdos besser als in allen anderen Decks, mit Ausnahme vielleicht von Selesnya plus Schwarz (wo man gerne kleine Spielsteine opfert): Man tauscht einen seiner frühen, unterdessen nicht mehr relevanten Drops gegen die beste Kreatur des Gegners und lässt ihn zwei Leben verlieren – ja, das ist eine Karte wert und Removal ist knapp genug, dass man sowieso nicht allzu wählerisch sein darf. Andere Decks spielen die Party eher zähneknirschend und hoffen, sie als Antwort auf gegnerisches Removal oder einen Combattrick anbringen zu können.


Bei Stab Wound gilt wieder: Man nimmt an Removal, was man kriegen kann. Und wieder spielt eine Karte der aggressiven Rakdos-Strategie am stärksten in die Hände, denn wenn eine Kreatur die Wunde überlebt, dann handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen ehemals lästigen Blocker, der jetzt eine neu gewonnene Win-Condition darstellen kann. (Man muss sich natürlich überlegen, ob man dem Gegner jetzt Gelegenheit gibt, mit der verwundeten Kreatur zu chumpblocken oder nicht.) Nichtsdestotrotz greift sich aber jeder Schwarz-Drafter diese Karte, ohne lange zu überlegen. Ein Pick zwischen Auger Spree und Launch Party.

Die schwarzen Uncommons: Assassin's Strike ist einerseits irgendwie ein 6-Mana-Mind Rot für ein Matchup zwischen langsamen Decks, andererseits halt teures, jedoch zuverlässiges Removal. Dass es doppelt schwarz ist, schränkt seine Anwendungsmöglichkeiten enorm ein: Rakdos will es einfach nicht – es liegt über seiner Kurve und erfordert einen höheren Manaanteil, als diesem Deck guttut. Splashbar ist es nicht, also findet es nur Platz in Golgari-Decks, die passenderweise auch über den nötigen Ramp verfügen, um den Strike zu spielen, bevor es zu spät ist. Oder zumindest würden alle diese Dinge zutreffen, wenn alle Drafter auf der Welt fokussiert und kompetent drafteten …


Dark Revenant ist okay in jedem Deck. Wieder mag Rakdos ihn am liebsten (wenngleich die Konkurrenz auf vier Mana groß ist), da er die gestoppte Bodenoffensive fortsetzen kann und dies auch nach Abtausch mit einem Blocker oder Removal weiterhin tut. Tatsächlich ist seine Wiederkehr in langsameren Decks sogar ein potenzieller Nachteil, wenn das Spielgeschehen im Late Game zu eskalieren beginnt, und man selbst einen Drawstep lang im Midgame festgehalten wird, anstatt das herbeigesehnte sechste Land oder die herbeigesehnte Bombe zu ziehen … Ein wirklich hoher Pick ist er daher nie.

Shrieking Affliction ist wieder so ein Fall einer Karte, wo ich mir vorstelle, dagegen zu spielen, wenn sie funktioniert, und ein flaues Gefühl im Magen bekomme … wo ich mich dann aber zusammenreiße und daran denke, dass sie häufig eben nicht funktioniert. Gegen Decks, die ihre Hand rasch leeren, will man sie eigentlich nicht spielen, denn da benötigt man Hilfe, sich des gegnerischen Drucks zu erwehren, und gegen Decks, die weder druckvoll spielen noch Handkarten halten, sollte man eigentlich längst auf andere Art gewinnen. Mein Ratschlag ist, die Affliction zu vermeiden und es stoisch zu akzeptieren, wenn man ab und zu dagegen verliert. Selbst im Rakdos-Mirror, wo sie in der Theorie gut ist, weil zwei schnelle Decks sich gegenseitig neutralisieren und dabei ihre Hände leeren, ist sie zweifelhaft, weil die Unleashed-Mechanik Stalemates entgegenwirkt.


Für Slum Reaper gilt das Gleiche wie für Launch Party: Eine niedrigere Manakurve als der Gegner oder ein Überschuss an entbehrlichen Spielsteinen werden belohnt. Ansonsten ist der Reaper in der Defensive immer noch besser als gar nichts, aber ein Cruel Edict für vier Mana löst da selten wirklich die dringendsten Probleme. Rakdos und Selesnya plus Schwarz nehmen ihn daher sehr hoch, andere Decks können ihn gebrauchen, aber auch verzichten. (Gegen das Deck mit viermal Paralyzing Grasp und zweimal Arrest ist man aber immer froh, einen oder mehrere Reaper zu haben.)

Tavern Swindler ist ein Walking Corpse und als solcher gut spielbar. Ignoriert seinen Text ansonsten einfach – wenn ihr das Leben braucht, könnt ihr euch das Risiko nicht leisten, und wenn ihr es euch leisten könnt, braucht ihr das Leben nicht.


Thrill-Kill Assassin ist die einzige billige Karte mit Unleashed, die in der Defensive stärker als in der Offensive ist (was nicht bedeutet, dass Rakdos einen 2/3er mit Deathtouch nicht trotzdem mit Kusshand nähme). Ein sehr hoher Pick, gleich hinter brauchbarem Removal.

Ultimate Price dürfte in seiner Zuverlässigkeit als Removal ungefähr auf halbem Weg zwischen Plummet und Doom Blade angesiedelt sein. Wer sich noch an Kamigawa erinnert, kann ihn auch mit einem Rend Flesh für zwei Mana vergleichen – ein klarer First Pick, aber er kann eben nicht jedes Problem lösen. (Und für die LSVs unter meinen Lesern: Farblose Kreaturen sind nicht einfarbig. Echt nicht!)


Zanikev Locust schließlich ist eine solide Karte im Golgari-Deck, die dort ihr Mana auch wert ist, allerdings zu teuer für Rakdos. Gesplasht ist sie als 3/3-Flieger für sechs Mana dann in jedem Fall zu schwach – Scavenge als Bonus benötigt sie schon.

Die schwarzen Rares und Mythics: Underworld Connections ist Firstpickmaterial (ich würde es jedoch nicht über das beste Removal nehmen). Rakdos kann, vermutlich auf einem komfortablen Lebenspunktevorsprung sitzend, seine Offensive nachladen. Defensivere Decks können damit das Problem ihres erzwungen hohen Manaanteils lösen, man muss aber überlegen, ob man gegen starke Offensiven diese Karte nicht doch lieber herausnehmen will – die Kosten von einem Leben und effektiv einem Mana pro Aktivierung spielen dem Gegner zunächst doch sehr in die Hände.


Grave Betrayal: Also, wenn man schon in einen superteuren Spruch rampen möchte, dann in diesen! Man darf allerdings nicht erwarten, dass man diese Verzauberung auf den Tisch legt und gewonnen hat. Sein Removal hat man aller Wahrscheinlichkeit nach schon aufgebraucht (wenn nicht, gewinnt man eh bereits), und solange man kein weiteres zieht, schränkt diese Karte lediglich die Optionen des Gegners ein. Das wiederum zögert das Spiel aber vermutlich bis zu dem Zeitpunkt hinaus, an dem man die nächste lohnende Kreatur des Gegners entsorgen kann, und von da an geht es lawinenartig weiter … Ohne Ramp sehe ich das Betrayal jedoch nicht als spielbar an, dazu ist es zu unzuverlässig und nicht unmittelbar wirksam genug, und es gibt zu viel Konkurrenz in den hohen Manaslots

Für Pack Rat sollte man nicht die Anzahl der Drainpipe Vermins in seinem Pool zählen, sondern sich fragen, ob man eine Win-Condition möchte, die aus Ländern eine Rattenhorde macht. Ist man erst in dieser Situation, sollte man die Ratte nicht unterschätzen, da sie rasch außer Kontrolle gerät, insbesondere weil sie auf fünf Mana gespielt bereits nicht mehr mit einem einzelnen Removal abzuschaffen ist. Auch Rakdos kann sie übrigens durchaus benutzen, sollte aber von sich aus druckvollere 2-Drops bevorzugen und wird sie daher selten bekommen.


Desecration Demon: Das ist ein Spoiler, punktaus, auch wenn er in manchen Situationen dem Gegner noch Optionen lässt, die nur unangenehm, aber nicht sofort tödlich für ihn sind. Snap-Pick für jedes schwarze Deck.

Necropolis Regent ist für Rakdos-Drafter der ultimative Test in ihr Vertrauen, ein starkes Aggrodeck zu draften: Ignoriert man ihn, weil man eigentlich Spiele beenden will, bevor man sechs Mana erreicht, oder verschlechtert man sein gesamtes Deck, um eine der schlimmsten Bomben des Sets einigermaßen zuverlässig ausspielen zu können? Dass man ihn nicht einmal mit Auger Spree entsorgen kann, macht es auch nicht gerade leichter, ihn für einen starken 2- oder 3-Drop weiterzugeben …


Aber wisst ihr was: Hier trennen sich Männer von Memmen! (Und Frauen von Friseusen, oder wie immer der entsprechende Spruch in der femininen Variante lauten mag.) Golgari-Drafter haben hier allerdings nichts zum darüber Nachdenken.

So, mit viereinhalbtausend Wörtern ist mein Soll übererfüllt – im nächsten Teil geht es weiter!

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