Eternal
Type1 – Poser- oder doch ernstzunehmendes Turnierformat?
von Oliver "morphling" Daems
09.06.2003

Ich habe auf der DM, wo ich ja für die PMTG Coverage zuständig war, mal wieder gemerkt, wie unterschiedlich die Meinungen zum Classic Format sind. Ich denke einfach, hier sollte mal einiges erörtert werden.

Ich denke T1 ist ein Format, das polarisiert wie kaum ein anderes, die meisten hassen es, wenige lieben es. Es gibt allerdings praktisch keine Leute, die das Format einfach nur als weiteres Turnierformat akzeptieren.

Ich möchte nun auf die gängigsten Vorurteile gegen das Format an sich eingehen, wobei das ganze mit der Anschuldigung des „Poser“-Formats eröffnet werden soll. Viele Leute behaupten, T1 wäre nur ein Format für Leute mit zuviel Geld, die mit ihren Moxen und Loti auf Turnieren angeben wollen, weil sie ja in „normalen“ Turnierformaten keine Chance bzw. kaum Möglichkeiten zum Angeben haben. Letzteres hat sich zwar mit der Einführung der Foil-Cards etwas geändert, aber darauf will ich jetzt nicht näher eingehen.
Ich denke dieses Argument kann man nicht komplett entkräften, da es leider wirklich diese Leute gibt, und man sieht sie auch regelmäßig auf größeren Turnieren. Kommt man allerdings zu einem wirklich „bedeutsamen“ T1 Turnier wie Dülmen oder Eindhoven, so merkt man schnell, dass die Leute, die T1 nur zum Angeben spielen, deutlich in der Minderheit sind. Viele Leute besitzen auf diesen Turnieren zwar den kompletten P9-Satz + Library und andere teure Karten, spielen dieses Format aber aus komplett anderen Beweggründen.

Ein zweites Argument gegen T1, welches häufig angebracht wird, ist die Tatsache, dass ein ernstzunehmendes Turnierformat einfach keine Restricted List besitzen darf, da das Erlauben einzelner Kopien von viel zu starken Karten den Glücksfaktor, der ohnehin IMMER vorhanden ist, noch weiter steigert. Ich kann leider auch dieses Argument nicht vollkommen entkräften, da es wirklich so ist, dass Spiele häufiger mal dadurch entschieden werden, dass einer mehr „Spoiler“ zieht als der andere. Doch auch hier liegt die Wahrheit ein ordentliches Stück entfernt von dem, was die meisten Leute glauben. Wer sich die Mühe macht, und wirklich mal ein komplettes Turnier mit einem ernsthaft gebauten Deck durchspielt, wird feststellen, dass ein überstarker Draw, der dem Gegner einfach keine Chance lässt, zwar häufig vorkommt, aber nicht so entscheidend viel häufiger als in anderen Formaten. Ich will nicht behaupten, T1 wäre genauso balanced wie zum Beispiel Extended, aber es ist bei weitem nicht so broken wie viele denken.

Ich denke das wichtigste Argument gegen T1 als Turnierformat, ist die geringe Verfügbarkeit der Karten, von den P9 z.B. wurden nur jeweils 10.000 Exemplare gedruckt, von denen sehr wahrscheinlich maximal noch 5.000 existieren. Von diesen 5.000 versauern bestimmt noch eine Menge, genaue Zahlen wären hier reine Spekulation meinerseits, in den Ordnern von Sammlern.

Ich denke, dies ist das einzige Contra-Argument, was sich nicht einmal ansatzweise entkräften lässt, die Karten sind einfach selten und dementsprechend teuer, es lässt sich nicht ändern, und ein Nachdrucken der Karten oder ein Erlauben von Proxies würde zwar dem Format an sich helfen, ist aber weder praktikabel, noch fair den Leuten gegenüber, die sich die Karten für teures Geld gekauft haben, bzw. den Sammlern, die einen ziemlichen Wertverlust ihrer Sammlung hinnehmen müssten.
Hiermit direkt verbunden ist das Argument, man könne das Format nicht ohne Spoiler spielen. Dieses Argument hat zwei ziemlich unterschiedliche Seiten. Viele nicht T1 Spieler, sind der festen Überzeugung, ohne Spoiler könne man gar nichts gewinnen, während viele der T1 Spieler gerne behaupten, man könne auch mit einem powerless Deck Erfolg haben. Ich denke beide Seiten haben ihre Defizite, man kann dieses Format sehr wohl ohne P9 spielen, man kann allerdings wohl kaum ohne sie Erfolg haben. Ich denke, man kann auch mit einem powerless Deck ein T1 Turnier spielen und durchaus Spaß haben, man kann aber nicht wie viele T1 Spieler behaupten, dabei auch noch Erfolg haben. Dies bringt uns nun zur Gegenseite der ganzen Argumentation und zu den Argumenten für T1 als „dem einzig wahren“ Turnierformat.

Es gibt eine Menge Leute, die von Anfang an Magic gespielt haben und daher auch alle Karten besitzen. Viele dieser Leute, und genau diese haben zu dem gängigsten Vorurteil gegenüber dem Format an sich und seinen Spielern geführt, halten Typ1 für das einzig wahre Turnierformat, sozusagen das Königsformat unter den Constructed-Formaten, da dies ja das einzige Format ist, in dem alle Karten die jemals gedruckt wurden, gespielt werden dürfen. Dieses Argument kann man recht schnell als totalen Blödsinn darstellen, da ungefähr 90% der bisher gedruckten Karten einfach viel zu schwach sind, und um das Format wirklich zu kennen und auch zu beherrschen, sind kaum mehr Karten nötig als im Extended Format. Wahrscheinlich ist es sogar eher so, das man für Extended mehr Karten kennen und besitzen muss. Ich finde in diesem Zusammenhang auch immer wieder Äußerungen von „Old School“-Spielern lustig, die einerseits behaupten, die Wizards würden Karten ja eh nur für die relevanten bzw. „normalen“ Formate entwickeln, aber andererseits sich über die aktuelle präventive Restriction von Mind's Desire aufregen, da die Wizards ja ganz offensichtlich nicht getestet hätten, und was es für einen Sinn gäbe, eine Karte zu restricten bevor sie legal wird. Das Lustige hier dran ist nicht nur die Tatsache, dass sich diese Spieler schon in dem Punkt widersprechen, Wizards würde Karten ja eh nur für Formate wie T2 und Extended entwickeln, und sich nicht bewusst sind, dass Mind's Desire genau so eine Karte ist, die halt in allen Formaten bis auf T1 auch funktioniert, sondern die simple Tatsache, dass diese Leute noch vor ein paar Monaten dafür gekämpft haben, dass die Wizards sich doch endlich mal um „ihr“ Format kümmern sollten, und endlich mal längst fällige Veränderungen durchführen. Nun bekommen diese Spieler genau das, was sie noch vor wenigen Monaten so vehement gefordert haben, nämlich die präventive Restriction einer Karte, die man getrost als broken bezeichnen kann, sofern man sie im T1 betrachtet, und was machen sie? Sie beschweren sich, dass genau das getan wird, was sie gefordert haben. Wer soll bei solchen Leuten als „Vorzeige T1 Spieler“ noch eine Rechtfertigung finden, dieses Format zu verteidigen und eine Menge Zeit zur Förderung des Formats an sich zu investieren?

Wer so denkt, der muss noch eine Menge an Lebenserfahrung sammeln. Es gibt immer und überall schwarze Schafe, und Leute mit denen man sich nicht identifizieren will und kann, die aber ähnliche Interessen haben.
Meiner Meinung nach, sollte man einfach über so etwas stehen, ansonsten wird man noch eine Menge Frustration und Probleme erleben.
Zurück zum Thema, ich wollte schliesslich beweisen, dass T1 niemals das einzig wahre Turnierformat sein KANN. Ich denke eines der Argumente gegen diese Behauptung ist, neben der geringen Verfügbarkeit und der damit verbundenen hohen Preise der Einzelkarten, vor allem auch die geringe Anzahl an „relevanten“ Spielern die sich mit dem Format beschäftigen.
Es gibt einfach zu wenig wirklich gute Spieler, die sich für das Format interessieren, als das man hier vom einzig wahren Format sprechen kann. Wer einen Beweis hierfür haben will, soll sich nur mal anschauen, wie krass jemand wie Roland Bode, mit wenigen guten Ideen, das ganze Format auf den Kopf gestellt hat. Und dies nicht mit neuen Karten, sondern praktisch ausschließlich mit älteren Karten, die nur durch seine Ideen neue Stärke entwickelt haben. Wie kann ein Format wirklich gut sein, wenn eine einzelne Person so derartig neue Konzepte entwickeln kann, auf die noch kein Spieler vor ihm gekommen ist? Viele werden jetzt wieder behaupten, dies läge halt an der Komplexität des Formats, und man könne einfach bei so vielen verschiedenen Karten nicht den Überblick behalten. Wie vielen aber auch klar sein wird, ist dieses Argument mal wieder totaler Blödsinn, da es durchaus ausreichend viele Spieler gibt, nur eben nicht ausreichend viele gute Spieler. Es beschäftigen sich einfach zu wenige Leute mit dem Format und seinem Metagame, um von einem wirklich guten Format zu reden.

Im Endeffekt können wir also zusammenfassen, dass das Format weder ein reines Poserformat ist, noch ein ernstzunehmendes Turnierformat. Die Wahrheit liegt wie so oft in der goldenen Mitte. Ich denke, und bin mit dieser Meinung auf keinen Fall alleine, dass T1 ein wirklich spaßiges Format ist, was man gut spielen kann, vorausgesetzt man kann sich die P9 und andere Karten leihen bzw. besitzt sie schon, um einfach ein bisschen Abwechslung vom normalen Turnieralltag zu bekommen und mal richtig mächtige Karten zu spielen. Klar wird man hier häufiger mal frustriert sein, weil man gegen einen unglaublich schlechten Spieler mit einem broken draw verliert, dafür besiegt man aber auch mal ein unglaublich schlechtes Matchup mit selbigem, das hält sich ziemlich die Waage denke ich.

Viele Leute die einfach keine Ahnung haben, sich aber immer wieder ein Urteil rausnehmen, behaupten ja immer wieder, man könne bei diesem Format keinen Spaß haben. Dies gilt allerdings nur für die Leute, die nur bei einem geringstmöglichen Maß an Glück und einer grösstmöglichen Balance des Formats, Spaß an unser aller Hobby haben können. Ich denke Falk Bernhardt hat dies auf der DM im Viertelfinale, bei dem unter anderem die Qualifikation für die WM auf dem Spiel stand, und er total locker und relaxed war, gegenüber seinem Gegner der schon stark angespannt war, sehr passend zusammengefasst: „Ich sehe das alles so locker, weil es nur ein Spiel ist, in 10 Jahren wirst du dieses Spiel eh nicht mehr spielen!“ Ich denke davon sollten sich einige Leute mal eine Scheibe abschneiden, unter anderem wohl auch ich und die ganze Sache einfach lockerer sehen. Dann kann nämlich auch T1 auf einmal richtig Spaß machen, wenn nämlich der Spaß am Spiel und nicht am Gewinnen im Vordergrund steht.

Abschliessen möchte ich diesen Artikel, mit dem Hinweis, dass ich hier zwar mehrmals auf spezielle Leute angespielt habe, ich diese aber nicht beleidigen oder bloßstellen will, wer sich angegriffen oder beleidigt fühlt, kann sich ja per Mail bei mir melden.
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