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Extended Play better, win more von Matthias "Kofi" Ludewig |
11.03.2008 |

PTQ Berlin, Entscheidungsspiel Doran gegen Affinity: Mein Gegner – on the play – spielt Arcbound Worker und Frogmite, und hat danach außer einem Smother nur noch Länder auf der Hand, wie meine Cabal Therapy zeigt.
Dann zieht er allerdings Cranial Plating von oben, splicet sie auf den Arcbound Worker und bringt mich auf sieben Lebenspunkte. Ich gehe in meinen Zug, ziehe eine Karte und meine Hand ist: Birds of Paradise, Doran, Smother, Eternal Witness.
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What's the play? _
Stopp mal eben. Wie viel Glück kann man haben? Jede andere Karte wäre nicht so schlimm gewesen: Arcbound Ravager, Myr Enforcer, Ornithopter, Shrapnel Blast. Nur Cranial Plating durfte er an dieser Stelle nicht ziehen!
So oder so ähnlich waren meine Gedanken an dieser Stelle und ein paar Minuten später hatte ich das dritte Mal an diesem Tag gegen glückliche Topdecks verloren.
Runde 1: Ich spiele gegen Next Level Blue und nehme ihm die ganze Hand mit Cabal Therapy weg, nur damit er (dank Confidant im Spiel, der die Runde darauf gestorben wäre) Umezawa's Jitte + Tarmogoyf topdeckt.
Runde 2: Ich spiele gegen Life from the Loam und im ersten Spiel zieht er im letztmöglichen Turn das dritte Seismic Assault nach, nachdem ich zwei davon gehandlet habe und im dritten ist der letztmögliche Draw bevor er tot ist, der Burning Wish, der ihm dank gesuchter Devastating Dreams das Spiel gewinnt.
Den spielentscheidenden Topdeck in Runde 3 habe ich eben geschildert. Ich könnte jetzt noch eine ganze Weile so weitermachen, euch vorrechnen, dass die Wahrscheinlichkeit, in der Situation Cranial Plating zu ziehen kleiner ist als der Zinssatz meines Sparkontos und allgemein die Ungerechtigkeit der Welt beklagen. Ein fröhliches „Tschüss“ an diejenigen, die vorsorglich umgeschaltet haben, weil sie dachten, ich würde tatsächlich den Rest des Artikel mein Pech beweinen. Die Tatsache ist: Ich hätte sowohl Runde 2 als auch Runde 3 gewinnen können!
Ihr hattet jetzt eine Weile, um über die Situation von eben nachzudenken. Hier das ganze noch einmal in Bildform:
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass ich bei korrektem Spiel des Gegners tot bin. Er hat ein Smother auf der Hand, das heißt, er tötet jeden Blocker, den ich spiele und greift mich lethal an. Das Smother auf meiner Hand kann den Frogmite wiederum nicht erwischen, wenn er dem die Rüstung umschnallt.
Trotzdem ist es nicht egal, wie man spielt. Doran oder Witness zu spielen kommt gar nicht in Frage. Das Ziel muss es sein, den Gegner dazu zu bringen, nicht Cranial Plating umzuequippen. Gleichzeitig muss man dem Gegner das Smother nehmen, denn sonst stirbt man einfach in der Runde darauf.
Meine Lösung war die folgende: Ich frage meinen Gegner, welche Kreaturen Smother betrifft, also ob welche mit Manakosten 2 oder mit Manakosten von 3, so als ob ich nicht sicher wäre, ob ich Doran gefahrlos legen könnte. Als er es mir nicht sagen will, rufe ich sogar den Judge, um mir den Kartentext geben zu lassen – alles mit Smother auf meiner Hand. Dann lege ich die Birds, schaue unglücklich aufs Board und flashbacke mit einer verzweifelten Miene die Therapy als ob ich sagen wollte: "Wenigstens bringst du mir meinen Bird nicht um". Und es klappt tatsächlich! Mein Gegner enttappt, zögert kurz und greift mit beiden Kreaturen an, ohne Cranial Plating umzuequippen!
An dieser Stelle wirft er das Spiel und damit das Match weg.
Wenn ich mich nicht revanchiert hätte: Er hat nämlich einfach einen Ornithopter nachgezogen, ausgespielt und equippt, woraufhin ich mein viertes Land ziehe, auf meine Hand schaue und ärgerlich aufgebe, weil ich den Flieger nicht blocken kann. Dass der Doran auf meiner Hand eine Fähigkeit hat, die mit Cranial Plating im Spiel durchaus relevant ist, daran denke ich in dieser Situation nicht: Der Ornithopter macht ja zunächst nur zwei Schaden!
Mal sehen: Als nächstes hätte ich – auf zwei Leben – Loxodon Hierarch gezogen (ich habe nachgesehen) und der Baum wäre direkt in den Gegenangriff übergegangen. Eternal Witness hätte dann Smother wiedergeholt. Klar mein Gegner hätte auch einige Outs gehabt (Smother, Shrapnel Blast, weitere Ornithopter etc.), aber dieses Spiel hätte ich sehr wahrscheinlich noch gewonnen.
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Ja und? _
In diesem Artikel möchte ich zeigen, wie sehr es gerade im Extended darauf ankommt, korrekt zu spielen. Wer meint, Extended würde allein durch Matchups und Ziehglück entschieden, der hat Unrecht! Es gibt im Extended kaum wirklich eindeutige Matchups, zumindest wenn man Sideboarding zulässt, bewegt sich die Gewinnchange meistens um die 50%-Marke. Außerdem sind viele Decks sehr anspruchsvoll zu spielen und geben dem Piloten jedes Match mehrere Chancen, das Spiel wegzuwerfen. Es kommt auch ganz maßgeblich darauf an, korrekt zu spielen!
Klar gibt es viele Spiele, in denen man einfach verliert, auch ohne einen Spielfehler gemacht zu haben. Falls ihr aber den Ehrgeiz habt, besser zu werden und ein stärkerer Spieler zu werden, hilft es nicht weiter, sich über das Ziehglück des Gegners zu beschweren!
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Der erste Schritt: Reflexion _
Der erste Schritt ist der schmerzvollste. Die natürliche Reaktion eines Menschen ist, die eigenen Fehler zu verschleiern. Denn zuzugeben, dass man ein Spiel durch eigene Schuld verloren hat, ist unangenehm. Einfacher ist es für mich, mein Scheitern damit zu erklären, dass ich Pech hatte und die anderen Glück. Meine Selbsteinschätzung ist: Ich spiele gut, und wenn ich verliere, hat mein Gegner Glück gehabt – oder ich habe das Pech gehabt, ein schlechtes Matchup zu erwischen.
-Normative Reaktion
| _In der Didaktik spricht man von einer normativen Reaktion: Meine Erwartungshaltung wird enttäuscht, _aber ich ändere dadurch meine Selbsteinschätzung nicht.
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Ich lerne nicht.
Der erste und wichtigste Schritt ist es, bereit zu werden für eine ergebnisoffene Analyse der Niederlage. Die Erklärung nicht direkt im Zufall, in der Varianz zu suchen, sondern das eigene Spiel zu analysieren. Nur so kann ein Lernprozess stattfinden! Nur so kann ich mir klar werden, dass ich nicht gut spiele und dass mein Ziel zuallererst sein muss, mein Spiel zu verbessern.
-Kognitive Reaktion
| _Nur so kann es eine kognitive Reaktion geben, das heißt: Lernen aus einer Enttäuschung.
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Der Weg dahin führt das „Glück“ als Erklärung hinaus: Natürlich haben meine Gegner ziemlich viel Glück gehabt (Plating – Ornithopter von oben? Ich bitte euch...) und natürlich ist es in Ordnung sich darüber zu ärgern. Aber möglichst nur kurz, denn es bringt einen nicht weiter! Es ist zwar wahr, dass ich das geschilderte Spiel wohl gewonnen hätte, wenn mein Gegner nicht Cranial Plating, sondern Seat of the Synod von oben gezogen hätte, einfach weil ich keine Gelegenheit gehabt hätte, einen Spielfehler zu machen. Aber trotzdem muss ich mir eingestehen, dass ich das Spiel nicht wegen des Glücks meines Gegners verloren habe, sondern weil ich schlecht gespielt habe!
Und das ist nicht das einzige Beispiel: Bei fast allen wichtigen Turnieren, die ich gespielt habe und wo ich in aussichtsreicher Position gescheitert bin, konnte ich im entscheidenden Match Dinge ausmachen, die ich schlecht gemacht habe. Dies geht vom zweiten Tag des GP Zürich 2004, wo ich völlig unfähig war, ein Control Mirror gegen TobiH vernünftig zu spielen – er hatte dann buchstäblich das Letzte Wort. – bis zu meinem Top-8-Spiel gegen Bernd Brendemühl in Hannover, wo ich den Magus of the Moon besser hätte umspielen können.
Das hat einerseits etwas beruhigendes: Zu merken, dass man ein Match wegen eines Spielfehlers verloren hat, gibt einem das Gefühl, es selbst in der Hand gehabt zu haben. Beim nächsten Mal hat man möglicherweise gelernt und macht den Fehler nicht, dann klappt es vielleicht! Andererseits ist es auch verdammt frustrierend, festzustellen, es selbst in der Hand gehabt und dann doch wieder verscrubt zu haben. Es kommt darauf an, was ihr daraus macht!
Nicht weinen, sondern die Schuld für die Niederlage bei sich selber suchen. Nicht zu sehr von seinen Fähigkeiten überzeugt sein und Niederlagen auf Gegnerglück oder schlechte Matchups zurückführen.
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Die Einstellung _
Ein großer Fehler ist es, Gegner zu unterschätzen! Vielleicht gibt es viele Spieler, die schlechter sind. Aber so groß sind die Unterschiede nicht, dass man von alleine gewinnt. Immer wenn ich die Geschichte höre, wie „der Bauer wieder rumgeluckt hat“, denke ich: „Ja, aber du hast bestimmt auch an einer Stelle Mist gebaut.“ Man muss gegen jeden Gegner versuchen, optimal zu spielen.
Genauso schlimm wie Selbstüberschätzung ist es aber, sich selber zu unterschätzen. Wenn man nicht an seine Chance glaubt, gewinnen zu können, hat man von vornherein schon verloren. Das läuft wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Wenn man ohnehin davon ausgeht, zu verlieren, fehlt der Ehrgeiz, nach der korrekten Spielentscheidung zu suchen, um damit das Spiel zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Ich denke, dass sich so etwas unbewusst sehr stark auswirkt.
An mir selbst habe ich das beim Spielen der Top 8 beim PTQ in Hannover. beobachtet. Nach knapp zehn erfolglosen PTQ-Top-8-Ergebnissen fehlte wohl der Glaube an die Möglichkeit sich zu qualifizieren. Das resultierte in eher suboptimalem Spiel im Halbfinale, wo ich besser um den Magus of the Moon hätte herumspielen können. Ich bin ein übertriebenes Risiko eingegangen, weil ich wohl unbewusst der Meinung war, für einen Sieg ohnehin sehr viel Glück zu brauchen – das Glück, dass mein Gegner keinen Magus of the Moonhat.
Jeder Gegner kann dich besiegen, egal wie schlecht er ist. Sorge wenigstens dafür, dass es nicht deine Schuld ist.
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Think outside the Box! _
Die folgenden Spielsituationen entstammen Beobachtungen vom PTQ für Hollywood am 23. Februar in Berlin. Ich werde versuchen, zu analysieren, wie man falsche Entscheidungen vermeiden kann und wo ein Spielfehler überhaupt beginnt.
Einschub: Es sind größtenteils Spiele aus den Top 8 und ich werde die beteiligten Spieler auch namentlich erwähnen um zu zeigen, wie stark Spielfehler den Verlauf eines Turniers beeinflussen. Hier geht es keinesfalls darum, sich über Spielfehler lustig zu machen, sondern darum, zu analysieren, wie Fehler entstehen. Spielfehler kommen nun einmal bei jedem vor (schaut euch doch nur das Spiel in der Top 8 des GP Vancouver von Paul Cheons Kontrolldeck gegen TEPS an). Kommentare im Sinne von „Wie dumm ist das denn bitte“ sind deshalb unerwünscht! Einschub Ende.
Hier ein Überblick über die Matches in der Top 8:
Viertelfinale
Alf Maron (Boros mit Schwarz) - Patrick Dierbach (Affinity): 2:1
Florian Lüddecke - Alexander Storch (Artifact Blue): 0:2
Martin Bisterfeld (Zoo) - Matthis Klemm (Enduring Ideal): 2:1
Alexander Klaue (Enduring Ideal) - Robert Zemke: 2:0
Halbfinale
Alf Maron - Alexander Storch: 1:2
Martin Bisterfeld - Alexander Klaue: 2:0
Finale
Martin Bisterfeld - Alexander Storch: 2:0
Fest steht, dass Martin Bisterfeld schon im Viertelfinale ausgeschieden wäre, wären die Tablejudges etwas aufmerksamer gewesen und hätte sich Matthis Klemm nicht überrumpeln lassen.
Das ganze fiel in die Kategorie "schon längst mit dem Spiel abgeschlossen". Matthis hatte nämlich Enduring Ideal resolved, bereits Dovescape, Solitary Confinement und Form of the Dragon im Spiel und damit Martins Armee von zwei Mogg Fanatics und einigen weiteren Fußgängern zu Statisten deklassiert.
Dann zieht Martin auf einmal Kami of Ancient Law (nebenbei den einzigen, den er im Board hatte!). Er spielt den Kami, greift mit allen Kreaturen an, fragt "Schaden auf den Stapel?" – "Okay!" – "Dann opfere ich in Response Kami of Ancient Law auf Solitary Confinement." – "Okay... hab ich verloren."
Handshake.
Beide schieben ihre Karten zusammen.
Wie bitte?
Ja, ich habe die Szene persönlich beobachtet. Und war selber so perplex, zu sehen, wie ein Spieler in Drachenform von Fußgängern zertreten wurde, dass ich erst viel zu spät etwas gesagt habe.
Ich denke übrigens nicht, dass Martin wissentlich in die Dragon Form angegriffen hat, obwohl viele Kommentare im Sinne von „gut gecheatet“ etc. kamen. Der Grund ist der, dass er nicht davon ausgehen kann, dass sowohl Matthes als auch der Tablejudge Sebastian Rittau die Form of the Dragon übersieht, er sich aber dadurch, dass er den Kami ausspielt, sämtliche Siegchancen nimmt, falls es bemerkt wird. Auf seiner Hand befand sich nämlich ein Char. Es ist fraglich, ob sich Matthis tatsächlich mit dem nächsten Ideal-Trigger Pernicious Deed gesucht hätte und nicht Honden of Seeing Winds oder die zweite Form of the Dragon. Im End of Turn hätte Martin sich mit dem Char drei fliegende Tauben gemacht und dann sicher durch Confinement zerstören gewonnen – er hatte ja noch zwei Mogg Fanatics.
Auf den ersten Blick ist unverständlich, wie man übersehen kann, dass die Form gleichzeitig ein Moat ist. Der Grund für diesen Fauxpas ist aber, dass die Fähigkeit so gut wie nie relevant ist! Das Idealdeck sucht fast immer zuerst das Solitary Confinement und dann Form of the Dragon. Da wird dann ohnehin nicht mehr besonders wirkungsvoll angegriffen.
Ein weiteres Beispiel aus dieser Ecke ist meine Doran-Geschichte von weiter oben. Doran ist eben fast immer einfach ein 5/5-Klobo für drei Mana. Man merkt es doch schon bei Testspielen: Wie oft werden irgendwelche Schaden vom Tarmogoyf oder Kird Ape falsch berechnet? Verschlimmert wird das ganze noch dadurch, dass er ja sehr viele Kreaturen nicht beeinflusst, weil die meisten die gleiche Stärke wie Widerstandskraft haben.
Um so etwas zu sehen, muss man lernen, abseits der ausgetrampelten Pfade zu denken. Natürlich gibt es kein Geheimrezept, um solche Karteninteraktionen zu sehen. Und manche Menschen sind auch einfach begabter dafür als andere. Aber ein Mittel, um hier besser zu werden, ist spielen, spielen, spielen. Übung zu haben hilft hier ungemein!
Natürlich gibt es Spieler, die ein Jahr lang kein Magic gespielt haben und dann aus dem blauen heraus einen PTQ gewinnen. Oder Holger Althues, der nie spielt, aber immer bei der deutschen Meisterschaft Top 8 macht. Aber so etwas ist entweder großes Glück und es gelingt eben einem aus hundert, oder – man blicke der Tatsache ins Auge – solche Spieler sind einfach begabter als man selbst! Aber solche Vorteile kann man versuchen, durch Spielpraxis auszugleichen!
Martin Helbig: „Mannmann, immer wenn ich denke, ich bin gut vorbereitet, dann läuft's total scheiße, aber wenn ich ohne Ahnung den PTQ spiele, läufts super.“
Eric Winkler: „Toll, ich hab keine Ahnung und es läuft trotzdem scheiße...“
Weitere Beispiele, wann man seine Automatismen in Frage stellen sollte, sind folgende: Typischerweise spart man seine Instants oder Fähigkeiten immer bis zur letzten Möglichkeit auf. Es lohnt sich aber oft, darüber nachzudenken, wann man von dieser Vorgehensweise abweichen muss: Beispielsweise einen Spruch schon im eigenen Zug oder in der gegnerischen Versorgungsphase spielen, weil er einen Counter nachziehen könnte. Oder Vedalken Shackles schon im eigenen Zug aktivieren, sonst kommt als Antwort auf die Aktivierung Ancient Grudge und man übernimmt die Kontrolle nicht, so dass die Kreatur keine Einsatzverzögerung hat. Oder, noch schlimmer: Gaea's Might auf den Sklaven und schon fizzlet die Shackles-Fähigkeit und man kriegt noch fünf Schaden obendrein auf die Nase.
Sehr dumm ist es auch, in Zeiten von Split Second Pernicious Deed zu legen und „Go“ zu sagen, wenn klar ist, dass man es im nächsten gegnerischen Angriff ohnehin zünden wird. Der Gegner wird euch nie den Gefallen tun, noch einen Mann dazuzulegen, aber er könnte euch mit Krosan Grip ordentlich hernehmen.. 
Zurück zum PTQ Berlin: Das erste Halbfinalmatch von Alf Maron gegen Alexander Storch war eins aus der Kuriositätenkiste: Alf gewann das Spiel über Decktod. Und zwar deswegen, weil Alexander tatsächlich alle Form of the Dragon gezogen hatte und sich darum keine Winoption mehr im Deck befand. Er suchte sich nur Dovescape und Solitary Confinement, warf vier Runden lang seine Handkarten ab, solange bis er die letzte abgeworfen hatte und suchte sich erst dann den Honden of Seeing Winds. Das reichte aber nicht: Er hatte noch immer genau eine Karte weniger in der Library als Alf – und zwar weil Alf Mulligan auf vier nehmen musste.
Also gab er auf.
Hier fallen mir zwei Sachen auf:
1) Wenn er schon alle Form of the Dragon gezogen hatte zu dem Zeitpunkt, als er Enduring Ideal spielte, hätte er da nicht vorher die Karten in der Bibliothek nachzählen müssen? Und falls sich herausstellt, dass er weniger Karten hat, sollte er da nicht versuchen, durch Ausspielen der Form of the Dragon zu gewinnen, wenn er andernfalls ohnehin verliert?
2) Er hatte ein Mikokoro im Deck! Findet er Mikokoro zu einem Zeitpunkt, an dem sowohl noch Pernicious Deed als auch das zweite Confinement im Deck sind, so kann er sich Pernicious Deed suchen und am Ende von Alfs Zug Deed für fünf zünden – völlig risikolos, da er Dovescape im Spiel hat. Dann sucht er sich in seinem Upkeep Confinement Nr. 2 und hält es mit Mikokoro aufrecht – und Alf zieht sich tot. (Das Ganze funkioniert folgendermaßen: Er lässt immer zuerst den Ideal-Trigger, dann den Confinement-Trigger und dann den Honden-Trigger auf den Stack gehen, und kann dann entscheiden, ob er die Karte abwirft oder das Confinement opfert – im letzteren Fall kann er noch Pernicious Deed suchen.)
Mach nicht immer alles so, wie du es immer tust, sondern überlege, warum du etwas tust.
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Vorausdenken _
Das zweite Spiel sah Play-by-Play folgendermaßen aus:
Im zweiten Zug hat Alf keinen 2-Drop und kann darum nichts weiter machen, als Alexander am Ende dessen Zuges eine Lightning Helix an den Kopf zu schießen. Alexander ist danach also auf 15 Leben.
Alf zieht in seinem dritten Zug einen Silver Knight nach. Seine Hand besteht nun aus Silver Knight, Vindicate, Char und drei Ländern. Alf entscheidet sich dafür, Vindicate auf Sulfur Vent zu spielen. die Savannah Lions bringen Alexander auf 13 Leben, durch Fetch mit Windswept Heath fällt er auf zwölf.
Alexander spielt Pentad Prism und ein weiteres Sacland, fällt durch ein Char von Alf und dessen Angriff auf sechs Leben und spielt in seinem Zug Enduring Ideal, gegen das Alf keine Outs mehr hat, da er keine Kami of Ancient Law spielt.
Der interessante Zug ist hier der dritte. An der Stelle war es nicht optimal, Vindicate zu spielen. Der Grund: Mit einem Board von Sulfur Vent, Godless Shrine, Windswept Heath gewinnt Alexander nur genau dann im nächsten Zug, wenn er Seething Song und ein Land hat, was nicht getappt ins Spiel kommt. Er hat keine weitere Möglichkeit auf sieben Mana zu kommen.
Natürlich ist es mit Sensei's Divining Top und einem Fetchland im Spiel nicht besonders unwahrscheinlich, dass er diese beiden Karten in seinem nächsten Zug hat. Das entscheidende Argument ist aber, dass er, wenn er diese beiden Karten hat, sowieso gewinnt! Denn auch nach Alfs Vindicate braucht er nur ein weiteres Sacland, was er mit Sensei's Devining Top deutlich leichter findet als Seething Song (immerhin hat er noch zwölf weitere im Deck) und er kann in Turn 5 Enduring Ideal spielen. Alf hat keine Chance, ihn bis dahin auf null zu bringen. Aus diesem Grund lautet das richtige Play in seinem Zug Silver Knight. Und hoffen, dass der Gegner keinen Seething Song hat oder findet (oder kein weiteres ungetapptes Land). Mit dem Vindicate kann dann das erste Solitary Confinement zerstört werden.
In der Tat hatte Alexander, glaube ich, kein weiteres Land, was ungetappt ins Spiel kommt. Und Alf hätte ihm in seinem fünften Zug genau den fehlenden Schaden verursachen können.
Typischer Fehler: Das Verlieren vermeiden
Unbewusst ist man natürlich immer bestrebt, das Spiel nicht zu verlieren. Will Alf die Niederlage so lange wie möglich herauszögern, ist das Vindicate natürlich der richtige Spielzug. Aber er will ja nicht vermeiden zu verlieren, er möchte gewinnen! Es gibt keinen Preis dafür, lange am Leben geblieben zu sein! Man stelle sich stets die Frage: Ist das Play optimal, um zu gewinnen, oder mache ich den Spielzug, um länger zu überleben?
Die Spielzüge vorausplanen, und die optimale Strategie zum Gewinnen wählen – nicht die optimale Strategie, um so lange wie möglich am Leben zu bleiben. Das Stichwort heißt: Antizipation.
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Den Plan kennen _
Ich habe die obige Situation Bodo Rösner vorgelegt und er stimmte mir bei meiner Analyse zu, mit dem Kommentar, es sei schon richtig, unter anderem weil einfach „vom Gefühl her“ nicht genug Druck auf dem Tisch liegt.
Die Wortwahl ist deshalb interessant, weil es ja die Frage ist, ob man unter dem Druck der Turniersituation in der Lage ist, eine solche Turn-by-Turn-Analyse zu machen. Magic ist nun mal so komplex, dass man die meisten Entscheidungen „nach Gefühl“ fällt: Man blockt den gegnerischen Grizzly Bear nicht mit Imperious Perfect, auch wenn man dadurch auf dem Papier keinen Kartennachteil erleiden würde. Man fängt nicht auf 20 Leben an, zu chumpblocken. Die meisten dieser Entscheidungen beruhen auf Erfahrungen, die man in vielen Partien Magic gesammelt hat und die dann das bilden, was man „Bauchgefühl“ nennt.
Um so ein Gefühl zu entwickeln, muss man sein Deck sehr häufig spielen. Man muss wissen, wie das Deck tickt. Wann genügend Kreaturen auf dem Tisch liegen, um den Gegner unter Druck zu setzen, und ab wann man overextendet, sprich dem Wrath of God in die Arme läuft.
Man muss den Plan kennen.
Ein weiteres Beispiel: In der vorletzten Swissrunde des Turniers musste Alf gegen das MonoU-Deck (mit Spire Golem) von Alexander Klaue antreten. Das Match endete unentschieden: Alf verlor das erste Spiel und gewann dann das zweite, das dritte lief ins Time Out. Das erste Spiel hätte Alf aber meiner Meinung nach gewinnen können:
Alexander (auf sieben Leben) hat die Venser/Riptide Laboratory-Combo online. Dazu hat er im Spiel einen Spire Golem und einen Meddling Mage (auf Incinerate, das Alf aber gar nicht spielt). Alf – mit Savannah Lions, Silver Knight und Spectral Lynx im Spiel belegt nun Riptide Laboratory mit Vindicate – ein klarer Fehler.
Das korrekte Ziel ist Spire Golem, da dies die Karte ist, die ihn wirklich stört. Die hindert nämlich seine Armee, sinnvoll anzugreifen. Das beste, was sein Gegner machen kann, wenn der Spire Golem nicht mehr da ist, ist, seinen Silver Knight mit Meddling Mage und Venser doppelzublocken. Der Erstschlagschaden geht dann sinnvollerweise auf den Mage (der dann zurück auf die Hand darf) und Alexander fällt dann schon auf drei Leben. Im Zug danach muss er sogar eine Kreatur gegen Savannah Lions tauschen, will er nicht auf ein Leben fallen. Dazu kommt, dass er jede Runde Mana ausgeben muss, um den Spectral Lynx ohne Kartennachteil zu blocken.
Das Problem an der Sache ist, dass die Venser-Combo stärker aussieht als sie eigentlich ist (sie kostet immerhin jede Runde sieben Mana!) und darum dazu verleitet, sich als Ziel anzubieten. Um hier die korrekte Entscheidung zu treffen, ist es es wichtig, zunächst die zukünftigen Züge genau vorauszuplanen (so wie eben geschehen). Genauso wichtig ist aber auch, sich seiner Rolle im Matchup bewusst zu sein.
Wir haben hier die Entscheidung zwischen zwei Optionen: Die Combo des Gegners verhindern oder Schaden durchbringen. Wenn ich es so darlege, ist die Frage nach der richigen Entscheidung natürlich trivial: Wir sind Boros! Wir wollen Schaden machen und nicht reaktiv spielen! Die erste Option zieht das Spiel in die Länge. Die zweite Option verkürzt es. Die Entscheidung sollte klar sein: Jedes Verzögern der Entscheidung begünstigt potenziell das Kontrolldeck. Das Beatdowndeck hingegen will das Spiel abkürzen.
Wenn wir die Chance haben, den Gegner auf drei Leben zu bringen, dann muss man diese Chance wahrnehmen, denn jedes Char, jede Lightning Helix, jeder Firebolt wird zu einer „I win“ Karte. Dazu kommt, dass wir verhindern, dass nachgezogene Kreaturen zu toten Karten werden: Unter 2/2ern ist der 2/4er König! Stirbt der 2/4er, so haben 2/2er die Möglichkeit, das Spiel zu beeinflussen.
Du musst wissen, was dein Deck macht, sonst macht es nichts!
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Schnell noch eingepackt... _
Wenn man mal alles zusammenzählt, kann man sich ausrechnen, wie anders die Ergebnisse in dieser PTQ-Top-8 hätten sein können! Und das, obwohl ich nur die Hälfte der Spiele überhaupt beobachtet habe. Also, hört auf, über die Ungerechtigkeit der Welt zu weinen und fangt an zu lernen! Am Ende habt ihr es selbst in der Hand!
That's all,
Matthias
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