Montagsrückblick: Letzte Woche hatte ich für heute den ausstehenden Monatsrückblick Mai angekündigt, dummerweise aber übersehen, dass am zurückliegenden Samstag das Dortmunder Auenland seinen PTQ veranstalten würde. Das bedeutet, dass die Dreharbeiten einerseits unter akutem Standardtesten litten, andererseits dass es heute etwas völlig anderes zu berichten gibt. Zu meinem eigenen Deck und Abschneiden kommt vermutlich noch etwas, jetzt aber erst mal:
Metagame
Top-8-Decklisten
ausführliche Coverage des Finales
Ein Meter Game
An der Umbruchstelle zwischen National Qualifiern und PTQs haben sich einige Dinge zugetragen. In Barcelona tauchte ein 40 Land starkes Kombodeck auf und schnitt durch ein Feld voller Tokens wie ein Messer durch warme Butter. In Seattle/Tacoma drehte sich das Metagame-Rad weiter und auf einmal wurde die Top 8 von Feen dominiert, während ein fünffarbiges Cascade-Aggrodeck Premiere feierte und Rotschwarz wieder auf der Bildfläche erschien. Einen knappen Tag vor unserem PTQ gab es außerdem die Ergebnisse vom Last Chance Qualifier der Pro Tour Honolulu, welcher in Größe und Bedeutung zwar längst nicht an die Signalwirkung der beiden Grand Prix heranreicht, dafür aber eine deutliche Sprache... sprach: Vier Spieler haben sich darüber zur Tour qualifiziert, alle mit GB-Elves.
Wie teilte sich unter diesen Vorzeichen das Feld in Dortmund auf? 82 Spieler widerstanden den widrigen Wetterbedingungen (das kälteste erste Juni-Wochenende seit 30 Jahren!) und brachten folgende Decks mit:
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Cascade-Aggro*
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Feen
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BW-Tokens
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Swans
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5c-Control
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Rb-Aggro**
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Elfen
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Doran
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Kithkin***
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Bant
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Combo-Elves
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Lark-Decks****
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GW-Tokens
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Rest*****
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Zwei Drittel der Cascade-Aggrodecks waren vier- bzw. effektiv fünffarbig (Blausplash für Cryptic Command), der Rest inklusive des Top-8-Decks blieb weitestgehend in Jund.
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Es hat sich mittlerweile eingebürgert, Rb-Aggro als das „Blightning-Deck ohne Blightning“ zu bezeichnen. Diesmal jedoch fand sich Blightning in 60% der Listen.
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***
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Die eine Hälfte der Kithkin-Decks war einfarbig, die andere mit Schwarz-Splash.
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****
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Drei verschiedene Lark-Decks: Einmal Blau und Weiß, einmal Esper und einmal Bant bunt.
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*****
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Turbo-Fog, Tezzeret-Control, Rg-Aggro, Jund-Ramp, ein Esper-Aggrocontrol, GW-Beatz (nicht Tokens!), UB-Mannequin, Merfolk, UW-Millstone sowie zwei Cascade-Decks, die damit allerdings keinen bestimmten Plan verfolgten... oder zumindest keinen überzeugenden.
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Die Großen Drei
Cascade-Aggro: Das Deck ist lustig, schnell, unbestreitbar mächtig und inhärent glücksabhängig – nicht nur durch Cascade selbst, sondern auch durch eine schreckliche Manabasis und in der Frage, wie gut Anathemancer im jeweiligen Matchup ist oder ob Cryptic Command in der Situation nun gerade broken oder bloß okay ist. Ich habe mit ein paar Anhängern des Decks gesprochen und insbesondere die Erfahrungen bezüglich des Commands gingen extrem weit auseinander. Und selbst wer auf den Triple--Splash verzichtete, fand noch andere Wege, das Deck möglichst unkonstant zu halten, etwa durch eine geringe Anzahl an 2-Drops, viele reaktive und/oder teure Karten und genauso viele Tappländer wie in der vierfarbigen Version. Babak Mojtahedy saß (mit Blau-„Splash“) beispielsweise in einer Runde neben mir und hielt eine Starthand, die Turn 3 Maelstrom Pulse als erstes Play hatte. Zwei Züge später blickte ich wieder rüber und...
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Ich:
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Aha! Das Deck gewinnt also, indem man sich immer in Turn 2 den Putrid Leech luckt.
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Babak:
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Ja, das stimmt.
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Dass eines von zwölf in der Top 8 landet, ist jedenfalls keine beeindruckende Konversionsrate.
Feen: Ganz anders bei dem fliegenden Ungeziefer. Drei von elf Vertretern des Archetyps schafften es in die Top 8, was leicht erkennbar eine fantastische Quote ist. Dafür kann man aber anders als in Seattle kaum die Schwäne-Kombo verantwortlich machen. Vielmehr scheint das Feen-Deck einfach nie so schlecht gewesen zu sein, wie es im Verlauf der NQ-Saison gemacht wurde. Feen spielen ⇒ Top 8 machen – ganz so simpel scheint es allerdings auch nicht zu sein, wie Denis Sinner, locker der most accomplished player im Turnier, eindrucksvoll unter Beweis stellte, als er nach zwei Runden bereits nur noch von der Seitenlinie zuschaute. Mindestens ein schlechtes Matchup (Rb-Aggro – da waren sich zumindest vor Ort alle einig) und ein bisschen Pech reicht da schon.
BW-Tokens: Der König ist tot, es lebe der König! Vor Barcelona war BW das Deck im Standardformat. Dann kamen die Schwäne und die Tokens durften aus dem Scheinwerferkegel des Rampenlichts abschwirren... Ob die neun BW-Spieler bloß trotzig bei ihrer (scheinbar veralteten) Deckwahl geblieben sind oder ob sie in intensivem Metagame-Studium zu dem Ergebnis gekommen waren, dass nach so viel Umbruch jetzt die Zeit wieder reif für Token-Beatdown sei, lässt sich natürlich nicht feststellen. Ebenso wenig, ob die Zeit tatsächlich wieder reif war. Dass sich zwei von ihnen schließlich im Finale gegenüberstanden (nachdem sie in der Top 8 insgesamt lediglich ein Spiel abgegeben hatten), deutet allerdings darauf hin, dass das Metagame wirklich eine Rolle rückwärts gemacht hat. (Oder vorwärts, was bei solch einer zyklischen Angelegenheit nämlich dasselbe ist.)
Swans: Nicht mehr als eine honorable mention hier, denn Schwäne sind zwar weiterhin ein Faktor, jedoch kein großer. Aber den Umstand, dass wir überhaupt ein Metagame-Rad haben, was sich drehen kann, verdanken wir dem Kombodeck.
Let's Talk About Decks, Baby
Oder: Bevor ich mir den Mund fusselig schreibe (hm, Metaphern-Salat, lecker...) – gehen wir's etwas technischer an. Hier sind die sieben Top-8-Matches und ein Klick auf eines davon zeigt euch jeweils die Listen der beiden Kontrahenten:
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Martin Peters 2 – 1 Alexander Kreuz
Floris De Haan 2 – 0 Frank Ohlhof
Mathias Wigge 2 – 1 Mario Klöcker
Carsten Hollmann 2 – 1 Mathias Derruau
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De Haan 2 – 0 Peters
Wigge 2 – 0 Hollmann
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Wigge 2 – 0 De Haan
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Nachdem ihr euch nun hoffentlich selbst ein Bild davon machen konntet, wer wann gegen wen (und möglicherweise auch warum bzw. trotz welch widriger Umstände) gewonnen hat, und euch bis zum Schluss durchgeklickt habt, bietet es sich natürlich an, umzuschwenken auf das...
Finaaale – oh-ooh
Ich gehörte nie zu den Grölern, deshalb verzeiht mir eventuelle Fehler in der Transkription. Aber in Anbetracht dessen, dass es sich diesmal sogar um ein echt internationales Finale handelte, erscheint mir die Überschrift angemessen. Wobei ich sagen muss, dass jegliche nationale Animosität in Wahrheit doch Blödsinn ist. Leuten, die im Forum kommentiert haben, dass der Holländer auf keinen Fall gewinnen durfte, gestehe ich einfach nicht zu, das wirklich ernst gemeint zu haben – oder besser: ich gestehe ihnen zu, dass sie das nicht ernst gemeint haben.
Wenn man überhaupt Partei ergreifen will, dann jawohl weil der Wigge ein Guter (und mehr noch: ein Netter) ist! Und wenn Nationalstolz so eine große Sache ist, wieso haben dem Finale dann mehr Niederländer als Deutsche zur moralischen Unterstützung beigewohnt?
Wie auch immer, passend zum Thema „international“: Höret die Signale, auf ins letzte Gefecht usw. usf.
Mathias Wigge vs. Floris De Haan
Floris De Haan |
Floris gewinnt den Würfelwurf und entschließt sich selbsverständlich anzufangen. Seine Starthand enthält mit Path to Exile, Tidehollow Sculler, Murderous Redcap und Glorious Anthem zwar eine gute Mischung an Spells, bloß seine Länder sind zwei Reflecting Pool und Mutavault. Mathias dagegen hat Caves of Koilos, Plains, zwei Windbrisk Heights, Path to Exile, Bitterblossom und Glorious Anthem. Floris sechs bieten schwarzes und weißes Mana, außerdem zwei Bitterblossom und Windbrisk Heights.
Die ersten beiden Züge sehen mit dem Hideaway-Land und Bitterblossom auf beiden Seiten exakt gleich aus, aber während Floris im dritten Zug je Blossom und Heights Nr. 2 legt, hat Mathias Tidehollow Sculler, welcher Spectral Procession aus der niederländischen Hand entfernt und Murderous Redcap dort zurücklässt. Es sieht stark danach aus, als läge Floris im „war of attrition“ bereits vorne. Allerdings gibt es da ja diese Karte aus Alara Reborn: Zealous Persecution. Floris' Tokens, die im nächsten Zug beide Windbrisk Heights hätten aktiv werden lassen, verschwinden und stattdessen fängt er sich im Angriff fünf Schadenspunkte – runter auf zwölf, in seiner Upkeep zehn.
Murderous Redcap tötet Tidehollow Sculler, geht anschließend jedoch den Pfad ins Exil. Mathias ist weiter in der Offensive, verstärkt seine Spielsteine mit Ajani Goldmane und greift an. Floris blockt, geht auf acht, dann auf sechs. Aber noch ist der Niederländer nicht geschlagen: Spectral Procession und Glorious Anthem geben ihm nicht nur eine formidable Defensive, sondern drohen ebenfalls damit, die Windbrisk Heights anzuwerfen. Mathias zeigt sich unbeeindruckt, legt selbst Glorious Anthem und sein Ajani verteilt weiter Marken. Trotzdem stirbt bei seinem Angriff alles; immerhin nimmt er auch vier von Floris' fünf Spielsteinen mit. Cloudgoat Ranger bringt diesen noch einmal zurück ins Spiel, aber seine Blossoms bringen ihn auf vier – jetzt auf zwei – aber es bleibt spannend!
Endlich sind seine Heights aktiv. Wird daraus etwas springen, was seine bevorstehende Niederlage abwendet? Und wenn ja, was? Ajani für Extraleben? Aber dazu müsste Floris zunächst den Planeswalker auf Mathias' Seite loswerden. Und in der Tat greifen vier Tokens und der Ranger Ajani Goldmane an. Mathias denkt und rechnet und rauft sich die Haare, letzten Endes gibt er Ajani jedoch kampflos auf. Wie erwartet hüpft Ajani Goldmane unter den Heights hervor und bringt Floris zurück auf vier Lebenspunkte. Den anderen Heights entspringt ein zweiter Cloudgoat Ranger samt Anhang.
Mathias' Gegenangriff gelingt es nicht, Ajani loszuwerden, dafür hat er nun selbst zwei Windbrisk Heights online, die Cloudgoat Ranger und Spectral Procession produzieren. Allmählich scheint das Board wegen Überfüllung geschlossen – zumindest werden Spielsteine rar...
Dieser Zustand hält jedoch nicht lange. Mathias überprüft die Anzahl derjenigen Kreaturen, die auch tatsächlich fliegen. Die Flugsicherung bestätigt: Er hat Lufthoheit. Einen Angriff später steht es...
Mathias Wigge 1 – 0 Floris De Haan
Mathias Wigge |
Game 2 beginnt für beide Spieler wiederum mit Windbrisk Heights, nur dass Floris eben mit diesem Start startet und so potenziell im Vorteil wäre. Dummerweise muss er seinen zweiten Zug mit Plains beenden – auf seiner Hand befindet sich selbstredend sowohl Bitterblossom als auch Spectral Procession. Im Zug danach hat er... Mutavault! Autsch. Nach einer Glorious Anthem aufs kreaturenlose Board gibt er wieder ab. Dann hat er überhaupt kein Land mehr, dafür aber Glorious Anthem Nr. 2. Und im fünften Zug kann er tatsächlich immer noch nichts spielen – Angriff mit Mutavault.
Derweil legt Mathias munter Bitterblossom und Kitchen Finks, welche sich Path to Exile fangen. Wirklich schnell ist sein Draw nicht; oder aber er wittert Wrath of God...
Endlich findet Floris ein viertes land, nicht aber eine schwarze Quelle, sondern das zweite (von zwei!) Mutavault. Das reicht immerhin für drei 3/3-Flieger via Spectral Procession. Trotz des anfänglichen (und hartnäckigen) Screws sieht es auf einmal wieder recht passabel für den Niederländer aus. Mathias legt Aura of Silence und attackiert mit drei Feen. Floris, vermutlich aus Angst vor Zealous Persecution oder einer Glorious Anthem unter Mathias' Windbrisk Heights, blockt nicht. Aus dem Land springt allerdings Ajani Goldmane, welcher umgehend beginnt, Marken umzuverteilen.
Floris' Angriff besiegt zwar Ajani Goldmane, aber nach dem Kampf weiß er sich und seinen allmählich schwindenden Lebenspunkten nicht anders zu helfen als mit Wrath of God. Mathias antwortet mit Cloudgoat Ranger, und erneut wütet ein zorniger Gott.
Mathias legt wiederum nach mit Kitchen Finks und seinem „Free Refill“, dem Feen-Token. Floris, der immer noch kein weiteres Land hat, legt bloß Ajani Goldmane und versorgt sich mit zwei Extraleben. Interessanterweise kümmert sich Mathias nicht um den wehrlosen Planeswalker, sondern bringt Floris lieber auf neun.
Floris aktiviert seine beiden Mutavault, greift aber lediglich mit einem an, da er sich mit Path to Exile der Kitchen Finks entledigen will. Das verhindert zudem, dass Mathias Windbrisk Heights online bringt. Mathias geht mittlerweile bereits auf acht, in seiner Upkeep dann auf sieben – Gleichstand. Im nächsten Zug greifen die beiden Mutavault bereits als 6/6er an, aber ein Chumpblock und eine von Aura of Silence zerstörte Glorious Anthem sorgen dafür, dass Mathias in seinem Versorgungssegment noch einen Lebenspunkt hat. Er greift an und zwei Zealous Persecution bringen sein Team auf tödliche Kampfgröße.
Mathias Wigge 2 – 0 Floris De Haan
Trotz extremen Screw im zweiten Spiel ein wirklich spannendes Match, ein echter Krimi!
The Toss
Was meint ihr? Ist Schwarz-Weiß nun das neue alte Deck to beat? Oder werden jetzt doch wieder mehr Schwäne am Himmel gesichtet? Und wie gut ist eigentlich Aggro-Cascade? Fragen über Fragen, die in den kommenden Wochen zu klären sind. Es verspricht, eine interessante Qualifier-Saison zu werden. Einen PTQ in eurer Nähe findet ihr übrigens hier.
Bis zum nächsten Mal tappt für euch weiter im Dunkeln...
TobiH
#480
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