Extended
Wo die wilden Männer wohnen
von Nico Bohny
15.10.2009



In Basel gibt's einen tollen Brauch, den Vogel-Gryff-Tag. Ich erspare euch die ganze Geschichte, denn die kenne ich selbst nicht so genau. Auf jeden Fall gibt's da die drei „Ehrenzeichen“, die jeweils für einen Zusammenschluss von Zünften stehen, die einmal pro Jahr in Basel auf den Putz hauen, das heißt einen Tag lang in Basel rumlungern, ab und zu mal ein wenig tanzen, Kinderherzen mit ihrem wilden Getue erquicken und abends zusammen mächtig einen heben gehen.

Diese drei Ehrenzeichen sind der „Vogel Gryff“, der immer die schönen Tänze zum Besten gibt, der „Löwe“, der à la Köter überallhin an der Leine mitgeschleppt wird, und dann eben der „wilde Mann“, der Inbegriff für Fruchtbarkeit (man erzählt sich, dass Frauen, die sich mit dem wilden Mann rumtreiben, im nächsten Jahr ein Kindchen zur Welt bringen sollen – so weit zumindest die offizielle Story), der mit seiner Tanne, an der Äpfel dranhängen (fragt nicht…), für Action sorgt.

Der langen Einführung kurzer Sinn: Immer wenn ich den wilden Mann sehe, muss ich an sein weltenwanderndes Magic-Gegenstück denken. Das Licht der Constructedwelt hat dieser gute Mann leider trotz seiner Wildheit nun einige Zeit nicht mehr gesehen, vielmehr seine Tage zwischen Timber Protector und Vigor in der Oblivion-Box verbracht, anstatt Länder zu enttappen und Frauen zu tappen (wenn man der Sage denn glaubt).

Und fast hätte man ihn, ähnlich wie diesen goldenen Ring in einem dieser Jackson-Filme, verloren und vergessen. Doch das Happy End ist nahe, denn kurz vor seiner Pensionierung darf der alte Mann nochmals seine ganze Wildheit ausleben. Sein Ticket ist bereits gebucht, sein Sitz im Flugzeug nach Austin gesichert. Seine Mission: Extended.

Wo die wilden Männer wohnen

2 Marsh Flats
4 Verdant Catacombs
2 Golgari Rot-Farm
2 Treetop Village
3 Twilight Mire
1 Llanowar Wastes
3 Overgrown Tomb
4 Swamp
3 Forest

4 Sakura-Tribe Elder
4 Tarmogoyf
4 Kitchen Finks
2 Eternal Witness

4 Garruk Wildspeaker
1 Liliana Vess
4 Thoughtseize
2 Duress
3 Damnation
1 Crime // Punishment
1 Umezawa's Jitte
2 Death Cloud
2 Putrefy
2 Slaughter Pact


4 Sun Droplet
4 Deathmark
3 Cranial Extraction
4 Bitterblossom

Diese und weitere Karten gibt's bei:



Warum denn ausgerechnet DC Rock?

DC Rock (Death Cloud Rock) ist eines der wenigen Decks, die vom Format kaum gehatet werden können (außer vielleicht von Gaddock Teeg, der allerdings weder rege gespielt wird noch der direkte Tod fürs Deck wäre). Zwar hat DC Rock keine klar positiven Matchups, dafür auch keine deutlich schlechten. Solche Decks mag ich prinzipiell sehr gerne, da eine grundsolide Wahl in einem ziemlich neuen Metagame nie verkehrt ist. Game 1 ist meist etwas dusselig, da man als reaktives Deck viele mittelmäßige Karten im Maindeck hat – ab Spiel 2 wird's dann aber immer um einiges angenehmer.

Des Weiteren geht's beim Spielen nicht so sehr ums Glück (habe ich den Nutsdraw? Zieht mein Gegner den Hate?), sondern vielmehr tatsächlich ums korrekte Spielen. Der größte Glücksfaktor besteht in Spiel 1, in dem man natürlich nicht die Karten ziehen will, die gegen jeweils andere Matchups glänzen. (Kitchen Finks gegen Kombo und so…) Außerdem erwarte ich einiges an Midrange, gegen welches DC Rock vorne liegt.

Metagame-Einschätzungen

Die aktuelle Version des Decks ist natürlich sehr meinen Vorstellung vom Metagame angepasst. Ich erwarte als meistgespieltes Deck Zoo (dreifarbig mit Ranger of Eos und Woolly Thoctar oder fünffarbig), dann irgendwelche Faerie-Varianten oder Next-Level-Blue-Verschnitte. Danach wird wohl prozentuell gesehen ein ziemliches Weilchen nichts kommen, anschließend die verschiedenen Kombodecks, Aggro-Kontrolle (Doran, Bant und dergleichen – oder einfach Tarmogoyf mit schwarzer oder blauer Disruption), Affinity und schließlich die ganzen Roguedecks.

Matchups – kurz zusammengefasst:


Zoo (Game 1: 45%, ab Game 2: 65%)

Das erste Spiel steht und fällt mit dem Würfelwurf. Game 1 gegen einen guten Start ist sehr schwer zu gewinnen, wenn man nicht gerade Sakura-Tribe Elder und Damnation zur Hand hat. Game 2 (und dann hoffentlich auch 3) kann man viel besser im Tempo mithalten – und mit Sun Droplet hat man auch eine Versicherung dagegen, im späten Spiel einfach weggebrannt zu werden.

Sideboard: + 4 Deathmark, + 4 Sun Droplet, – 4 Thoughtseize, – 2 Duress, – Liliana Vess, – Garruk Wildspeaker


Faeries (ca. 50%, je nach Liste)

Hier ist extrem relevant, wie viel Carddraw, respektive Late-Game-Engine das Deck hat. Gegen vier Ancestral Vision kommt man gut an, wenn aber noch Thirst for Knowledge und die Trinket Mage-Engine dazukommen, wird's etwas borstig. Trinket Mage ist eh ziemlich fies, da Pithing Needle ziemlich gut gegen die Planeswalker ist, und Engineered Explosives gut gegen das Sideboard. Die meisten Spiele gewinnt man – etwas unüblich gegen Feen – mit einem unangetasteten Garruk Wildspeaker. Deshalb: Den guten Mann nicht einfach ins (im wahrsten Sinn des Wortes) Blaue spielen, sondern auf Mana Leak-Schutz oder Slaughter Pact gegen die Vendilion Clique warten. Nach dem Sideboarden richten's die Blüten auch ganz gerne mal alleine.

Sideboard: + 4 Bitterblossom, – 3 Damnation, – Death Cloud


Kombo (Game 1: 40%, ab Game 2: 55%)

Je nach Kombo etwas einfacher, aber meist steht man im ersten Spiel doch auf verlorenem Posten. Eine schnelle Death Cloud oder ein mit Disruption unterstützter Tarmogoyf gewinnen auch hier mal ein Spiel, aber tendenziell ist man einfach zu langsam, so dass der Gegner zu schnell das Puzzleteil wiederfindet, das man ihm entwendet hat. Cranial Extraction behebt dieses Problem ziemlich elegant.

Sideboard: + 3 Cranial Extraction, – 3 Kitchen Finks


Midrange – Doran, Bant,… (Game 1: 60%, ab Game 2: 65%)

Im Allgemein gute Matchups, besonders Doran. Planeswalker und Death Cloud sind Karten, die für Aggrocontroldecks oder auch im Mirror extrem üble Threats sind. Ein früher Dark Confidant kann ein Problem sein, Damnation holt den Kartennachteil aber gut und gerne wieder auf.

Sideboard: + 4 Bitterblossom, + 4 Deathmark (gegen grüne) – Umezawa's Jitte, je nach Aggressivität und Gewinner Spiel 1 – Hand Disruption, Finks oder Damnation


Variationen

Auch wenn die meisten DC Rocks, die bei den letzten Turnieren rumgeisterten, straight zweifarbig waren, kann man natürlich locker auf drei Farben aufstocken.




Weiß-Splash für Hierarchen, Path to Exile, mehrere Crime // Punishment, whatever. Leider ist der dazumals gute Knight of the Reliquary ohne die Life from the Loam-Engine nichts mehr wert.

Blau-Splash für Gifts Ungiven: + 1 Grim Discovery + 1 Vampire Hexmage + 1 Dark Depths fänd ich 'ne schicke alternative Win-Option. Wahrscheinlich dann aber auch noch mit Life from the Loam-Raven's Crime-Engine, um sich ein Late Game gegen Kombo kaufen zu können. Müsste man wohl testen, stundenlang, und dafür bleibt (mindestens) mir keine Zeit mehr bis Austin.

Ich denke, damit wäre das Wichtigste zum Deck gesagt, wer weiß, wie das Ding in Austin performen wird – ich bin gespannt.

Top 5

Und um den Bogen zur Einleitung perfekt zu schließen (so ein Artikel will schließlich von A bis Z durchdacht sein), meine Top 5 an spaßigen Bräuchen und Feiertagen, die es in der Schweiz so gibt:

Platz 5 — Vogel Gryff


Beastmaster Ascension! Wie bereits erwähnt, ein tanzender wilder Mann mit einem Löwen ist ganz und gar meine Kragenweite!

Platz 4 — Kienbesen


Pyromancer Ascension! Das ist super – da wird einmal Anfang Winter jede Menge Holz durch Liestal (Nähe Basel) getragen und abgefackelt. Wer vom Glühwein nicht schon genug aufgewärmt wird, hat hier nochmals Sommer pur. Was Ähnliches gibt's auch in Zürich, etwas größer und pyromanischer, aber wir Basler können's nicht so gut mit den Zürchern. (Liegt wohl daran, dass wir im Fußball immer gewinnen, deshalb mögen die uns nicht.)

Platz 3 — 1. August

Nochmals Pyromancer Ascension, aber mindestens im Doppelpack. Mit all dem Geld, das man an diesem Tag in der Schweiz in Form von Feuerwerk in die Luft entlässt, könnten wir uns glatt Waffen und Panzer kaufen und eine Militärmacht werden. Und... Liechtenstein erobern.

Platz 2 — Fasnacht

Ähnlich wie Fasching, nur dass in Basel Tausende von Leuten anreisen, um das Größte aller Spektakel mitzuerleben. Viel Musik, viele Verkleidungen – außerdem: leider gar keine Ascension, dafür jede Menge Alkohol. Der Statistik nach werden in Basel im Anschluss an die Fasnacht die meisten „Pillen danach“ verkauft.

Platz 1 — Weihnachten


Luminarch Ascension! Super, all die Geschenke, das gute Essen, mal wieder die ganze Familie sehen. Wohl der beste Schweizer Brauch überhaupt – besucht uns doch mal während der Winterzeit!

Ja wie jetzt?! Das kennt ihr in Deutschland auch…?

Dann eben:

Platz 1 — Herbstmesse

Allgemeine Ascension – Europapark in klein in Basel, mit Zuckerwatte, Freefall-Tower und Büchsenwerfen. Nett, aber offensichtlich nicht so nett wie Weihnachten…
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