Limited
Ein möglicher Archetyp im M11-Limited
von Simon Betz
20.07.2010

Wizards hat einiges dafür getan, dass man mit einem Coreset Limited spielen kann. Nachdem M10 schon eine deutliche Verbesserung gegenüber der Zehnten Edition mit sich brachte, was Draft und Sealed angeht, legt M11 noch mal einen Zahn zu.

Ich werde hier nicht den 139. Preview-Artikel verfassen und auch nicht erzählen, welche Karten toll und welche Müll sind. Nur soweit es dienlich ist. Vielmehr versuche ich mich am ersten Re-view, denn wir waren wieder einmal fleißig in Münster und haben bereits einige Dinge mit etlichen Boostern veranstaltet.


Archetypen in Coreset-Drafts waren bislang immer eher unspektakulärerer Natur. Zumeist Removal + X, Flieger + Bodensicherung oder irgendetwas in Richtung RG-Aggro. Oder einfach die besten Karten aus zweieinhalb Farben irgendwie zusammengeklatscht. Kurz: Bisher nicht der Rede wert, wenn man es mal mit durchgetechten Decks aus Rise of the Eldrazi vergleicht.

Nun geschah es, dass mir bereits mehrfach ein Deck untergekommen ist, welches untypisch für Coreset-Limited ist. Möglicherweise ist das auch unrepräsentativ, undraftbar und großer Unsinn, vielleicht aber auch ein erster Plan, etwas Interessanteres als das Gängige zu draften.

Das Deck ähnelt etwas dem Grixis-Control aus Rise of the Eldrazi, zumindest vom Konzept her. Dieses Konzept sei knapp umschrieben als großer Kartenvorteil und große Boardkontrolle, dafür relativ wenige Kreaturen. Welche Kreaturen das sind, ist beinahe egal, solange man Boardkontrolle hat, kann jeder Gray Ogre den Sieg bringen. In Rise hatten wir natürlich dankbarerweise die Leveler, welche ideale, vergleichsweise leicht abgreifbare Finisher waren.

Eine exakte 1:1-Übersetzung des Decks ist natürlich nicht möglich, da gerade viele der spezielleren Einzelkarten keine Entsprechung haben. Mnemonic Wall und Surreal Memoir stellten schon wichtige Grundsteine für großen Kartenvorteil dar. Ein weiteres Problem ist, dass qualitativ hochwertiges Removal in Rot zwar auch in M11 vorhanden ist, jedoch nur zweimal im Commonslot.


Staggershock, Flame Slash, Spawning Breath und Heat Ray finden als Gegenparts „nur“ Lightning Bolt und Chandra's Outrage. Das macht es schwieriger, rotes Removal zu bekommen, zumal ich das Gefühl habe, dass im Coreset jegliches Removal schwerer zu bekommen ist, weil die Qualität der Restkarten nicht so hoch ist, wie sie durchschnittlich im Alara- oder Zendikar-Block war.

Schauen wir also, wie wir hauptsächlich mit M11-Commons ein Grundgerüst aus Removal und Kartenvorteilsmaschierie bauen können. In geringerem Maße nehmen wir noch Uncommons zu Hilfe, müssen dabei aber im Hinterkopf behalten, dass man diese natürlich nicht so verlässlich bekommt.


Rot ist meines Erachtens wie oben angeklungen semioptimal für dieses Unterfangen. Schauen wir also auf die nächste Farbe der Grixis-Grundgerüsts, Schwarz: Removal ist natürlich hier beheimatet wie der Fussball in England (auch wenn eine Verlegung nach Deutschland erwogen wird). Doom Blade ist das Flaggschiff der Common-Removal, Assassinate ist ebenfalls nach wie vor sehr brauchbar. Stabbing Pain eignet sich auch sehr gut als Combattrick, Removal für Utilitykreaturen oder notfalls als Time Walk zum Wegtappen einer großen Kreatur. Quag Sickness ist ebenfalls ein solides Removal, solange man eine gewisse Menge Sümpfe sicherstellen kann.

Schwarz in M11 hat neben diesen Removalsprüchen auch ein gewisses Grundverständnis für Kartenvorteil. Gravedigger funktioniert dafür hervorragend wie schon sein fliegender Bruder aus Rise of the Eldrazi. Sign in Blood war früher immer gut geeignet, ebenso wie Mind Rot oder neuerdings Liliana's Specter Kartenvorteil zu generieren. Dass Discard hinter Recursion und Boardremoval steht, darf aber nicht vergessen werden. Zu guter letzt ließe sich noch mit dem Viscera Seer die Qualität der Draws etwas fixen. Schwarz ist also hervorragend geeignet für unser Vorhaben. Corrupt und Deathmark als Ergänzungen aus dem Uncommonbereich sind da fast schon gänzlich überflüssig.


Bleibt noch Blau als dritter Bestandteil von Grixis zu beleuchten. Auch hier stellt sich schnell heraus, dass das Removal und Kartenvorteilspotenzial enorm ist, allerdings durchaus mehr in den Uncommonslot verlagert als bei Schwarz. Als beste Commonremoval eigenen sich Cancel und Mana Leak, welche in ihrer counternden Natur natürlich anders zu handhaben sind als klassisches Removal – deswegen natürlich nicht weniger passend, sondern eine gute Ergänzung. Aether Adept als neuer Man-o'-War freut uns ungemein; ähnlich wie Gravedigger ein guter Effekt, der nebenbei den Gray Ogre-Körper mitbringt. Ice Cage ist ebenfalls ein gutes Removal, jedoch mit der Einschränkung, dass man es gegen größere Mengen Auren, Tapper oder Pinger unbedingt ausboarden sollte. Diminish und Unsummon können bei richtiger Anwendung auch etwas Unheil anrichten, sind jedoch keine Must-Plays. Das dritte unbedingte Must-Play der blauen Commons ist Foresee, welches schon in der Zeitspirale für unglaublichen Qualitäts- und Quantitätsvorteil zugleich sorgte. Scroll Thief ist ein sehr interessanter Neuzugang, der auch gut ins Konzept passt. Als 1/3er hält er schon gerne mal kleinere Tiere von Kampfhandlungen ab, bei erfolgreicher Boardkontrolle belohnt er aggressives Removaln durch Kartennachschub. Preordain und Augury Owl lassen sich ebenfalls zum Auffüllen verwenden, sind aber nicht zwingend zentral.

Der Uncommon-Slot hat mit Mind Control, Jace's Ingenuity und mit Abstrichen Sleep drei wahre Monster zu bieten. Wenn man kann, sollte man diese unbedingt picken, die Commons alleine machen jedoch auch schon reichlich Party.

Nach so vielen Playables wäre unser Deck ja schon fast fertig. Nicht. Gray Ogre und Flying Men können einen Gegner zwar töten, wenn man ihm konsequent alles grillt, dennoch bezweifle ich, dass wir so viele Adepten, Gravedigger und Augury Owl bekommen, dass es zum Finishen ausreicht und wir zeitgleich ein funktionierendes Deck haben. Betrachten wir also zu guter Letzt noch die Farbe der besseren Gray Ogre, nämlich Grün. Und stellen fest, dass es nicht nur random Beatsticks gibt, sondern dazu noch einiges, was unseren Plan unterstützt:


Na gut, „einiges“ ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber wir haben Cultivate und Sylvan Ranger, die ziemlich exakt machen, was wir wollen: Kartenvorteil + X, in diesem Fall einen Body mitbringen und/oder Mana stabilisieren. Das wären an und für sich noch nicht genug Gründe, Grün mit in unser Konzept aufzunehmen. Für Manafixing zu splashen, kann schließlich nie richtig sein. Glücklicherweise ist eine grüne Grundeigenschaft, Kreaturen mit gutem Preis-Leistungsverhältnis zu haben, was genau das ist, was dem Deck bisher fehlt. Zudem gibt es mit Cudgel Troll, Garruk's Packleader und Acidic Slime noch sehr solide Uncommons, die Grün schmackhaft machen.

Unser „Grixis Reloaded“ hat also Rot abgestreift und Grün hinzubekommen. Es ist ein relativ breites Spektrum an brauchbaren Karten, zu sehr großen Teilen im Commonslot versteckt, die uns vielerlei Variation beim Draften dieses Decks erlauben. Eine mögliche Pickhierarchie wäre Removal > Carddraw > Fixing oder aber, wenn Doomblade im Booster, pick. Wenn nicht, aber Foresee im Booster, pick das. Wenn beides nicht, aber Cultivate, dann eben das. Wenn all dies nicht vorhanden ist, dann eben das, was am besten passt.

Unser Baukasten dafür noch einmal in übersichtlich. Wer will, kann es sich grob als Common-Pickorder in den einzelnen Farben von oben nach unten denken:

Schwarz:

Blau:

Grün:
Cultivate
Sylvan Ranger
+ generisches Fettvieh
(+ Uncommons: Acidic Slime, Garruk's Packleader, Cudgel Troll)

Dazu können wir noch einige gute Uncommon-Artefakte hinzuziehen, die auf die eine oder andere Art unseren Plan durch Körperfett oder Cardfixing unterstützen:

Es bleibt herauszufinden, ob dies ein Limiteddeck wird, was tatsächlich regelmäßig realistisch zu draften ist, oder ob die Bestandteile doch einfach von allen Draftteilnehmern zu gerne gesehen werden, um mehr als eine Handvoll davon zu bekommen. Für das Deck spricht aber an sich die wirklich breite Basis an Commons und das nicht vorhandene Problem der Kreaturenfindung, weil sich einfach fast alles integrieren lässt. Mich hat dieses Deck bisher jedenfalls sehr fasziniert. Auf alle Fälle scheint dies ein Grundset zu sein, bei dem man auch im Draft weiter denken muss als über angreifen oder nicht, eine Entwicklung, die mir durchaus zusagt.

Für nun bleiben mir nur tropische Grüße aus Münster. Danke fürs Lesen und bis denne!

SiBert / muenstermagic.de
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