Standard
Path to Exile – die Errungenschaften, Teil 2
von Nico Bohny
04.08.2010

Der Countdown läuft, Baby, halt dich fest. Noch drei Tage bis zum Schweizer Nationalswochenende – die große Testsession ist bereits Geschichte, jetzt stehen eher Sachen wie Kartenbesorgungen und Sideboard-Finetuning auf dem Programm. Da neben den patriotischen Verpflichtungen jedoch quasi parallel der Schulanfang winkt, und mir dieser mindestens so viel Finetuning und Vorbereitung abverlangt wie die bunten Kärtchen, wird wenig Zeit für diese letzten Überlegungen bleiben, und da Good Will mir dieses eine Mal wohl nicht aus der Patsche helfen kann, scheint mir der Tag der Entscheidung immer näher zu rücken.

Doch nun mal ganz von vorne. Was war denn da noch…?

Kapitel 4: Das Umfeld

Unterdessen ist viel passiert. Aus Erfahrungen lässt sich unser Schweizer Metagame folgendermaßen einschätzen. Etwa die Hälfte aller Spieler orientiert sich überhaupt nicht an fremden Resultaten. Die haben sich mit Jund qualifiziert, also spielen sie auch bei den Nationals Jund. Punkt. Ob dies nun eine Budgetüberlegung ist oder eine Frage der Zeit oder einfach eine Präferenz für schmutzige Decks oder vielleicht auch etwas komplett anderes – man weiß es nie so recht. Daneben gibt es noch die isolierten Grüppchen mit einem gemeinsamen Kartenpool, der genau ein Mythic Bant, ein Monorot und ein UW-Control abwirft. Noch Fragen? Und dann gibt es die angefressenen Monoblack-Control-Spieler, deren Kleidung und Haarpracht ihnen gar keine Alternative lässt, denn es gibt im Leben ja schließlich wichtigere Werte zu vertreten als die perfekte Deckwahl bei einem Kartenturnier, nicht wahr?

Zu guter Letzt gibt es die Spieler – und da zähl ich mich zugegebenermaßen teilweise dazu -. die einen riesigen Kartenpool um sich horten – mit Vitamin B, langen Fingern oder viel Moneten, das spielt jetzt keine Rolle –, die bis zum letzten Augenblick warten und sich dann das in ihren Augen beste Deck aus dem Internet kopieren und fantasielos netdecken. Und meist richtig schlecht spielen, und am Ende des Turniers dann ausrufen: Ey, dass dieser Lucker mit so einem Haufen ein Turnier gewinnen konnte. Und ich armer Sack Kartoffeln verlier, weil ich schlecht ziehe… (Anmerkung am Rande: Trifft auf blaue Decks öfter zu als auf nicht-blaue).

Theoretisch gibt es noch die Spieler, die seriös testen. Aber zum Glück nicht in der Schweiz. Also, zurück zum Kernpunkt. Was war denn da so gelaufen…?

Japan: Katsuhiro Mori brennt sich mit seinem Monorot den Weg durch ein noch M11-loses (aber nicht BB11-loses) Feld, dessen Top 8 neben einigen Blaukreationen aus dreimal Jund und einem weiteren Monorot besteht. In seinem Artikel auf ChannelFireball deklariert er seine 80-Prozent-Gewinnchancen preboard gegen das gesamte Feld und die perfekte Deckwahl mangels effizientem Hate im Metagame. Wie immer mit Monorot – ist's wieder vergessen, wird's wieder gut. Auch die 80% preboard kennen wir doch irgendwie aus dem Extended: Dredge anyone?

Irgendein japanischer PTQ: Ein Turnier, an dem wohl mehr grüne Titanen mitspielten als Japaner. Zumindest in der Top 8. Valakut, the Molten Pinnacle und Co. vertreiben Jund und Monorot von der Spitze, mit Klauen, Krallen und Obstinate Baloth. Nico öffnet Display, kein Titan drin (beziehungsweise vier Titans drin, aber eben die falschen), Plan geplatzt.


Australien: Wieder ein Valakut mit Pokal, wieder eine Top 8 mit einigen Titanen an Bord. Nebendran, schön aufgeteilt, ein Fauna-Naya, zwei UW-Control, ein Jund, ein Koros, ein Conscription-Bant und einmal Destructive Force/Planeswalker... Irgendwie aussagelos.

Kanada: Gleichzeitig, aber nicht ganz zeitgleich übermannt die blau-weiße Kontrolle in Kanada ein Feld von viermal Jund und dreimal Primeval Titan. Der wilde Kerl wechselt simultan seinen Status auf ausverkauft oder unbezahlbar.

Frankreisch: In meinen Augen die interessantesten Decks. Nicht nur dass hier der weiße Titan mehr Auftritte feierte als sein grüner Bruder, sondern auch völlig neue/alte/totgeglaubte Decks wie Polymorph oder Pyromancer Ascension kämpfen sich an die Spitze. Obwohl querfeldein concedet wird, siegt am Ende das Gute, also nicht Jund und nicht Monorot.


Österreich: Juuuuuudge! (Will heißen: irrelevante Testergebnisse. )

Italien: Das 1-of-Deck a.k.a. Bant-Survival gewinnt in einem bunt gemischten Feld. Dass das Finale erst um circa Mitternacht beendet wurde, kann man sich bei dem Gewinnerdeck wohl denken. (Ich fetche mal, dann mische ich mal mein Deck, dann aktiviere ich mal den Knight of the Reliquary, dann mische ich mal mein Deck, dann aktiviere ich mal den Fauna Shaman, dann mische ich mal mein Deck, dann hole ich mir mit Sovereigns of Lost Alara mal Eldrazi Conscription, dann mische ich mal mein Deck, dann bist du tot und wir sideboarden, dann mische ich mal mein Deck, und weil das so random ist, nehme ich einen Mulligan, mische mal mein Deck und... so weiter.)

PTQ Bern: Und hier nun endlich das Turnier, welches am ehesten einen kleinen Vorgeschmack auf die Nationals bietet – ein Schweizer PTQ, geplündert vom Piraten Ahr, der ein Turbo-Land ohne Niederlage zum Sieg spielt. Das Metagame so irgendwie wie vor einem gefühlten Jahrhundert schon. Viel Jund, viel Monorot, etwas Mythic, etwas UW, etwas Monoblack Control…

Kapitel 5: Die Optionen

Und somit wäre die Theorie eigentlich abgeschlossen und die Praxis sollte einsetzen. Welche Decks ich in Betracht ziehe/zog und warum?

Summoning Trap-Combo: Das Deck war ursprünglich (das heißt, vor Rise of the Eldrazi und M11) gut positioniert gegen Jund, Monorot und UW-Control. Die Beliebtheit jeglicher Bantdecks ist aber reines Gift für unser Baby, genauso wie man den großen Jacky ungern auf der gegnerischen Seite des Tisches sieht. Außerdem fizzelt das Deck schon mal, wenn es gerade seine Tage hat. Zu viele Abers – weg mit dem lustigen Haufen.

UW-Control: Ich bin ein großer Fan französischer Kunst und damit meine ich nicht nur Jean-Baptiste Grenouille. Jedoch habe ich im Refugium eine Liste getestet/ein paarmal in den Händen gehalten, die mir sehr gefiel. Eher für lustig, aber die Tendenz war super:


4 Tectonic Edge
4 Quicksand
4 Sejiri Refuge
4 Celestial Colonnade
4 Glacial Fortress
1 Mystifying Maze
2 Plains
3 Halimar Depths

4 Wall of Omens
1 Emrakul the Aeons Torn


2 Treasure Hunt
4 Condemn
4 Path to Exile
4 Jace's Ingenuity
4 Mana Leak
3 Deprive
4 Cancel
2 Essence Scatter
2 Negate



Echt witzig! Und hätte sicherlich auch ein paar echt gute Matchups gehabt. Aber vor allem auch ein paar ganz miserable.

Time Sieve: Ein Deck für Einzelkinder wie mich, die lieber alleine spielen als interaktiv. Dummerweise eines von der Sorte, die vor dem Sideboarden einwandfrei funktionierten und dann unter Einwirkung des Seitenbrettes kläglich versagten.

Polymorph: Das Deck, das ich sah und unbedingt spielen wollte. Viele Counter, wenig Win-Options, dafür große und dicke. Nebenbei ein Deck, das schlechte Spieler bestraft – was in der Schweiz nie eine komplett falsche Wahl sein kann.

Turbo-Land: Das macht unendlich Laune zum Spielen und entspricht auch ziemlich meinem wahren Playstyle: Goldfisch. Andererseits habe ich einfach zu viel Respekt vor Sideboards, vor allem roten, die Manabarbs beinhalten. Auch hier denke ich, dass man gegen alles, was keinen Goblin Guide spielt, ein gutes Preboard-Matchup haben sollte.

Pyromancer Ascension-Kombo: Ich mag Decks ohne Kreaturen. Garantiert sicherlich ein anständiges Spiel 1. Ab Spiel 2 wird einem bei Celestial Purge, Duress und Verzauberungsmassenzerstörung dann doch eher übel zu Mute. Fällt immerhin sowohl in die Kategorie Goldfisch als auch Budget.

Das Fazit

Blau, blau, blau sind alle meine Kleider. Ich freue mich auf eine Meisterschaft,
an der man sich wieder durch geschickte Farbwahl beim Gegner unbeliebt
machen kann – sei dies nun, weil man goldfischt oder weil man alles countert.
Und so als kleiner Nachtrag zu letzter Woche: Mana Leak ist ein absolutes Muss,
sollte in jedem blauen Nicht-Kombo-Deck drei- bis viermal vorhanden sein. Es ist
unglaublich, was diese Karte alles macht!

Mit diesen Erkenntnissen entlasse ich euch in die Hitze des Gefechts. Was sich wie und warum meinerseits am Wochenende tut, gibt's natürlich als Feldbericht nächste Woche zu lesen.
-------gggggggggggggggg--------------