Casual
Selbstgemachte Limitedumgebungen
von Andreas Pischner
27.08.2010

Limited, meine Liebe

Limited, insbesondere Draft, habe ich schon immer viel lieber als Constructed gespielt. Mir gefällt daran eigentlich so ziemlich alles besser: Die weitaus größere Vielfalt der benutzten Karten. Der generelle Powerlevel der Decks, der mit einem Fokus auf Kreaturenkampf einhergeht und marginale Kartenarten in den Mittelpunkt stellt. Die Interaktivität und das graduelle Erarbeiten von Vorteilen, wo im Constructed häufig aneinander vorbeigespielt wird und Partien durch einzelne Karten oder Kombozüge entschieden werden. Der Umstand, dass ich mir im Vorfeld weder Gedanken machen oder gar durch aufwändiges Playtesting ermitteln muss, mit welchem Deck ich antrete – und mir mit einer falschen Entscheidung den gazen Tag versauen kann –, noch mich darum kümmern muss, mir die dafür notwendigen Karten zu besorgen. (Allerdings kann ein mieser Sealed Pool einem ebenso den ganzen Tag versauen; deswegen drafte ich ja auch lieber.) Der aus meiner Sicht besonders erfreuliche Umstand, dass deutliche Skillunterschiede zwischen Spielern im Limited (und dies gilt wieder besonders im Draft) erheblich stärker zum Tragen kommen als im Constructed, wo Matchups und Ziehglück diese viel zu häufig irrelevant machen. Dass man sich den Deckbau, die Dynamik des Durchspiels und (im Draft) die Zusammenstellung seines Pools jedes Mal neu erarbeiten muss, anstatt den größten Teil der Spielabläufe bereits im Vorfeld beim Testen und Üben konkreter Matchups erlernt zu haben. Dass demenstprechend konkretes Hinarbeiten auf ein bestimmtes Event und Konzentration auf ein bestimmtes Deck weniger belohnt wird als allgemeines Verständnis für die Grundlagen des Spiels. Oh, und spätestens seit Einführung der Mythic Rares ist gelegentliches Draften sogar erheblich billiger geworden als gelegentliches Constructed-Spielen!

Natürlich sehe ich ein, dass Constructed zumindest beim Deckbau eine erheblich größere Vielfalt und mehr Spielraum für eigene Kreativität bietet. Als jahrelanger Casualspieler habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass das Verhältnis von Spaß beim Deckbau geradezu in einem antiproportionalen Verhätnis zum Spaß beim Spielen mit den entsprechenden Decks steht: Je individueller und durchdachter Casualdecks sind, desto stärker neigen sie zu Noninteraktivität und durch das Matchup vorgegebenen Ergebnissen.

Turnierspieler hingegen, welche Constructed gegenüber Draft bevorzugen, fallen meiner Ansicht nach in zwei Kategorien: Da ist einmal die sehr, sehr kleine Gruppe echter Pros, die wissen, dass sie enorm viel Zeit in die Analyse eines Constructed-Formats stecken und sich damit einen Vorteil gegenüber dem Rest der Welt verschaffen können – und dann ist da die deutlich größere Zahl der Möchtegernpros, denen es an allgemeinem Spielverständnis mangelt, um im Limited erfolgreich zu sein, und die deswegen ihre beschränkten spielerischen Fähigkeiten darauf konzentrieren, sich ein möglichst starkes Netdeck zu beschaffen und damit, so gut es geht, umgehen zu lernen. Wirklich gute Spieler, die sich nicht nahezu 24/7 auf Constructed-Events vorbereiten, aber sie trotzdem gegenüber Drafts bevorzugen, sind ein Paradoxon, da sich allgemeines Spielverständnis bei geringeren Vorbereitungszeiten im Limited nun einmal stärker auszahlt als im Constructed, und deswegen glaube ich nicht an ihre Existenz.

Mängel herkömmlicher Drafts

Das wollte ich nur rasch einleitend geklärt haben: Echte Männer draften! Nur – so ganz stimmt das leider auch nicht, denn die meisten Drafts finden heutzutage eben nicht mit „echten“ Männern statt, sondern mit virtuellen, die, wie wir wissen, ebenso gut Hunde (oder gar Frauen) sein können. Nun kann man zwar argumentieren (und das habe ich selbst auch schon getan), dass die Absenz realer Spielpartner tatsächlich sogar ein Vorteil sein kann, abhängig davon, wie genau die lokale Magic-Szene strukturiert ist, und in jedem Fall bietet das Draften zu Hause vor dem Computer natürlich jede Menge logistische Vorteile (flexible Zeiten, kein Anfahrtsweg, billiges Essen im Kühlschrank, die Möglichkeit nackt vor dem Computer zu sitzen und nebenher Pornovideos zu gucken) – die will ich nicht leugnen. Es gibt jedoch einige Gründe, warum weder Magic Online noch der Magic-Shop in der Nachbarschaft meine Draftbedürfnisse vollends befriedigen können:

1.

Dieses Draften kostet Geld. Zwar kann man als guter Drafter einen gewissen Anteil seiner Unkosten refinanzieren, aber dazu ist es einerseits nötig, Moneypicks zu machen (was ich verabscheue, da ich lieber versuchen will, das absolut bestmögliche Deck zu draften) und andererseits, seine erdrafteten Karten zu verkaufen – was mich Zeit kostet, die ich lieber für andere Dinge aufwänden würde, und überhaupt eine Tätigkeit ist, die mir nicht zusagt.

2.

Die aktuellen Draftformate sagen mir möglicherweise nicht zu. Rise of the Eldrazi zum Beispiel fand ich schlicht furchtbar. Mitspieler für nicht aktuelle Formate zu finden, ist jedoch nicht so einfach (selbst auf Magic Online kann das dauern), und das Preisleistungsverhältnis wird hier tendenziell auch schlechter.

3.

Ich nutze nicht das gesamte Spektrum meiner spielersichen Kreativität. Derjenige Teil von mir, der viele Jahre lang Hunderte Casualdecks gebaut hat und das selbst dann noch, als offenkundig wurde, dass die Zeit, welche ich mit dem Deckbau verbrachte, die eigentliche Spielzeit damit weit überschritt, wird beim Draften kaum angesprochen.

4.

Am Allerwichtigsten jedoch: Meine Einstellung gegenüber dem Spiel Magic und Magic-Spielern hat sich geändert! Früher ging ich zu Magic-Turnieren, um Magic zu spielen, und dort traf ich eine Menge Leute, von denen mir einige sehr sympathisch waren, die meisten einigermaßen sympathisch und einige ausgesprochen unsympathisch. Heute ist die erste Gruppe deutlich kleiner geworden, während die letzte zumindest nicht geschrumpft zu sein scheint. Die mittlere Gruppe hingegen existiert zwar noch, aber ich würde sie anders beschreiben: Sie ist mir im besten Fall einfach herzlich egal, und teilweise finde ich sie ziemlich irritierend! Das hat gewiss mit der Entwicklung, welche dieses Hobby in den letzten Jahren genommen hat, zu tun: Von Pokemon und insbesondere Yu-Gi-Oh! her sind ausgesprochen unsympathische Spielersegmente in die Magic-Szene gelangt und die aktuelle Preisentwicklung auf dem Einzelkartenmarkt lässt sowohl das Rich-Kid-Syndrom als auch das Spekulantentum blühen und gedeihen. Dann ist da der sehr starke Trend in Ladenturnieren weg von Judges, die tatsächlich ihre Funktion als Judge erfüllen, der sich ebenfalls auf das Verhalten und die Zusammensetzung der Spielerschaft auswirkt. Schließlich und endlich ist die durchschnittliche Spielerschaft (zumindest in Spieleläden) schlicht jünger geworden, während ich unvermeidlicherweise älter geworden bin, und so gehen zwingenderweise Gemeinsamkeiten verloren.

Zusammengefasst: Ich will weniger Geld für Drafts ausgeben; ich will unabhängiger vom aktuellen Draftformat werden; ich will meine Kreativität stärker nutzen; und ich will gezielt mit Leuten draften, die mir sympathisch sind. Deswegen habe ich mich hingesetzt und eigene Draftformate und -environments ausgetüftelt, um genau diesen Ansprüchen gerecht zu werden!

Was ich will und nicht will

Folgende grundlegende Erkenntnisse habe ich dabei gewonnen:

a)

Ich will Vierspielerdrafts anstelle von Achtspielerdrafts. Als langjähriger Rollenspieler weiß ich, wie schwierig es ist, bereits vier Spieler zu einem Termin an einem Ort zu versammeln und sie dort auch für mehrere Stunden zu behalten. Acht Spieler sind eigentlich unmöglich, wenn man dabei noch Wert auf eine persönliche Auswahl legt. Dazu kommt, dass man so ziemlich an jedem Ort, Küchentische und Klapptische in Zugabteilen eingeschlossen, zu viert draften und spielen kann, während ein Achterdraft erheblich größere Platzanforderungen stellt, und außerdem eine ziemliche Zumutung für einen Gastgeber darstellt – vier Leute sind ein Spieleabend; acht Leute sind eine Party! Ich mag auch, wenn mit vertretbarem Zeitaufwand jeder gegen jeden spielen kann.

b)

Ich will (von einer großen, begründeten Ausnahme, wofür es am Ende ein Beispiel gibt, abgesehen) keine Karte öfter als einmal in meiner Draftumgebung haben. Mehrfache Kopien sind in fast allen Fällen redundant. Das ist eigentlich nur bei der Multiple-Mechanik, wie sie im im Coldsnap-Draft im Vordergrund stand, anders – und Coldsnap war ein reichlich bescheuertes Draftformat. Ansonsten lässt sich alles genauso mit unterschiedlichen Karten erreichen: Redundanz bei wichtigen Effekten durch Verwendung ähnlicher Karten, gegenseitige Verstärkung durch lineare Mechaniken (wie bei Affinity oder Allies). So halte ich einerseits die Größe meiner Kartensammlung kleiner und erhöhe andererseits die Vielfalt.

c)

Ich will KEINEN Cube! Diese Unsitte geistert ja schon seit einiger Zeit durchs Netz... Liebe Cube-Bauer: Was ihr da macht, entspricht dem Tun von Grundschulkindern, die heimlich an den Kühlschrank ihrer Eltern gehen und alles Essen, das sie mögen, in einem großen Topf zusammenkochen! Entsprechend ungenießbar ist das Ergebnis – es ist vielleicht einmal ein ganz nettes, verrücktes Experiment, aber letztlich beweist es doch nur, warum es wichtig ist, die Grundlagen des Kochens zu erlernen. Eine Draftumgebung benötigt bestimmte Strukturen. Diese Strukturen sind euch vermutlich nicht bewusst! Meine Artikel zu diesem Thema können euch möglicherweise helfen, euren Blick dafür zu schärfen. Ein anderer Weg wäre es, sich ein Grundset wie M11 genau anzusehen und dann durch 1-zu-1-Substitutionen mit vergleichbaren Karten ein eigenes Set zu entwerfen und damit Erfahrungen zu sammeln, bis man ein Gefühl dafür hat, welche Elemente für eine Draftumgebung essenziell sind und wie sich Veränderungen an der Setstruktur auf die Spielerfahrung auswirken. Aus entsprechenden Blogeinträgen weiß ich, dass üblicherweise zuerst der Cube zusammengeschmissen wird und dann langsam die Denkprozesse einsetzen: „Hmm... alle wollen Blau draften, woran liegt das nur?“ (Es liegt daran, dass Blau als ausgewiesene Kontrollfarbe, wenn man es nicht gezielt schwächt, Midrange-Environments dominiert und dass man, wenn man alle seine Lieblingskarten zusammenwirft, automatisch Midrange-Environments generiert.) „Hmm... ich habe doch die durchschnittlichen Manakosten bereits deutlich gesenkt, und Aggro funktioniert immer noch nicht, warum nur?“ (Weil Draftdecks aufgrund fehlender Redundanz niemals so konstant und schnell geraten wie Constructeddecks, Aggrodecks jedoch diese Konstanz und Geschwindigkeit benötigen, um gegen andere Strategien mitzuhalten; und weil Aggro prinzipiell im Nachteil gegen Midrange ist. Um eine Balance zwischen aggressiven und kontrollorientierten Ansätzen zu schaffen, muss man daher den Powerlevel der Midrange- und Kontrollkarten überproportional senken.) „Hmm... dieses Dutzend Karten mit Thematik X kann man irgendwie nicht gebrauchen, die muss ich wohl hinauswerfen, schade!“ (Ja, das ist schade, weil Draftenvironments, in denen man dafür belohnt wird, Karten zu draften, deren Stärke im Zusammenspiel größer ist als die Summe ihrer einzelnen Spielstärken, besonders interessant sind! Dafür muss man sich aber ausführlich Gedanken machen, welche und wie viele Karten eines Themas man in ein Environment steckt und wie dieses Thema mit der Gesamtstruktur des Environments interagiert. Oh, und dazu muss das Environment, im Gegensatz zu einem Cube, eine solche Struktur HABEN.) „Hmm... jetzt habe ich fast alle Karten im Cube ausgetauscht, aber eigentlich spielt sich das Ganze genauso wie vorher...“ (Wenn man ganz viele unterschiedliche Farben zusammenrührt, kommt dabei eben immer Braun heraus.) Hier ist weniger mehr: Coole Karten sind dann cool, wenn sie besondere Akzente darstellen. Eine Übersättigung mit Coolness führt nur zu Abstumpfung.

Vom Nutzen der Seltenheit


Eine wichtige Erkenntnis, welche Cube-Bauer ignorieren, ist diese: Rarities sind wichtig! Zwar bin ich der Ansicht, dass Magic zurzeit mindestens eine Häufigkeitsstufe zu viel hat und dass man alleine aus Limitederwägungen heraus mit zwei Stufen hervorrragend auskommt (das gilt ganz besonders bei Draftumgebungen für vier Spieler), aber wenigstens diese beiden Stufen benötigt man. Was leisten unterschiedliche Häufigkeiten im Limited? Zweierlei. Einmal sorgen sie dafür, dass einzelne Karten mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Draft auftauchen. Zum anderen stechen sie durch ihre Besonderheit heraus. Diese beiden Aspekte sind nicht zwingend miteinander verbunden: Wenn ein Set 100 Commons und 200 Rares enthält und sich in jedem Booster sechs Commons und sechs Rares befinden, dann ist zwar die Chance auf eine bestimmte Rare halb so groß wie auf eine bestimmte Common, aber nichtsdestotrotz ist jede zweite Karte im Booster eine Rare. Wenn ein Set stattdessen 200 Commons und 40 Rares enthält, und sich in jedem Booster zehn Commons und zwei Rares befinden, dann ist dei Chance auf jede einzelne Karte, unabhängig von ihrer Häufigkeit, gleich hoch, aber es besteht eben nur ein Sechstel jedes Boosters aus Rares.

Einzel- und Gesamthäufigkeit von Rares besitzen in einer Limited-Umgebung unterschiedliche Funktionen. Die Gesamthäufigkeit ist die Wichtigere: Sie sorgt dafür, dass Rares tatsächlich rar sind und dass der größte Teil des Boosters aus Commons besteht. Das macht sich natürlich nur bemerkbar, wenn Commons und Rares sich auch spielerisch deutlich unterscheiden! Insbesondere dürfen Rares spürbar stärker sein als Commons. Ich bin zwar kein Fan von Oberbomben, die Spiele alleine entscheiden, aber deutlich wahrnehmbare Unterschiede im Powerlevel der Karten machen das Draften erheblich interessanter, da sie Einladungen und Herausforderungen darstellen und für konkrete Zielsetzungen in einzelnen Drafts sorgen. Wem das nicht einleuchtet, der soll sich den Extremfall vergegenwärtigen, in dem alle Karten exakt dieselbe Spielstärke besitzen – alles Grizzly Bears! – man hat keine Entscheidungen zu treffen und kann keine Risiken eingehen. Ideal ist eine Ungebung mit einer Mehrheit von Karten ungefähr auf Bären-Niveau und einer Minderheit von Karten auf – zum Beispiel – Shivan Dragon-Niveau.


Dann können Rares noch Funktionen einnehmen, die in zu großer Menge unerwünscht oder unnötig sind. Ein exzellentes Beispiel für die erste Kategorie sind Sweeper wie Wrath of God: Das Environment wird interessanter, wenn solche Karten existieren, aber selbstverständlich nicht so häufig, dass jeder Spieler zwei bis drei davon im Deck hat! In die andere Kategorie fallen Karten, welche Spieler belohnen, die in eine ganz bestimmte Strategie investieren, für andere aber uninteressant oder gar nutzlos sind. Beispiele dafür sind Opalescence oder Fusion Elemental. Derartige Karten können zwar, ohne größeren Schaden anzurichten, auch Commons sein, nehmen als solche aber Plätze weg, die man für fundamentalere Karten nutzen sollte und verlieren ihre Besonderheit und Coolness. Man kann eine Draftumgebung allerdings gezielt so konstruieren, dass das Draften bestimmter Strategien im Gegensatz zu Allrounddecks besonders attraktiv wird: Tribal-Environments wie Lorwyn oder Onslaught sind wohl das beste Beispiel dafür.


Diese Art von Rares, die im Mittelpunkt einer Strategie stehen (um die man sozusagen sein Deck herumbaut) sind der wichtigste Grund dafür, dass man auch auf die Einzelhäufigkeit der Karten achtet: Man will natürlich, dass grundlegende Effekte den Spielern zuverlässig zur Verfügung stehen – ein Rotdrafter soll mit Burn rechnen dürfen und ein Blaudrafter mit Card-Draw. So viel Berechenbarkeit muss ein Environment besitzen, damit Zufalls- und Frustrationsfaktor nicht zu hoch werden. Bei sehr speziellen Effekten hingegen möchte man – insbesondere bei einem Vierspielerdraft, bei dem jeder gegen jeden spielt – vermeiden, dass das Vorhandensein dieser Karte im Draftpool feststeht. Es ist einfach viel interessanter, wenn die Frage lautet: „Hat jemand diesmal das Opalescence-Deck?“, statt: „Wer hat diesmal das Opalescence-Deck?“

Die perfekte Zahl

Die Parameter, welche man bei der Konstruktion einer eigenen Draftumgebung festlegen muss, sind diejenigen: Wie viele Karten soll jeder Spieler am Ende in seinem Pool haben? Wie viele Karten soll jeder Booster enthalten? Welche Häufigkeitsstufen gibt es, und wie groß sind Gesamt- und Einzelhäufigkeit dafür?


Bei „herkömmlichen“ Booster Drafts draftet jeder Spieler dreimal vierzehn Karten. An dieser Zahl sollte man sich, zumindest ungefähr, orientieren. Zu viele Karten pro Spieler führen dazu, dass eine große Anzahl Karten bei kompetenten Draftern niemals zum Einsatz kommen wird, da bessere Optionen zur Verfügung stehen. Weiterhin reduzieren zu viele Karten die Notwendigkeit, freie Farben/Strategien für sich zu finden, da genügend Karten in allen Farben für mehrere Drafter vorhanden sind. (Auf diese Weise kann es sogar vorkommen, dass manche Farben kaum verwendet werden, wenn sie weniger stark sind als andere – eigentlich ist es eine zusätzliche Herausforderung ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie viele Drafter jede Farbe üblicherweise trägt, und man kann zum Beispiel gezielt schwache Farben forcieren. Das ist aber nicht mehr notwendig, wenn die starken Farben für alle Spieler ausreichen.) Selbst im günstigsten Fall sind zu viele Karten unnötige Zeit- (das Draften dauert länger) und Platzverschwendung. Zu wenige Karten hingegen können einerseits Frustation schaffen, wenn man aufgrund ungünstiger Kartenkonstellationen und Draftdynamiken ohne eigenes Verschulden kein sinnvolles Deck zusammenbekommt und beschneiden andererseits die Optionen der Spieler sowohl bei der Farbwahl als auch bei der exakten Zusammenstellung ihrer Decks – es sollte sowohl im Draft möglich sein, ein wenig zu taktieren, als auch die Ausrichtung des eigenen Decks zu variieren.

Ein kompletter Deckpool bei einem rundum gelungenen Draft benötigt nur ca. dreißig Karten: Üblicherweise spielt man 16-18 Standardländer, was Raum für 22-24 gedraftete Karten lässt. Dazu kommen noch ein paar Karten, welche die Stelle von Basics im Deck einnehmen (Nonbasic Lands, Manaartefakte etc.) und ein paar Sideboardkarten – wenn man kein Transformationssideboard hat (was im Limited erheblich mehr Sinn ergibt als im Constructed, da man prinzipiell zwischen defensiver und offensiver Ausrichtung wechseln oder sogar eine Splash- oder gar Zweitfarbe austauschen kann), werden das selten mehr als drei oder vier sein. Die restlichen gedrafteten Karten fallen in drei Kategorien: Picks aus Farben, die man nicht spielt; Karten, die man zwar hätte spielen können, die aber nicht stark genug waren oder nicht in die taktische Ausrichtung passten, und Unplayables. Deswegen kann man die gewünschte Kartenzahl pro Spieler als 30+x+y+z abschätzen, wobei man auf x, y und z bei der Konstruktion seiner Umgebung gezielt Einfluss nehmen kann und sollte.

Ich bin jedenfalls kein Fan von Unplayables. Sie mögen ihre Funktion erfüllen, um auch schlechtesten Spielern Aha-Erlebnisse zu verschaffen, aber für meine Zwecke sind sie nur unnötiger Ballast. Daher werde ich mich bemühen, sie in meinen Draftumgebungen zu vermeiden und z daher mit null ansetzen.

X wiederum hängt davon ab, wie lange Spieler benötigen, ihre Farben zu finden, und wie oft sie gezwungen sind, farbfremde Picks zu tätigen. Hier muss man ein wenig herumprobieren, denn diese Faktoren hängen sehr stark vom exakten Draftmodus ab. Dazu habe ich später noch zwei Beispiele.

Y beruht am stärksten auf persönlichen Präferenzen. Ich habe hier zwei einander widersprechende Bedürfnisse: Einerseits möchte ich den Spielern gerne mehr Optionen beim Deckbau bieten. Andererseits möchte ich sie auch herausfordern, die im Draftpool befindlichen Karten tatsächlich zu verwenden. Meine Einschätzung von y kann daher in unterschiedlichen Umgebungen unterschiedlich ausfallen.

Anzumerken ist auch, dass die 30 als Schätzwert für ein mehr oder weniger typisches Environment gilt. Quantität und Qualität der Mana- und typischen Sideboardkarten in einer Umgebung können natürlich schwanken.

Mathe macht nur Ärger


Wenn man nun eine Zahl ermittelt hat, die man sich als optimale Kartenzahl pro Spieler vorstellt (ich nenne sie einmal „k“), dann multipliziert man sie mit vier und hat die Gesamtgröße des Draftpools, also derjenigen Karten, welche auf die Booster verteilt werden – nennen wir diese p. Der Draftpool ist nicht identisch mit der gesamten Draftumgebung (u), da ja die Karten mit unterschiedlicher Häufigkeit im Draftpool vorhanden sein sollen, was im Klartext heißt, dass man nur eine zufällige Auswahl davon bei jedem Draft verwendet. (Ich fürchte, ich habe im bisherigen Artikel die Begriffe, die ich jetzt definiere, ein wenig schwammiger verwendet. Ab jetzt bin ich exakt – versprochen!) K wiederum muss durch s teilbar sein, nämlich die Anzahl der Booster pro Spieler. In jedem Booster (wenn alle Booster gleich viele Karten enthalten, wovon ich jetzt einmal ausgehen will) befinden sich dann b Karten.

Es gilt also: p = 4 × k; k = s × b

Um diese Begriffe zu verdeutlichen, will ich einen herkömmlichen M11-Draft als Beispiel nehmen (Dabei müsst ihr natürlich beachten, dass hier mehrere Kopien jeder Karte im Umlauf sind, und dass bei acht Spielern p = 8 × k gilt):

u = 229; p = 336; k = 42; s = 3; b = 14

Wenn man jetzt für seine selbstgebastelte Draftumgebung b (und damit s, da s = k / b) festlegen will (also, wie viele Karten sich in jedem Booster befinden), stößt man auf Probleme: Bei acht Spielern sind 14 offenbar keine schlechte Zahl – aber bei vier? Sollen die Spieler denn wirklich jeden Booster drei- bis viermal vor die Nase bekommen?

Ich will es euch gleich sagen: Nein. Immer wieder dieselben Booster weiterzugeben, draftet sich zäh und unspaßig. Außerdem werden farbliche Ungleichverteilungen in den einzelnen Boostern dadurch schlimmer – es macht eben einen gewaltigen Unterschied, ob man aus einem Booster, der nur blaue und schwarze Karten zu enthalten scheint, zweimal oder viermal picken muss/darf. Nahe liegt es also, b zu verkleinern, zum Beispiel auf acht. Doch dann stellt man rasch fest, dass hier die Auswahl für die Spieler zu gering ist und dass die relative Stärke der Booster untereinander zu stark variiert. Als Kompromiss scheint sich zwölf anzubieten – hier ist die Auswahl noch groß genug, und wenigstens pickt man nur drei Karten aus jedem Booster. Ich will aber vorwegnehmen, dass ich eine Lösung gefunden habe, die ich für besser halte!

Und dann ist da noch p. Wenn man k = 36 annimmt (ein realistischer Wert, wenn man z = 0 anstrebt), dann ergibt sich p=144. Das ist ein bisschen wenig, wenn man Vielfalt in seine Draftumgebung bringen will Natürlich kann man dieses Problem lösen, indem man die Einzelhäufigkeit der Commons/Rares reduziert: Je geringer die Chance für eine bestimmte Karte in einem Booster ist, desto vielfältiger ist das Environment! Das ändert jedoch nichts daran, dass man im Verlauf des Drafts weniger verschiedene Karten zu Gesicht bekommt, und es erfordert vor allem die Konstruktion sehr großer Sets, von denen immer nur ein Teil benutzt wird – nicht jedermanns Sache, denke ich. Um noch ein paar Buchstaben einzuführen: Wenn man die Häufigkeitsstufen Rare und Common benutzt (und das werde ich tun), dann gilt b = b(c) + b(r), wobei c und r natürlich die Anzahl der Commons beziehungsweise Rares in jedem Booster sind. Wenn die Anzahl der Commons und Rares in einer Umgebung u(c) und u(r) sind, die Chance, eine bestimmte Karte im Draftpool vorzufinden h(c) beziehungsweise h(r) ist und die Anzahl der Commons und Rares im Draftpool p(c) und p(r) sind, dann gilt: u = u(c) + u(r); p(c) = u(c) × h(c); p(r) = u(r) × h(r) und natürlich p = p(c) + p(r) sowie b(c) = p(c) / (4 × s) und b(r) = p(r) / (4 × s).

So viele Buchstaben, so viele überflüssige Formeln! Nur keine Angst, die sind sicherlich nicht notwendig, um eine Draftumgebung zu kreieren. Ich hoffe jedoch, dass sie helfen, euch klarzumachen, wie schwierig es ist, diese Größen festzulegen, da sie sich alle gegenseitig beeinflussen. Andererseits hat man aber als Drafter für die meisten davon eine intuitive Vorstellung, welchen Wert sie haben sollten! Nur – was hilft einem die ganze Intuition, wenn diese unbarmherzigen Formeln einem sagen: „Das passt nicht zusammen!“? Das war mein Problem, dessen Ursache darin liegt, dass Draft eine Spielform ist, für die acht Spieler eigentlich optimal sind, ich aber unbedingt eine Lösung für vier Spieler haben wollte. Daran habe ich lange gekaut. Schließlich jedoch hat sich erwiesen: Die Mathematik hat alle Lösungen – man muss nur die richtigen Fragen zu stellen wissen!

Als ich dann also endlich die richtige Idee hatte, erschuf ich ein Draftformat, das mir richtig gut gefiel, und bald darauf noch ein weiteres. Nachdem ihr nun hoffentlich die prinzipiellen Probleme versteht, denen ich mich gegenübersah, will ich sie euch hier präsentieren!

Zweidritteldraft

Zweidritteldraft ist eine Draftvariante für vier Spieler. Sie ist darauf ausgelegt, sich rasch und ohne größere Schwierigkeiten draften zu lassen. Ich empfehle sie besonders für weniger erfahrene Drafter und für etwas kleinere und homogenere Draftumgebungen. („Homogen“ bedeutet, dass der Powerlevel der Karten nicht allzu extrem schwankt und dass nicht allzu viele Draftstrategien auf Schlüsselkarten beruhen, welche in anderen Strategien nutzlos sind.)

Beim Zweidritteldraft besteht der Draftpool aus 192 Karten im Verhältnis drei zu eins (also 144 Commons & 48 Rares). Je nachdem, wie vielfältig ihr eure Draftumgebung gestalten wollt, und wie gering ihr die Einzelwahrscheinlichkeit insbesondere für Rares halten wollt, empfehle ich folgende Spezifikationen:

a) 144 Commons, 48 Rares (192 insgesamt)

Alle Karten aus der Draftumgebung befinden sich auch im Draftpool. Erfordert die wenigste Vorbereitungszeit, lässt aber natürlich den wenigsten kreativen Spielraum und ergibt wenig vielfältige Decks.

b) 144 Commons, 96 Rares (240 insgesamt)

Alle Commons befinden sich im Pool, sodass man sich auf ihr Vorhandensein verlassen kann, während die Rares nur mit einer Chance von 50% anzutreffen sind. Wenn man dieselbe Draftumgebung mehrfach benutzt, entsteht so ein Gefühl der Veränderung.

c) 216 Commons, 144 Rares (360 insgesamt)

Das würde ich als Default vorschlagen. Es erfordert einen gewissen Arbeitsaufwand bei der Zusammenstellung der Draftumgebung, belohnt einen jedoch durch ein hohes Maß an Vielfalt und Abwechslung. H(c) ist 2/3, h(r) 1/3.

d) 288 Commons, 192 Rares (480 insgesamt)

Wenn man ganz viele Ideen in seiner selbstgemachten Draftumgebung umsetzen will und dieselbe Umgebung sehr oft draften will, dann sollte man sich diese Arbeit machen. H(c) = 1/2; H(r) = 1/4.

Wie auch immer ihr sie zusammenstellt; pro Draft sind es 192 Karten. Diese werden zufällig und gleichmäßig auf 16 Booster aufgeteilt (natürlich getrennt nach Commons und Rares, sodass jeder Booster neun Commons und drei Rares erhält). Das ergibt also vier Booster à jeweils zwölf Karten pro Spieler. Diese werden, ganz wie beim herkömmlichen Draft, abwechselnd nach links und nach rechts weitergegeben. Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied: Sobald die Booster nur noch vier Karten erhalten, werden diese unverdraftet beiseitegelegt! Daher erhält jeder Spieler in jedem Draftdurchgang nur acht statt zwölf Karten, und er erhält aus jedem Booster zwei Picks (jeder Booster „tabelt“ also einmal für jeden Spieler). Am Ende besteht der Deckpool jedes Spielers also aus 32 Karten, und ein Drittel des Draftpools wird nicht benutzt. Falls ihr denkt, 32 Karten seien zu wenig: Ich habe dieses Draftformat einem Härtetest unterzogen (siehe das Ende dieses Artikels) und festgestellt, dass das Drittel übriggebliebener Karten kaum fehlt – es ist eigentlich nur ein Ort, um y (und, falls vorhanden, z) verschwinden zu lassen – und dass man an Vierspielertischen dazu neigt, seine Farben sehr schnell zu finden (was x enorm reduziert). Ach ja, der Anteil von x, der üblicherweise durch die ganz späten Picks entsteht, verschwindet natürlich auch im entfernten Drittel! Jeden Booster bloß zweimal zu Gesicht zu bekommen, fühlt sich einfach „richtig“ an, und die Karten, die man ansonsten beim Deckbau außen vorlassen würde, lässt man eben einfach im Booster.

Im Anschluss ans Draften sollte dann nach den üblichen Best-of-three-Regeln jeder gegen jeden spielen.

Ich habe aber noch ein weiteres Draftformat für euch:

Purchase Draft


Purchase Draft ist eine Draftvariante für vier Spieler, bei der Karten von den Draftern „gekauft“ werden müssen. Sie ist im Vergleich zum Zweidritteldraft besser geeignet für größere und heterogenere Sets, da die Spieler ihre Wahl aus einem größeren Kartenpool treffen und mehr Möglichkeiten haben, die Ausrichtung ihres Decks zu beeinflussen. Sie eignet sich außerdem besonders für erfahrenere Spieler, da sie anspruchsvoller ist als normaler Draft.

Ein Tipp: Auch wenn das Kaufen der Karten für einen Ausgleich sorgt, wenn Spieler besonders starke Karten picken, würde ich doch auf Karten auf dem allerhöchsten Powerlevel (Umezawa's Jitte, Balance, Sol Ring) und solche, die beim Ausspielen das Spiel sofort entscheiden (Emrakul, the Aeons Torn), sowie Karten, welche für zu geringe Kosten den Spielern grundlegende Optionen nehmen (Ensnaring Bridge, Winter Orb, Armageddon) verzichten, um den Limited-Charakter des Spiels zu bewahren. (Im Constructed schlägt man solche Strategien durch gezielte Vorbereitung oder extremen Speed, oder man akzeptiert einfach ungewinnbare Matchups, wenn man sie nicht zu häufig erwartet. Die ersten beiden Optionen stehen im Limited nicht zur Verfügung und die letzte widerspricht dem Sinn von Casual-Limited.)

Für einen Purchase Draft benötigt man einen Draftpool mit 288 Karten (216 Commons, 72 Rares). Mit den gleichen Einzelhäufigkeiten, wie ich sie beim Zweidritteldraft vorgeschlagen habe, ergibt das folgende Umgebungsgrößen:

a) 288 = 216 + 72
b) 360 = 216 + 144
c) 540 = 324 + 216
d) 720 = 432 + 288

Für c) gebe ich euch am Ende dieses Artikels noch ein Beispiel.

Außerdem benötigt man für jeden Spieler sechs Münzen oder irgendetwas Vergleichbares (ich bevorzuge verschiedenfarbige Glassteinchen, das ist aber nicht nötig), einen sechsseitigen Würfel oder einen Zähler als Preisanzeiger (nicht unbedingt nötig, wenn man einfach laut mitzählt) und eine Methode, rasch und unkompliziert zufällig einen von vier Spielern auszuwählen (zum Beispiel einen vierseitigen Würfel, oder ein Skatspiel, das man kurz mischt und abhebt – ein Spieler ist Pik usw.).

Die 288 Karten werden zufällig auf zwölf „Großbooster“ mit jeweils 24 Karten (genauer: jeweils 18 Commons und sechs Rares) verteilt. Diese Großbooster wiederum werden (ohne Beachtung der Kartenhäufigkeiten) gemischt und zufällig auf vier „Kleinbooster“ mit jeweils sechs Karten verteilt. Pro Großbooster gibt es eine Draftrunde. In jeder Draftrunde bekommt jeder Spieler zunächst einen Kleinbooster zugeteilt, und er erhält sechs Münzen. Dann wird der Preisanzeiger auf sechs gestellt und zufällig ermittelt, bei welchem Spieler die Draftrunde startet. (Ich habe keine bessere Methode gefunden, Gerechtigkeit und Geschwindigkeit bei der Bestimmung dieses Spielers unter einen Hut zu bringen – für gute Vorschläge bin ich dankbar!) Dieser Spieler kann jetzt für den Preis von sechs Münzen eine Karte aus seinem Booster draften oder passen. Dann erhalten reihum (die Richtung wechselt mit jedem Großbooster, so wie beim normalen Draft) die übrigen Spieler dieselbe Möglichkeit bei ihren Boostern. Sobald alle Spieler gepasst haben, werden die Booster weitergegeben (in die gleiche Richtung, in der die Kaufoption gewandert war), der Preisanzeiger zeigt eine Münze weniger an, und dieser Vorgang wiederholt sich in einer neuen Kaufrunde.

Folgendes ist zu beachten:

Die Kaufoption wandert so lange um den Tisch, bis alle Spieler einmal gepasst haben. Wenn der Preisanzeiger auf drei oder weniger steht, bedeutet das entsprechend, dass Spieler aus ihrem Kleinbooster in einer Kaufrunde mehrere Karten erwerben können! Diese Karten müssen aber einzeln erworben werden. (Man steht jedes Mal vor der Wahl, eine Karte zu erwerben oder zu passen.)

Der Preisanzeiger zeigt immer mindestens eins an, und Karten kosten entsprechend immer mindestens eine Münze – es gibt keine Gratiskarten! Auf eine Kaufrunde mit einem Preis von einer Münze folgt eine weitere Kaufrunde mit einem Preis von einer Münze.

Sobald der Preisanzeiger auf eins steht, MUSS jeder Spieler, der noch mindestens eine Münze besitzt, beim ersten Mal, wenn er in einer Kaufrunde die Kaufoption erhält, eine Karte kaufen. In derselben Kaufrunde darf er danach dann jedoch passen, auch wenn er noch Münzen hat. In der nächsten Kaufrunde muss er dann entsprechend wieder seine erste Kaufoption wahrnehmen.

Es kann passieren, dass ein Kleinbooster leer ist, bevor die Draftrunde beendet ist. In diesem Fall wird er (gedanklich) normal weitergereicht. Bei einem leeren Kleinbooster besteht natürlich auch bei einem Preisanzeiger auf eins kein Kaufzwang (der Spieler muss keine Münze für eine nicht vorhandene Karte ausgeben).

Es kommt sehr häufig vor, dass ein Spieler passen muss, weil sein Münzbesitz geringer ist als der aktuelle Kartenpreis (insbesondere, wenn er gar keine Münzen mehr hat). Er erhält trotzdem normal seinen Kleinbooster weitergereicht und darf sich dessen Inhalt ansehen.

Eine Draftrunde ist beendet, sobald kein Spieler mehr Münzen hat. Sie dauert offensichtlich mindestens eine und höchstens elf Kaufrunden.

Der Fall, dass alle Karten verdraftet sind, aber ein Spieler noch Münzen übrig hat, kann nicht eintreten, da die Anzahl der Münzen gleich der Anzahl der Karten im Großbooster ist und jede Karte mindestens eine Münze kostet. Tatsächlich bleibt üblicherweise ein großer Teil der Karten unverdraftet und wird beseitegelegt.

Jede Draftrunde wird erneut zufällig der Spieler ermittelt, welcher zuerst die Kaufoption erhält. Da es einen kleinen, aber spürbaren Vorteil darstellt, nach anderen Spielern seine Kaufoption zu erhalten (man hat nicht nur Informationen über das Bietverhalten der anderen Drafter, sondern vor allem auch darüber, wie viele Karten sich noch in welchen Boostern befinden) und da ein gleichzeitiges verdecktes Bieten in der Praxis zu aufwändig ist, muss die Bietreihenfolge variiert werden.

Draftrunden finden immer abwechselnd im und gegen den Uhrzeigersinn statt. (Deswegen ist es nicht sinnvoll, den Erstbieter ebenfalls reihum laufen zu lassen.) Zu Beginn jeder Draftrunde erhält jeder Spieler wieder seine sechs Münzen.

Nach meinen Erfahrungen wird deutlich über die Hälfte des Draftpools nicht erdraftet, und die Spieler haben am Ende einen Kartenpool von knapp 30 bis etwas über 40 Karten, mit einer Tendenz zum unteren Ende. Natürlich kann es ungeübten Draftern passieren, dass sie am Ende mit zu wenigen Playables oder auch mit einer großen Anzahl überschüssigen Karten ohne besondere Highlights dastehen. Tendenziell will man versuchen, einen eher kleinen Kartenpool zu draften, da jede Karte, die man nicht benötigt, verschenkte Münzen darstellt. Andererseits wird man häufig feststellen, dass man für teures Geld eine starke Karte gedraftet hat, nur um dann in derselben Draftrunde noch stärkere Karten zu einem geringeren Preis durchgeben zu müssen, weil man sie sich nicht mehr leisten kann.

Mit den erdrafteten Decks wird natürlich genauso gespielt wie beim Zweidritteldraft.


[Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle geht es jetzt von der umfangreichen Theorie in die nicht minder umfangreiche Praxis. Insgesamt gibt es fünf Draftumgebungen zu entdecken. Klickt auf eine der Grafiken, um sie euch anzuschauen!]







Damit soll nun aber einer der längsten Pischnerartikel überhaupt (und das will etwas heißen!) sein Ende finden. Ich hoffe, ich konnte euch anregen, eigene Draftumgebungen zu entwerfen, anstatt nur bunten Kartenbrei in Würfelform zu pressen!
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