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Bring the Power Back!
von Florian Koch
16.11.2010

Eigentlich bin ich für Scars of Mirrodin-Limited eingeplant, aber es gibt ein anderes Thema, das mich derzeit beschäftigt, obwohl es am völlig anderen Ende des Magic-Spektrums liegt und mich eigentlich gar nicht betrifft. Diesen Artikel kann man einerseits als Aufruf an Wizards verstehen, Magic Online endlich die Power 9 zu bringen, andererseits gibt es gute Anhaltspunkte dafür, dass es schon bald so weit sein könnte. In dem Fall kann man ihn als Beifall zu dieser Entscheidung verstehen.


Es ist paradox. Ich beschäftige mich momentan fast überhaupt nicht mit Vintage, ich spiele es nicht, ich weiß noch nicht einmal, welche Decks gerade gut sind, und dennoch ist Vintage ein Format, das mir sehr am Herzen liegt. Ich befasse mich kaum damit, weil es andere Formate gibt, die ich mag, deren Bedeutung für mich deutlich größer ist – und für die, die mich einigermaßen kennen: Selbst meine Zeit reicht nicht aus, um mich mit einem reinen Fun-Format auseinanderzusetzen. Es liegt mir dennoch am Herzen, weil es gleichzeitig „Back to Roots“ und den Reiz ungebrochener Power verkörpert. (Der Name von Stephen Menendians StarCityGames-Kolumne „So many insane plays“ trifft es ganz gut.) Für die Magic-Neulinge: Es gab eine Zeit, in der gab es noch kein Vintage, tatsächlich gab es auch keinen Boosterdraft, kein Extended, noch nicht einmal Standard. Magic war Vintage! Damals habe ich angefangen zu spielen und Nostalgie ist natürlich auch ein Grund, warum ich dieses Format mag.



Der Stand der Dinge


Nun hat dieses Format einen ganz großen Nachteil und der heißt „Zugänglichkeit“. Die Einstiegshürde für Vintage ist sehr hoch, weil die Power weiterhin verhältnismäßig teuer ist, und damit ist es dann ja auch noch nicht ganz getan. 3000 Euro kann man für ein Deck schon mal veranschlagen. Ein wettbewerbstaugliches Fahrrad kostet zwar kaum weniger – wie ich den Leuten immer wieder gern erkläre –, aber das ändert nichts daran, dass die meisten Menschen verständlicherweise nicht bereit sind, einen derartigen Preis für eine Hand voll Pappkärtchen zu zahlen.

Dieser hohe Preis wird heutzutage fast nur noch dadurch gerechtfertigt, dass Magic eben nicht nur ein Kartenspiel, sondern ein Sammelkartenspiel ist. Der Preis der Karten wird maßgeblich dadurch bestimmt, dass die Power 9 das ultimative Kernstück einer jeden Magic-Sammlung darstellen. Jedenfalls besitzen viele Leute zwar Power, spielen sie aber höchst selten. Und eigentlich sollte bei rund 20000 Exemplaren jeder Power-Karte weit mehr Angebot existieren, als derzeit Bedarf vonseiten der Turnierspieler besteht. Aber Richard Garfield hat Magic nun mal als Sammelkartenspiel konzipiert und dies ist nach wie vor ein wesentlicher Aspekt des Spiels und seines Geschäftsmodells. Also schützen Wizards den Wert ihrer Karten, zum Beispiel indem sie die DCI Proxies verbieten lassen. Das mag gut für Magic als Ganzes sein, für Vintage im Speziellen ist es das ziemlich sicher nicht.

Magic lebt im Moment sehr gut, dafür ist Vintage (fast) tot. Ersteres ist schön, Letzteres hingegen ist schade, wenngleich unter den Rahmenbedingungen nicht zu ändern. Spätestens Wizards neuerliches Bekenntnis zur Reserved List lässt da keinen Zweifel aufkommen. Oder …?

Die Alternative heißt natürlich Magic Online.

Wizards taten gut daran, nicht direkt im ersten Masters Edition-Set mit der Power vorzupreschen, sondern erst einmal anzutesten, ob die Existenz von Online-Karten einen Einfluss auf die Preise ihrer nichtvirtuellen Gegenstücke hat. Es gibt zwar kaum gute Gründe, warum das so hätte sein sollen, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht und so war die einzig wirklich spannende Karte in ME1 Force of Will; bis heute neben Jace, the Mind Sculptor die mit Abstand teuerste Karte auf Magic Online. Mittlerweile ist es zur Gewohnheit geworden, dass selbst extrem wertvolle Karten den Weg in die digitale Welt finden (I'm looking at you, Bazaar of Baghdad!), und die Aufschreie aus der Spieler- oder Sammlerschaft blieben aus. Inzwischen gibt es fast alle relevanten Legacy-Karten auf Magic Online und ein Zusammenhang zwischen dem Preis von Real-Life-Karten und der Existenz virtueller Pendants ist nicht festzustellen.

Da man diese Erkenntnis nunmehr als gesichert betrachten kann, ist es Zeit für den nächsten Schritt. Es ist Zeit, uns auf Magic Online die Karten zur Verfügung zu stellen, die eine ganze Community neu beleben könnten: Black Lotus, Mox Emerald, Mox Jet, Mox Pearl, Mox Ruby, Mox Sapphire, Ancestral Recall und Time Walk. Denn das Onlineformat, das den unsäglich untreffenden Namen „Classic“ trägt, ist ein Zwitter zwischen Legacy und Vintage, der weder Beachtung bekommt noch verdient. Warum sollte man auch ein Format spielen, dass Legacy im Wesentlichen um Bazaar of Baghdad, Necropotence und Mana Drain bereichert? Als einigermaßen gesichert kann man ansehen, dass demnächst noch Library of Alexandria dazustößt, aber wen interessiert's? Jenseits von Legacy liegt die Power 9 und nicht Legacy+4.


Sollten Wizards diesen Schritt tatsächlich gehen, so rechne ich damit, dass die positiven Auswirkungen nicht auf eine Vintage-Online-Szene begrenzt bleiben werden. Eine lebendige Community wird mit Sicherheit auch jenseits des PCs neues Interesse finden und ein steigender Bedarf an Power würde letztlich sogar die Sammler freuen. Win-Win!


Der große Wurf?

Ich habe es in den News schon einmal angeschnitten: Die Anzahl der Rares in Masters Edition IV ist einigermaßen überraschend. 105 für diejenigen, die es nicht mitbekommen haben. Zum Vergleich: Moderne, große Magic-Sets haben 53 Rares und 15 Mythics, gemeinsam untergebracht auf einem Print-Sheet von 121 Karten. Eine bestimmte Mythic kann man also in jedem 121. Booster erwarten, eine bestimmte Rare aus ME4 offensichtlich in jedem 105. Booster. Rares in ME4 entsprechen also eigentlich eher Mythics in modernen Magic-Sets. Warum? Die einigermaßen naheliegende Erklärung ist, dass ME4 Karten enthält, die nicht in gigantischen Mengen verfügbar sein sollen. Wer einen Überblick darüber hat, was derzeit auf MTGO an Vintage-Karten fehlt, dem kommen da nicht viele in den Sinn: Library of Alexandria (Check!), Mishra's Workshop (kann man im Kontext des Urzatrons schon fast als gesetzt ansehen), Time Vault (siehe unten) und eben Power (?).

Meine Vermutung geht mittlerweile dahin, dass Masters Edition IV das große Vintage-Set wird und das will ich natürlich nicht ganz unbegründet lassen. Zunächst einmal wirft die Größe von ME4 ein Problem auf: Wo kommen diese Rares alle her? Power und ein paar Reste von der Restricted List, okay, aber 105 Karten sind eine Menge und Wizards haben bereits einen guten Teil der interessanten alten Karten abgearbeitet. Man sollte also nicht damit rechnen, dass auf ME4 noch eine Masters Edition V folgt, die einen vergleichbaren Umfang hat.

Falls Wizards überhaupt der Meinung sind, dass Vintage nach MTGO gehört, und zweitens der Meinung, dass Power nicht inflationär vorhanden sein sollte, wird es ergo einfach keine gute Gelegenheit mehr geben, Power in einem Set unterzubringen.

Wenn man aber schon den Sprung zu Vintage wagt, dann sollte man meines Erachtens auch dafür sorgen, dass das Format zumindest das meiste bietet, was das richtige Vintage ausmacht. Tatsächlich fehlen gar nicht mehr allzu viele Karten, die ich mit meinem hier eher begrenzten Wissen als Ecksteine ansehen würde. Neben den schon erwähnten: Mishra's Workshop, Mana Vault (Check!), Time Vault und im wirklich erweiterten Kreis Fastbond, Regrowth, Wheel of Fortune (Check!) und Yawgmoth's Bargain.


Yawgmoth's Bargain stößt so oder so im Frühling dazu und Regrowth ist ja nicht einmal ein ernsthafter Rare-Kandidat. Ich erwarte die Karte übrigens immer noch – und das seit Jahren – im nächsten Core-Set. Recollect, Nature's Spiral und so weiter sind doch nur haltloser Ersatz. Regrowth würde vielleicht wenigstens gespielt, aber stärker als Eternal Witness wäre er im Standard mit Sicherheit nicht. Wo war ich? Es bleiben Fastbond und Time Vault. Zu Fastbond kann ich nicht viel sagen, außer dass Vintage sicher auch ein Jahr ohne diese Karte auskommen würde. Time Vault hingegen ist ein zentraler Bestandteil verschiedener Decks, zumindest gewesen.

Und was diese Karte betrifft, so habe ich die Vermutung, dass die ME4-Previews auf dailymtg.com längst begonnen haben, nur hat uns das niemand gesagt. Zugegeben, das ist Spekulation in Reinform, aber wenn man sich die letzten Cards of the Day anschaut, findet man eine ganze Reihe von Karten, die in eine Masters Edition passen würden: Frankenstein's Monster, Invisibility (dann mit altem Artwork), Cyclopean Mummy, Pentagram of the Ages, Two-Headed Giant of Foriys, Yawgmoth Demon (ebenfalls mit altem Bild) und schließlich Time Vault.

Mit ein bisschen Phantasie kann man auch schon erkennen, wo die Reise hingehen könnte. ME4 könnte voll von völlig überteuerten Karten und Fast Mana sein. Das passt wundervoll zum Urzatron im Landslot und würde vermutlich ein passabel spielbares (?) Limitedformat mit Kreaturen auf dem Niveau von Frankenstein's Monster, Scarecrow und Colossus of Sardia ergeben. Ich bin gespannt!
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