„Los, Mirran!“
Ich habe in meiner
Magic-Karriere schon diverse Prereleaseturniere gespielt, aber das an diesem Wochenende war trotzdem ein besonderes. Nicht automatisch besser, aber auf jeden Fall anders. Dies wurde ja schon im Vorfeld offensichtlich, wobei die Hauptfrage „Mirran oder Phyrexianer“ Schwerpunkt gleich mehrerer Artikel war. Für mich klang das ein wenig nach Pest oder Cholera, da ich den beherrschenden Themen der beiden Vereine (Artefakte & Gift) wenig bis überhaupt nichts abgewinnen kann. Deswegen wurde die Entscheidung für die dunkle Seite der Macht auch recht zufällig getroffen, indem ich mich einfach der Truppe anschloss, die in Leipzig weniger Anhänger hatte.
Mit ziemlicher Unlust stellte ich mich also auf Infect ein und spielte schließlich … Metalcraft. 16 Karten aus dem feindlichen Lager wanderten ins Deck, was negativ gesehen nicht Sinn der Sache, positiv betrachtet ein brillanter Spionageversuch beim Gegner war. Insgesamt kamen übrigens fette
acht Karten der neuen Edition zum Einsatz, auch das nicht unbedingt ideal für ein Prerelease.
Die Probleme meines 18-Artefakte.dec-Decks wurden recht schnell deutlich, als mich erst
Hoard-Smelter Dragon – wenigstens eine Rare – und dann
Fangren Marauder (kombiniert mit gefühlten 32 Artefaktremovalsprüchen) kräftig hernahmen. Letzterer machte übrigens in zwei Spielen mindestens 50 Lebenspunkte, was eher schwierig zu racen ist. An dieser Stelle verabschiedete sich der Plan eines großartigen phyrexianischen Triumphes und ein neues Ziel wurde entwickelt: Der Achievement-Zettel sollte möglichst beidseitig abgearbeitet werden.
Die eine Hälfte der Achievement-Card (Mirran-Fraktion)
Für alle, die nicht selbst da waren: Es handelt sich hierbei um verschiedene, mehr oder weniger kreative Aufgaben, deren Erfüllung bei uns einen gewaltigen Preis (Deckbox) einbrachte. Der Großteil war relativ unproblematisch, wobei sicher von Vorteil war, dass man das Deck zwischen den Runden ändern durfte. Mit dem Originaldeck wäre es zum Beispiel eher schwierig geworden, die verschiedenen Infect-Aufgaben zu erfüllen. Auch so gab es einige Herausforderungen, die teilweise recht abenteuerlich gelöst wurden:
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Der dreifach equippte Mann fand seine Ausrüstungen dank Prototype Portal, welches jede Runde eine lebende Waffe ausspuckte.
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Viermal Proliferate gelang durch Erhöhung des eigenen Giftmarkenstandes um eins und der weiteren Schwächung einer angeschlagenen phyrexianischen Streitmacht.
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Der Judge wurde gerufen, um zu klären, ob bei der Aufgabe, zwei Rares auszuspielen, zwei verschiedene gewirkt werden müssen. Der Judge sagte nein und ich konnte mir mit Steel Sabotage das Portal bouncen, erneut ausspielen und ein Kreuz sichern.
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Ein Spiel mit neun Giftmarken noch zu gewinnen, erwies sich als besonders schwierig, da man ja darauf bauen muss, dass der Feind da mithilft. Immerhin hatte ich Phyrexian Vatmother, die sich zumindest theoretisch beteiligen konnte. Am Ende war es jedoch Virulent Wound auf den eigenen Mann, die bei letalem Schaden Giftmarke #9 bescherte.
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Gescheitert bin ich übrigens am Power-10-Infect-Mann, welcher ohne die grünen Pumpspells ebenfalls eine ziemliche Herausforderung darstellt. Wenigstens gelang es mir dank Volition Reins ein für ihn unnützes Equipment zu übernehmen und somit ausreichend Ausrüstung bereitzustellen. Leider starb ich, bevor endlich ein Infecter auftauchte …
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Jedenf
alls hatte ich bei der ganzen Sache eine Menge Spaß und empfehle deswegen einen solchen Achievement-Zettel für alle Turniere, damit auch die gescheiterten PTQ-Spieler eine Alternative zum Drop vorfinden:
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Gewinne ein Spiel nach Doppelmulligan.
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Gewinne ein Spiel auf einem Lebenspunkt.
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Gewinne ein Spiel, ohne eine (Mythic) Rare zu wirken.
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Gewinne ein Spiel, ohne einen Lebenspunkt zu verlieren.
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Kontrolliere mehr als fünf Kreaturen.
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Gewinne einen Würfelwurf mit einem um eins höheren Wert.
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Zerstöre Jace, the Mind Sculptor mehr als dreimal.
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Vielleicht hat noch jemand gute Ideen?
Abgesehen davon bin ich unentschieden, was die Beurteilung dieser speziellen Prereleaseform angeht. Den Grundgedanken an sich finde ich sehr witzig und perfekt zu einem Prerelease passend. Klar ist das Format dadurch unendlich irrelevant und besonders im Hinblick auf anstehende Großereignisse dadurch für die professionelleren Spieler unter uns nicht so relevant, aber mal ehrlich, sollte ein Prerelease mittlerweile nicht genau das sein?
Nicht gef
allen haben mir hingegen einige Punkte der Umsetzung, etwa den zu großen Einfluss von
Scars (wie in meinem Deck) oder die fehlende Ausgereiftheit der kleinen Gimmicks (zum Beispiel die Armbänder oder Würfel, die zumindest bei uns nur für 50
% der Spieler gereicht haben). Auch den mehrfach aufgeworfenen Vorschlag, Fraktionenmirrors zu vermeiden, unterstütze ich prinzipiell, erkenne aber auch die Schwierigkeit bei der Umsetzung.
Insgesamt also eine lustige Erfahrung, solange man es schafft, die nötige Prereleaselockerheit aufzubringen.
Damit verabschieden wir uns vom Spaß und machen ein bisschen Ernst.
Mirrodin Besieged hat bei aller Andersartigkeit nämlich eine ganze Menge durchaus interessanter Constructedkarten zu bieten. Ein großer Teil dieser wird wahrscheinlich nie die vorderen Turniertische sehen, aber ich persönlich finde es trotzdem mal (positiv) erwähnenswert, dass der Trend der letzten Editionen zu spannenden Karten fortgesetzt wurde. Natürlich sind auch wieder eine Menge Mist, Nerv und Offensichtlichkeiten dabei und selbstverständlich darf der sagenhaft seltene Planeswalker ebenfalls nicht fehlen, doch das soll uns zumindest für heute egal sein.
Schauen wir also einmal auf eine völlig subjektive und sehr beschränkte Auswahl von Karten, bei denen ich ein gewisses Potenzial sehe und die mich zu folgenden Decks inspiriert haben.
Neben diesem Knaben gibt es noch ein paar weitere Battle-Cry-Jungs, die sehr aggressive Decks mit teilweise völlig aberwitzigen Draws ermöglichen. Wir sprechen hier von relativ soliden Turn-4-Kills, die noch dazu nicht ganz so einfach von einzelnen Blitzen oder vergleichbarem Spotremoval hergenommen werden. Dafür f
allen sie normalerweise komplett auseinander, f
alls der Gegner ein möglichst billiges Massremoval spielt. Beschränkte sich dieses bisher auf
Pyroclasm,
Ratchet Bomb und – mit Abstrichen –
Day of Judgment, muss man jetzt wohl spätestens nach dem Boarden zusätzlich noch mit dem schwarzen Zenit,
Choking Fumes oder
Slagstorm rechnen.
Sollten diese aus irgendeinem Grund im Metagame fehlen, könnte man es einfach mal mit diesem Deck versuchen:
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4 Arid Mesa
4 Marsh Flats
4 Contested War Zone
10 Plains
4 Brave the Elements
4 Honor of the Pure
2 Journey to Nowhere
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4 Student of Warfare
4 Elite Vanguard
4 Steppe Lynx
4 Hada Freeblade
4 Kazandu Blademaster
4 Accorder Paladin
4 Kor Hookmaster
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Einige werden vielleicht
Hero of Bladehold vermissen, aber die junge Dame ist zumindest in dieser Version schlichtweg zu langsam. Dafür nutzt man perfekt die Stärke von
Contested War Zone, einer meiner persönlichen Lieblingskarten des Sets. Dieses Land ist nicht nur sehr stark, sondern bietet oftmals auch recht spannende Entscheidungsmöglichkeiten.
Während Tobi schon über
Shape Anew in Kombination mit
Trinket Mage und einem billigen Artefakt (zum Beispiel
Everflowing Chalice) sowie dem dicken, neuen Colossus geschrieben hat, habe ich Ähnliches mit
Master's Call ausprobiert. Im direkten Vergleich verliert man die Einfarbigkeit der Kombination, erhält aber eine Wiederholbarkeit, außerdem die bessere Einzelkarte (gerade gegen diverse Aggrodecks blocken zwei kleine Dudes besser als ein marginal größerer) sowie den nicht zu unterschätzenden Instantspeed.
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2 Misty Rainforest
2 Plains
4 Island
4 Glacial Fortress
4 Celestial Colonade
4 Seachrome Coast
3 Inkmoth Nexus
2 Tectonic Edge
2 Blightsteel Colossus
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4 Preordain
4 Oust
3 Spell Pierce
4 Mana Leak
2 Jace Beleren
4 Master's Call
4 Jace, the Mind Sculptor
3 Day of Judgment
4 Shape Anew
1 Phyrexian Rebirth
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Dieses Deck basiert noch sehr stark auf dem Worldsdeck von Jonathan Randle, wobei eigentlich nur der Kill geändert wurde. Inwiefern das besser ist, hängt extrem an dem vom Gegner gespielten Removal. Gehen sie eher
an die Gurgel, erhält man eine ziemlich gute Option, in Control- beziehungsweise Ramp-Matchups völlig überraschende Siege einzufahren. Gegen Weiß (
Journey to Nowhere,
Oust) oder Blau (
Into the Roil,
Jace) hingegen ist der dicke Mann nicht so stark und unzerstörbar, wie er aussieht.
Ein weiterer Nachteil besteht in der Unfähigkeit, andere Artefakte spielen zu können. Besonders
Ratchet Bomb vermisst man so. Zum Glück gibt es mit
Choking Fumes eine echte Bereicherung im Kampf gegen die von mir erwarteten Kreaturenhorden.
Für diesen Kollegen sehe ich Einsatzmöglichkeiten in schöner Kombination mit
Grand Architect. Die realistischsten Suchoptionen sind wahrscheinlich
Contagion Engine,
Wurmcoil Engine,
Triskelion,
Eternity Vessel,
Platinum Angel und
Mindslaver, von denen sicher nicht alle zur gleichen Zeit mitmachen dürfen.
Der offensichtliche Gewinn ist eben die
Flexibilität, wobei ein volles Playset aufgrund der wenigen Targets wohl eher übertrieben wäre.
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4 Creeping Tar Pit
6 Island
4 Darkslick Shores
4 Tectonic Edge
4 Inkmoth Nexus
4 Grand Architect
3 Trinket Mage
2 Treasure Mage
1 Wurmcoil Engine
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2 Mox Opal
4 Everflowing Chalice
1 Brittle Effigy
1 Voltaic Key
4 Preordain
4 Contagion Clasp
2 Sphere of the Suns
3 Ratchet Bomb
4 Tezzeret, Agent of Bolas
2 Lux Cannon
1 Contagion Engine
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Wahrscheinlich noch ein wenig verspielt; so könnte die
Lux Cannon mit Zubehör vor einem wichtigeren Turnier wohl besseren Einzelkarten weichen. Davon abgesehen ist das einfach ein großartiges Synergiedeck, mit welchem zumindest ich unheimlich viel Spaß beim Spielen habe. Natürlich braucht es gegen besonders aggressive Decks schon zahlreiche der wenigen Antworten, aber dafür hat man ungeahnte Kombinationsmöglichkeiten.
Schlachtruf
als Mechanik fördert die wahren Aggrodecks, zumal die entsprechenden Schreihälse durch die Bank ziemlich turniertauglich aussehen. Versucht doch mal ein paar Goldfische mit folgendem Deck:
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2 Contested War Zone
18 Mountain
4 Kuldotha Rebirth
4 Panic Spellbomb
4 Chimeric Mass
4 Lightning Bolt
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4 Memnite
4 Signal Pest
4 Goblin Guide
4 Goblin Bushwhacker
4 Goblin Wardriver
4 Goblin Chieftain
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Selbst der dritte Zug ist hiermit rechnerisch zu erreichen, Turn 4 der Normalfall. Wie bei fast allen Battle-Cry-Decks wird man von
Pyroclasm und Konsorten regelmäßig kaputtgemacht, ohne können die besseren Starts aber auch kaum gestoppt werden.
Hero of Oxid Ridge scheint ebenf
alls gut zu passen, allerdings sind vier Mana für die 20 Länder doch eine Herausforderung und zudem fehlen mir Karten, die ich gern entfernen würde. Am schlechtesten sind meist
Chimeric Mass und
Panic Spellbomb, die jedoch für eine sichere Wiedergeburt unabdingbar sind.
Der Meldende Schädling könnte ebenf
alls gleich in mehreren Aggrodecks zum Einsatz kommen. Am besten gef
allen hat er mir bisher jedoch in diesem:
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4 Seachrome Coast
3 Darkslick Shores
4 Marsh Flats
3 Contested War Zone
4 Plains
1 Swamp
3 Mox Opal
4 Tempered Steel
4 Tezzeret, Agent of Bolas
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4 Ornithopter
4 Memnite
4 Signal Pest
4 Ardent Recruit
4 Glint Hawk
4 Steel Overseer
4 Phyrexian Revoker
3 Etched Champion
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Tezz
eret ist (zum Glück) ein sehr spezieller Planeswalker, was ihn aus den ganz unbezahlbaren Preisregionen heraushalten wird. Trotzdem ist er in seinem Element eine echte Bereicherung, sowohl für aggressivere Listen (seine zweite Fähigkeit ist die auch im Extended stark vermisste weitere Möglichkeit, aus dem ganzen billigen Schrott im Lategame noch Nutzen zu ziehen) als auch in langsameren Versionen, in denen besonders seine erste Fähigkeit von Nutzen ist. Das Ultimate wiederum ist mit einmal Aufladen bereits erreicht und macht ziemlich schnell ziemlich viel Schaden, sodass man auch Stallsituationen entwirren kann.
Selbst in diesem dreifarbigen Deck ist übrigens
Contested War Zone bei mir mit dabei, wer braucht schon Stabilität, wenn man im Gegenzug kräftigen Beatdown bekommt. Ein wenig enttäuscht war ich hingegen von
Phyrexian Revoker. Das liegt zum einen an seinen doch recht überschaubaren Kampffähigkeiten und zum anderen an mangelnden aktivierten Fähigkeiten. Gerade Planeswalker sind im Normalfall gegen diese Form von Deck zu langsam. Alternativ wäre dann wieder das von mir geschätzte
Glint Hawk Idol am Start.
Zum Abschluss noch der für mich vielversprechendste Giftansatz. Dieser beruht auf der Überlegung, dass viele Posionkarten schlichtweg deutlich unter Par liegen und so etwas eben kein gutes Deck ergeben kann. Die rühmlichste Ausnahme ist
Inkmoth Nexus, wobei auch
Phyrexian Vatmother recht anständig wirkt. Zumindest wenn man ihn mit
Plague Spitter und Co. vergleicht. Ohne die 2-Drops geht der Aggroplan natürlich nicht mehr auf, aber warum sollten wir schwarze Karten auch offensiv spielen …?
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4 Inkmoth Nexus
4 Tectonic Edge
16 Swamp
4 Phyrexian Crusader
4 Phyrexian Vatmother
4 Skithiryx, the Blight Dragon
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3 Inquisition of Kozilek
3 Duress
3 Virulent Wound
4 Go for the Throat
4 Everflowing Chalice
4 Contagion Clasp
3 Dark Tutelage
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Das sieht mal richtig nach Haufen aus. In der Praxis ist die Kombination aus viel billigem Discard, noch mehr billigem Removal und erstaunlich mächtigen Giftjungs nicht zu verachten. Damit man gegen Kontrolle eine halbwegs faire Chance hat, ist
Dark Tutelage am Start, mit der man möglichst selten
Skithiryx, den Unausschreibbaren, aufdecken sollte. Ansonsten fehlt natürlich eine Antwort auf
Jace, the Mind Sculptor, aber irgendeinen klitzekleinen Nachteil muss das Deck ja haben.
Das war also ein erstes Brai
nstorming. Insgesamt glaube ich, dass sich das Standardformat noch weiter in die extremen Richtungen verschieben wird. Besonders Aggro könnte deutlich schneller werden und mehr mit großen Massen agieren, worauf die Control- und Kombodecks natürlich reagieren müssen. Ob das wirklich so kommt, werden wir vielleicht schon in ein paar Tagen sehen, wenn sich die Elite in Paris bekämpft. Auf jeden Fall bin ich mir ziemlich sicher, dass
Besieged nach wenigen Tagen Verfügbarkeit bereits mehr Einfluss haben wird als
Scars damals.
Okay, das ist auch nicht schwer.
Euch allen jetzt viel Glück und Erfolg auf der Launch Party eures Vertrauens – und denkt immer daran: Wenn der Turniersieg nicht mehr erreichbar ist, versucht euer Glück mit kleinen Achievement-Zetteln …