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Kavallerie gegen Lindwürmer
von Tobias Henke
03.04.2011

Wie schnell die Zeit heutzutage vergeht … Da schaut man einmal kurz nicht auf seinen Kalender und schon ist wieder ein neues Magic-Produkt erschienen! In diesem Fall handelt es sich um die neue Ausgabe der Duel Decks. Die steht seit Freitag in den Läden und ist ganz entschieden kein Aprilscherz. Es geht vielmehr richtig ernst zur Sache. Es kämpfen Ritter vs. Drachen, mit Schwertern und Lanzen gegen Zähne, Klauen und feurigen Mundgeruch. Das klingt zunächst einmal nach einem reichlich unfairen Zweikampf; wie wir im Folgenden sehen werden, ist es das aber gar nicht.

Ich habe mir nämlich ein Exemplar davon zukommen lassen und den Inhalt am vergangenen Wochenende mit etwas Hilfe auf Herz und Nieren geprüft. Falls ihr noch nicht so recht wisst, was ihr von dem Ganzen halten sollt, ist das vielleicht ganz hilfreich, und falls ihr bereits selbst Gelegenheit zum Duell hattet, ist es vielleicht interessant, Ergebnisse zu vergleichen. Falls euch vorkonstruierte Decks überhaupt nicht interessieren, dann seid ihr gewarnt und lest weiter auf eigene Gefahr.

Ach und übrigens: An dieser Stelle kann mit etwas Glück einer von euch die beiden Duel Decks: Drachen vs. Ritter sogar komplett kostenlos bekommen. Es lohnt sich, dort einmal vorbeizuschauen.



Von außen erstrahlt die Box komplett in Foil



… innen gibt's immerhin noch zwei Foils.

Neben den beiden Premiumkarten mit neuem Artwork (Knight of the Reliquary und Bogardan Hellkite) umfasst das Paket noch zwei praktische Deckboxen, obligatorische Flyer (zu Magic im Allgemeinen und zu Ritter vs. Drachen im Speziellen) sowie natürlich zweimal 59 weitere Karten, sodass jede Seite insgesamt ein spielfertiges 60-Karten-Deck hat. Nicht zu vergessen und ein netter Service ist außerdem, dass zwei Goblin-Spielsteine für Dragon Fodder gleich mitgeliefert werden.

Hier die beiden Decklisten:

Ritter

1 Caravan Escort
2 Lionheart Maverick
2 Knight of Cliffhaven
1 Knight of Meadowgrain
1 Knight of the White Orchid
1 Leonin Skyhunter
1 Silver Knight
1 White Knight
1 Knotvine Paladin
1 Steward of Valeron
1 Benalish Lancer
1 Zhalfirin Commander
1 Knight Exemplar
1 Knight of the Reliquary
1 Wilt-Leaf Cavaliers
1 Kabira Vindicator
1 Kinsbaile Cavalier
1 Alaborn Cavalier
1 Skyhunter Patrol
1 Plover Knights
1 Juniper Order Ranger
1 Paladin of Prahv


1 Harm's Way
1 Reciprocate
1 Edge of Autumn
1 Mighty Leap
1 Reprisal
1 Test of Faith
1 Heroes' Reunion
1 Sigil Blessing
1 Loxodon Warhammer
1 Spidersilk Armor
1 Griffin Guide
1 Oblivion Ring

2 Grasslands
1 Sejiri Steppe
2 Selesnya Sanctuary
1 Treetop Village
12 Plains
6 Forest

Drachen

1 Cinder Wall
1 Skirk Prospector
1 Bloodmark Mentor
1 Fire-Belly Changeling
2 Mudbutton Torchrunner
1 Dragonspeaker Shaman
2 Dragon Whelp
1 Henge Guardian
1 Voracious Dragon
1 Bogardan Rager
1 Mordant Dragon
1 Kilnmouth Dragon
1 Shivan Hellkite
1 Thunder Dragon
1 Bogardan Hellkite

24 Mountain


2 Armillary Sphere
1 Dragon's Claw
1 Breath of Darigaaz
2 Dragon Fodder
1 Punishing Fire
1 Spitting Earth
1 Captive Flame
1 Ghostfire
1 Seething Song
1 Seismic Strike
1 Claws of Valakut
1 Temporary Insanity
1 Shiv's Embrace
1 Cone of Flame
2 Fiery Fall
1 Jaws of Stone


Offenbar sahen die ersten Reaktionen im Internet tendenziell die Drachen vorne. Nach Dutzenden von Spielen kann ich jedoch sagen, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Gefühlt sind die Drachen klar im Nachteil. Von der Startlinie kommen sie einfach nicht so schnell weg, schwerfällig, wie sie sind, hinken sie ständig hinterher, und während die Aufholjagd auf lange Sicht selbstverständlich zu ihren Gunsten ausgehen muss, stolpern sie viel öfter über die ihrer Strategie innewohnende größere Instabilität. Offensichtlich, denn natürlich sind die Ritter wesentlich besser organisiert als die ungestümen Flugwürmer.



Die stärkste Karte im Ritterdeck ist ein netter Bonus …



… während die stärkste Karte der Drachen gleich ein wichtiger Bestandteil der Strategie ist.

Gefühlt sind die Drachen klar im Nachteil. In der Praxis schlägt sich das jedoch nicht in einer entsprechenden Siegquote nieder. Tatsächlich schwankt das Matchup grob um den 50-50-Punkt herum, mit nur geringem Vorsprung für die Ritter.

Verantwortlich dafür zeichnet das Chaos, was es in jeder Partie Magic gibt. Das überlagert ja grundsätzlich immer das eigentliche Matchup, in der Regel zugunsten des Underdogs. Und das passt recht schön zur Philosophie der beiden Decks: Wenn alles so läuft wie geplant gewinnen die Ritter, schließlich sind sie es, die den Plan haben. Nur in der Realität gehen eben selbst die besten Pläne manchmal nicht auf.

Weitere Überraschungen zeigten sich auch erst in der Praxis …



Breath of Darigaaz ist oft gar nicht die Bombe, für die man ihn halten könnte …



… genauso wenig wie Thunder Dragon, von dem ich erst dachte, dass er der stärkste Drache sein müsste.



Hin und wieder übernimmt diese Rolle Henge Guardian



… und manchmal Fire-Belly Changeling, einfach weil er der günstigste ist.



Üblicherweise liefert aber ein schneller Mordant Dragon die besten Ergebnisse.

Obwohl ich durchaus sehe, weshalb die Decks aus flavortechnischen Erwägungen so aufgebaut sein müssen, finde ich, dass beim Drachendeck ein wenig übertrieben wurde. Ja, es ist hübsch wild, in der Spitze unbestreitbar mächtiger als sein Gegner und macht mitunter coole Stunts. Aber Unberechenbarkeit ist aus gutem Grund für Magic-Decks normalerweise kein Kompliment.

Bloodmark Mentor und Captive Flame zum Beispiel schwanken zwischen superstark und schlicht überflüssig. Temporary Insanity ist manchmal eine der wenigen Antworten auf Silver Knight und manchmal eine buchstäblich völlig tote Karte. Und Skirk Prospector liefert zwar meist eine nützliche Beschleunigung und ist zusammen mit Dragon Fodder/Mudbutton Torchrunner ziemlich spaßig, aber teilweise wünscht man sich statt des Goblins auch einfach nur einen weiteren Mountain. Das Deck hat vom Prinzip her bereits die tolleren Moves, die dafür seltener funktionieren. Dennoch haben die Designer sich augenscheinlich bemüht, die Varianz zusätzlich zu verstärken. Das schafft Frustrationsmomente, die man sich meiner Meinung nach echt hätte sparen können.



„Ich kann nicht einmal irgendetwas ausspielen, um ein Leben zu bekommen?! Na danke!“

Dragon's Claw hätte man sich sowieso sparen können. Wenn man überhaupt billige Spells hat, dann ist es sinnvoll, sie alle vor dem Artefakt auszuspielen, weil einem das mehr Schaden erspart, als man andersherum Lebenspunkte dazuerhalten könnte. Und wenn man keine billigen Spells hat, macht Dragon's Claw selbst auf diesem Powerlevel viel zu wenig. Ich empfehle, die Karte ersatzlos zu entfernen.

Trotzdem ergeben sich im Spiel immer mal wieder kuriose Situationen, die für alles entschädigen, umso mehr weil es sich schlicht nicht lohnt oder nicht möglich ist, um bestimmte Einzelkarten herumzuspielen …



„Wie funktioniert Lebensverknüpfung gleich noch mal?“



„Counter target Cone of Flames.“



„Nein, Reciprocate sagt wirklich nichts von Kampfschaden.“



„Ohne Loxodon Warhammer hättest du dieses Spiel gewonnen.“


Fazit

Auf der einen Seite ist das Ganze ein netter Zeitvertreib. Speziell das Ritterdeck wird einfach nicht langweilig. Auf der anderen Seite taugt es durchaus als Studienobjekt für Deckbau-Anfänger, was schließlich die Zielgruppe sein sollte. Und hier ist es besonders das Drachendeck, was hervorsticht. Denn aus nichts lernt man so gut wie aus Fehlern. Gerade der Vergleich zu den Rittern zeigt die Bedeutung einiger allgemeiner Konzepte auf: Manakurve, Redundanz, eine klare Rollenverteilung.

Kaum ein Produkt dürfte besser geeignet sein, um lernwillige Einsteiger behutsam auf die richtige Fährte zu locken. Wer hingegen unbedingt dicke Monster auf den Tisch klatschen will, wird hiervon nicht unbedingt komplett vor den Kopf gestoßen. Das ist ein Drahtseilakt und der scheint weitestgehend geglückt.

Wir sehen uns nächste Woche. Bis dahin denkt immer daran: Der frühe Ritter fängt den Wurm! Oder: Der Spatz in der Hand mag besser sein als die Taube auf dem Dach, aber der Ritter im Spiel ist definitiv besser als der Drache auf der Hand. Oder irgendetwas dergleichen halt.
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