Obwohl ich
eine ganze Menge guter Gründe besaß, auf mein Deck zu vertrauen, war ich doch ein wenig nervös.
Goblin Fireslinger gegen
Timely Reinforcements oder
Primeval Titan antreten zu lassen fühlt sich eben immer ein wenig … schwächl
ich an. Insofern versuchte ich während der ganzen Fahrt ins schöne Iserlohn zur Deutschen Meisterschaft, meinen alten Testpartner Till Riffert von der Überlegenheit des hochkomplexen Gameplans aus „Bra
nd ins Gesicht“ zu überzeugen. Auch wenn ihm der Gedanke an die Granate durchaus verlockend erschien, blieb er bei dem Deck, welches er schon seit Wochen spielte – Caw-Blade –, und ich blieb allein mit meinen roten Karten.
Bevor ich diese endl
ich auspacken konnte, musste Iserlohn beziehungsweise das naheliegende Sundern-Enkhausen noch gefunden werden. Das erwies sich als unerwartet schwierig, da unser leicht suizidal veranlagtes Navi – welches permanent mitten auf irgendwelchen Brücken abbiegen wollte – plötzl
ich keinen Satellitenempfang mehr vorfand und wir somit blind durchs schöne Sauerland fuhren. Dieses ist landschaftl
ich zwar reizvoll, allerdings wären ein paar Anzeichen von Zivilisation durchaus hilfreich gewesen.
Irgendwann fanden wir dann doch Sundern-Enkhausen und dort unsere Pension Brinkschulte. Diese stellte sich als Fachwerkhaus des 18. Jahrhunderts heraus, stilecht mit Betten und Schränken, die locker mehrere Tonnen Gewicht aufboten. Einzig die Dusche sorgte für etwas Modernität, hatte man sie doch in die Grundfläche eines Kamins eingebaut, der sich passend direkt vor dem Bett befand und Form und Farbe eines Mittelklassesarges hatte.
Die zugehörige Chefin schien auch schon bei der Einweihung 1789 zugegen gewesen zu sein, so alt und schwerhörig war sie, allerdings bereitete sie jeden Morgen ein leckeres Früchstück, sodass wir perfekt vorbereitet in jeden Turniertag starten konnten. Okay, vielleicht nur fast perfekt, immerhin war der Nachbar die St. Laurentius Kirche. St. Laurentius muss ein Frühaufsteher gewesen sein, jedenf
alls verdonnerte er die Nachfahren seiner Anhänger zu lautem Glockengebimmel um sieben Uhr morgens.
So viel also zu den persönl
ichen Rahmenbedingungen. Zu den turnierspezifischen gibt es sowohl
einen Artikel als auch
einen Forumsbeitrag, in dem ihr auch gern
meine Meinung zu den wichtigsten Punkten nachlesen könnt.
Irgendwann ging es jedenf
alls los und die brennenden Goblins mussten sich zum ersten Mal beweisen …
Runde 1: Hottmann, Alex – RUG-Twin
Über die verschiedenen Matchups habe ich ja einiges geschrieben, bei diesem geht es darum, mögl
ichst effizient die Manakreaturen zu töten, um dadurch genug Zeit zu schaffen, bis der Gegner bei der Null angekommen ist. Teil 1 dieses Plans klappt dank Doppel-
Searing Blaze schon mal hervorragend, trotzdem hat Alex recht schnell genug Mana für
Deceiver Exarch und den potenziellen
Splinter Twin. Als er mit dem Exarch den Guide blockt, muss ich entscheiden, ob er die Verzauberung auch hat. Das würde bedeuten, ich müsste meinen einzigen Bra
nd – passenderweise eine Granate – auch noch draufballern. Alternativ kann ich den Block als Signal werten, dass er keinen Twin hat, den Exarchen ignorieren und fünf ins Gesicht schießen.
Ihr erinnert euch an die Faustregel? Den Mann also Mann sein lassen, durchgeatmet, als kein Twin kommt und noch ein bisschen was ins Gesicht geschossen.
Spiel 2 läuft dann komplett nach Plan. Er muss einen Mulligan nehmen, verliert ein paar Manatierchen, bleibt auf zwei Ländern stehen und ist einen Zug vor dem Baloth tot.
Magic kann so einfach sein.
1
:
0
Dieses Match zeigt übrigens ganz gut mein heutiges Dilemma, ich würde gern mögl
ichst spannend über die einzelnen Spiele berichten, aber
1) |
selbst knappe Spiele werden mit diesem Deck nicht unbedingt durch großartige Spielzüge entschieden, sondern gern mal von bestimmten Karten auf der Hand oder Bibliothek,
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2) |
die wirklich spannenden Momente sind somit die Drawsteps. Leider ist es nicht möglich, das auch nur halbwegs adäquat in Schrift wiederzugeben.
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3) |
Runde 1 ist die einzige, in der ich noch motiviert war, mir Notizen zu machen. Da ich direkt nach der DM meinen Rechner zerstört vorfand und diesen erst mal in einem langwierigen Prozess weiderbeleben musste, ist auch eine Menge Zeit ins Land und Erinnerungen verloren gegangen. Man wird ja nicht jünger.
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Runde 2: Brade, Raphael – Caw-Blade
Hier zeigt sich zunächst, dass einmalige
Timely Reinforcements allein nicht reichen, egal wie timely sie sind. In diesem Fa
ll in Turn 3 für den vollen Effekt gespielt und gefühlt den 22
:
1-Kartenvorteil gemacht. Der Boss auf dem Spielfeld ist jedoch mein
Spikeshot Elder, für den ich gleich zweimal
Teetering Peaks finde.
Raphael bekommt ihn nicht weg und auch ansonsten nicht wirkl
ich Druck auf den Tisch. Dadurch habe ich genug Zeit, Bra
nd anzusammeln und diesen irgendwann für genug abzuladen.
In Spiel 2 gab es Manaprobleme auf seiner Seite, etwas, das dieses Deck unglaubl
ich sicher und effektiv ausnutzt.
2
:
0
Runde 3: Reiter, Florian – Valakut
Das erste Duell gewinnt er, wie er es halt gewinnen kann: Würfelwurf gewinnen, Removal für meinen ersten Dude haben und schnell einen Titanen aufs Board bringen. Guter Mann.
In den beiden folgenden Spielen klappt das nicht so gut, einmal kann ich anfangen und ihn so unter Druck setzen, dass ihm nichts anderes übrigbleibt, als einen Titanen hinzulegen, der prompt mit dem
Act of Aggression auf meine Seite wechselt und im anderen dauert es einfach zu lange, bis überhaupt was passiert. Ich gurke eine Weile auf meinen beiden Ländern rum, während
Shrine of Burning Rage sich in zweistellige Bereiche auflädt. Dadurch gewinne ich quasi direkt bei Berg #3. Da ich diesen aber nicht ziehe, gibt es halt eine ganze Menge roter Karten, die auch so schon für ordentl
ich Action sorgen.
3
:
0
Runde 4: Eder, Wolfgang – Monorot
Der Wolfgang ist wahrscheinl
ich einer der meistunterschätztesten Spieler in ganz Deutschland. Unendl
iche Erfolge über mehr als ein Jahrzehnt und eine knappe Million Pro-Punkte sprechen für sich. Wie so viele ist er eher sporadisch aktiv und hat diesmal eine gute monorote Bra
ndliste dabei.
Mit
Koth of the Hammer und Co. ist sie meiner überlegen, da ich aber keine Schreine, Phön
ixe oder
Staggershock sehe, fällt das nicht so auf. Um ehrl
ich zu sein, gehe ich auch von einem echten Mirror aus und boarde dementsprechend ein paar unfähige Jungs heraus und teurere Sachen wie
Manic Vandal oder eigene Ko
ths hinein. Warum das nicht gut ist, habe ich letzte Woche erklärt, da Wolfgang aber in Spiel 2 erst auf drei Mana für seinen Vandalen kommt, als mein Schrein schon tödl
ich ist, ist das völlig Wurst.
Spiel 1 habe ich übrigens gewonnen, indem ich bei völlig ausgegl
ichener Position (keine Nichtlandkarten im Spiel oder auf der Hand, beide wenig Leben) einfach besser nachgezogen habe. Da sieht man halt, wer im Training steht.
4
:
0
Draft 1, Tisch 2
Mit einem 4
:
0 hätte ich im Traum nicht gerechnet. Ja, das Deck hatte im Vorfeld funktioniert und auch theoretisch Sinn ergeben. Aber – siehe Eingansw
orte – es fühlt sich so viel schlechter an als die Decks er Gegner.
An dieser Stelle bedeutet dies jedoch einmal mehr die Mögl
ichkeit, mir mit misslungenen Drafts einen guten Start kaputtzumachen. Meine Vorbereitung bestand aus ein paar Online-Drafts mit diversen Freunden, die eigentl
ich allesamt in die Hose gingen. Immerhin konnte ich meinen einzigen RL-Draft gewinnen und das gegen solche internationalen Größen wie Ilja T. Insofern hatte ich auch keine Ahnung, was zu tun sei. Immerhin war ich damit nicht allein, jeder den ich fragte, wie zu draften sei, hatte eine andere Vorstellung davon:
„Aggro!“
„Aggro ist überbewertet!“
„So lange wie mögl
ich einfarbig bleiben und hart cutten!“
„Mögl
ichst lange surfen!“
„Drafte nicht Grün, ist Scheiße!“
„Drafte Grün, ist immer unterdraftet!“
„
Grave Titan öffnen und dann Schwarz draften!“
Der letzte Tipp erschien mir sowohl am verständl
ichsten als auch am erfolgversprechendsten, deswegen beschloss ich, den nach Mögl
ichkeit umzusetzen.
In der Praxis scheiterte das dummerweise an meinen Skills, mythisch rare Karten zu öffnen. Stattdessen blickte mich
Throne of Empires an. Natürl
ich hatte ich noch nie mit dieser Karte gespielt, sie sah aber ganz gut und vor allem flexibel aus. Das unterschied sie von den Alternativen im Commonbereich. Außerdem passt der Thron super zu
Overrun, von dem ich im Verlauf des Drafts gleich zwei einsammelte. Für diese wiederum gab es auch noch einen
Jade Mage, sodass ich mich ein wenig an mein Constructeddeck des letzten Jahres zurückerinnerte. Dort kombinierte ich bekanntl
iche grüne Deppen mit
Overrun und guten blauen Karten und exakt das versuchte ich auch in diesem Draft.
Hin und wieder zuckte ich auch in Richtung Schwarz, insbesondere nach
Sorin's Vengeance als circa fünfter Pick, aber spätestens ein skillvoll geöffnetes
Mind Control zementierte mich in UG. Nachdem ihr jetzt schon von den guten Karten gelesen habt, will ich auch den Rest nicht verschweigen:
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Jade Mage
Merfolk Looter
2 Garruk's Companion
Æther Adept
2 Lurking Crocodile
Skywinder Drake
Giant Spider
Gravedigger
Cudgel Troll
Chasm Drake
Stampeding Rhino
Vastwood Gorger
Garruk's Horde
Doom Blade
Rampant Growth
Arachnus Web
Manalith
Throne of Empires
2 Overrun
Mind Control
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10 Forest
6 Island
1 Swamp
Sideboard:
Ponder
Frost Breath
Autumn's Veil
Cancel
Sacred Wolf
Flashfreeze
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Ich hatte übrigens schon während des Drafts erkannt, dass
Overrun wohl besser zu kleineren Männern wie
Llanowar Elves,
Garruk's Companion oder wenigstens Griz
zlybären passt. Diese gab es jedoch nicht, sodass ich auf überrennende Fettsäcke umbaute. Immerhin konnte ich so noch
Gravedigger und
Doom Blade splashen, ohne mir zu viele Gedanken übers Mana machen zu müssen. Ansonsten hätte unbedingt der Wolf ins Deck gehört, das spätere Spiel gewinnt man eh und er hilft gerade gegen die Decks, mit denen man ansonsten Probleme hat. Auf
Ponder habe ich übrigens verzichtet, da ich erstens nur wenig blaues Mana spielte und zweitens sowieso zweimal
Overrun im Deck hatte, da zieht man einen eh immer … dachte ich zumindest.
Ich fand das Deck jedenf
alls zieml
ich gut und war somit frohen Mutes, zumindest an diesem Tag das hervorragende Constructedergebnis nicht total in die Tonne zu treten.
Runde 5: Reitenauer, Adrian – UB
Ist es schon schwer, Standardduelle nach mehr als zwei Wochen noch zu rekapitulieren, wird es im Limited fast schon unmögl
ich, da Hilfen wie Gegnerdeck oder Lebenspunkteverlauf nur selten weiterhelfen. Auf der anderen Seite sind Limitedspiele eh uninteressanter, ihr werdet mir also die Kürze verzeihen – hoffe ich.
Adrian gewinnt Spiel 1 über solides Tempospiel. Unbeeindruckender Dude
TM wird gelegt und dann gibt es so was wie
Aether Adept,
Aether Adept,
Sorin's Thirst,
Unsummon oder so und Unbeeindruckender Dude
TM hat auf einmal 20 Schadenspunkte gemacht.
Damit das nicht wieder passiert, dürfen in den folgenden Partien der Wolf und
Autumn's Veil mitmachen, die auch beide gute Auftritte haben. Ebenf
alls gut sind Thron und Krokodil, wie und warum im Detail, weiß ich aber leider nicht mehr.
5
:
0
Runde 6: Nelson, Helge – UR
Das erste Spiel habe ich schon fast gewonnen: Er nimmt Mulligan, muss dann meinen
Jade Mage mit Kartennachteil (
Unsummon,
Mana Leak) beseitigen und hat eigentl
ich nichts wirkl
ich Beeindruckendes übrig. Ich an der Stelle leider auch nicht, da ich auf einen Landklumpen stoße. Meine leichte Überlegenheit verschwindet dann im Laufe der nächsten Züge, als er
Grim Lavamancer zieht und spielt. Natürl
ich ist immer noch unendl
ich Zeit, aber der Länderklumpen baut sich nicht ab und ehe ich mich richtig darüber aufregen kann, habe ich das Spiel schon völlig überraschend (ich glaube für uns beide) verloren.
In Spiel 2 bleibt der
Jade Mage liegen, macht unendl
ich Druck, bis er endl
ich umgebracht wird, und diesmal ist bei mir nicht Schluss, sondern ein paar weitere Jungs und schließl
ich ein
Overrun beenden das Spiel.
Im Entscheidungsduell beginnt er schließl
ich mit Flieger in Turn 3 und 4, danach gibt's noch zweimal Bra
nd und einen Bounce und ich bin kaputt, da mein Deck halt nicht so viel gegen aggressive Flieger macht.
5
:
1
Runde 7: Brendemühl, Bernd – WR
Hier kann ich mich an fast gar nichts mehr erinnern, ledigl
ich das solide Finish in Spiel 2 ist mir in Erinnerung geblieben:
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Overrun für alle meine Männer, Angriff.
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Block mit fast allem, überlebe gerade noch so …
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Overrun für alle meine Männer, Angriff!
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6
:
1
An dieser Stelle sind Tag 1 und ich selbst völlig geschafft. Das Ergebnis ist das beste, welches ich in meinen elf DM-Jahren je am ersten Tag erzielt habe. Was der alte Mann noch so alles kann!
Allerdings erkenne ich auch, dass die nötige Portion Glück durchaus vorhanden war:
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Das Standarddeck war richtig gut in diesem Feld.
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Kaum Mulligans, kaum Manaprobleme.
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Zeitiges Festlegen beim Draft wurde belohnt.
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Ohne Glück geht es eben nicht. Gern würde ich jetzt noch über wilde Geschichten aus Sundern-Enkhausen schreiben, in der Realität jedoch hatten Goblins, Kirchturmglocken und ein verdientes Feierabendbierchen ihren Tribut gefordert und ich war einfach eingeschlafen …