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Block Herbert West – ein Deck in einem toten Format. von Peer Kröger |
02.10.2002 |
Eigentlich sollte ich hier vielleicht lieber einen Turnierbericht zum Grand Prix in Hamburg schreiben. So spannend würde sich der aber nicht lesen – zwar habe ich auch dort ein mehr oder weniger selbst-gebasteltes grün/weißes Deck gespielt (so ähnlich dem, das Pischi in seinem „ Und tschüß“ Artikel beschreibt), trotzdem waren das alles mehr oder weniger langweilige Matchups, und das ganze Format wird zu einem großen Teil ohnehin nur von den richtigen Manadraws entschieden. So habe ich die beiden Runden verloren, wo ich im ersten Spiel kein grünes Land gefunden habe. So ist das eben...
Also zu etwas anderem (Trommelwirbel): einem OBC-Deck! Interessiert zwar eigentlich keine Sau mehr, und wer will, kann gleich zu den Comments weiterscrollen und den Artikel dort niedermachen. Warum ich trotzdem genau jetzt über ein Deck eines toten Formates schreibe? In Hamburg habe ich das Deck oft zwischen den Runden ausgepackt und damit meine Gegner noch ein weiteres Mal verhauen, meist auf sehr imposante Weise. Auf jeden Fall fanden sich immer eine Menge an Zuschauern ein, und ich wurde mehrfach gebeten, dieses wirklich sehr originelle Deck zu posten – was ich hiermit machen möchte.
Das ganze Deck ist eigentlich schon älter. Als ich vor etwa drei Monaten anfing, das Format zu testen, war es eines der ersten Decks, das ich gebaut habe. Ursprünglich wollte ich ein Kombodeck, das mit einem riesigen „Sutured Ghoul“ in einer Runde killen sollte. Klappte nicht so recht. Also fing ich an, an dem Deck herumzutunen, bis es nach vielen Wochen und langem Playtesten in seiner jetzigen Form vorlag. Das Deck ist wirklich gut, und sehr spaßig, aber auch verdammt schwer zu spielen. Es beweist auch, dass mit etwas Kreativität auch noch andere Decks außerhalb des eingefahrenen Meta-Games in dem Format möglich waren.
Ich hätte es auch fast in Hamburg gespielt. Aber eben nur fast....
Erstmal die augenblickliche Version:
Herbert-West-Deck
Wie das Deck funktioniert ist im Prinzip ganz einfach: mit Buried Alive kommen Phantom Nishoba und Anger in den Friedhof, nebenbei wird mit Bloods, Edicts, Eiern und Overmaster Threshold gemacht, und dann kommt ein Stitch Together (oder Zombify), das Nishoba ausbuddelt und selbiger klatscht dann mit Haste rüber. Drei oder vier Runden später ist dann alles vorbei, weil kaum etwas in diesem Format eine nicht totzublockende, trampelnde 7/7 Kreatur mit eingebautem Spirit Link racen kann.
Soweit die grundlegende Strategie. Klappt auch erstaunlich zuverlässig und schnell, vor allem dank der unglaublich guten Burning Wishes. Das Problem an dem Deck, und letztlich auch der Grund, warum ich es in Hamburg nicht gespielt habe: es gibt einfach viel zu viel Hate in den anderen Decks. Envelop, Aether Bursts, Moment's Peace und jede Menge Graveyard-Removal (schon in den Maindecks!) machen einfach keinen Spaß. Nichtsdestotrotz macht das Deck eine Heidenspaß und schlägt sich wirklich über die Verhältnisse gut. Der besondere Kick ist dabei das superflexible Sideboard, das für fast alle Matchups wirklich gute Karten enthält. Ich rede mal ein Bißchen davon, wie es so gegen andere beliebte Decktypen abschneidet:
Blau/Grün Speculation
Das vermutlich kniffeligste und schlechteste Matchup. Vor allem die Grizzly Fates ärgern das Removal, Moments Peace gewinnen das Damage Race gegen Nishoba, Envelops verhindern die wichtigen Spells, Krosan Reclamation hält den Friedhof klein, Catalyst Stone machen Flashback teurer und Aether Bursts im Sideboard schicken Nishoba auf die Hand, wo er nun wirklich nicht hingehört.
Dennoch ist das Matchup nicht von vornherein verloren: Tombfire hilft sehr, und Kamahl im Spiel kann wahre Wunder bewirken. Die Overmaster muß man in diesem Matchup tatsächlich dafür spielen, die wichtigen Sorcerys durchzubringen.
Sideboarden habe ich nie wirklich ausprobiert, aber ich würde die drei Fiends, ein Mutilate und den Diabolical Tutor hineinnehmen und dafür Bloods und das Fatigue, möglicherweise auch das Recoup, hinausnehmen.
Blau/Grün Threshold
Ein etwas problematisches Matchup. Das Deck kann sich nur mit den Aether Bursts wehren; je nach Spielsituation holt man sich in diesem Gefecht also lieber Kamahl und Champion als Nishoba, denn die Männer kann man nach einem Burst auch leicht wieder von der Hand spielen. Envelops sind etwas ärgerlich, wenn auch leichter zu umspielen als gegen die Speculation-Variante, da sich die Threshold-Variante öfter austappen muß, um gefährlich zu sein. Upheavel ist wie bei allen Kontrolldecks ein Problem, aber Innocent Blood und die sehr billigen Stitch together helfen einem Comeback. Im Sideboard liegen Mutilate und Haunting Echoes, die das Threshold-Deck einfach mal kalt erwischen können. Alles in allem ein zu gewinnendes Matchup.
Braids
In den verschiedenen Braids-Decks ist eigentlich immer nur Braids selber ein Problem. Hier hilft das Crippling Fatigue: Entomb darauf gespielt, und schnell ist man die böse Legende los. Auch die Eier bewirken Wunder: man kann damit Braids füttern und muß nicht sofort, wie das bei den anderen Kontrolldecks in diesem Format der Fall ist, an die wertvolle Manabasis.
Wenn eigene Kreaturen sterben ist das kein Problem, irgendwann kommen sie schon wieder, und Haste sorgt dafür, dass immer sechs bis sieben Schaden durchkommen. Auch wenn die Kreatur dann immer wieder stirbt hält kein Deck solche Angriffe lange aus.
Etwas schwieriger zu gewinnen ist das Gefecht gegen blau/schwarzes Braids. Hier kommen noch Problemkarten wie Envelop und Aether Burst hinzu. Muß man die immer auf der Rechnung haben.
Black Control
Ich habe lange tunen müssen, bis ich hier eine anständige Gewinnchance erreichen konnte. Das Problem an dem Matchup sind zwei Karten: Mind Sludge und Haunting Echoes. Der Trick gegen Mind Sludge sind zum einen die Eier, die, wenn man sie nicht sofort opfert, den Kartennachteil durch den Sludge etwas umgehen können. Die Hauptwaffe aber ist das Last Rites aus dem Sideboard. Das läuft normalerweise so: In Runde Vier spielt er Tutor, damit er nächste Runde sludgen kann. Vorher muß man ihn mit einem Last Rites erwischen, ein Coercion für drei oder vier wirft das schwarze Deck im allgemeinen lange genug zurück. Auch gegen die Echoes sollte man anders spielen als normal: während das Buried Alive normalerweise Anger, Nishoba und Kamahl holt muß man hier beide Nishobas und Anger holen. Kamahl darf nie gleichzeitig mit den Nishobas im Friedhof liegen, sonst wird es mit dem Gewinnen sehr schwer, wenn der Friedhof leergemacht wird.
Gewinnen kann man dann übrigens mit immer wiederkehrenden Haste-Kreaturen. Das läuft dann beispielsweise so: Du: Zombify, Angriff für 7. Er: Edict. Du: Stitch together, Angriff für 7. Er: Edict. Du: Recoup auf Stitch together, Stitch together, Laquatus Champion. Er: Tot. Eine andere Gewinnmöglichkeit ist das Haunting Echoes aus dem Sideboard.
Tog/Infestation Kontrolle
Kontrolle gegen Kontrolle. Immer langwierig und doof. Hier kann man sich die Overmaster ruhig lange aufsparen, um die wichtigen Sorcerys durchzubringen. Gewinnen kann man gut mit dem Haunting Echoes. Ein Problem ist in aller erster Linie das Upheavel. Einen Atog danach bekommt man vielleicht noch mal mit einem Blood weg, bei einer Infestation sieht das schon schlechter aus. Hier muß die Runde darauf dann das Stitch kommen um mit Nishoba das Damage-Race vielleicht doch noch zu gewinnen.
Die Fiends aus dem Sideboard helfen etwas. Interessanterweise kann auch gerade das Tog-Deck nach einem erfolgreichen Angriff mit Nishoba bei weitem nicht mehr so leicht gewinnen. 27 Lebenspunkte wegzumachen sind für Tog viel schwerer als normale 20. Achtet mal darauf.
Grün/Weiß
Moments Peace und Krosan Reclamation nerven etwas. Sonst hat er nichts entgegenzusetzen. Glory hilft nicht gegen Edicts und trampelnde Nishobas. Klatsch klatsch. Besonders Kamahl rockt in diesem Matchup.
Weißer Weenie
Probiert es aus, man muß sich sehr anstrengen, um zu verlieren. Mutilates und Sickening Dreams aus dem Sideboard sind dicke fette Sargnägel. Man denke auch daran: wenn das andere Deck Divine Sacraments legt macht das auch die Nishobas größer und nebenbei faktisch unsterblich.
Mono-Rot
Habe in Hamburg tatsächlich gegen einen gespielt. Respekt! Hat mehr Spaß gemacht als alle anderen Runden zusammen. Ach ja, und das Reanimator-Deck verhaut Mono-Rot so böse, das ist kein Spaß mehr.
Andere Decks
Habe ich leider nicht ausprobiert. Gegen Wake könnte es interessant werden, gerade die Fiends und Last Rites müssten hier gute Karten sein. Trotzdem sehe ich die Chancen deutlich eher bei Wake.
Soweit die Matchups. Noch ein paar Tricks und andere Anmerkungen zum Deck:
Burning Wish/Sideboard
Burning Wish ist eine unglaublich anstrengende Karte. Bis man herausgefunden hat, welche Karte man sich in welcher Situation holt und das immer richtig macht ist man so gut wie Kai. Ich mache auf jeden Fall dabei häufig noch Fehler. Meistens holt der Wish übrigens das Buried Alive, gefolgt vom Stitch Together, die direkten Karten für die Kombo, also. Auf den Plätzen folgen Overmaster (bei Landscrew, für Threshold etc.) und Recoup (für den dicken Kartenvorteil, vor allem wenn man die Kombo schon hat oder später im Spiel ist). Die anderen Karten sind für die verschiedenen Matchups. Noch nie gewünscht habe ich mir das Rancid Earth und den Diabolical Tutor, meist hat man besseres zu tun. Trotzdem sind die Karten gerade in Kontrollmatchups gut, dann kann man die beiden beim Sideboarden auch ruhig ins Deck nehmen.
Manchmal wünscht man sich noch einen dicken Direkt-Schadensspruch im Sideboard um mal sofort killen zu können. Im Augenblick macht nur das Sickening Dreams Schaden.
Buried Alive/Kreaturen
Die Buried Alive richtig zu spielen ist fast so schwer wie die Burning Wishes. Es beginnt damit, ob man sich überhaupt drei Kreaturen holen sollte. Gerade gegen Echoes will man das oft nicht, da reicht dann ein Kamahl. Meistens buddele ich jedoch Anger, ein Nishoba und Kamahl ein. Oft ist es auch besser, beide Nishobas zu holen. Gegen Decks mit viel Bounce holt man sich lieber Kamahl und den Champion, die man von der Hand direkt wieder ausspielen kann. Das ist übrigens auch der Grund für die beiden Nishobas: wenn man nämlich den einzigen Nishoba im Deck auf die Hand zieht ärgert man sich sehr, denn hier gehört er wirklich nicht hin. Es wird dann verdammt schwer, ihn wieder loszuwerden.
Entomb/Die Flashback-Karten
Das ganze Deck funktioniert sogar ohne Burial über Entomb. Das holt dann meistens Kamahl, der dann ausgebuddelt werden kann. Nach einem Burial holt das Entomb dann den Recoup oder – falls man es schon haben sollte – eine beliebige Sorcery, die man mit dem Recoup spielen kann. Gegen Braids, Fiends und Shades gibt es auch des öfteren mal das Crippling Fatigue. Und wenn diese Karten schon alle aus dem Deck sind sucht man eben ein nutzloses Burial und dünnt so das Deck aus.
Overmaster/Shadowblood Eggs
Diese Karten sind hauptsächlich dazu im Deck, schnell Karten in den Friedhof zu bekommen und sich nebenbei noch durch das Deck zu cyclen. Overmaster hilft dazu sehr gegen Envelops, und die Eier sind gegen schwarze Decks besonders gut. Die Overmaster kann man früh auch mal mit einem Recoup recyclen, um so Zugriff auf noch mehr Karten zu erhalten.
Soweit das Deck. Ich hoffe, der Artikel hat euch nicht zu sehr gelangweilt, und ich danke allen, die bis hierher gelesen haben. Vielleicht ist das Deck ja auch jetzt, nach dem Ende von OBC, nicht ganz uninteressant; zum einen macht es wirklich (kann ich immer nur wieder betonen!) sauviel Spaß, zum anderen bildet es ja möglicherweise einen interessanten Grundstock für ein Deck im neuen Typ 2 Format. Ich habe schon einige Karten aus Onslaught gesehen, die hier sehr gut hineinpassen würden: Cycle-Karten etwa, oder die genialen neuen Legenden; besonders die schwarze hat es mir angetan. Ich stelle es jedem frei, mal damit herum zu experimentieren! Viel Spaß!
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