Als wir (ich benutze die erste Person Plural, damit ihr euch maximal involviert fühlt) beim letzten Mal mit
Bruna, Light of Alabaster experimentiert hatten, war unser Ergebnis ein hübsches, solides, allerdings ein wenig langweiliges Kontrolldeck. Versteht mich nicht falsch, ich mag es ziemlich gern, aber diese Woche dürstet es mich nach etwas Abgedrehterem. Heute stelle ich euch nämlich „Build your own
Visara“ vor. Genau, wir bauen uns unsere eigene Gorgolegende!
Die Idee für dieses Deck speist sich aus zwei Begebenheiten, zwischen denen sechs Jahre liegen. Für Schlüsselerlebnis Nummer 1 müssen wir die Uhr auf 2002 drehen. Das Erscheinen von
Aufmarsch stand kurz bevor und ich freute mich wie ein kleines Kind (okay, ich war ein kleines Kind) auf das Prerelease. Der Grund dafür: Ein Freund hatte mir im Internet Previews des neuen Sets gezeigt, bei denen unter anderem
Visara the Dreadful dabei war. Ein 5/5-Flieger für nur sechs Mana? Und sie zerstört
alles? Wie unfair war das denn bitteschön? In meiner Welt stand ab da fest, dass die beste Karte, die es gibt, nicht
Black Lotus, nicht
Ancestral Recall, noch nicht einmal
Tolarian Academy, sondern Visara hieß. Dieser mythische Status wurde dadurch noch erhöht, dass ich niemals in meinem Leben eine Visara besitzen sollte. Glück in Boostern hatte ich nie und die 15 bis 20 Euro (wenn ich mich recht entsinne, auf jeden Fall für mich zu viel für ein Stück Pappe) konnte ich auch nicht aufbringen. Die schwarze Legende schwebte also irgendwo in einer Sphäre, wo ich sie nicht erreichen konnte.
Für das zweite Erlebnis stellen wir unseren metaphorischen Delorean auf 2008 ein. Die Edition der Stunde heißt
Shards of Alara und ich befinde mich in einem Draftmatch. Alles läuft eigentlich gut, bis sich zum
Vithian Stinger meines Gegners
Quietus Spike gesellt. Die beiden mähen gemeinsam ohne größere Schwierigkeiten mein Team nieder, während ich nur beeindruckt ragequitten kann. Visara ist einfach unbesiegbar, selbst wenn es nur eine billige Kopie ist.
Spoilerwarnung: Das Deck, um das es heute geht, ist allerdings bei Weitem nicht unbesiegbar. Es ist eher ein lustiger Eigenbau, der Kreativität über pure Stärke stellt. Gewinnen könnt ihr allerdings auch hiermit, insbesondere wenn eure Spielgruppe sich auf Kreaturen spezialisiert. Soll ja vorkommen, habe ich gehört. Bevor ich allerdings weiter ins Detail gehe, hier die Liste:
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| Fireslinger Sparksmith Nin, the Pain Artist Razorfin Hunter Dimir Infiltrator Myr Retriever Nightscape Familiar Spellskite Rakdos Ickspitter Goblin Sharpshooter Tandem Lookout Trinket Mage Prodigal Sorcerer Prodigal Pyromancer Cunning Sparkmage Vithian Stinger Blood Cultist Gelectrode Chandra's Spitfire Horobi, Death's Wail Phyrexian Metamorph Olivia Voldaren Solemn Simulacrum Silent Arbiter Nested Ghoul Kumano, Master Yamabushi Niv-Mizzet, the Firemind Deathbringer Thoctar
| | Relic of Progenitus Basilisk Collar Skullclamp Sol Ring Wayfarer's Bauble Gorgon Flail Swiftfoot Boots Rakdos Signet Izzet Signet Dimir Signet Quietus Spike Coalition Relic Darksteel Ingot Bloodchief Ascension Shattering Spree Ancestral Vision Curiosity Sigil of Sleep Preordain Confound Impulse Ovinize Negate Second Wind Thirst for Knowledge Witch's Mist Fabricate Compulsive Research Tidings Fool's Demise Beacon of Unrest
| | Tezzeret the Seeker Misdirection Death Pits of Rath Cruel Ultimatum
8 Island 3 Swamp 7 Mountain Akoum Refuge Urborg Volcano Lavaclaw Reaches Jwar Isle Refuge Salt Marsh Creeping Tar Pit Crumbling Necropolis Terramorphic Expanse Evolving Wilds Grixis Panorama Academy Ruins Command Tower Grand Coliseum Vivid Creek Vivid Crag Vivid Marsh Great Furnace Seat of the Synod Vault of Whispers
Kommandeur:
Sol'kanar the Swamp King
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Zu guter Erst:
Sol'kanar the Swamp King ist ein ziemlich ersetzbarer General. Ich hatte ihn gerade so herumliegen und dachte, ein paar Lebenspunkte könnten dem Deck nicht schaden. Je nach Lust und Laune könnt ihr aber auch
Crosis, the Purger,
Thraximundar,
Gwendlyn Di Corci oder oder oder verwenden. Hm,
Sedris, the Traitor King wäre auch ganz nett … Was ich sagen will: Solange ihr nicht
Mishra, Artificer Prodigy in euer Team aufnehmt, seid ihr ganz gut dabei.
Pew. Pew Pew.
Der Name „Build your own Visara“ sollte eigentlich schon subtil verraten, was hier der Plan ist. Wir kombinieren einen Pinger (also irgendeine Karte, die wiederholt Schaden verschießen kann) mit diversen Methoden, um diesen Schuss tödlich zu machen. Normalerweise stelle ich ja wirklich alle Kartengruppen des Decks vor, aber die Aufgabe die 16 Kreaturen mit diesem Job aus der Liste zu fischen, überlasse ich heute mal euch. Stellt es euch als „Wo sind Waldo und seine Brüder“ vor. Auf ein paar von ihnen werde ich dann später aber doch noch eingehen, wenn es um einzelne Synergien geht. Und damit auf zur ersten Gruppe von Karten, die sich gut mit Scharfschützen verstehen.
Basilisk Collar,
Gorgon Flail,
Quietus Spike,
Witch's Mist,
Death Pits of Rath und
Horobi, Death's Wail erfüllen jeweils exakt denselben Zweck: Sie bilden in beliebiger Kombination mit einem Pinger eine 2-Karten-Kombo, die es gegnerischen Kreaturen schwermacht, ihr Leben zu behalten. Ein „regulärer“ Pinger kann dabei einmal pro Zug die dickste Taube vom Zaun holen. Ein paar Kreaturen können das allerdings auch öfter, nämlich
Olivia Voldaren,
Kumano, Master Yamabushi,
Goblin Sharpshooter und
Deathbringer Thoctar. Die letzteren beiden sind dann sogar so gemein, dass sie einem jeden Zug wiederholbaren
Plague Wind sehr nahe kommen. Das ist doch mal ein Effekt, für den man gerne etwas Arbeit investiert.
Zusätzlich zu den ganz großen Geschossen (pun intended) beinhaltet das Deck noch einige kleinere Synergien, die mir sehr gut gefallen.
Tandem Lookout und
Curiosity sorgen beispielsweise für einen netten Kartenzieheffekt und können in Kombination mit
Niv-Mizzet, the Firemind für den sofortigen Kill sorgen. Wer die Kombo noch nicht kennt: Niv-Mizzet zieht eine Karte und verursacht dadurch einen Schadenspunkt beim Gegner.
Curiosity/
Tandem Lookout werden ausgelöst und ziehen eine Karte. Das löst wiederum den großen Drachen aus, der wieder schießt. Diese Schleife wiederholt ihr so lange, bis eure Gegner ein Häufchen Asche sind.
Ebenfalls sehr hübsch mitanzusehen ist die Interaktion von Pingern und
Sigil of Sleep oder
Second Wind. Erstere Verzauberung kann einen enormen Tempogewinn verursachen, wenn man das gegnerische Vieh nicht direkt abschlachten kann, letztere ist ein tolles Multifunktionsgerät. Auf der einen Seite kann
Second Wind der eigenen Kreatur nämlich die Kraft der zwei Schmerzen verleihen, auf der anderen Seite (des Spielfelds meine ich) ist sie nützliches Removal. Außerdem sind Verzauberungen, die sich selbst tappen wunderbar verrückt.
Wenn ihr irgendwann das Bedürfnis verspürt, nicht nur Tiere zu töten, sondern auch
mit Tieren zu töten, beispielsweise einen Gegenspieler, empfehle ich euch
Nested Ghoul oder
Chandra's Spitfire. Die beiden freuen sich nämlich ebenfalls riesig, wenn um sie herum geballert wird.
Nested Ghoul ist dabei sogar so masochistisch, dass er sich ins eigene Fleisch schneiden lässt, um neues zu erzeugen. Ebenfalls gute Optionen sind
Bloodchief Ascension und
Fool's Demise. Der Aufstieg ist unglaublich leicht zu aktivieren. Entweder man hat selbst die Feuerkraft oder verlässt sich darauf, dass andere am Tisch die Drecksarbeit erledigen.
Fool's Demise hingegen ist etwas schwerer in Gang zu bringen, macht aber dafür auch viel mehr Freude, wenn es erst einmal läuft. Ich gebe zu, die Karte ist eine Spielerei, aber manchmal fühlt ihr euch damit wie ein Kind, das im Süßigkeitenladen eingeschlossen ist.
Mach's! Aber mach's mit
Mit so tollen Pärchen ist man geneigt, sich sofort ins Vergnügen zu stürzen, sollte aber darauf achten, den nötigen Schutz dabeizuhaben. Während
Confound,
Negate und
Misdirection gut darin sind, im letzten Moment das Schlimmste zu verhindern, sollte man
Swiftfoot Boots,
Spellskite und
Silent Arbiter eher als Präventivmaßnahmen sehen. Die Stiefel spiele ich übrigens über
Lightning Greaves, weil es durchaus vorkommen kann, dass sich jemand mit mehr als einer Sache bekleiden möchte und dann zu den Beinschienen einfach nichts passt.
Silent Arbiter beschützt währenddessen weniger die Pinger als ihren Beherrscher, denn das Deck kann sich durchaus mal etwas klobig verhalten. Wird man von vielen Kreaturen bedroht, hat man plötzlich alle Zeit der Welt, sie einzeln vom Platz zu fegen.
Ich habe das Gefühl, dass ein paar mehr Rückversicherungen gar nicht so schlecht wären. Wenn ihr irgendwie noch Platz für ein paar günstige Gegenzauber oder Ähnliches finden könnt, nutzt ihn. Zusätzliche Absicherung kann nie schaden.
Ich packe meinen Werkzeugkoffer
Beim Zusammenstellen des Decks habe ich gemerkt, dass sich eine Menge Probleme mit einer kleinen Artefakttoolbox lösen lassen. Im Zentrum des Geschehens steht hierbei
Trinket Mage, den ich beim letzten Mal noch zu Unrecht verschmäht hatte, diesmal dafür umso mehr brauche. Er repariert nämlich so viele Schwachstellen im Deck, dass ich ihm eigentlich Überstunden bezahlen müsste. Er sucht unter anderem
Basilisk Collar,
Sol Ring,
Relic of Progenitus,
Skullclamp (ja, sie ist broken. Nein, in guten Decks würde ich sie nicht spielen) und – das ist extrem wichtig – Artefaktländer. Ein blauer
Borderland Ranger ist ein Segen für die Manabasis, der man den Mangel an vernünftigen Doppelländern deutlich anmerkt. Die Option für ein Budget wie meines sind günstigere Zweifarbländer und manaproduzierende Artefakte (Signets,
Darksteel Ingot und
Coalition Relic), die nebenbei eh schon effektive Sprüche wie
Thirst for Knowledge noch besser machen. Es ist also nicht alles schlecht an der Manafront.
Weitere Allroundtalente sind
Fabricate und
Tezzeret the Seeker, die quasi teurere, dafür aber auf das gesamte Deck zugreifende Erweiterungen von
Trinket Mage darstellen. Sie suchen ebenfalls das so spärlich gesäte Deathtouchequipment (hört ihr, Wizards? Es wäre mal wieder Zeit für eine neue Version!) und andere gerade dringend gebrauchte Werkzeuge. Und sollten diese mal kaputtgehen, stehen mit
Academy Ruins und
Myr Retriever zwei erprobte Altmetallverwerter bereit. Die beiden sind wirklich äußerst wichtig, denn ohne die Ausrüstungen funktioniert das Deck nur wie eine halbe Visara. Und mit halb meine ich zerrissen.
Der Letzte im Bunde der Alleskönner ist
Dimir Infiltrator. Ich habe mich für die Zwei als magische Zahl zum Transmutieren entschieden, weil ich hier alle Teile erwische, die das Deck zum Laufen bringen. Sowohl
Gorgon Flail als auch mehrere Pinger sitzen an dieser wichtigen Stelle. Okay, beim Schreiben fällt mir auf, dass dasselbe auch für drei Mana gilt, wenn man
Quietus Spike nimmt. Nur wie bekomme ich noch
Drift of Phantasms ins Deck gequetscht? Ich bin gerade überfordert, übernehmt ihr und macht es besser als ich!
Keine Alleskönner, sondern eher Durchwühler sind die Kartenziehsprüche, die ich implementiert habe. Wie schon beim letzten Mal erläutert spiele ich nur die, die mich wirklich tiefer graben lassen. Wenn ihr euch die Liste aus
Ancestral Vision,
Preordain,
Impulse,
Thirst for Knowledge,
Compulsive Research und
Tidings (sowie
Cruel Ultimatum, was nur im Deck ist, weil Grixis ohne es nicht ultimativ grausam genug ist) anschaut, merkt ihr, dass die gesamte Kurve abgedeckt ist. Ich weiß nicht genau warum, aber das kommt mir extrem elegant vor. Ich bin seltsam.
Seid mutig!
Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber ich habe mit Multiplayer und Highlander angefangen, um Karten und Strategien auszuprobieren, die ich sonst nie angerührt hätte. Bei der großen Auswahl an Dingen, die einfach nur so gut sind, fallen viele interessante Aspekte von
Magic oft unter den Tisch. Deswegen traut euch, einfach mal etwas Abgefahreneres ins Feld zu führen. Denn was ist denn das Schlimmste, was passieren kann? Genau, ihr verliert einige Runden, habt ein paar gute Lacher und lernt etwas Neues darüber, wie unser aller Lieblingsspiel tickt. Hört sich in meinen Ohren immer noch verdammt gut an. In diesem Sinne bis zum nächsten Mal. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich euch dann etwas „Normales“ präsentiere oder weiter in den Wahnsinn hinabsteige, würde mich aber freuen, wenn ihr mich begleitet. Bis dahin!