Casual
Casualthies: Results May Wary
von Torben Thies
10.10.2012

Beim letzten Mal habe ich mich in höchste Höhen gewagt und so viel Wortspielpulver verschossen, dass die Luft dünn geworden ist (obwohl mich immer noch die verpasste Gelegenheit plagt, einen Absatz nicht „Bird Control to Major Teroh“ genannt zu haben). Deshalb muss ich heute ein wenig vorsichtiger sein. Wie der Zufall so will, habe ich gerade den passenden Kommandeur dafür zur Hand: Norin the Wary mag zwar nicht der charismatischste Führer sein, den dieses Land je gesehen hat (dünnes Eis, Torben, dünnes Eis), aber trotzdem hat sein Sportsgeist und Hang zum Chaos in den Händen eines guten Freunds dazu geführt, dass ich ihm unbedingt einen Artikel widmen wollte.


Um keine urheberrechtlichen Konsequenzen fürchten zu müssen, muss ich euch sogar eröffnen: Das Deck, das ich euch heute vorstelle, stammt nicht nur aus zweiter, sondern sogar aus dritter Hand. Es wurde von einem MTGSalvation-Mitglied namens Gaka entwickelt, hat mittlerweile eine enorme Gefolgschaft und irgendwo in Ecuador bestimmt auch einen Schrein, an dem ihm Ziegen geopfert werden. Und wie jeder Gott, der etwas auf sich hält, ist er nicht da, wenn magische Worte an ihn gerichtet werden. So viel zur Einleitung. Auf auf den Pilgerpfad!


Cavern of Souls
Wasteland
Darksteel Citadel
Haunted Fengraf
Great Furnace
Strip Mine
Ancient Tomb
Buried Ruin
Kher Keep
Valakut, the Molten Pinnacle
Scrying Sheets
23 Snow-Covered Mountain

Skullclamp
Goblin Welder
Goblin Recruiter
Mogg War Marshal
Stingscourger
Iron Myr
Magus of the Moon
Goblin Matron
Goblin Sharpshooter
Rummaging Goblin
Squee, Goblin Nabob
Manic Vandal
Goblin Ruinblaster
Mad Prophet


Moggcatcher
Solemn Simulacrum
Beetleback Chief
Tuktuk Scrapper
Mindclaw Shaman
Goblin Assassin
Outrage Shaman
Kiki-Jiki, Mirror Breaker
Zealous Conscripts
Siege-Gang Commander
Duplicant

Gamble
Faithless Looting
Relic of Progenitus
Shattering Spree
Springleaf Drum
Expedition Map
Sol Ring
Sensei's Divining Top
Anvil of Bogardan
Mind Stone
Genesis Chamber
Reverberate
Cloudstone Curio
Sculpting Steel
Blood Moon
Reiterate
Chaos Warp


Honor-Worn Shaku
Wheel of Fortune
Aftershock
Teferi's Puzzle Box
Pandemonium
Wild Ricochet
Stranglehold
Ruination
Helm of Possession
Mogg Infestation
Conjurer's Closet
Memory Jar
Reforge the Soul
Mind's Eye
Confusion in the Ranks
Gauntlet of Power
Caged Sun
Grip of Chaos
Chandra Ablaze
Warstorm Surge
Warp World
Insurrection
Comet Storm


Kommandeur:

Norin the Wary



Waryt den Anfängen

Bevor auch ihr euch Hals über Kopf diesem Kult verschreibt, muss ich euch warnen. Er sieht zwar nicht so aus, aber Norin ist eine zornige Gottheit. Wenn ihr einfach in eurer fröhlichen Hippierunde herumsitzen wollt, in der jeder sein Ding durchzieht, seid ihr an der falschen Adresse. Einige Elemente des Decks sind nämlich speziell dafür ausgewählt, den Mitspielern das Leben zur Hölle zu machen. Allein schon Magus of the Moon, Blood Moon und Ruination treiben den meist mit ambitionierten Manabasen ausgestatteten Commanderdecks einen Keil zwischen die Räder. In Mehrspielerrunden gibt es zwar meist mindestens einen Spieler, der sich selbst und die anderen wieder aus der Klemme befreien kann, aber herausfordernd ist das schon. Die üblichen Länder, die ihresgleichen entsorgen (Wasteland und Strip Mine) sorgen dann wirklich dafür, dass Bob Ross kein schönes Motiv findet.


Dazu kommt noch die wirklich beeindruckende Anzahl an Artefaktzerstörern. Verständlich ist das schon, denn einerseits gibt es im Commander wirklich jede Menge Artefakte, die es verdienen, zersplittert zu werden. Andererseits ist Rot einfach Spitzenreiter auf diesem Gebiet und zeigt gerne, was es kann. Unlustig war nur, dass ich bei meiner ersten Begegnung mit dem Norin-Deck Sharuum the Hegemon pilotierte und ziemlich eins auf die Nase bekam. Aber wer Sharuum spielt, hat das wohl verdient.


Heuchler? War? Y?

Ja, ein bisschen unfair ist das doch: Während Norin allen anderen die Spielzeuge wegnimmt, funktioniert ein großer Teil des Decks eben über genau diese silbernen bis braunen Schmuckstücke (die älteren sind bereits ein wenig verrostet), also über Artefakte. Ein paar davon sind Norin-spezifisch und werden gleich noch behandelt, einige andere leisten aber auch ohne ihn zentrale Dienste. Die Kombination aus Skullclamp und kleinen Kreaturen bin ich vertraglich verpflichtet zu erwähnen. Neu in der Kartenziehkategorie sind hingegen wirklich schöne Modelle wie Teferi's Puzzle Box, Anvil of Bogardan oder Mind's Eye. (Nein, Memory Jar, du bist nicht schön, sondern alt und kaputt.)


Die Artefaktländer haben zwei Hauptanwendungsgebiete: Sie sorgen dafür, dass Goblin Welder Karten wie Duplicant immer wieder verwenden kann und machen Confusion in the Ranks noch alberner, als sie eh schon ist. (Kleiner Spoiler: An diese Karte geht gleich mein begehrter Award „beste Karte im Deck“.)

Richtig gemein kann Conjurer's Closet nicht nur mit dem schon erwähnten Duplicant, sondern auch mit Vertretern aus dem nächsten Abschnitt werden. (Ja, ich verwende Cliffhanger in einteiligen Artikeln …)


Waryous Dudes

Wie es sich für ein zünftiges rotes Deck gehört, kann dieses nicht nur gut Sachen kaputt machen, sondern verfügt auch über ein nicht zu verachtendes Goblinthema, das ihm einen großen Teil seiner Konstanz verleiht (Norin ist ein typisches Beispiel für „Wahnsinn mit Methode). Goblins sind nämlich nicht nur kleine, lächerliche Würste. Im Fall von Siege-Gang Commander oder Beetleback Chief sind es sogar ziemlich viele Würste, die nicht in der Mikrowelle, sondern im gegnerischen Gesicht explodieren.


Zentrale Rollen spielen hier Moggcatcher, Goblin Matron und Goblin Recruiter, die dem Deck eine für Rot beachtliche Reihe an Möglichkeiten eröffnen. Artefakte zerstören? Tuktuk Scrapper! Karten ziehen? Rummaging Goblin! Kleine Kreaturen entsorgen? Goblin Sharpshooter! Noch mehr töten? Siege-Gang Commander, Outrage Shaman oder Goblin Assassin! (Wie kann man ein Deck, das diese Karte enthält, nicht lieben?) Das alles in doppelter Ausführung? Kiki-Jiki, Mirror Breaker! Goblins haben ein gutes Ausbildungssystem und jede Menge Berufe zu bieten.


Wary Chaotic

Und noch eine weitere Kerneigenschaft der Farbe Rot hat sich Norin auf die Fahnen geschrieben: die Herrschaft des Zufalls und Chaos. Versteht mich nicht falsch, manche dieser Effekte kann das Deck ausgezeichnet zu seinen Gunsten nutzen (ich entferne an dieser Stelle eine weitere imaginäre Zeitmarke von Confusion in the Ranks). Oft ist das Ziel aber wirklich bloß, das Spiel in eine Schneekugel zu packen und ordentlich zu schütteln. Warp World und Grip of Chaos sind zum Beispiel sehr lustige Slotmaschinen, in die man Sprüche wirft, die vier Automaten weiter dann wieder ausgespuckt werden. Norin kann beides: Einen gezielt und zufällig in die Verzweiflung treiben.


Auch die drei „Draw Sevens“ (Wheel of Fortune, Reforge the Soul und Chandra Ablaze – na gut, Letztere zieht nur drei, ist aber Schwester im Geiste) sind lediglich auf den ersten Blick profitabel für alle Spieler. Die meisten Commanderspieler nutzen nämlich die im Durchschnitt sehr langen Spiele dafür, sich die perfekte Hand für das Endspiel zu bilden und horten Karten dort wie wertvolle Schätze. Norin hingegen spielt alles aus, was er hat. Ergo: Die besten Waffen der Gegner sind entsorgt, während Norin sich ins Fäustchen lacht und nachlädt.


Legen—wait for it—wary!

Kommen wir nun zum Herz und der meistgewirkten Karte des Norin-Decks. Licht aus, Trommelwirbel … es ist Norin the Wary! Tatsächlich fängt eine typische Partie (falls man gerade kein Glückspilz ist und Sol Ring auf der Starthand hat) mit dem legendären kleinen Feigling an. Den Großteil des Spiels verbringt er dann ständig kommend und gehend, nichts ahnend, was für Fallen er durch sein Fluchtverhalten auslöst. Ich stelle euch jetzt ein paar lustige Exemplare davon vor.

Betritt der Krieger (wie hat er es eigentlich dazu gebracht?) etwa die Genesis Chamber, ist der Raum bald mit Myriaden an kleinen Robotern gefüllt. Die Fähigkeit ist zwar eigentlich symmetrisch, aber – wie in den besten Decks – nicht gerade fair. Eine Runde startete mit Sol Ring und Genesis Chamber im ersten Zug, gefolgt von Norin. Der Rest war Geschichte, ebenso wie Norins Gegner. Schon bald machten ihnen jede Menge Myr den Garaus. Ein paar davon konnten sie zwar auch abgreifen, was aber in keinster Weise vergleichbar mit den Massen war, die Norin mitbrachte. You and whose army? Äh, die da?


Ich habe im Verlauf dieses Texts unsägliche Spannung aufgebaut, die ich jetzt endlich lösen werden. Viele Zeilen später bin ich immer noch dieser Meinung: Confusion in the Ranks ist sooooo unfair! Sobald besagte Massenverwirrung eintritt, kann nur noch der Norin-Spieler gewinnen. Einerseits hat er nämlich nichts, das sich wirklich zu stehlen lohnt (im Gegensatz zu den „normalen“ Commanderspielern, die nur so mit großen Tieren um sich werfen), andererseits wird wieder Norins Eigenschaft, beliebig zu kommen und zu gehen, schamlos ausgenutzt. Jeden Zug übernimmt der rote Spieler die Kontrolle über eine Kreatur seiner Wahl. (Klonst du noch oder stiehlst du schon?) Lustiger Fakt: Confusion in the Ranks ist so ziemlich die einzige rote Karte, die ohne Umschweife Kontrolle über eine Verzauberung übernimmt. Die Verwirrung löst sich selbst aus, wenn sie Spiel kommt und nimmt so Debtors' Knell und Konsorten quasi en passant mit.

Ein weiteres Kontrollelement, das ihm nicht wirklich zusteht, erhält Norin the Wary durch Helm of Possession. Schnelles Rezept: Norin opfern, Thraximundar übernehmen, Norin für lediglich drei Mana wieder spielen. Fehlt bloß noch eine Zutat: Süße, süße gegnerische Tränen.


Gibt es irgendetwas, das dieses Deck nicht kann? Selbst Blitzmagie ist im Konzept enthalten. Und wieder sorgt der ständig gehende und kommende Norin dafür, dass die Gewitter von Pandemonium und Warstorm Surge die Mitspieler im Regen stehenlassen. (Okay, Pandemonium kann auch mal fehlzünden.)

Nicht alles, was mit Norin angestellt wird, ist zwangsläufig so unfair wie die eben erwähnten Dinge. Manche sind auch wirklich nett. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass es ein Deck gibt, das Honor-Worn Shaku zur zweiten Inkarnation von Sol Ring macht?


Oder wie extrem effektiv Springleaf Drum im Commander sein kann?


Fazit: Warytables Deck

Allein schon aus deckbautechnischer Sicht muss man diesem Deck fünf mirranische Sonnen verleihen, wie ich finde. Ich habe ja bereits eine Menge Interaktionen angesprochen, aber noch längst nicht alles erwähnt. Um ehrlich zu sein, weiß ich nach unzähligen Runden, an denen Norin teilgenommen hat, immer noch nicht, ob ich tatsächlich alles gesehen habe. Trotz seiner oberflächlichen Verrücktheit hat man hier ein eng geschnürtes Paket liegen, in dem die Einzelteile perfekt ineinandergreifen. Selbst wenn ihr niemals plant, damit oder dagegen zu spielen, empfehle ich euch, das Deck als Gehirnübung ganz genau anzuschauen. Wie viele interessante Zusammenspiele an Karten findet ihr?

Ich gebe zu, Norin ist nichts für jeden Geschmack. Ich selbst bevorzuge andere Decks, empfinde dieses aber als ungemeine Bereicherung für die Commanderpalette. Norin the Wary ist ein Kommandeur, der dem Format eine vorher nicht dagewesene Facette verleiht und Spielen seinen ganz eigenen Stempel aufdrückt. Man muss allerdings damit leben können, dass sich in Runden, an denen er teilnimmt, in den meisten Fällen alles um ihn dreht. Die Partie wird davon diktiert, was Norin auf den Tisch legt und wie die anderen Spieler damit umgehen. Das kann spaßig, herausfordernd und sehr interaktiv sein, auf Dauer aber auch ermüdend. Wenn ihr also vorhabt, dieses Deck zu bauen, solltet ihr euch darauf einstellen, irgendwann auch eine Alternative bereitstellen zu müssen. Bis dahin habt ihr jedoch das coolste Deck am Tisch!
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