Casual
Casualthies: We Can Trip to the Talrand
von Torben Thies
25.09.2013

Die Wahl ist gelaufen, Deutschland euphorisch Schrägstrich ernüchtert und wir können uns wieder dem widmen, was wirklich unser Leben bestimmt: Magic. Natürlich könnte ich euch ein Themendeck zur großen Koalition bauen, aber Kaervek hat beim letzten Mal genau diese Farbkombination abgedeckt. Deswegen betreibe ich heute lieber ein wenig Realitätsflucht und begebe mich in blaue Gefilde (wobei spitze Zungen behaupten, die Partei, die durch Blau repräsentiert wird, könne man mit Realitätsflucht ganz gut beschreiben).

Ebenfalls dieses Wochenende stattgefunden hat das Theros-Prerelease und obwohl ich ein Exemplar von ihr geöffnet habe, lasse ich meine Thassa erst mal im Schrank. Sowieso ist das Deck, das ich euch heute vorstelle, eher im Prä-Theritum verortet als in der Gegenwart, was seinem Spielspaßpotenzial aber natürlich keinen Abbruch verschafft. Hellsichtig wie ich bin, werde ich mich aber demnächst auch mit Hingabe Theros widmen, was zu einem Monstrum von Artikel führen könnte. Heute geht es aber zunächst einmal an einen anderen schönen Ort: den Talrand.


Talrand, Sky Summoner ist eine sehr interessante Wahl für ein Commander-Deck. Er generiert äußerst schnell Armeen von Fliegern und kann unbedachte Spieler einfach überrennen, wird jedoch von simpelsten Gegenmaßnahmen in Schach gehalten. Mittlerweile habe ich meinen schuppigen Freund ziemlich ins Herz geschlossen und eine Konfiguration gefunden, die es nur selten bei blauen Decks gibt: nicht unfair wie andere Kommandeure (ja, ich meine genau dich, Azami), aber mit allen Komponenten, die blaue Strategien so effektiv und attraktiv machen. Bisher schienen jedenfalls alle Mitspieler Freude an Talrand gehabt zu haben. Bevor ich tiefer in die Materie eindringe, gebe ich euch erst mal einen Überblick über die Liste:


Gargoyle Castle
Tectonic Edge
Temple of the False God
Academy Ruins
Strip Mine
Mishra's Factory
Reliquary Tower
Ghost Quarter
Mystifying Maze
Seat of the Synod
Tolaria West
Lonely Sandbar
Halimar Depths
Faerie Conclave
22 Island

Quicken
Serum Visions
Preordain
Whispers of the Muse
Sleight of Hand
Gitaxian Probe
Portent
Visions of Beyond
Peek
Ponder
Brainstorm
Impulse
Peer through Depths
Think Twice
Telling Time
Lat-Nam's Legacy


Ancestral Vision
Sensei's Divining Top
Isochron Scepter
Shrine of Piercing Vision
Jace Beleren
Compulsive Research
Frantic Search
Thirst for Knowledge
Fact or Fiction
Gush
Jace's Ingenuity

Counterspell
Hinder
Spell Crumple
Dissipate
Foil
Rewind
Thwart
Repeal
Curse of the Swine
Relic of Progenitus
Pongify
Rapid Hybridization
Echoing Truth
Cyclonic Rift
Spreading Seas
Wipe Away
Nevinyrral's Disk
Devastation Tide


Vedalken Shackles
Ray of Command
Reins of Power
Rite of Replication
Bribery
Spelljack
Commandeer

Everflowing Chalice
Sol Ring
Mind Stone
Pristine Talisman
Mystical Tutor
Muddle the Mixture
Twincast
Snapcaster Mage
Trinket Mage
Time Warp
Sunder
Caged Sun


Kommandeur:

Talrand, Sky Summoner


Für alle Inselliebhaber dürfte dieses Deck ein feuchter Traum sein. Es neutralisiert ein wenig, gräbt sich durch die Bibliothek und beschäftigt sich vor allem mit sich selbst. (LSV hat diese Spielweise unter dem Begriff „to durdle“ kultiviert.) Ganz so einfach lässt es sich dennoch nicht in eine Schublade stecken, denn es verfügt über zwei grundverschiedene Modi Operandi. Im einen, den ich eben schon angedeutet habe, zielt man auf das lange Spiel und versucht, Talrand erst spät, aber gut abgesichert durchzubringen. Der zweite Weg zum Sieg ist der, der weitaus mehr Spaß macht, aber ein gutes Gespür dafür voraussetzt, welche Art von Spiel man gerade spielt. Hier wird Talrand vorzugsweise durch Manabeschleunigung früh involviert und anschließend mit günstigen Sprüchen nur so um sich geworfen, um schnell eine beachtliche Anzahl an Spielsteinen zu erstellen. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass diese Magic-Version des All-In schnell nach hinten losgehen kann. Nach ein paar Partien mit dem Deck werdet ihr allerdings schnell ein Bauchgefühl dafür bekommen, welche Spielweise gerade angebracht ist.

Okay, dann brechen wir das Deck mal auf seine Kernkomponenten herunter. Ich habe übrigens mein System ein wenig geändert und die Karten, ausgenommen Länder, oben in der Deckliste gleich nach Kategorien geordnet. So muss ich sie nicht doppelt aufzählen und ihr habt einen kompakteren Überblick.


Billig und selbstersetzend

Die Sprüche in dieser Kategorie bilden das Zentrum meiner deckbautechnischen Überlegungen. Mein erster Gedanke auf dem Weg zu diesem Deck war: „Hey, was wäre, wenn ich Talrand mit billigen Kartenziehsprüchen kombiniere?“ Ich bin ein kreatives Genie, ich weiß. Normalerweise entwickeln Commanderlisten bei mir nach einiger Zeit ein Eigenleben und entfernen sich oft von der Anfangsprämisse, aber diesmal konnte ich dem Grundprinzip ziemlich treu bleiben. Deshalb finden sich hier auch immer noch 16 Cantrips, die ein oder zwei Mana kosten. Für alle Unwissenden, die ihr Magic-Vokabular erweitern möchten: Cantrips sind Sprüche, die sich durch das Ziehen einer Karte selbst ersetzen, aber keinen Kartenvorteil generieren.


Obwohl die Cantrips so günstig sind, ist es meistens falsch, sie früh zu spielen. Sprüche wie Serum Visions, Preordain oder Impulse erfüllen zwei wichtige Zwecke, die eher zu einer späteren Anwendung führen. Entweder wollt ihr nämlich mit ihnen Talrand unterstützen oder nach speziellen Antworten suchen. Wenn ihr noch nicht wisst, was ihr braucht, haltet euch ein wenig zurück. Es gibt aber natürlich auch die Spiele, in denen ihr schon von Anfang an eine genaue Vorstellung davon habt, was euch noch fehlt. Meistens sind das dann Länder, es können aber genauso gut Neutralisierungszauber sein, um euren Plan abzusichern oder Kartenziehsprüche. Was ich sagen will: Verschießt euer Pulver nicht einfach ins Leere. Diese Sprüche sind der Klebstoff, der das Deck zusammenhält.


Zieh mehr, Mann!

Zehn Karten in dieser Liste lassen euch tiefer graben als die Cantrips oben und generieren oft noch Kartenvorteil. Warum das gut ist, brauche ich euch wahrscheinlich nicht langwierig zu erklären. Wer mehr Karten hat, hat mehr Optionen und gewinnt öfter. So einfach ist das. Interessant ist allerdings, dass ich nach und nach die großen Kartenziehsprüche aus dem Deck aussortiert habe, weil ich gemerkt habe, dass ich viel zu selten dazu komme, sie einzusetzen. Solltet ihr euch aber öfter an einem Punkt wiederfinden, an dem ihr Tidings oder Blue Sun's Zenith gut gebrauchen könntet, stockt in dieser Kategorie ruhig auf. Es gibt kein schöneres Gefühl in Magic, als eine volle Hand zu haben.


Wieder gilt hier: Die Karten, die tief graben, aber keinen Kartenvorteil erzeugen, solltet ihr so spät wie möglich einsetzen. Wenn ihr mit Shrine of Piercing Vision geduldig seid, wird er im Laufe der Zeit fast zu Demonic Tutor. Thirst for Knowledge, Jace Beleren, Fact or Fiction und Konsorten könnt ihr dagegen nach Lust und Laune abfeuern. Sie sind dafür da, eure Hand gut gefüllt zu halten, und haben ihr Soll erfüllt, wenn ihr Plus gemacht habt.


Wehrhaft

Ein Glück, dass es Magic schon so lange gibt und der Kartenpool so riesig ist. Vor einiger Zeit war so ziemlich die einzige Möglichkeit für blaue Decks, mit Problemen umzugehen, sie zu neutralisieren. Diese Herangehensweise findet sich in Form von sieben Gegenzaubern (zwei davon gratis, damit ihr euch für Talrand auch mal austappen könnt) auch hier wieder, ist allerdings bei Weitem nicht das einzige Mittel, um sich zur Wehr zu setzen.

Na gut, ich gebe zu, dass Blau mit eiskaltem Mord immer noch wenig am Hut hat. Aber mit ein paar Bounce-Sprüchen könnt ihr euch gut Zeit verschaffen, während das Trio aus Rapid Hybridization, Pongify und Curse of the Swine eure Feinde zu lustigen, harmlosen Gesellen degradiert. Den Vorteil, dass man mit diesem Deck meistens über wenige bleibende Karten verfügt (wenn er sich nicht gerade im Sceadawahn befindet), nutzen die drei Sweeper voll aus. Eine gezielt angebrachte Devastation Tide etwa kann euch eine riesige Menge an Tempo verschaffen und euch Zeit geben, um Talrand optimal vorzubereiten.


Das Paket an Antworten wird abgerundet von Karten, die sich um Dinge kümmern, die nur schwer (lies: nicht) neutralisiert werden können: Länder und der Friedhof. Erstere werden von den eigenen Ländern in Form von Strip Mine-Varianten sowie Spreading Seas unter Kontrolle gehalten, um Letzteren muss sich ein einsames Relic of Progenitus kümmern, das allerdings Unterstützung von Trinket Mage erhält.


Alternative für Talrand

Auf den ersten Blick mag dieses Deck ziemlich engstirnig aussehen. Kann man wirklich gewinnen, wenn man Scheuklappen aufsetzt und sich einzig und allein auf Talrand verlässt? Jein. Ihr werdet öfter, als ihr glaubt, erfolgreich diesen Weg einschlagen. Trotzdem ist es sinnvoll, Zugriff auf ein paar Alternativen zu haben, wenn der Luftweg aus dem ein oder anderen Grund blockiert sein sollte.


Eine große Stärke des Decks ist beispielsweise die Fähigkeit, sich die gegnerischen Ressourcen zunutze zu machen. Was haltet ihr davon, euch die beste Kreatur mit Bribery zu stehlen? Oder eine der zahlreichen absurden Tiere im Format mit Rite of Replication fünf Mal zu erschaffen? Eine meiner Lieblingskarten im Deck ist übrigens Reins of Power. Wenn der Gegner sich maximalst aufgeplustert hat, habe ich höllische Freude daran, ihm alles zu nehmen, während er im Gegenzug mein Nichts bekommt. Der Umstand, dass die Karte ein Spontanzauber ist, macht es übrigens noch gemeiner. In Mehrspielerpartien könnt ihr nämlich, wenn ihr angegriffen werdet, einfach den Tisch von einem Unbeteiligten übernehmen und so gleich zwei andere Leute sehr unglücklich machen.


Diverse Spielereien

Zu guter Letzt stelle ich euch noch ein paar Aspekte vor, die nirgendwo so richtig hineinpassen, aber doch eine Erwähnung wert sind. Das bedeutet nicht, dass es sich dabei um inessenzielle Teile handelt. Besonders deutlich wird das bei den vier Manasteinen, von denen ich eigentlich noch viel mehr im Deck haben müsste. Immer wenn ich früh beschleunigen kann, habe ich das Gefühl, dass die Spiele viel besser laufen. Dementsprechend müsste ich diese Kategorie deutlich aufstocken, finde im Moment bloß keinen Platz. Wenn ihr welchen seht, wisst ihr, wofür ihr ihn nutzen könnt.

Die einzigen beiden Nicht-Kommandeur-Kreaturen Snapcaster Mage und Trinket Mage sind dafür da, um euch möglichst viele Optionen zu bieten. Zusammen mit Mystical Tutor und Muddle the Mixture bilden sie ein schönes Paket, damit euch nicht so schnell die Puste ausgeht.


Sunder und Time Warp sind vor allem für Situationen gedacht, in denen ihr schon gewinnt. Mit ihnen könnt ihr schnell den Sack zumachen, nachdem ihr ein paar Spielsteine erstellt habt.

Ein weiteres schönes Argument für Talrand ist übrigens, dass das Deck vergleichsweise günstig ist und auch mein bescheidenes Studentenbudget nicht überfordert (okay, ich hatte fast alles noch herumliegen). Wenn euch aber der Sinn nach stärkeren Optionen steht, könnt ihr ruhig mit Force of Will, Jace, the Mind Sculptor oder auch Maze of Ith aufstocken. Talrand freut sich darüber auf jeden Fall. Definitiv habt ihr heute aber ein blaues Deck kennengelernt, über das sich niemand beschweren wird. Und ist Commander nicht dafür da, um alle glücklich zu machen?
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