Theros ist unter uns und mit ihm mythische Gestalten jeglicher Couleur. Wie es sich für ein zünftiges Set, das sich an klassische Sagen anlehnt, gehört, wimmelt es hier nur so vor legendären Helden, Monstern und Göttern. Dass dadurch gleich 13 (dreizehn! Wo sind wir denn hier?
Innistrad?) neue mögliche Kommandeure auf die
Magic-Welt losgelassen werden, habe ich mir zum Anlass genommen, diese Kolumne ein wenig umzustrukturieren. Normalerweise tische ich euch exakt ein Deck auf, das ich anschließend im Detail auseinandernehme. Heute bekommt ihr keine Liste zu sehen, werdet dafür aber mit jeder Menge Ideen beworfen.
Ich werde nämlich diese und nächste Woche jede legendäre Kreatur aus
Theros unter die Lupe nehmen und ihr Potenzial als Kommandeur beleuchten. Das Endprodukt ist ein Brainstorm in Textform, in dessen Verlauf ich alle Gedanken, die mir zu den jeweiligen Karten kommen, an die Wand werfe und schaue, was klebenbleibt. Ich erhebe weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Spielbarkeit der präsentierten Ideen. Vielleicht kann ich aber die eine oder andere Deckbausynapse bei euch anregen. Die Helden und Monster sind im zweiten Teil dran, heute geht es um die Kartengruppe, die wohl am meisten Aufmerksamkeit erregt, nämlich …
Die Götter
Schon allein aufgrund ihres neuartigen Kartentyps sind die Götter wohl die spannendsten möglichen Kommandeure aus
Theros. Der Umstand, dass man sie als Kreaturenzauber wirkt, sie auf dem Tisch aber nicht unbedingt als solche zu Gesicht bekommt, ist faszinierend. Das Pantheon ist allerdings nicht völlig gleichberechtigt, was die Hingabe zu ihnen angeht. Manche Götter vollbringen auf sich allein gestellt schon große Taten, anderen müssen von ihren Anhängern erst Beine gemacht werden, damit sie auf das Treiben der Sterblichen Einfluss haben.
Zur letzteren Kategorie gehört anscheinend
Heliod, God of the Sun. Im Verzauberungsmodus ist unser Pseudo-Zeus (mit diesem Wort kann man bestimmt tolle Zungenbrecher erfinden) nämlich nur eine etwas größere
Mobilization. Man beachte, dass ich größer, nicht besser als Attribut gewählt habe. Ich glaube nämlich, dass mehr Decks zwei 1/1-Spielsteine für sechs Mana gebrauchen können als zwei 2/1er für acht. Außerdem haben Soldaten in der Vergangenheit deutlich mehr Unterstützung erhalten als Kleriker. Das heißt aber nicht, dass dieser Ansatz nicht einen Versuch wert wäre. In
Ancestor's Prophet,
Battletide Alchemist und
Master Apothecary (drei weiße Mana sind für Devotion nicht zu verachten) findet man schöne Gründe, sein Heil in der Heilung zu suchen. Schade nur, dass mit Heliod als Kommandeur Schwarz außen vor bleiben muss. Dunkle Priester wie
Cabal Archon,
Rotlung Reanimator und
Vile Deacon hätten einem möglichen Klerikerdeck noch einen proaktiveren Anstrich geben können.
Eine weitere Idee ist, Heliod mit den zahlreichen weißen Rittern, die es mittlerweile gibt, zu paaren. Ein paar 2/2er mit Erstschlag für zwei weiße Mana führen schnell zu einem aktiven Gott und synergieren hervorragend mit der Wachsamkeit, die Heliod bietet. Auf dem Boden kann gegen eine Defensive aus vielen Lanzenträgern so schnell nichts gegenhalten. Wenn ihr euch in diese Richtung begebt, solltet ihr allerdings bedenken, dass White-Weenie-Ansätze im Commander oft große Probleme haben. Das Format ist durch das dicke Lebenspunktepolster und die zahlreichen Tischabräumer nämlich oft nicht sehr freundlich zu kleinen Kreaturen. Ein letzter Tipp, bevor wir zum nächsten Gott kommen:
Dawn Elemental ist Heliods bester Freund!
Während Heliod händeringend nach Freunden sucht, scheint
Thassa, God of the Sea mit der Einsamkeit des Meeres sehr glücklich zu sein. Sie muss nicht unbedingt eine Kreatur sein, um das Spielgeschehen maßgeblich zu beeinflussen. Jede Runde Scry 1 durchzuführen, wird euch mittel- und langfristig nicht zu unterschätzende Vorteile bringen, weil ihr den Kartenfluss viel besser als eure Gegner kontrollieren könnt. Apropos Kartenfluss: Für nur mickrige zwei Mana könnt ihr dafür sorgen, dass
Scroll Thief-Varianten eure Gegner erreichen (außer
Neurok Commando, das shroud traurig zu). Besonders
Surrakar Spellblade könnte in solch einem Konstrukt schnell Superheld werden. Wenn ihr auf absurdere Szenarien aus seid als simples Kartenziehen, empfehle ich euch, einen Blick auf
Stolen Identity,
Thada Adel, Acquisitor oder
Cephalid Constable zu werfen. Ihr seht, selbst Blau als eher kreaturenarme Farbe kann mit seiner Göttin einigen Unsinn anstellen.
Ich lege euch sehr ans Herz, Thassa immer als Verzauberung zu belassen, weil sie in diesem Zustand fast unbesiegbar ist. Die meisten Effekte, die um Unzerstörbarkeit herumarbeiten können, schicken Kreaturen ins Exil. Sprüche, die sich auf diese Weise um Verzauberungen kümmern, sind rar gesät und werden selten gespielt. Sollte es euch doch im Hintern jucken, mal mit Thassa selbst mitzumischen (vielleicht um die sagenumwobenen 21 Punkte Kommandeurschaden durchzubekommen?), habe ich hier einige Karten, die euch bei diesem Ziel sicherlich weiterhelfen werden:
Future Sight,
Magus of the Future,
Teferi, Mage of Zhalfir,
Sphinx of Magosi,
Volition Reins,
Mind Over Matter. Beschwert euch aber anschließend nicht bei mir, wenn euch mitten im Kampf durch einen Spontanzauber wertvolle Manasymbole vom Tisch genommen werden. Na ja, wozu gibt es denn auch Gegenzauber?
Kommen wir jetzt zu einem Gott, mit dem ich ehrlich gesagt nicht so viel anzufangen weiß. Ich war nie ein großer Fan von Schwarz und habe mich dementsprechend nie viel mit einfarbigen Decks in dieser Farbe beschäftigt. Da es aber eine Menge Spieler gibt, die Liebeslieder auf
Cabal Coffers,
Mutilate,
Phyrexian Obliterator und Konsorten dichten könnten, wird bestimmt auch
Erebos, God of the Dead irgendwo ein Zuhause finden. Wenn euer Plan ist, eure Gegner mit wiederholten
Consume Spirit und
Drain Life auszusaugen, bietet dieser Gott auch eine äußerst nützliche Fähigkeit, die gegnerische Lebenspunkte auf handhabbarem Niveau hält. Seine zweite Fähigkeit, bei der es sich um eine etwas schlechtere
Greed handelt, wandelt das so gewonnene Polster auch prompt in Karten um. Das ist auf jeden Fall schon mal ein Anfang für eine monoschwarze strategische Ausrichtung.
Insgesamt ist Erebos wohl der Gott, der sich am einfachsten zur Kreatur machen lässt. Das liegt daran, dass Schwarz schon immer am liebsten mit sich selbst gespielt hat, was Zugriff auf eine Vielzahl an Karten mit eigentlich prohibitiven Manakosten ermöglicht.
Phyrexian Obliterator hatte ich ja schon erwähnt, aber auch
Reiver Demon,
Dark Prophecy,
Garza's Assassin,
Underworld Dreams, *lufthol*
Grave Pact,
Sorin Markov oder
Visara the Dreadful (um nur einige zu nennen, die mir ins Auge gesprungen waren) sind im Ernstfall gern devot. Nur
Griselbrand, eigentlich ein perfekter Kandidat, will nicht so recht mitspielen. Na gut, er will vielleicht, ist aber im Commander gebannt.
Fast schon zu einfach macht es mir hingegen
Purphoros, God of the Forge (ausgenommen beim Schreiben seines Namens, da fühle ich mich nämlich schnell wie ein Legastheniker). Hm, da macht jemand jedem (!) Gegner zwei Schadenspunkte, wenn eine Kreatur ins Spiel kommt. Hm, außerdem macht er alle Kreaturen größer. Wie wäre es also, möglichst viele kleine Kreaturen ins Spiel zu bringen? Und welcher rote Kreaturentyp ist dafür bekannt, in Massen anzustürmen und auf individueller Basis ziemlich entbehrlich zu sein? Genau, Goblins! Von
Beetleback Chief über
Dragon Fodder und
Krenko's Command bis hin zu
Krenko selbst bietet Rot jede Menge Möglichkeiten, billiges Kanonenfutter zu fabrizieren. Paart das mit einigen Lords und Frechheiten wie
Siege-Gang Commander oder
Goblin Assault und ihr habt quasi einen Selbstläufer vor euch. Besonders toll finde ich, dass man über die Spielsteinroute nicht so schnell in Gefahr gerät, Purphoros (ha, selbst getippt ohne abzuschreiben!) aus Versehen zur Kreatur zu machen und damit unnötig in Gefahr zu bringen. Wie Thassa halte ich ihn nämlich für am besten im Verzauberungsmodus. Eigentlich gilt Rot im Commander als die schwächste Farbe; da ist es schön, dass es von den Göttern den meiner Meinung nach stärksten Vertreter abbekommen hat.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich übrigens, dass mein Freund, über dessen
Norin-Deck ich vor einiger Zeit geschrieben hatte, vor Glück im Dreieck gesprungen ist, als er Purphoros auf dem Spoiler entdeckte.
Den Abschluss unserer illustren Götterriege bildet
Nylea, God of the Hunt. Und so gern ich diesen Teil mit einem Highlight abschließen würde, bietet mir die eiserne Reihenfolge der Farben kein würdiges Ende. Als Verzauberung allein ist unsere Jägerin so gut wie unspielbar. Insgesamt acht Mana für den ersten Pumpeffekt auszugeben, mag im Limited okay sein, aber im Commander handelt es sich hier bei Weitem um keine Sternstunde der Manaeffizienz. Der Weg, mich doch noch mit Nylea zu versöhnen, führt also über ihre Kampfwerte. Ein unzerstörbarer 6/6er für vier Mana ist zum Glück auch im Jahr 2013 eine ordentliche Zahlenkombination. Der Weg zum Erfolg führt also wahrscheinlich über zahlreiche effiziente Fettwänste wie
Leatherback Baloth und
Predator Ooze. Mit Beschleunigung (das kann Grün ganz gut), die am besten die Form von Kreaturen wie
Rofellos, Llanowar Emissary oder
Wall of Roots annimmt, könnte man dann fix in die ambitionierteren Regionen von
Vigor,
Silvos, Rogue Elemental oder
Child of Gaea vorstoßen. Aber wozu braucht man dann Nylea, wenn sie nicht viel mehr ist als eine weitere große Kreatur?
Ich gebe es offen zu: Ich bin unzufrieden. Die besten grünen Decks gewinnen über den Umstand, dass diese Farbe am zweitbesten darin ist, Kartenvorteil zu generieren. Klar, es macht auch Spaß, mit riesigen Kreaturen durch den Wald zu trampeln, aber in dieser Kategorie ist Nylea so ersetzbar (denkt nur an die ganzen 5/5er für vier Mana, die es mittlerweile gibt), dass ich mir nicht sicher bin, ob sich der ganze Aufwand für sie lohnt. Wenn ihr eine zündende Idee habt, belehrt mich eines Besseren in den Kommentaren. Es würde mich wirklich sehr glücklich machen, wenn es irgendwo auch einen Platz für diese Göttin gäbe.
So, das waren die fünf Götter. Wenn ich sie in eine Reihenfolge ihres Commander-Potenzials bringen müsste würde ich Porphuros und Thassa wohl nach ganz oben setzen, Erebos und Heliod mittig ansiedeln und Nylea in den Hades schicken. Bedenkt aber, dass das nur persönliche Präferenzen sind. „Objektive“ Spielstärke ist in diesem Format nicht so wichtig, wie das Deck zu finden, mit dem ihr euch am besten identifizieren könnt. Beim nächsten Mal wagen wir uns wie gesagt vom Sternenhimmel Nyx in irdischere und deutlich sterblichere Gefilde, wenn wir uns um die weiteren zahlreichen einzigartigen Persönlichkeiten aus
Theros kümmern.