Die ersten Wochen mit einer neuen Edition sind ja das Schlaraffenland für Deckbauer. An jeder Ecke findet man neue Ideen und Ansätze, sodass man sich am liebsten klonen möchte, um alles ausreichend ausprobieren zu können. Das geht leider noch nicht, weswegen ich – mit meiner sehr begrenzten Zeit – euch heute zeigen möchte, mit welchem Deck ich mich als Erstes ernsthaft auseinandergesetzt habe – und warum.
Für die ersten Tagen eines Formats gibt es ein paar Faustregeln, die wir beachten können und sollten:
1. Keine roten Karten
Zugegeben, das ist mehr eine Notwendigkeit aufgrund meines Versprechens
der letzten Woche als ein Tipp für ein erstes Deck eines neuen Standardformats. Im Gegenteil, eigentlich wären rote Karten sogar gut geeignet, denn …
2. Aggressiv sein
… ist meist eine gute Idee. Während es nämlich keine falschen Fragen gibt, kennt man sehr wohl falsche Antworten. Oder, im
Magic-Vokabular: Ein Kontrolldeck wird spürbar besser, wenn man weiß, auf welche Bedrohungen man sich einstellen muss. Das ist zu Beginn eines Formats nahezu unmöglich, weswegen ich gern empfehle, selbst die Bedrohung zu sein.
Aggressive Decks hießen in den letzten Monaten eben fast automatisch auch rote Decks, aber ich denke, in
Shadows over Innistrad gibt es genug Kleinvieh, um mindestens eine weitere Farbe als offensiv zu kennzeichnen:
Das ist ja schon ein halbes Deck … und dabei habe ich einige potenzielle Würste gar nicht mit aufgeführt, sondern nur die, bei denen ich mir sicher bin, dass sie das Rückgrat eines weißen Aggrodecks bilden können.
Declaration in Stone gehört dabei in die Aufzählung, weil es in offensiven Konstrukten deutlich stärker ist als in defensiven, da der Nachteil (ein Clue für den Gegner) aus Tempogründen nicht so stark ins Gewicht fallen sollte.
Die wichtigste Karte für den Rest des Decks ist jedoch wahrscheinlich der Leutnant. Der verbessert sich offensichtlich mit jedem enthaltenen Menschen. Von denen bietet Weiß zum Glück jede Menge, angefangen bei diversen
Savannah Lions über Soldaten und Ritter wie
Consul's Lieutenant oder
Knight of the White Orchid, die es bisher genau nicht in Decks geschafft haben, bis hin zu
Gideon, Ally of Zendikar. Der baut zwar keine Menschenspielsteine (was ein wenig seltsam ist, da „Ritter, Verbündeter“ nichts über die Lebensform an sich aussagt), ist aber trotzdem eine völlig alberne Karte – besonders im aggressiven Deck.
Interessanterweise findet sich aber in dem Ansatz ein Argument gegen den Einsatz von Gideon, von dem man vor einigen Wochen nicht gedacht hätte, dass es jemals relevant sein könnte:
Gideon junior hat nämlich beste Chancen, vom schlechtesten Flip-Planeswalker zu einer überaus relevanten Standardkarte upgegradet zu werden. Falls ihr also noch nach Spekulationsobjekten sucht, könnte man vermutlich schlechtere Mythics finden. Kytheon besitzt von den vorhandenen Savannenlöwen den offensichtlich mit Abstand stärksten Kartentext und auch der Kreaturentyp stimmt. Dadurch wird er in meinen Augen unverzichtbarer als Big Gideon, was Letzteren aufgrund der Legendenregel einige Slots kosten könnte. Zumal es ja durchaus Alternativen gibt.
Archangel of Tithes ist eine und noch stärkere finden sich in anderen Farben.
3. Spiele die besten Karten
Manchmal kann
Magic ganz einfach sein: [Random Broken Karte hier einsetzen] spielen, sich freuen, dass der Gegner keine Antwort hat und GG. In
Shadows over Innistrad schwebt dabei natürlich folgender Engel über allen und jeden:
Faire Karte.
Falls ihr nicht erkennt, warum, lest einfach irgendeinen nahezu beliebigen Artikel zum anstehenden Standardformat und staunt. Der einzige Nachteil von Avacyn in einem weißen Kreaturendeck ist, dass sich theoretisch Szenarien vorstellen lassen, in denen der Engel flippt und dabei das ganze eigene Board abräumt. In der Praxis passiert das natürlich nur ganz, ganz selten, weil dafür schon jede Menge schieflaufen muss. Zumal ja auch immer noch ein 6/5-Engel übrig bleibt, der dem Gegner gerade drei Schadenspunkte ins Gesicht geschossen hat. Kritischer sind da schon die Manakosten von fünf, die sich mit typischen White-Weenie-Länderzahlen wie 21 oder so natürlich nicht sonderlich zuverlässig und zeitnah aufbringen lassen.
Knight of the White Orchid hilft zwar, aber es gibt auch noch den einen oder anderen weiteren Floodschutz.
Neben Avacyn hat man in einem aggressiven weißen Kreaturendeck mit Tribalthema hauptsächlich zwei Karten im Blick, die man von anderen Farben integrieren will:
Zugegeben, am liebsten wären mir beide im selben Deck, aber das macht das Mana nicht mit. Zumindest nicht ohne deutlich Abstriche in anderen Bereichen, die ich zumindest in dieser Woche nicht bereit bin zu machen.
Da die Entscheidung zwischen den beiden wirklich schwerfällt, muss als Zünglein an der Waage einfach eine weitere Karte herhalten:
Dromoka's Command. Das ist sicher nicht so flashy wie
Collected Company oder
Archangel Avacyn, aber in seiner ganz eigenen, höchst flexiblen Effektivität einzigartig im Format. Zugleich ist die Kartte auch noch extrem gut in einem unbekannten Metagame, da sie sowohl gegen Kreaturen als auch Verzauberungen und sogar gegen Direktschaden hilft und somit nahezu jedes noch so überraschende Element angehen kann.
4. Habe Antworten für die besten Karten
Siehe Punkt 3. Schließlich wollen wir nicht derjenige sein, der ohne Gegenwehr gegen
Archangel Avacyn/
Kalitas, Traitor of Ghet/
World Breaker zusammenschiebt.
Die herausragende Stellung von
Dromoka's Command habe ich dabei schon versucht zu verdeutlichen. Noch einmal, die Karte hilft in so vielen Situationen: Gegen
Jace, Vryn's Prodigy im zweiten genauso wie gegen
Kozilek's Return im fünften Zug. Mit dem Playset spart man somit Slots, die man lieber für Kreaturen freihalten möchte, da diese per Definition besser mit
Collected Company zusammenarbeiten. Doch zum Glück gibt es ja auch Männer, die beides übernehmen, allen voran
Hidden Dragonslayer.
Ja, als
Child of Night im zweiten Zug ist er nicht die gefürchtetste Ansage, aber immer noch besser als das Play „Land, Go“. Außerdem gibt es ja die gefürchtete Kombination mit
Dromoka's Command, die in meinen Testspielen erstaunlich häufig aufkam. Welche Kombination, fragt ihr? Na, Marke auf gegnerische Kreatur legen, um sie über den Aufmorphtrigger töten zu können.
Kalitas, Traitor of Ghet,
Archangel of Tithes und
Olivia, Mobilized for War sind nur drei ziemlich relevante Kandidaten für diesen Trick.
Im Sideboard finden sich dann weitere, zum teil deutlich spezifischere Antworten.
5. Sei stabil
Damit macht man eigentlich nie etwas falsch. Stabilität erhalten wir zum einen aus einer verlässlichen Manabasis und zum anderen aus einem Deck mit redundanten Karten. Letzteres erreicht ein Aggrodeck fast immer: Egal, welchen Menschen wir jetzt genau in die Schlacht schicken, wir werden den Gegner schon irgendwie unter Druck setzen können. Hinzu kommen die zahlreichen Playsets, die ebenfalls dazu führen, dass die einzelnen Spiele nur selten für ausgefallene Draws sorgen.
Die Stabilität der Manabasis zu erreichen, ist hingegen nicht ganz so einfach. Zum einen sind wir ein zweifarbiges Deck, auch wenn ich mich bemüht habe, die realen farbigen Anforderungen niedrig zu halten. Das gehört übrigens auch zu den Argumenten gegen Karten wie
Knight of the White Orchid oder
Anafenza, Kin-Tree Spirit, die in der engeren Auswahl waren. Trotzdem sind wir noch gezwungen, jede Menge Doppelländer zu spielen, die in der Zeit nach den Fetchlands schon spürbar schlechter geworden sind. Das merken wir nicht so sehr bei dem, was wir haben, sondern eher bei dem, was wir nicht haben. Das sind in erster Linie Value-Länder. Ein grün-weißes Manland gibt es im Standardformat nicht und bei den Produzenten farblosen Manas müssen wir uns extrem zurückhalten. So bleibt es auch bei zwei Exemplaren hiervon:
Die Abtei sieht ja eigentlich aus, als wäre sie für dieses Deck gemacht: Produziert Menschenspielsteine und fünf Opferwillige finden sich in einem Deck mit knapp 30 Kreaturen natürlich auch recht schnell. Ihr merkt, das Aber ist auf dem Weg. Beides ist nämlich richtig, in der Praxis aber in mindestens 90
% der Spiele nicht relevant. Fünf plus ein Mana für einen 1/1-Spielstein sind schon eine Menge Holz. Immer noch besser als nichts, klar, aber die Wahrscheinlichkeit, dass dieser uns dann wirklich noch hilft ein Spiel zu gewinnen, ist überschaubar. Im Gegenzug schaffen es dann fünf Kreaturen auch oft selbst, den Gegner zu meucheln, und zwar ohne vorher Ormendahl zu füttern. Trotzdem ist die Abtei natürlich eine extrem wertvolle Karte: Es bleiben zum einen all die Spiele übrig, bei denen das „oft“ oder „meist“ genau nicht greift, ein am Boden dichtes Spiel etwa, über das der Unheilige Prinz einfach drüberfliegt, und zum anderen droht so eine Abtei dem Gegner auch immer, schwebt quasi wie ein gefährliches Damoklesschwert über seiner Position und verändert dadurch möglicherweise seine Plays. Die zwei Kopien ergeben sich dann recht automatisch, da die Dinger nur höchst selten in multipler Stückzahl gebraucht werden, ihr Wert sich sowieso eher in langen Spielen ergibt und wir wie gesagt Schwierigkeiten mit farbigem Mana haben.
Noch immer steht dadurch aber das Problem der Stabilität im Raum, welches wir dadurch lösen, dass wir einfach vergleichsweise viele Länder unterbringen. Das erlaubt uns im Positiven,
Collected Company recht zuverlässig zu wirken und sogar zwei Avacyns ins Deck zu stecken, gleichzeitig müssen wir im Negativen aber auch mit einer gewissen Floodgefahr leben, da ein Großteil der anderen Karten halt nur ein oder zwei Mana kostet. An dieser Stelle kommen diverse aktivierte Fähigkeiten ins Spiel. Diese brauchen wir zwar nicht zwingend, um das Deck am Laufen zu halten, aber sie sind schon nette Boni:
Zu zwei dieser Karten möchte ich kurz noch etwas sagen:
Den (welch Wortspiel!) hat man ja eher als extrem effektive Value-Kreatur auf dem Merkzettel, dabei vergisst man gern, dass dieser Mensch (!) auch durchaus gut zuschlägt. Die Pseudo-Unblockbarkeit wird gerade mit Command und Leutnant recht häufig relevant und plötzlich hat der Gegner ein in Hinblick auf diese Karte bisher eher seltenes Problem.
Der wiederum ist einfach nur gut. Seine aktivierte Fähigkeit arbeitet ganz hervorragend mit dem Flip zusammen und im Zusammenspiel mit
Collected Company oder gar Avacyn (die dadurch schon ab dem vierten Zug mitspielen kann) wird es schnell albern. Zumal der
Krallenhorde Howler selbst dabei hilft, sich bei Bedarf wieder umzudrehen.
6. Ein flexibles Sideboard
Der letzte Punkt betrifft das Sideboard. Hier steht man zu Beginn einer Saison vor dem offensichtlichen Problem, dass man nicht weiß, was die Gegner machen. Deswegen empfiehlt es sich, möglichst Karten auf die Ersatzbank zu setzen, die ein etwas breiteres Spektrum an Einsatzmöglichkeiten abdecken. Das klappt mit dem Deck nicht ganz so gut, wie ich es gern hätte, weil
Collected Company bei aller Power einen wichtigen Nachteil hat: Sie zwingt uns beim Deckbau gewisse Regeln auf. Da sie unsere wahrscheinlich beste Karte darstellt, wollen wir sie quasi nie herausboarden, was wiederum dazu führt, dass wir eine gewisse Kreaturenanzahl nicht unterschreiten sollten. Deshalb bevorzugen wir dann auch im Sideboard Kreaturen mit maximaler Casting Cost 3 beziehungsweise vergeben die Slots bevorzugt an Karten, die in Matchups gut aussehen, in denen entweder
Archangel Avacyn oder
Dromoka's Command potenzielle Bankdrücker darstellen.
Erster Kandidat ist der Dino des Grauens. Zusammen mit den beiden anderen Morphkreaturen (und dem zusätzlichen
Den Protector) verschafft er uns jede Menge zusätzlichen Treibstoff gegen Decks, die in den Ressourcenkrieg gehen wollen. Hierbei kann man übrigens durchaus darüber nachdenken, den Leutnant zu kürzen, da der Menschenanteil nicht gemorpht gespielter Humans langsam, aber sicher überschaubar wird.
Der Erzengel ist natürlich besonders gegen andere Aggrodecks eine Ansage. Ersetzt wird meist
Tireless Tracker und zum Teil auch Avacyn. Der Erzengel hat nämlich die Schwäche einer jeden 5-Mana-Karte gegen Aggro: Sie kostet zunächst einmal fünf Mana. Und wie oben angedeutet, ist unsere Auswahl herauszuboardender Karten begrenzt.
Der ist für die Matchups gedacht, in denen
Dromoka's Command hinausgeht. Das sind meist die superharten Kontrolldecks.
Spätestens nach dem Sideobarden gibt es eine beachtliche Bandbreite an Decks, die einzelne Kreaturen anbieten, die unbedingt abgerüstet gehören. Declaration schafft sie alle: von Jace über feindliche Engel bis hin zu Kalitas. Und das sogar noch halbwegs effizient und sehr gründlich.
Die letzten Slots gehen dann an die Karte, die vermutlich den meisten Einfluss in einem Damagerace hat.
Die Deckliste:
| 3 Den Protector 4 Duskwatch Recruiter 4 Thalia's Lieutenant 4 Thraben Inspector 2 Tireless Tracker 4 Kytheon, Hero of Akros (Gideon, Battle-Forged) 3 Hidden Dragonslayer 3 Archangel Avacyn (Avacyn, the Purifier)
4 Collected Company 4 Dromoka's Command
| | 4 Canopy Vista 4 Fortified Village 2 Tranquil Expanse 8 Plains 5 Forest 2 Westvale Abbey (Ormendahl, Profane Prince)
Sideboard:
1 Den Protector 3 Archangel of Tithes 2 Gideon, Ally of Zendikar 3 Declaration in Stone 4 Deathmist Raptor 2 Lantern Scout
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Alternativen:
Die meisten habe ich ja schon aufgezählt:
Anafenza, Kin-Tree Spirit,
Knight of the White Orchid,
Deathmist Raptor und möglicherweise auch
Nissa, Vastwood Seer könnten die Kreaturenbasis verändern.
Sigarda, Heron's Grace habe ich auch auspobiert, aber für klar schlechter als
Archangel Avacyn befunden. Maindeck-Declaration ist sicher auch eine Option, aber man nähert sich sowieso schon der Grenze für zuverlässige Company-Treffer.
Im Sideboard sind es hauptsächlich Sprüche:
Clip Wings,
Hallowed Moonlight,
Surge of Righteousness oder
Evolutionary Leap. Weshalb ich vor denen zurückschrecke, steht im Abschnitt zu den Sideboardkarten:
Collected Company.
So, ich denke, damit seid ihr gut gerüstet fürs erste FNM oder gar einen PPTQ!
Bis zum nächsten Mal
Der MiDi