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Einmal Turnierspieler und zurück
oder nach Michael Wiese: Der Aufstieg und Fall des Olli D.
von Oliver "OliverD" Daems
25.03.2003

Irgendwie habe ich in letzter Zeit ein paar Motivationsprobleme im Bezug auf Magic, irgendwie habe ich immer häufiger gegen Gegner verloren, die deutlich schlechter spielten als ich, irgendwie habe ich mich immer mehr aufgeregt und irgendwie macht Magic in letzter Zeit mehr Frust als Spass.

Zeit sich ein paar Gedanken zu machen…

Also kam mir die Idee mal einen Artikel zu meinen Erfahrungen als Turnierspieler zu schreiben, was mich dazu bewegt hat anzufangen, aufzuhören und so weiter…

Angefangen hat es bei mir, wie wohl bei fast allen, mit Freunden die mir dieses komische Spiel mit den lustigen Karten erklärt haben.
Ich war von Anfang an total begeistert von diesem unglaublich spannenden und fesselnden Spiel. Zu Anfang habe ich dann auch fleißig fast mein ganzes Taschengeld in Ice Age, Homelands, Mirage und Chronicles Booster gesteckt. Irgendwie stand damals noch der Spaß am Booster aufreißen und große Kreaturen finden im Vordergrund.
Ich erinnere mich noch gut an erste Spiele gegen den Freund meiner damals besten Freundin, der hat mich damals mit seiner Crown of the Ages ordentlich fertig gemacht. Also bin ich daraufhin erstmal los, und hab Ice Age Booster gekauft, bis ich auch eine hatte…. Jaja, die guten Zeiten als man noch mit Enchantments wie Regeneration und all dem Kram Eindruck schinden konnte und vor allem: Spiele gewinnen konnte.
Es hat dann auch knapp 2 Jahre gedauert, in denen ich so langsam aber sicher Wind davon bekam, das es so etwas wie Turniere geben soll, auf denen man hochgetunte Decks gegeneinander antreten lässt, bis sich etwas an dieser Sache änderte. Irgendwann hab ich dann auch mal eins dieser tollen Turnierdecks aus der Kartefakt zu Hause nachgebaut: Ein Stompy.

Ich war sofort fasziniert davon, wie viel besser ein Deck aus nur 60 Karten und jeweils Quartetts der Schlüsselkarten war. Lange hat es nicht gedauert, da habe ich dannauch mein 2. und 3. Deck nachgebaut, und mich endgültig von Boosterkäufen verabschiedet und mich eher den Einzelkartenhändlern zugewandt.

Es kam dann im September 1998 alles so, wie es kommen musste. Mein Kumpel kam mit einer Kartefakt an, in der Werbung für ein T1/T2 Turnier in Dülmen war. Wir hatten uns damals sowieso schon lange auf T1 geeinigt, weil wir es für blöd hielten, Karten die uns gefielen nicht mehr spielen zu dürfen, nur weil sie zu alt waren.
Ich hatte zu dem Zeitpunkt diverse Artikel und Turnierberichte über das gute alte Zoo Deck gelesen, und war angetan davon, ohne Powerkarten, mit den „großen“ Decks mithalten zu können. Wir haben dann auch in unserer damaligen Spielergruppe alle dasselbe Deck gespielt, was zu einer gewissen Rivalität untereinander führte.

Am Tag des Turniers waren wir alle einigermassen aufgeregt, es waren so knapp 60 Leute da, gespielt wurden 5 Runden mit Cut auf Top 8. An selbiger bin ich dann in Runde 5 gegen einen Menschen namens Dirk Baberowski gescheitert, der dann auch irgend so ein komisches Turnier namens PT ein Wochenende später gewann.
Am Ende des Turniers war klar, wir würden im nächsten Monat wiederkommen…

Einen Monat später habe ich dann etwas gesehen, was mich bis heute beeindruckt. Arnold Huhndorf, damals Platz 1 im Classic, kam nach Dülmen um noch einmal ein Turnier mit seinem Deck zu spielen. Das System mit den 5 Runden + Top 8 wurde durch 7 Runden Swiss ersetzt und eben dieser Arnold stand am Ende der 6. Runde 6:0 12:0. Ein Intentional Draw in der letzten Runde ruinierte dann zwar seine Bilanz, änderte aber nichts an demEindruck den er bei mir im Kopf hinterlassen hatte. Diese Form der absoluten Überlegenheit faszinierte mich einfach. Also habe ich angefangen sein Deck nachzubauen, und konnte damit auch relativ viel gewinnen, bis zu meinem ersten Turnier mit diesem Deck, ein 3-1-1 war nicht wirklich das, was ich mir von dem Deck erhofft hatte.

Es dauerte recht lange, bis ich mit dem Deck besser wurde, spielen konnte ich es aber bis zu seinem Ende nicht. Sein Ende kam mit den Regeländerungen die mit der Einführung der 6. Edition einhergingen. Arnolds Deck war ein sehr extravagantes Mirror Control Deck, und leider konnte man nach der Regeländerung nicht mehr alleine mit dem Mirror Universe töten.

Es musste also ein neues Deck für mich gefunden werden, da tauchten im Netz Decklisten vom Invitational auf, diese „sagenumwobenen“ Pros spielten T1, also „mein“ Format. Am
interessantesten fand ich damals das Necro-Deck von Darwin Kastle. Es war die Zeit als im T1 noch 4 Yawgmoth's Will und 4 Necropotence erlaubt waren. Ich hab dann flugs so Krams wie Mana Drains und 2 Moxe verkauft um mir die passenden Duals und Juzam Djinns leisten zu können. Der ganze Aufwand wurde dann auch auf dem nächsten Dülmen T1 belohnt, ich ging solide 5-0 durch. Wobei ich nach meinem heutigen Wissen wohl eher sagen kann: „Das Deck ging mit mir als Spieler 5-0“, ich kann nämlich leider nicht behaupten, ich hätte damals gut oder gar fehlerfrei gespielt. Aber wer heutzutage einen Yawgmoth's Will oder eine Necropotence im Turnier abkriegt, der weiss wohl ganz genau, wie stark ein Deck mit jeweils 4 davon gewesen ist. War schon ein gutes Gefühl endlich mal gewonnen zu haben, auch wenn mir damals nicht klar war, wie groß der Glücksanteil an diesem Sieg war.

Ich habe mich dann reichlich aufgeregt, als die DCI mir auch dieses Deck kaputt machte, wobei die Restriction von Yawgmoth's Will eine Selbstverständlichkeit war. Es
musste also wieder ein neues Deck her, ich hatte da dann noch Chris Pikula's Morphling Control im Kopf, praktisch ein Mirror Control mit Morphling als Finisher. Heutzutage nennt man das Deck wohl einfach Keeper, damals war es noch als „Weissmann-Variante“ bekannt.
Leider wollten sich auch mit diesem Control-Deck einfach keine Erfolge in Form von Turniersiegen einstellen, und dann kam das, was wohl jeder von uns schon mal durchgemacht hat.

Ich hatte eine Menge anderer Dinge im Kopf, als Magic zu spielen und beschloss mein Deck zu verkaufen. Ich hätte damals nicht gedacht, dass mir das mal Leid tun würde. Es hat allerdings nicht wirklich lange gedauert…

Ich spielte also erstmal R/G Beatz, welches ich als einzige Karten behalten hatte. Magic machte immer noch Spass, so 1x im Monat in Dülmen spielen, aber der richtig grosse Spass war es damals nicht wirklich.

Irgendwie kam aber dann doch wieder alles anders als ich dachte, und ich fing wieder intensiver an zu spielen, meine alten Kumpels hatten mittlerweile alle komplett aufgehört zu spielen, so dass mir nur wenig Möglichkeiten zum Spielen blieben. Ich habe dann damals das
Deck zusammengebaut, entwickelt habe ich es ja nun nicht wirklich, was wohl noch bis heute mein Markenzeichen ist: Das Draw Go. Simpel und einfach, Counter, Inseln und Kartenzieher. Zu dieser Zeit wurde in Dülmen gerade die Trader Liga eingeführt, und ich habe praktisch die komplette erste Saison nur mit diesem Deck gespielt. Die Liga blieb damals bis zum letzten Turnier spannend, bis ich dann mit einem Sieg alles klar machen konnte. Leider ist mir eine derartig gute Saison, wie diese 1. Liga bis heute nicht wieder gelungen. Ich gewann dann im Februar nach meinem Turnier und Ligasieg im Dezember '00 noch einmal mit dem Draw Go, nachdem im Januar ein anderer Spieler mit einer fast exakten Kopie meines Decks gewann.

Endlich machte Magic wieder so richtig Spaß, nur die Turniere wurden nach und nach langweiliger. Man spielte immer häufiger gegen andere Draw Go Decks, weil Spieler halt gerne erfolgreiche Decks kopieren und dieser Trend reicht halt bis in die T1 Szene hinein, auch wenn er hier noch nicht so ausgeprägt war. Die Entrestriktion des Mishra's Workshop und ein Mensch namens Benjamin Rott, mit seiner Version des Teletubby Decks, beendeten dann die Dominanz der Draw Go Decks. Sie verschwanden nach und nach, und die Teletubby
Decks sprossen wie Pilze aus dem Boden. Irgendwie auch logisch, so ein 5/3 Juggernaut vor der Nase macht nicht wirklich Spass, wenn man langsames Control spielt und noch nicht ein Mal dran war.

Irgendwann mitten in dieser „Tubby“-Phase kam mir dann die Idee eine Website über T1 Magic zu machen, inspiriert wurde ich von der Tatsache, dass es damals außer dem legendären Beyond Dominia Forum einfach nichts lesenswertes im Internet gab.

Der Name war schnell gefunden, der Morphling war damals meine Lieblings-Win Option, und so sollte dann auch die Seite heißen. Es hat mich damals gute 14 Tage Semesterferien gekostet die Seite zu designen und zu coden. Das Ganze hat eine Menge Spass gemacht, aber es gab auch immer wieder Anlässe zu Frust, weil das Design immer noch nicht gefiel etc., aber alles in allem kann ich wohl von einer Menge Spaß reden.

Ich habe dann recht schnell die Idee von anderen Magic Seiten, Top 8 Decklisten zu veröffentlichen, übernommen und die Seite wuchs in ihrer Popularität. Am Anfang gehörte hierzu noch eine Menge Arbeit, aber nach und nach bekam man Routine, und mit dem ersten Relaunch der Seite, und meinem „Mitarbeiter“ Stefan (aka Womprax im IRC und ZK-Forum) lässt sich das ganze jetzt richtig locker und schnell bewältigen. Wir alle waren am Anfang froh über die Reaktion beziehungsweise die zusätzlichen Informationen die man zur Verfügung hatte, schließlich kannte man so was aus der T1 Szene bisher nicht.

Allerdings hielt diese Freude nicht lange, frei nach dem Motto: „Die Geister die ich rief“ konnten wir anhand der alten Top 8 voraussagen welche Decks im nächsten Monat wohl
gespielt werden. Das beste Beispiel hierfür ist wohl das von Roland Bode stammende Growing Tog, was 1 Monat nach seiner „Veröffentlichung“ gleich 5 mal in den Top 8 zu finden war.

Ich war aber eigentlich immer der Ansicht, einfach nur Decks aus dem Internet nachzubauen wäre etwas für Formate wie T2 oder Extended, und im T1 sollte man lieber eine Eigenkreation spielen, da man durch den immensen Kartenpool eigentlich genug Optionen für eigene Ideen und Ansätze hat. Leider hat sich das nun auch im T1 erledigt, da man ziemlich genau drauf achten muss, welches Metagame man zu erwarten hat. Mein Lieblingsdeck, das Draw Go, werde ich wohl eine ganze Weile lang nicht mehr spielen können. Von Anfängern mit Growing Tog verhauen zu werden macht halt keinen Spass

Diese Entwicklung trug dann wohl auch zu einer anderen Entwicklung bei, der Tatsache dass ich immer weniger Spaß an den Turnieren hatte. Mein grosser Fehler war es wohl, beim GP Reims und PTQ Venedig in Mönchengladbach einfach mal Extended auszuprobieren. Dieses Format war für mich als T1 Spieler dann direkt mal sehr faszinierend, ich habe kein einziges Spiel durch einen total brokenen 1st turn play verloren, oder gar ständig gegen getopdeckte Spoiler wie Yawgmoth's Will. Die Spiele wurden tatsächlich hauptsächlich durch Skill, und natürlich durch Matchups, entschieden. So war es mir in Reims gelungen, in der 1. Runde geschickt gegen ein Sligh zu drawen, um in den darauffolgenden Runden nur
noch 4 Oath und 4 The Rock Decks als Gegner zu bekommen. Die Tatsache das ich angesichts dieser Matchups den 2. Tag nicht erreicht habe, ist irgendwie mehr als peinlich, aber wie gesagt: die Spiele wurden halt durch Skill entschieden. Mein 6-2-1 hat mir dann aber trotzdem genug Selbstvertrauen gegeben, um das Format noch mal auf dem PTQ auszuprobieren, und auch dort habe ich es geschickt geschafft NICHT in die Top 8 zu kommen. Jaja, wenn man sich nicht raustopdecken kann, dann ist das schon irgendwie doof. 5-2 reicht halt nicht für T8…

Ich habe dann parallel im T1 irgendwie nur aufs Maul bekommen, hatte ich vor Reims noch 1868 im Classic, habe ich nun noch exakt 1787, wie man es schafft in so kurzer Zeit derartig viele Punkte zu verlieren? Ganz einfach, man frisiert sich oft genug raus, paart das ganze mit einer Menge Pech, und der irren Annahme das komisch aussehende neue Deck sei gut und tadaa schon wars das mit dem „Projekt 1900“
Genau diese Tatsache hat dann aber wohl meine momentane Stimmung so weit gedrückt, dass ich fast keine Lust mehr hatte überhaupt auf Turniere zu fahren. Jeder kann sich wohl denken was das bedeutet… genau, ich hab dann auch solide im Constructed mein 1800er Rating vernichtet. Mal eben schnell 3-2 in Bochum, 2-1-1 beim FNM und 2-4 drop bei den Regionals. Das geht ganz schnell, wenn man denn wirklich will

Ich denke einfach, wenn man nicht mit vollem Herzen dabei ist, dann sollte man es lieber lassen, den Punkt mit dem: „Wenns am schönsten ist, sollte man aufhören!“, den habe ich wohl lange überschritten.

Eine Kleinigkeit würde ich allerdings gerne noch loswerden, wem ich in den letzten 3 Monaten in Dülmen auf den Sack gegangen bin, weil ich ihm den Sieg nicht gegönnt habe oder ähnliches, bei dem möchte ich mich entschuldigen. Ich habe zwar das Recht mich aufzuregen, aber ich sollte das dann vielleicht nicht gerade auf die geschehene Art und Weise tun. Alles in allem ist T1 das Format, in dem der Spaß im Vordergrund stehen sollte.

Warum dieser Artikel nun: „Einmal Turnierspieler und zurück“ heißt? Ganz einfach, in einer solchen Situation sollte man einfach mal eine „Zwangspause“ machen, ich denke die habe ich mir auch einfach verdient.
Ob ich noch mal wiederkomme? Gute Frage, im Moment habe ich einfach keine große Lust mehr auf Turniere an sich, leider sehe ich aber dann eine Menge Leute nicht mehr. Und ich denke, das ist einer der wichtigsten Punkte am Magic spielen und an Turnieren: „Der soziale Aspekt“, einfach mal Gleichgesinnte treffen und über unser aller Hobby labern… und wenn das Spielen wieder Spaß machen sollte, dann bin ich auch wieder mit dabei… bis dahin wünsch ich euch allen viel Spaß und möge der größere Topdecker verlieren.
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