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U/R-Tron @ Iserlohn
von Sebastian "flynnT" Abresch
08.05.2007


Engel sind schöne Geschöpfe. Mächtig und anmutig – aber auch fragil und zerbrechlich. Gestern noch flüstern sie dir den Weg zum Triumph ins Ohr, heute schon sind die Engelszungen verstummt und du siehst nur die kalte Gothic-Schulter.

Bitches.



Gestern
Im Februar habe ich es in Iserlohn noch einmal mit dem B/R/W-Firemane probiert. Das Ergebnis war okay, aber nicht grandios. Ich konnte mich durch zwei Angelfires, U/B/W-Tron und ein Scryb and Force prügeln, der zweite U/G-Magier hat mich trotz vierer (!) Wrath of God im zweiten Spiel bezwungen. Dem Loss gegen Blinking Riders in Runde 6 war dann auch nichts entgegenzusetzen und gegen Alex “Falling Waters” Kreuz mit Dralnu hat es, Hellbent sei Dank, für einen Draw gereicht. Ein mäßiges 4:2:1 also.

Gegen Decks, die zwischen Januar und Februar populär wurden (Dralnu du Louvre, Blinking Riders) sieht dieses doch sehr klobige B/R/W-Monster eben nicht wirklich gut aus. Das Meta hat sich geändert – das Deck ist nicht mitgegangen und muss zurückbleiben… muss es das? Wir werden sehen. Später.

Zwischendurch sollte ein 3:4 im März mit einem B/W-Discard-Eigenbau schleunigst unter den Teppich gekehrt werden, immerhin hat man uns in der Nacht davor eine Stunde Zeit gestohlen. Gilt also nicht.


Heute
Schließlich und endlich zeigte der Grand Prix Kyoto verzögert seine Wirkung. Die Top 8 des März-Iserlohn bestand aus nicht weniger als fünf Controldecks, die meisten davon Captain America / Angelfire. Nett von den Japanern, uns in Kyoto direkt ein solides Gruul und ein überraschend aggressives Trondeck als Gegenmaßnahme zu bauen. Da ich Letzteres schon auf den Regionals '06 in Mayen gespielt habe
– damals noch mit Wildfire im Maindeck – entschied ich mich für dasjenige Kontrolldeck, das andere Kontrolldecks schlägt.

Allerdings erschien mir Watanabes Liste ein bisschen zu schlecht gegen Aggro. Klar, das Maindeck hat sich der Hübsche aus Nippon gut ausgedacht; Änderungen wären hier töricht. Meine Probleme hatte ich mit dem Sideboard. Allen voran beide Vesuvan Shapeshifter – wofür waren die doch gleich gedacht? Ich hätte sie wahrscheinlich chronisch falsch reingeboardet und eingesetzt. Serrated Arrows erschienen ebenfalls suboptimal: Boros war schon tot genug und gegen Gruul killt das Artefakt nur Kleinkram.
Kyoto hingegen hat erstmals die Stärke von Detritivore gezeigt, der im Team mit Annex genug Controlhate postboard bieten dürfte. Also zwei davon ins Sideboard, Serrated Arrows kommen raus. Neben Bottle Gnomes als zusätzliche Maßnahme gegen Aggro sollten drei Wildfire dienen… nicht zuletzt auch um der alten Zeiten willen. Dafür gingen Shapeshifter und Vesuva.

Folglich brachte ich Ostersonntag diese Liste mit in den Pott:






lands:
4 Urza's Tower
4 Urza's Power Plant
4 Urza's Mine
4 Steam Vents
4 Shivan Reef
1 Urza's Factory
2 Island


creatures:
3 Bogardan Hellkite
4 Sulfur Elemental


spells:
2 Dimir Signet
4 Izzet Signet
3 Repeal
3 Electrolyze
2 Demonfire
2 Tidings
2 Spell Burst
4 Compulsive Research
4 Remand
4 Mana Leak

3 Wildfire
4 Annex
3 Bottle Gnomes
1 Teferi, Mage of Zhalfir
1 Commandeer
1 Mystical Teachings
2 Detritivore




Runde 1 – Dennis Nolte
Dennis spielt eine nicht unbeachtliche B/G-Eigenkreation mit Möglichkeit auf Turn 2 Hypnotic Specter und Semikombo aus Golgari Germination, Fallen Ideal und Thelonite Hermit (= dicke, dicke Flieger).
Ich gewinne zwar den Würfelwurf, kann aber Dennis' Specter in Runde 2 nicht countern. Repeal und Remand halten mich einigermaßen über Wasser, bis ich den Geist mit Electrolyze abschießen kann – der sich dann allerdings dank zweier Germinations in zwei Tokens verwandelt! Das Leid nimmt ein Ende, als ich mehr Electrolyze ziehe und irgendwann mit einem Hellkite das Board und Dennis' Siegchancen vernichte.
Ich boarde lediglich drei Wildfire rein, raus kommen ein paar Sulfur Elementals. Irgendwann bietet sich mir die Gelegenheit, Wildfire zu machen, aber ich bin zu dumm und gebe den Turn ab, ohne Counter zu haben. Natürlich kommt das Persecute auf Rot, somit bleiben mir Repeal und Kartenzieher auf der Hand. Diese offenbaren mir Wildfire Nummer 2, was dann den Sack zumacht.


Runde 2 - Paul Borczyk
Paul bringt ein G/B/W-Rock an den Start – und auch hier liegt im zweiten Zug ein Specter vor meiner Nase! Unterstützt von einer Phyrexian Arena zerlegt mich sein Kartenvorteil dann auch.
Ich boarde Annex / Wildfire, um das Spiel über die billige Tour zu gewinnen. Remand und Mana Leak halten mich über Wasser, bis das Wildfire resolved. Paul sitzt vor 0 Permanents und schiebt sofort zusammen.
Das dritte Spiel ist wieder ausgeglichen: Ich annektiere ein wenig, er suspendet zwei Curse of the Cabal (!). Da ich zu diesem Zeitpunkt aber schon im Spiel bin, schiebe ich den Spruch hier und da mit Signets und überflüssigen Ländern auf, bis Paul einen Skeletal Vampire versucht. Mit der Token-Ability auf dem Stack wird der Vampir aber sofort von einem Hellkite weggeschossen, ein Demonfire „für viel“ gewinnt mir dann das Spiel.


Runde 3 – Sebastian Kron
Mein Namensvetter und Testkollege hat an dieser Stelleja schon den Bericht zu diesem Massaker veröffentlicht. Toll ist, dass ich Spiel eins gewinne – und danach von Solifugen zerrissen werde. Das dritte ist dann wirklich spannend. Mit dem dritten (!) Wildfire auf dem Stack glaube ich wirklich, den Sebbo eingetütet zu haben. Denkste! Der zwirbelt schön Länder nach und weil ich auf drei Leben bin und keine Bottle Gnomes nachziehe, muss ich jeden Pups von ihm countern. Lange geht das gut, bis er EOT ein Sulfur Elemental reinflasht und ich gezwungen bin, zu repealen. Er enttappt und legt eine Solifuge, das war's.

Einerseits schade. Andererseits aber doch beachtlich, wie hart das Trondeck im schlechtesten Matchup fighten kann.


Runde 4 – Jan Tekülve
Da sind sie wieder, die Engel-Schlampen, diesmal aber in den Farben U/R/W. Ich halte eine Gümmelhand und verliere chancenlos gegen einen Lightning Angel.
Annex, Mystical Teachings, Detritivore und Teferi sollen das Matchup anschließend positiv machen. So bekomme ich irgendwie den Magier aus Zhalfir ins Spiel, der ein großes Demonfire dann praktisch uncounterbar macht.
Das dritte Spiel ist unfair und -spektakulär. Jan ist leicht screwed und muss mit einem Compulsive Research die Hosen runterlassen, sich Annex-bar machen. Das passiert dann auch. Und dann noch mal. Und noch mal. Und dann kommt der Schuttfresser.

Jan stimmt mir zu, als ich meine, dass sich das Matchup nach dem Boarden wie ein Coinflip anfühlt. Wer annektiert, gewinnt.


Runde 5 - Przemek Jankowski
Der nette junge Mann spielt Solar Flare mit Haakon-Engine – also Solar Pox. Wobei ich letzteren Spell nie zu Gesicht bekomme. Im ersten Spiel haut er mich mit zwei Court Hussars auf zwei Leben runter, während ich wichtige Spells countere und er kein Remand hat. EOT versuche ich einen Hellkite. Der kommt zwar rein, soll aber mit Temporal Isolation neutralisiert werden… und an dieser Stelle habe ich Spell Burst ohne Buyback. Hellkite greift an, Przemek geht auf 10, Demonfire. Das alte (aber gute) Lied.
Danach hat Przemek zwar zwei Ghost Quarter für Tronteile, ich dafür Annex und Sulfur Elemental für seichten Beatdown. Es kommt wie es billiger nicht kommen kann: Ein Drawstep offenbart mir das fehlende Tronteil von oben und Demonfire beendet das Spiel. Danke, Deck.


Runde 6 – Alexander Löffler
Alexander steht 5-0 und bringt als erster das Wort “Draw” auf den Tisch. Ich, offenbar zu gierig, bringe hingegen das Wort „Split“ – Alexander macht einen Rückzieher und will plötzlich doch spielen.
Naja, das läuft letztlich auch unspektakulär ab, er besiegt mich mit Gruulbande featuring Ledgewalker / Moldervine Cloak 2:0. Mit dem tödlichen Char auf den Stack frage ich noch mal dackelblickend nach einem Draw, aber nix da! Da habe ich mich wohl selbst besiegt.

Mit 4:2 reicht es letztendlich für den achten Platz, ein Draw hätte mit unendlichem Opp-Score wohl Platz vier bedeutet. Aber ich zwinge mich, zufrieden zu sein.


Morgen
Welche Erkenntnisse gewinnt man nach sechs Runden U/R-Tron? Zu allererst scheint das Deck zur alten Hochform aufzulaufen: Das Meta ist kontrolllastig, U/G-Aggro wird immer unbeliebter und Sulfur Elementals sind eine geniale Bereicherung. Die schlechtesten Matchups sind Gruul und Dragonstorm und beiden Decks wird man mit nur einem möglichen Sideboard wohl kaum gerecht werden können. Da man gegen beides mit Watanabes Version im Regen steht, kann man das Dragonstorm-Matchup auch gleich komplett vernachlässigen, um gegen Gruul ein bisschen mehr machen zu können. Mein Denkansatz: Æther Membrane!

Und das kommt so: Erstens suchen wir im Gruul-Matchup post board nach einer Methode, den Blood Moon nicht mehr ganz so ätzend zu finden. Die beste Antwort auf einen Blutmond ist also die ganz easy aus dem Ärmel gezwirbelte Membran! Ohne das lästige Enchantment sind die Manakosten von 1RR nämlich doch schon recht sperrig.

Steht (oder eher fliegt) die Mauer erstmal auf dem Board, muss der Gruulmagier mindestens zwei Karten aufwenden, um die 5 Toughness der Membran abzubauen - und er nimmt ein Biest zurück, das nächste Runde vorerst nicht angreifen kann. Will er die Mauer nämlich umbrennen, und das sollte er, muss er genau dafür auch sein Mana aufwenden und kann im Idealfall die soeben gebouncete Kreatur nicht sofort wieder ausspielen. Gleichzeitig bekommen wir einen Burnspruch weniger an den Kopf.
Außerdem überlebt die Mauer ein Wildfire und blockt sogar Silhana Ledgewalker mit Moldervine Cloak unter massivem Kartennachteil für den Feind. Und das alles bedeutet nur eins: Zeit. Und zwar für uns. Nichts ist wertvoller!

Zugegeben: Großartig getestet habe ich diese Karte noch nicht, aber die Theorie spricht für Æther Membrane. Ergo sähe mein nächstes Sideboard, würde ich U/R-Tron in Iserlohn spielen, unter totaler Vernachlässigung des Dragonstorm-Matchups, wohl so aus:





spells:
4 Annex
3 Wildfire
creatures:
2 Detritivore
3 Bottle Gnomes
3 Æther Membrane




Doch lohnt es sich überhaupt, das Trondeck erneut in den Ruhrpott zu tragen? Sehen wir uns einfach einen Metagame-Breakdown vom 8. April an:


Aggrodecks:
6 Gruul Beats
3 G/W Aggro / Glare
3 Poxx (Wortlaut der Standings auf is-magic.de – wahrscheinlich B/W oder B-Discard mit Smallpox)
2 B/G Aggro-Rock
1 U/W/G Aggro
1 R/G/W Beats / Zoo
1 B/W Aggro
1 R/W/B Aggro
1 B/R Aggro
1 U/G Aggro

Kontrolle:
8 Captain America
6 Teferi-Control (Wortlaut is-magic.de – wahrscheinlich Dralnu-ähnliche blaulastige Kontrolle mit Schwarzanteilen)
4 U/R Tron
2 B/G Dredge
2 Dralnu (Aha! Also wohl 8 Teferi-Control insgesamt?)
1 R/W/B Firemane Angel
1 Haakon-Pox
1 U/G
1 G/W/B Control
1 Mono B
1 LD

Combo:
1 U/G Locket
1 Dragonstorm
1 “Combo” (Aha.)
1 Battle of Wits

Nicht wenige waren also so schlau, mit Gruul eine geschickte Meta-Entscheidung zu treffen – lediglich die acht Captain America standen als wirklich wackelige Matchups dagegen (Glare mal außen vorgelassen)... die aber wiederum von Tron tendenziell geschlagen werden. Teferi hält sich wacker, aber der Detritivore wird dem blauschwarzen Magier mehr und mehr zur Last. Boros glänzt völlig zu Recht mit Abwesenheit, Dredge wurde unter Potenzial gespielt, Dragonstorm ist, obwohl nach wie vor ein sehr starkes Deck, eine absolute Randerscheinung.

Welche Lehre zieht man daraus für den 26. Mai – was muss gezockt werden? Am besten etwas, das Gruul und Captain America schlägt. Oder ein Deck, das die Decks schlägt, die Captain America und Gruul schlagen. Aber hey, Future Sight ist dann auch schon wieder Standard-legal und versalzt die Einschätzung mit vielen Prisen Randomness. Man fährt allerdings gewiss nicht schlecht, wenn man etwas bewährt solides spielt. Also doch wieder: Gruul, Tron, vor allem Dragonstorm, vielleicht Dredge und U/R/W.

Übrigens: Falls derlei Meta-Betrachtungen des Iserlohn-Turniers gefallen, würde ich das gerne zu einer regelmäßigen Serie ausbauen. Teilt mir eure Meinung in den Kommentaren mit.


PS:
Wie war das? Ganz am Anfang heißt es, das B/R/W-Deck könne nichts mehr. Pustekuchen. Man lenke seinen Blick auf den dritten Platz! Manuel Wirths, der schicke Herr im rosa Dress weiter unten im Bild hat seine Brustmuskeln spielen lassen und somit die Gunst der Engelschlampen erobert. Nunja, da ist zusammen, was zusammen gehört und ganz so schlecht scheint das Deck ja doch noch nicht zu sein. Wenn ich Engel wäre, würde ich wahrscheinlich auch den Muskelprotz nehmen. Bei mir liegt übrigens das dritte Wildfiregegen Sebastian Kron auf dem Stack, deutlich erkennbar für Stimmung sorgend. Gebracht hat es ja bekanntlich nichts.


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