Etwa zwei Wochen sind seit dem Grand Prix Florenz vergangen, während ich dies schreibe. Wie eine Ewigkeit kommt es mir vor. Vieles ist für mich in Sachen Magic passiert in den letzten Wochen und Monaten: Regelmäßige lokale Events, eine „eigene“ Kolumne bei der größten deutschen Magic-Seite, meine erste Deutsche Meisterschaft, und vieles mehr – aber alles der Reihe nach…
Wer heute an dieser bewährten Stelle einen lehrreichen Artikel über die Magic-Regeln und das Schiedsrichtern erwartet hat, den muss ich leider enttäuschen. Stattdessen liefere ich quasi ein Resumée meiner bisherigen Laufbahn als Judge, eine Mischung aus Roadtrips, Anekdoten, interessanten Situationen, dunklen Geheimnissen aus der Welt der DCI– und vielleicht, so ganz am Rande, dann doch die ein oder andere Regelfrage.
Gründe dafür gibt es mehrere. Zum einen ist „Disciple of Law“ immer noch in der Experimentierphase. Herauszufinden, was die Leser gerne oder nicht so gerne mögen, ist da eine der Grundaufgaben – dementsprechend darf auch die altbekannte Bitte nach Feedback nicht fehlen. Wie immer in die Kommentare oder an Judge@PlanetMTG.de. Zum anderen erwische ich mich in letzter Zeit immer wieder dabei, die gleichen Geschichten unterschiedlichen Leuten zu erzählen – warum also nicht gleich einem größeren Publikum? Ich meine mich zu erinnern, dass solche Artikel von Kollegen wie Falko Görres oder Justus Rönnau immer sehr positiv aufgenommen wurden.
Viel Spaß also bei dieser Ausgabe von „Onkel Heiko erinnert sich“. Nächste Woche gibt es dann wieder altbewährten Inhalt.
Es war einmal… wie man Judge wird (vielleicht)
Tja, wie funktioniert das eigentlich, dieses „Judge werden“, ganz offiziell und so? Diese Frage bekomme ich immer wieder zu hören und meistens fällt meine Antwort nach dem Schema aus: So und so klappt das, bei mir war's ein wenig anders, mach das aber bitte nicht nach.
Bevor ich überhaupt ans Schiedsrichtern gedacht habe, war ich lange Zeit als Spieler aktiv – nicht gerade erfolgreich, muss ich zugeben. Bei PTQs wurde oft nach wenigen Runden gedroppt, für Byes bei GPTs war ich offensichtlich chronisch zu doof (und viel zu freundlich; man kann halt nicht erfolgreich sein, wenn man, falls man dann doch mal so weit ist, dem anderen die Byes zuscooped) und zu Grand Prixs fuhr ich meist mit der (freudigen) Erwartung, an Tag 2 ein bisschen asiatisch zu draften, die Künstler zu besuchen und den guten Leuten im Main Event auf die Finger zu schauen.
Genau so war es auch beim Grand Prix in Hasselt im Januar 2006, etwa der vierte GP den ich als Spieler besuchte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir schon den ein oder anderen Gedanken darüber gemacht, wie lange ich dieses zeit- und kostenintensive Hobby weiter betreiben mochte, falls ich weiter erfolglos bliebe. Diese Gedanken sollten ganz neue Ausmaße annehmen, als ich sonntags vor Ort das Schild „Judge Certification“ vorfand. „Hey“, dachte ich mir, „das klingt dufte. Die Regeln hast du drauf und in schwarz-weiß siehst du sicher schick aus – und zu tun hast du gerade eh nichts.“
Mit dieser großartigen Motivation ausgestattet ging ich auf die Suche nach jemandem, der mir bei der Verwirklichung des neu gefassten Ziels weiterhelfen konnte. Ich schnappte mir das nächst beste Zebra, das mir über den Weg lief. Ganz zufällig war das Gijsbert Hoogendijk, seines Zeichens Professional Judge aus den Niederlanden und an diesem Tag in Schwarz-Rot (dem Head Judge-Shirt) unterwegs. Der war natürlich begeistert ob der Chance, einen neuen Schützling rekrutieren zu können, und überraschte mich kurzerhand mit: „So, you want to become a judge – why?“ Ich kann mich nicht mehr so recht entsinnen, was meine genaue Antwort darauf war, „err… I imagine it's fun“ könnte es wohl noch am ehesten treffen. Auf jeden Fall klang ich sicherlich unheimlich überzeugend, denn mit deutlich zweifelnder aber irgendwie als zuversichtlich zu deutender Miene wurde ich kurzerhand zu dem Judge meines Vertrauens geschickt, der sich den Lauf des Tages um mich kümmern sollte: Frank Wareman, Regional Judge aus den Niederlanden.
Nun hatte ich nicht so wirklich eine Ahnung, was mich erwarten sollte. Zumindest hatte mich Gis' überraschende Frage schon einmal darauf vorbereitet, mit allem Möglichen zu rechnen. Letzten Endes war dieses „alles Mögliche“ aber halb so wild – oder zumindest nicht so geplant. Denn Frank war ein sehr netter Kerl, wenngleich ein wenig nervös. Das wunderte mich etwas, denn ich hatte vermutet, dass derjenige, der getestet werden soll, die Rolle des Nervösen einzunehmen hatte. Nun, so war es auch! Nicht nur ich stand an diesem Tag unter Beobachtung. Nach einem kurzen einführenden Gespräch („wo kommst du her?“, „wie lange spielst du schon?“, „was machst du privat?“, etc) gesellten sich zwei weitere Zebras unauffällig zu Frank hinzu um uns etwas zuzuhören.
Wie man mir später erklärte, handelte es sich bei diesen Jungs um zwei weitere Regional Judges (Adam C. aus Polen und George M. aus Griechenland), die offensichtlich meinen Tester etwas genauer unter die Lupe nehmen wollten, um zu sehen, wie er sich denn so als Prüfer anstelle. Somit war die Anzahl an anwesenden Levels bei meinem Interview schon drei mal so hoch wie üblich – dass sich auch Gis ab und zu noch dazugesellte, war daher nicht weiter erschreckend.
Auf jeden Fall kam es, wie es kommen musste: meine nicht vorhandene Vorbereitung machte sich schnell bemerkbar und vor allem bei den „Zuschauern“ machte sich sichtbar Enttäuschung breit, als ich ungefähr jede etwas schwierigere Regelfrage falsch beantwortete. Nicht nur, dass ich über damals aktuelle Interaktionen („Yosei im Spiel, Tooth and Nail wird gespielt und bringt Yosei und Witness ins Spiel – was wird und kann passieren?“ um nur ein Beispiel zu nennen) nicht so wirklich Bescheid wusste. Vor allem die Tatsache, dass ich auf Fragen nach dem Motto „was steht denn dazu in den Penalty Guidelines?“ nur mit einem verwirrten Blick antworten konnte, weil ich von diesem Dokument noch nie etwas gehört hatte, kam alles andere als gut an.
Allerdings hatte ich einen entscheidenden Pluspunkt: Stolz konnte ich davon berichten, wie ich bei lokalen Turnieren bei Vorbereitung, Planung und Durchführung half, dass man mich allgemein als regelkundig anerkannte und dass es in der Region kaum präsente Schiedsrichter gab (was damals zumindest meinem Wissensstand nach wirklich so war – einen Regional Judge (notwendig für die Ausbildung weiterer Schiedsrichter) gab es in der Nähe nicht und auch ansonsten waren mir kaum Leute bekannt, die regelmäßig auf höherem Niveau aktiv waren). Das war offensichtlich Grund genug, mir doch eine Chance zu geben, weshalb man mir nach dem durchwachsenen Interview Stift und viel Papier in die Hand drückte und viel Erfolg beim schriftlichen Teil wünschte.
Etwa zwei Stunden und viele Nachfragen meinerseits später war auch dieser Teil bewältigt und nach einer kurzen Pause folgte die abschließende Besprechung. 70% der 50 gestellten Fragen galt es korrekt zu beantworten um zu bestehen. Obwohl ich bis heute nicht weiß, wie das geklappt hat, war Frank bei seiner Auswertung tatsächlich auf 80% richtige Fragen gekommen und konnte mir somit zu meinem frisch erworbenen ersten Judge-Level gratulieren! Erstaunt aber glücklich nahm ich dankend an und wurde entlassen, mit dem Hinweis, dass ich direkt bei den Side Events judgen könne, wenn ich wollte.
Wer mit der üblichen Test-Prozedur vertraut ist, wird sich ein wenig wundern an dieser Stelle. Denn eigentlich ist es üblich, dass der Prüfer sich den Judgeling erst ein wenig bei der Arbeit anschaut, bevor er ihn zulässt. Das war aber an diesem Tag nicht der Fall – aus Zeitgründen vermute ich – weshalb man sich wohl darauf verließ, dass ich selbstständig noch ein wenig arbeiten gehen würde.
Doof wie ich war, habe ich das natürlich gemacht. „Doof“ deshalb, weil ich besser daran getan hätte, mir die Regeln, inklusive allen Dokumenten neben den eigentlichen Spielregeln, die ich bis dahin ignoriert hatte, durchzulesen, bevor ich auf Spieler losgehen würde. In meinem bestätigten Übermut war ich aber wohl zu dem Schluss gekommen, dass das schon irgendwie klappen würde…
Bei der Side Event Station wurde ich Alfonso Bueno, einem Regional Judge aus Spanien bekannt gemacht, der mir recht schnell zeigte, dass das sicher nicht wie in meiner rosigen Fantasie klappen würde. Darauf vertrauend, dass mein Bestehen bei Frank etwas zu bedeuten hatte, machte er sich sofort daran, mir fortgeschrittene Konzepte wie „Ruling by Intent“ zu erklären. Ich verstand hauptsächlich „Bahnhof“ und es dauerte nicht lange, bis ich Alfonso mit zwei falsch beantworteten von insgesamt zwei Rulings, die er mir überlies und die nicht sonderlich schwer waren („bekomme ich in meinem Enttap-Segment Priorität?“) zeigte, dass wohl etwas mehr Grundlagenarbeit nötig war als angenommen.
Diese Qual musste er allerdings nicht mehr lange über sich ergehen lassen, denn kurz nach meinem offiziellen „Amtsantritt“ meldeten sich meine Mitreisenden mit dem Wunsch, die Heimreise anzutreten.
Somit war ich Judge, hatte aber noch nicht wirklich Ahnung, was das eigentlich bedeutete. Immerhin war ich um einiges Feedback reicher und das etwas peinliche Erkennen meiner Fehler würde mich dazu verleiten, die Sache beim nächsten Mal – sofern es dies überhaupt geben würde – professioneller anzugehen.
Was ist schon ein Titel… wie man wirklich Judge wird
Wieder zuhause war ich vor eine Wahl gestellt: Weiter zocken, mich mit den Regeln und allem Drumherum auseinandersetzen, oder Magic einfach sein lassen. Da ich trotz der Erkenntnisse aus Hasselt immer noch von mir überzeugt war und außerdem ehrgeizig sein kann, wenn es darum geht, mein Können mir und anderen zu beweisen, entschied ich mich nach gewisser Zeit für die zweite Option. Im Herbst 2006 setzte ich mich mit diversen Läden in Verbindung um herauszufinden, wo ein Schiedsrichter gebraucht wurde. Der ehemalige Besitzer des Zock in Saarbrücken konnte mir tatsächlich eine Stelle als Floor Judge bei einem seiner PTQs anbieten, im Dezember, wenn ich mich recht entsinne.
Also machte ich mich endlich daran, gründlich alle Dokumente durchzulesen, die ich für das Turnier brauchen würde: Comprehensive Rules, Floor Rules, Universal Tournament Rules, Penalty Guidelines, Tournament Organizer Handbook, Judge Handbook, FAQs zu den Ravnica-Sets (das Format des PTQ war RGD Sealed) – ich ließ wirklich nichts aus. Schnell musste ich allerdings erkennen, dass all diese Dokumente mehr zu bieten haben, als man durch einfaches Durchlesen verstehen und vor allem sich merken kann. Auch heute geht es mir noch so, dass ich manche Dinge nachschlagen muss oder mich andere darauf hinweisen, weil mir eine Regel einfach nicht bekannt ist.
Zum Glück hatte ich mir viel mehr vorgenommen, als für einen PTQ überhaupt realistisch notwendig war. Ich behaupte, dass man als ganz neuer Schiedsrichter (zum Beispiel auch, wenn man ohne Level das erste mal aktiv wird) zwar gut daran tut, alle diese Dokumente mal gelesen zu haben, allerdings lernt man viele Dinge wirklich erst durch die eigentliche Anwesenheit bei Turnieren. Denn durch aktives Judgen bekommt man ein Gespür dafür, welche Art von Fragen man zu erwarten hat, wie man mit Spielern umgeht, wie man schwierige Situationen in den Griff bekommt, und so weiter. Deshalb sollte man sich als „Anfänger“ nicht so viel Sorgen darum machen, wenn man die Comprehensive Rules nicht auswendig aufsagen kann oder bei einem Ruling erst mal auf dem Spickzettel nachschauen muss, welche Art von Strafe ein Vergehen zur Folge hat.
Auf jeden Fall war ich für das kommende Turnier in der Theorie bestens vorbereitet. Selbst wenn ich etwas nicht wissen würde, dachte ich mir, könnte ich wenigstens sagen, wo es steht.
Aber wie es bei solchen Sachen üblich ist, kam natürlich alles anders als erwartet. Meine Vorbereitung erwies sich im Verlauf des PTQs zwar immer wieder als nützlich, allerdings hatte ich keine Ahnung, wie ich mit unerwarteten Situationen umzugehen hatte. So war ich zum Beispiel überfragt, als mir Hajo Höh beim Deck-Registrieren offenbarte, dass sein Pool anstelle von Ländern Uncommons enthielt, als ich an einen Tisch gerufen wurde, an dem ein Spieler einen Fehler gemacht hatte, der erst im nächsten Zug entdeckt wurde, oder als einer der anwesenden Franzosen (dessen Englisch nahezu unverständlich schlecht war, also ungefähr so gut wie mein Französisch) nicht in der Lage war, mir zu erklären, was er von mir wollte.
Zum Glück gibt es bei solchen Events einen Head Judge, der erfahren genug ist, um sich um solche Situationen zu kümmern. In diesem Fall war das Jon Wells. Hajo bekam von uns einfachen einen neuen Starter zum Registrieren und für den Franzosen hatten wir vor Ort jemanden vom Shop, dessen Schul-Französisch für die Frage ausreichte – eigentlich sehr einfache Lösungen, allerdings hatte ich für meine ersten beiden Calls mit ganz anderen Sachen gerechnet, weshalb ich zuerst etwas überfragt war.
Der Fall mit dem Spielfehler war hingegen deutlich interessanter. Da hatte jemand eine Belltower Sphinx mit Hilfe eines Pillar of the Paruns gelegt – was natürlich nicht möglich ist. Sein Gegner hatte dies allerdings erst bemerkt, als er in seinem Zug eine Karte gezogen und dann über das Angreifen nachgedacht hatte. Nun wusste ich, dass die damals aktuellen Penalty Guidelines nicht sehr deutlich sagten, wie man mit solchen Situationen umzugehen hatte. Erfahrungsgemäß gab es Judges, die das Spiel einfach zurück in die Hauptphase des Sphinx-Spielers drehen würde, während andere zum Beispiel der Meinung waren, man solle die Sphinx in den Friedhof legen, denn zurückdrehen wäre ja doof, aber gleichzeitig habe die Kreatur nichts im Spiel zu suchen.
Allerdings hatte ich bei meinen Vorbereitungen auch Beiträge auf der offiziellen Judge Mailing-Liste, die sich mit DCI-Philosophien zu solchen Situationen beschäftigten, gelesen. Daher wusste ich, dass wohl in absehbarer Zeit eine offizielle Überarbeitung der PG anstehen würde (hin zu dem, was wir heute kennen), die für Situationen wie diese eine eindeutige Lösung parat haben würde: Da eine recht lange Zeit vergangen ist und beide Spieler für den Spielzustand verantwortlich sind, bleibt alles wie es ist.
So fiel dementsprechend mein Ruling damals aus. Beide Spieler fanden dies etwas seltsam, waren damit aber einverstanden. Später hörte ich dann einige Beschwerden darüber, wie ich denn den Gegner des Sphinx-Spielers „totgeruled“ hätte und dass man so etwas doch nie zulassen dürfe, weil damit jeder Cheater durchkommen könne… Allerdings sollte mich die Zukunft bestätigen und mittlerweile hatten wir gerade darüber schon ausführliche Diskussionen auch beim Planeten.
Ansonsten verlief der PTQ ziemlich ruhig. Ich fühlte mich recht wohl in meiner Rolle und auch die Spieler schienen mit meinen Rulings zufrieden zu sein.
Nun sollte mein erstes Turnier offensichtlich nicht ganz so einfach zu Ende gehen. Im Lauf der letzten Swiss-Runde war ich wie immer zwischen den Tischen unterwegs, dieses Mal vor allem bei den vorderen, weil dort am ehesten die Möglichkeit bestand, dass jemand nicht ganz so legale Methoden anwenden würde, um in die Top 8 zu kommen. Tatsächlich hörte ich, wie einer der Spieler, der mich anscheinend nicht gesehen hatte, seinem Gegner sinngemäß Folgendes unterbreitete: „Hey, du schaffst es doch eh nicht mehr in die Top 8 und ich kann dir auch was geben.“ Ich wollte erst nicht wahrhaben, dass so etwas gerade bei meinem ersten Turnier geschehen sollte, aber natürlich hatte dieser Satz mich alarmiert und ich machte mich direkt auf den Weg zu Jon. Nach einem kurzen Bericht, was ich gehört hatte, sollte ich die beiden Spieler zu ihm zitieren.
Ein kurzes Gespräch und zwei schriftliche Stellungnahmen später war dann die erste von mir eingeleitete Disqualifikation beendet. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt nicht ganz sicher, ob ich mich darüber freuen sollte oder nicht. Denn einerseits war es vollkommen richtig, diesen Spieler rauszuschmeißen. Er hatte uns zwar glaubwürdig versichert, dass ihm nicht bewusst war, dass er so etwas nicht darf. Trotzdem musste er dafür aus dem Turnier entfernt werden, wie Ute letzte Woche deutlich gemacht hat.
Andererseits finde ich es bei jedem DQ dieser Art schade, einen Spieler aus dem Turnier werfen zu müssen. Immerhin kam er an diesem Tag in den Laden, um mit dem gleichen Hobby wie ich Spaß zu haben. Bei solchen Situationen muss man als Schiedsrichter einsehen, dass man im Wohl des Turniers und aller Beteiligten handelt, wenn man quasi einem Spieler den Spaß „verdirbt“ – und dass dieser Spieler selbst daran schuld ist, da er es ist, der sich falsch verhalten hat. Trotzdem kenne ich keinen Judge-Kollegen, dem das Disqualifizieren tatsächlich Freude bereitet, auch wenn das einige Spieler so sehen mögen.
Insgesamt hatte ich bei diesem PTQ einiges erlebt, mit dem ich nicht gerechnet hatte – und das war gut so. Denn obwohl das Turnier teilweise sehr stressig war, merkte ich, dass mir die Arbeit an diesem Tag durchaus Spaß machte. Ich konnte mir selbst bestätigen, dass ich mich mit den Regeln auskenne und gleichzeitig half ich den Teilnehmern dabei, einen angenehmen Tag mit unser aller Lieblingsspiel zu verbringen. Dazu passte natürlich, dass mir das Zuschauen bei Magic schon immer zusagte. Ich fasste den Entschluss, in Zukunft wieder in Schwarz-Weiß tätig zu werden.
Die Entscheidung… wie man ein guter Judge wird
Nun wusste ich, wie man Teil der Zebra-Gemeinschaft wird. Als nächstes stellte sich mir die Frage: Was macht eigentlich einen guten Magic-Schiedsrichter aus? Das Beherrschen der Theorie konnte es alleine nicht sein, von dieser Erkenntnis habe ich schon berichtet. Um als Judge erfolgreich zu sein, sollte man regelmäßig als eben solcher aktiv sein. Zumindest ist das die Erkenntnis, zu der ich mittlerweile gekommen bin.
Zu Beginn meiner „Karriere“ war mir das allerdings nicht so klar. In meinen Augen hatte ich mich in Saarbrücken bewiesen, weshalb ich nicht der Meinung war, dass ich mich weiter sonderlich um das Schiedsrichtern kümmern müsse. Deshalb entschloss ich mich dazu, bei den nächsten PTQs wieder als Spieler anzutreten. Aufmerksame Leser können sich schon denken, was beim erstbesten Turnier in Mannheim geschah: Der Sealed Pool war mäßig (die übliche Ausrede eben), mein Spiel-Niveau unter Durchschnitt, und der Drop schon nach der dritten Runde angekreuzt. Da meine Mitfahrer noch im Rennen waren, musste ich mir eine andere Beschäftigung suchen. Wie gut, dass Jon, der wieder Head Judge war, auf der Suche nach jemandem war, der ihm ein wenig aushelfen konnte. Da man als Spieler eines Turniers nicht bei selbigem als Schiedsrichter aktiv werden darf, sollte ich mich um die Side Events kümmern – immerhin zwei Drafts, die betreut werden wollten.
Kaum drei Runden als Spieler hatte ich somit ausgehalten und war wieder in die Rolle als Judge verfallen.
Trotzdem sah ich das nicht wirklich als Zeichen – warum kann ich selbst nicht genau sagen. Vielleicht fand ich es einfach seltsam, zwischen den Reihen herumzustehen, während andere die magischen Karten drehen. Dabei ist es gerade das, was mir Spaß macht. Natürlich nicht nur das Herumstehen, sondern das Ganze Drumherum, ähnlich wie Henke seinen Job als Reporter bei der Deutschen Meisterschaft erklärt hat: Die Atmosphäre bei Turnieren aus einer besonderen Sicht erfahren und selbst aktiv dazu beitragen, nette Leute treffen, neue Herausforderungen über das Spielen hinaus finden, et cetera.
Trotz allem war ich weiterhin der Meinung, hauptsächlich Spieler sein zu müssen. Der nächste PTQ in Mannheim war im Format Extended, das mir sehr viel Spaß machte, weshalb ich wiederum ein Deck in die Hand nahm anstatt Schwarz-Weiß überzustreifen. Aber auch hier: Zwei Runden gezockt, zwei verloren – die Motivation auf dem Nullpunkt. Endlich kam ich zu der Einsicht, dass das so keinen Sinn machte.
Nach dieser Unentschlossenheits-Odyssee kümmerte ich mich endlich wieder in der mir angenehmeren Rolle um Turniere – als Teil des Schiedsrichter-Teams ging es wiederum nach Mannheim, dieses Mal zum Two-Headed Giant-PTQ unter der Leitung von Michael Wiese. Nun möchte ich allerdings ein wenig abkürzen, denn zum einen glaube ich, dass die Geschichten von diesen PTQs nicht ganz so interessant sind, zum anderen gibt es von den folgenden Events noch einiges zu erzählen.
Mit den zwei PTQs und einem Nationals Qualifier (in Saarbrücken) mit Jon und zwei PTQs mit Michael hatte ich einiges bei "lokalen" Events zu tun, wobei ich in dieser kurzen Zeit (an Events gemessen, nicht an tatsächlicher Zeit) deutlich aktiver geworden war, als dass die Bezeichnung "Local Judge" noch gerechtfertigt war. Das hatten Michael, der mich schon vor seiner Zeit als Regional Judge unterstützt hatte, und Jens Strohäker, ein sehr aktiver Area Judge Trainer (d.h. ein Level 2-Schiedsrichter, der andere Schiedsrichter ausbilden darf), auch gemerkt, weshalb sich Jens beim PTQ Darmstadt, bei dem er als Spieler anwesend war, ausführlich mit mir über kommende Möglichkeiten unterhielt.
Er machte mir kurzerhand den Vorschlag, den nächsten PTQ in Stuttgart als Head Judge zu leiten. Über diese Möglichkeit war ich sehr dankbar, da es mir zum einen zeigte, dass Jens und Michael Vertrauen in meine Fähigkeiten hatten und mir zum anderen die Chance gab, zu beweisen, dass ich das Zeug zum nächsten Level hatte.
Da dieses Event über meine Zukunft als Schiedsrichter entscheiden konnte, bereitete ich mich dementsprechend intensiv darauf vor. Ähnlich wie nach meinem bestandenen Level 1-Test las ich mir alle relevanten Dokumente aufmerksam durch. Der Unterschied zum letzten Mal war jedoch, dass ich praktische Erfahrung hatte, was sich schnell bemerkbar machte. Vielen Passagen vor allem in den Comprehensive Rules und Penalty Guidelines konnte ich endlich konkrete Situationen zuordnen, was mir das Lernen und Merken deutlich einfacher machte.
Obwohl PTQs zu diesem Zeitpunkt für mich quasi Routine geworden waren, war ich am Samstag und Sonntag vor dem Turnier nicht ganz sicher, was auf mich zukommen würde. Als Head Judge hat man einige Aufgaben mehr und vor allem andere Aufgaben zu erledigen als ein Floor Judge. Zum Beispiel muss man sich darum kümmern, dass jeder anwesende Schiedsrichter etwas zu tun hat und seine Aufgaben auch wirklich ausführt. Man muss zum Teil schwierige oder suboptimale Entscheidungen treffen, weil es keine besseren Möglichkeiten gibt (z.B. weil man eben nicht mehr viel am Turnierort ändern kann, wenn selbiges schon läuft) und weil es keine höhere Instanz mehr vor Ort gibt, die einem solche Entscheidungen abnehmen könnte. Dazu gehört, dass der Head Judge bei jedem Ruling das letzte Wort hat. Somit muss er eventuell die Entscheidungen der Floor Judges verändern oder in schwierigen Fällen entscheiden, ob ein Spieler betrogen hat oder es sich nur um einen unabsichtlichen Fehler gehandelt hat. All dies ist mit Verantwortung verbunden, die man so als normaler Schiedsrichter bei Turnieren gar nicht bemerkt.
Insgesamt verlief der PTQ durchaus zufriedenstellend. Wir konnten meinen Zeitplan recht gut einhalten und bei nahezu allen Entscheidungen war ich mir sicher, dass ich richtig gehandelt hatte. Dabei war es für mich als Head Judge eine große Hilfe, mit Jens (der an diesem Tag in "Zivil" unterwegs war, um alle Anwesenden genauer zu beobachten) und Oliver Dürr als erfahrenen Helfern sowie mit meinen beiden anderen Judges Attila Klimmek und Sven Johnson, die sich ebenfalls als kompetent erwiesen, ein sehr gutes Judge-Team zur Verfügung zu haben. Gemeinsam konnten wir auch die schwierigen Situationen souverän lösen.
So gab es zum Beispiel eine Judge-Call meines Mitfahrers, in dem er mir folgende Situation schilderte: Er hatte seine Handkarten beiseite gelegt, währenddessen war die oberste Karte seiner Bibliothek heruntergefallen und als er diese aufheben wollte, war ihm wiederum eine seiner Handkarten heruntergefallen. Nun lag eine Karte auf dem Tisch und die andere war auf den Boden gefallen, ohne dass dieser Spieler - seinen eigenen Angaben zu folge - eine dieser Karten gesehen hätte. Allerdings konnte er nicht ausmachen, welche der beiden Karten in seine Hand, und welche auf seine Bibliothek gehörte. Sein Gegner konnte auch nicht weiterhelfen.
Ich musste nun entscheiden, was mit diesen beiden Karten zu tun sei. Der Spieler sagte mir, er könne sich seine Hand anschauen und mir sicher sagen, welche Karte fehle. Als ich mir dann die beiden heruntergefallenen Karten anschaute, war die genannte Karte dabei. Allerdings war das Problem, dass für mich nicht sicher war, ob er vielleicht die Karte vom Boden nicht doch kurz gesehen und diese nun genannt hatte, weil diese ihm mehr auf der Hand nutzen würde, als die eigentlich fehlende Karte. Allerdings glaubte ich ihm, da ein zusätzliches Indiz war, dass die andere Karte direkt neben der Bibliothek lag, während die Karte vom Boden deutlich weiter weg auf selbigen gefallen war. Somit war es wahrscheinlich, dass wir beide Karten aufgrund ihrer Anordnung richtig zugeordnet hatten. Ich gab ihm die entsprechende Karte also in die Hand, ließ ihn die andere auf die Bibliothek legen und ließ die beiden mit Extrazeit und ohne Strafen weiterspielen. Ohne Strafe deswegen, weil niemand tatsächlich einen Fehler begangen hatte.
Eine weitere interessante Situation gab es bei einem Deckcheck von Attila. Er hatte das Spiel nach dem Sideboarden angehalten um einen sogenannten "Midround Deck Check" zu machen. Diese sind dazu gedacht, zwischen den einzelnen Spielen Stichproben zu machen, um eventuelle Betrüger, die zum Beispiel zusätzliche Sideboard-Karten mitbringen, zu entdecken. Bei dem von Attila überprüften Deck stellte sich heraus, dass alle 15 Sideboard-Karten auf die gleiche Art markierte Hüllen hatten: im linken oberen Eck befand sich ein Knick. Im Maindeck befanden sich nur wenige Karten mit ähnlichen Markierungen. Da wir mit einem potentiellen Betrüger rechnen mussten, rief Attila mich zu dem Deck Check hinzu und wir entschlossen uns dazu, den Spieler zu diesem Umstand zu befragen. Als wir ihm das Problem erklärten, war er sichtbar überrascht und versicherte uns, dass dies ein dummer Zufall sein müsse. Er erklärte uns, dass er das Deck schon beim PTQ Darmstadt gespielt hatte, es nach diesem Turnier nicht mehr angefasst hatte und nun damit zu diesem PTQ gekommen war, weil es für ihn kein weiter Weg war und er nur zum Spaß spielen wollte. Zusätzlich bat ich ihn, uns zu zeigen, wie er beim Sideboarden vorgeht. Dabei fiel auf, dass er die Karten immer mit einer Ecke zuerst in das Deck steckte, was die Markierungen erklärte.
Da seine Erklärung überzeugend klang und wir uns die Markierungen erklären konnten, kam ich mit Attila zu dem Entschluss, dass keine bösen Absichten im Spiel waren. Deshalb mussten wir den Spieler nicht disqualifizieren, sondern er bekam einen Game Loss für "Marked Cards - Pattern". Der Spieler war einsichtig und froh, dass wir ihm geglaubt hatten und ich hatte den Eindruck, dass ihm diese Situation eine Lehre war und er bei kommenden Turnieren vorsichtiger mit seinen Hüllen umgehen wird.
Neben den beschriebenen Problemen gab es noch ein paar Zwischenfälle mit französischen Spielern. Die meisten von ihnen konnten kein Englisch oder Deutsch, weshalb die Kommunikation erheblich erschwert war - niemand von uns sprach Französisch. Dadurch kam es zum Beispiel bei einem Judge-Call dazu, dass Oli den Spieler nicht richtig verstand und er eine leicht andere Frage hörte, als der Spieler sie eigentlich stellen wollte. Er bestätigte dem Franzosen, dass es möglich sei, mit Dormant Sliver Karten zu ziehen. Daraufhin tat der Spieler das auch - allerdings war ein gegnerischer Sliver ins Spiel gekommen! Deshalb musste Oli ihm dafür einen Game Loss geben, was den Spieler sehr aufregte, da er der Meinung war, der Judge hätte ihn zu diesem Fehler geleitet. Allerdings lag in diesem Fall meiner Meinung nach die Schuld deutlich bei ihm, da er nicht in der Lage war, seine Frage angemessen auszudrücken. Zwar versuchen wir als Schiedsrichter natürlich, den Spielern soweit wie möglich zu helfen. Allerdings kann niemand von uns Gedanken lesen, weshalb jeder Betroffene in solch einer Situation einsehen muss, dass es an ihm liegt, sich ordentlich in Englisch auszudrücken. Wer das nicht kann, sollte sich zwei mal überlegen, ob er auf Turniere außerhalb des eigenen Landes reisen möchte.
Leider gab es mit dem selben Franzosen noch einmal ein Problem im weiteren Verlauf des Turniers. Wie immer machte ich am Ende einer der letzten Runden eine Ankündigung in Deutsch und Englisch, dass die Runde zu Ende sei und man noch fünf zusätzliche Züge habe. Ein paar Minuten nach dieser Ansage begab ich mich zu dem Tisch, an dem besagter Spieler und sein Gegner noch nicht fertig waren. Attila war bereits dort und hatte sich darum gekümmert, dass die Extrazüge korrekt verfolgt werden. Als der letzte Extrazug zu Ende war, wollte der Franzose allerdings seinen nächsten Zug beginnen und war entsetzt als er feststellen musste, dass das Spiel vorbei ist - er hatte die Ankündigung nicht mitbekommen. Deshalb verlangte er von mir, dass fünf weitere Züge gespielt werden, da er bereits in den vorherigen fünf durch andere Spielweise hätte gewinnen können. Nach kurzer Absprache mit Attila kam ich zu dem Entschluss, dieser Forderung nicht nachzugehen. Zwar war es möglich, dass der Spieler die Ansage wirklich nicht gehört hatte, allerdings hatte sein Gegner deutlich sichtbar mit einem Würfel die Extrazüge abgezählt und Attila war zur Kontrolle die ganze Zeit vor Ort. In solch einer Situation hätte der Spieler nachfragen sollen, was denn sein Gegner da mit dem Würfel macht. Trotzdem entschuldigte ich mich bei dem Franzosen, da meine Ankündigung tatsächlich etwas zu leise gewesen war, weshalb die Situation zum Teil auch mir zuzuschreiben war. Leider änderte das wohl nichts an der schlechten Meinung, die dieser Gast an diesem Tag von uns hatte.
Nach dem Turnier gaben mir Jens und Oli noch Feedback. Beide waren der Meinung, dass ich das Turnier gut geleitet hatte und mich bei der anstehenden Deutschen Meisterschaft am Test für das nächste Level versuchen sollte. Lediglich die Lautstärke meiner Ansagen und die Tatsache, dass ich noch zu viele Aufgaben selbst zu übernehmen versuchte (während ein Head Judge eher Aufgaben verteilen sollte, um einen Überblick über alles haben zu können), kritisierten sie. Ich war sehr froh über die Einschätzung, war mir aber nicht ganz sicher, ob ich wirklich den Test bei der DM angehen sollte.
Intermezzo - Grand Prix Straßburg
Dieses Turnier hatte eigentlich vor den letzten beiden beschriebenen PTQs stattgefunden, allerdings fand ich es passender, zuerst von den lokalen und danach den großen Turnieren zu erzählen. Straßburg war mein erstes großes Event als Schiedsrichter. Gespielt hatte ich vorher etwa sechs Grand Prix, weshalb ich zumindest ungefähr wusste, was mich erwarten würde. Trotzdem war ich sehr aufgeregt, da ich mich zum ersten Mal in professioneller Umgebung und im Umgang mit Leuten, mit denen ich noch nie zu tun hatte, beweisen musste. Außerdem wollte ich durch diesen GP herausfinden, ob es mir mehr Spaß machte, zu spielen oder zu schiedsrichtern.
Da Straßburg kaum zwei Stunden von meinem Zuhause entfernt liegt, machten wir uns erst Freitag mittag auf den Weg. Stadt und Hotel waren gleich gefunden und auch den Turnier-Ort konnten wir nach ein wenig Herumgeirre in einem netten Park rasch finden. Vor Ort lernte ich endlich Ute Kronenberg kennen, die mir zuvor nur aus dem Internet bekannt war. Auch Michael Wiese, Martin Golm, Hanno Terbuyken und viele weitere mir unbekannte aber nicht weniger wichtige Leute waren vor Ort, denn das traditionelle erste Judge-Meeting sollte um 20.15 Uhr stattfinden.
Pünktlich empfingen uns die Head Judges vor der Haupt-Bühne. Mehrzahl deshalb, weil bei solch einem großen Turnier immer zwei benötigt werden, falls das Turnier die magische Zahl von 800 Teilnehmern überschreitet. Dann wird Tag 1 in zwei Teile aufgeteilt, die unabhängig von einander je eine Hälfte der Top 128 Spieler entscheiden, die am nächsten Tag wieder mitspielen dürfen und die beide ihren eigenen Head Judge haben. In diesem Fall waren das Frank Wareman und George M. Ja, das sind der Frank, der mich für Level 1 getestet hatte, und der George, der ihm dabei mit wachsamen Augen zur Seite stand. Darüber war ich sehr erfreut, denn ich kannte vor allem Frank als sehr aufmerksamen, freundlichen und hilfsbereiten Schiedsrichter und fand es passend, dass der Mann, der mich damals auf die Spieler losgelassen hatte auch mein erstes großes Event leitete. Im Lauf des Wochenendes unterhielt ich mich sehr viel mit Frank, da er der eigentliche Head Judge war (soll heißen er wäre Head Judge geworden und George "nur" Backup, falls es weniger als 800 Teilnehmer gegeben hätte.) und konnte von ihm einiges über DCI-Philosophien und das Judgen an sich lernen.
Die beiden gaben uns eine allgemeine Erklärung darüber, was wir am nächsten Tag zu erwarten hatten. Dazu gehörte, dass wir vor allem auf Slow Play (d.h. unabsichtliches zu langsames Spielen) achten sollten, um die neun Runden möglichst pünktlich hinter uns zu bringen. Außerdem wurden wir in Teams eingeteilt - ich sollte mich um Deck Checks kümmern. Das kam mir sehr gelegen, da ich das zu diesem Zeitpunkt als eine meiner Schwächen empfand. Es gehört ein gewisses Können und Erfahrung dazu, ein Deck im gegebenen Zeitrahmen umfangreich und vollständig zu überprüfen und genau dieses Können sollte ich somit samstags erlernen.
Nachdem sich alle anwesenden vorgestellt hatten, gab es noch eine kurze Regeldiskussion. Einer der anwesenden hatte erkannt, dass sich in den gerade erschienenen neuen Penalty Guidelines eine Unstimmigkeit befand. Das Dokument besagte, dass man gewisse ausgelöste Fähigkeiten (nämlich solche mit konkreten Auswirkungen auf den Spielzustand, die außerdem kein "may" und keine "default action" enthalten, wie zum Beispiel die von Dark Confidant) innerhalb eines Runden-Zyklus nachholen solle, indem man zum Beginn der Phase oder des Segments, in dem das Vergessen entdeckt wurde, springt und die Fähigkeit auf den Stapel legt. Dabei ergibt sich allerdings das Problem, das dies zum Beispiel im "Declare Attackers"-Segment gar nicht möglich ist. Denn in diesem Teil des Zugs müssen zuerst Angreifer deklariert werden, bevor jemand Priorität bekommt und somit ausgelöste Fähigkeiten behandelt werden können. Wir einigten uns darauf, dass in solchen Situationen zuerst Angreifer deklariert werden müssen, bevor die Fähigkeit auf den Stapel gelegt werden kann.
Nach der Besprechung begab ich mich wieder ins Hotel, wo meine Mitfahrer ein paar Testspiele für den kommenden Tag absolvierten, während ich auf meinem Laptop noch einmal die ein oder andere wichtige Regelpassage durchging, um so wenig Fehler wie möglich bei meinen kommenden Rulings zu machen. Schlafen konnte ich wie bei solchen Events üblich kaum und kurz nachdem ich eingeschlafen war, klingelte um sechs Uhr schon wieder der Wecker. An diesem Morgen erlebte ich zum ersten mal etwas, was mir seither bei jedem Turnier täglich so widerfährt. Da ich ein extremer Morgenmuffel bin, konnte ich kaum fassen, dass ich diese Qual über mich ergehen ließ, nur um ein paar Jugendlichen beim Kartendrehen zur Seite zu stehen - doch schon unter der Dusche, als ich eigentlich erst wach wurde, war meine Motivation wieder hergestellt. Als ich beim Frühstück mit Ute und Martin einen Kaffee bekam, war die Welt wieder in Ordnung und voller Tatendrang machten wir uns auf den Weg zur Halle.
Das Deck Check-Team muss üblicherweise zu Beginn die Decklisten einsammeln, diese im Verlauf der ersten Runde vollständig zählen und sich in kommenden Runden um regelmäßige Deck Checks sowie - sofern die Hautpaufgabe erledigt ist - um Regelfragen und ähnliche Angelegenheiten kümmern. Bevor dies geschehen konnte, verzögerte sich leider der Anfang des Turniers, weil der DCI Reporter mal wieder entschieden hatte, nicht richtig zu funktionieren. Dieses Problem gibt es leider immer wieder und sorgt regelmäßig für Verspätungen. Allerdings konnten die Verantwortlichen den Fehler schnell beheben und nach kurzer Wartezeit ging es endlich los: Wir sammelten die Decklisten ein und machten uns direkt daran, sie zu zählen. Dass dies sehr schnell geschieht ist deshalb so wichtig, weil alle Strafen für fehlerhafte Decklisten zu Beginn der zweiten Runde vergeben werden sollten. Mit ein wenig Unterstützung schafften wir das auch und somit konnten wir uns eine Stunde später dem regelmäßigen Überprüfen von Decks und der Anwesenheit zwischen den Tischreihen widmen.
Ich arbeitete an diesem Tag vor allem mit Raul Rabionet, einem spanischen Area Judge, der zur Zeit in der Schweiz lebt, aus meinem Team zusammen. Da er sehr erfahren ist, konnte er mich oft bei Rulings beobachten und mir Tipps geben, was ich besser machen könne. Außerdem zeigte er mir, wie man einen Midround Deck Check startet und wie man solch eine Überprüfung möglichst schnell hinbekommt. Dabei gilt als Faustregel, dass man nie mehr als sieben Minuten brauchen sollte, da man den Spielern noch drei Minuten zusätzliche Zeit zum erneuten gründlichen Mischen geben muss und das Turnier nie mehr als zehn Minuten verzögern möchte. Insgesamt war ich überrascht, wie umfassend Rauls Feedback ausfiel und wie viele nützliche Dinge er mir erklären konnte. Bei lokalen Events wie PTQs ist es sehr schwierig, die Arbeit der anderen ausführlich zu kommentieren, da wenige Leute alle Aufgaben bewältigen müssen, während die Teams bei GPs bewusst so gestaltet sind, dass sich mehrere Leute den ganzen Tag bei den gleichen Abläufen beobachten können, um ausführlich darauf einzugehen. Ich war sehr froh darüber, da ich so innerhalb dieses einen Tages sehr viele praktische Dinge in Erfahrung bringen konnte.
Eine Situation gab es bei einem Deck Check, auf die ich genauer eingehen möchte. Als ich in einer der späteren Runden die Decks einsammelte, wies mich einer der beiden Spieler frustriert darauf hin, dass dies bereits sein zweiter Deck Check sei und dass er den anderen eine Runde zuvor hatte. Er versuchte mich davon zu überzeugen, dass dies nicht erneut nötig sei und man viel Zeit sparen könne, wenn es nicht noch mal gemacht werde, aber ich ging nicht weiter darauf ein. Raul nahm sich das Deck dieses Spielers vor, ohne dass ich ihm von dem Vorfall erzählte. Schon nach kurzer Zeit wies er mich darauf hin, dass es mit dem Deck ein Problem gab: Einige Hüllen hatten ähnliche Markierungen. Wir schauten uns die markierten Karten genauer an, fanden allerdings kein auffälliges Muster. Trotzdem informierten wir uns bei dem Judge, der den Check in der Runde vorher übernommen hatte. Er klärte uns darüber auf, dass er genau diese Hüllen auch überprüft hatte und der Spieler ein Warning für "Marked Cards - No Pattern" von ihm erhalten hatte. Außerdem hatte er darauf hingewiesen, dass die Hüllen nach dem Spiel ausgetauscht werden müssten.
Nun hatte der Spieler offensichtlich die Hüllen beibehalten und außerdem mich davon zu überzeugen versucht, dass ich ihn nicht mehr checken solle. Das war für uns ein Grund, George (als Head Judge unserer Hälfte) einzuschalten. Wir erklärten ihm das Problem und er entschloss sich dazu, den Spieler zu dieser Situation zu befragen. Während er und Raul sich darum kümmerten, nahm ich Judge Calls an, die in der Umgebung anstanden. Nach der Untersuchung erklärte Raul mir, dass der Spieler bei der Befragung sofort zugegeben habe, dass er die Hüllen nicht ausgetauscht hatte und deswegen nicht wollte, dass sein Deck noch mal überprüft wird. George kam allerdings zu dem Schluss, dass dieser Spieler nicht betrügen wollte sondern sich einfach nicht im Klaren darüber war, welche Konsequenzen sein Verhalten haben könnte. Deshalb entschied sich George dazu, den Spieler nicht zu disqualifizieren, sondern ihm einen Game Loss für "Unsporting Conduct - Major" zu geben. Das ist die übliche Strafe, wenn man eine direkte Anweisung eines Turnier-Offiziellen nicht befolgt. Diese Strafe fand ich durchaus angemessen und ich vermute, dass dieser Spieler etwas daraus gelernt hat.
Ein weiterer interessanter Vorfall ereignete sich gegen Ende des ersten Tags. Alex Fanghaenel erklärte mir, dass er ein Extirpate auf den Vesuvan Shapeshifter seines Gegners gespielt hatte, dessen Bibliothek, Hand und Friedhof mehrmals durchgeschaut hatte und, als er insgesamt nur drei Kopien fand, den Gegner fragte, ob das alle seien. Dieser bejahte die Frage. Als kurze Zeit später doch der vierte Shapeshifter gespielt wurde, war sich Alex dessen erst gar nicht bewusst. Erst nach dem Spiel war ihm dieser seltsame Umstand klar geworden. Als er seinen Gegner danach fragte, antwortete dieser nur (sinngemäß): „Dein Problem, wenn du nicht genau genug suchst“ und verschwand sofort. Das kam Alex etwas seltsam vor und er machte sich Sorgen, ob da nicht möglicherweise etwas Unsauberes vorgefallen sei.
Nun muss gesagt werden, dass die Antwort des Gegners auf die Frage, ob das alle Shapeshifter seien, völlig in Ordnung war. Über solche versteckten Informationen darf man lügen. Außerdem war ich erst nach dem Spiel dazugekommen und konnte somit an der Situation nichts mehr ändern und es war auch sehr schwierig, weiter darüber nachzuforschen. Trotzdem war es möglich, dass dieser Spieler irgendwie betrogen hatte - er hätte den Shapeshifter auf der Hand haben und während des Extirpate verstecken können. Oder den Shifter nach dem Extirpate wieder irgendwie in seine Hand befördern können. Deshalb sagte ich Carlos Ho (Regional Judge aus Panama) bescheid, da er für diesen Bereich des Turniers verantwortlich war. Er schrieb sich alles auf und sagte mir, dass er diesen Spieler weiter beobachten lassen würde um zu sehen, ob etwas Ähnliches noch einmal vorfallen würde. Mehr konnten wir zu diesem Zeitpunkt nicht tun.
Ansonsten verlief Tag 1 sehr ruhig. Trotz der hohen Teilnehmerzahl hatten wir ausreichend Schiedsrichter, um alle Bereiche der Halle abzudecken - ein Luxus, der bei weitem nicht bei jedem GP vorhanden ist. Am Abend gab es ein weiteres Meeting, bei dem diverse Rulings und Verfahrensweisen sowie interessante Diskussionen besprochen wurden, unter anderem auch die mit dem zweiten Deck Check. Für den Sonntag wurden wir neu eingeteilt. Ich war erst enttäuscht darüber, zu den Side Events geschickt zu werden, allerdings sollte sich herausstellen, dass dies einige Vorteile hatte, zum Beispiel dass ich meinen Wecker später stellen konnte – eine Stunde mehr Schlaf hat an solch einem Wochenende enorme Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit. Deshalb machte ich mich gleich nach dem Umbau für den zweiten Tag direkt auf zum Hotel, wo es nicht lange dauerte, bis ich erschöpft einschlief.
Side Events bei solchen Turnieren verlaufen in der Regel deutlich stressiger als der Hauptteil des Turniers. An diesem Sonntag sollte aber nur wenig Arbeit auf uns zukommen. Zusammen mit Jasper Overman, Area Judge aus den Niederlanden, kümmerte ich mich um 8-Spieler Booster Drafts. An diesem Tag konnte zum ersten Mal mit Future Sight gespielt werden und obwohl die Leute einige der Karten nicht kannten, entschlossen sich viele dazu, asiatische Drafts zu spielen. An dieser Stelle kamen meine Japanisch-Kenntnisse ins Spiel. Obwohl ich nicht immer zuverlässig lesen konnte, was eine Karte machte, war es meist genug, um den Leuten beim Draften und Spielen zu helfen, worüber alle sehr erfreut waren.
Dieser Service von mir wurde allerdings von der Side Event-Leitung schlagartig zu Nichte gemacht, als sie von japanischem auf chinesisches Produkt wechselten, offensichtlich mit dem Gedanken „das sieht ja eh gleich aus“. Leider kann ich Chinesisch nicht lesen, weshalb ich ab diesem Zeitpunkt auf das Wissen von Daniel Ley (Local Judge aus Aachen) angewiesen war, der zum Glück nahezu alle Karten auswendig kannte. Die wenigen, mit denen er nicht vertraut war, konnte ich schnell beim Händler besorgen. Somit waren alle Beteiligten zufrieden gestellt.
Als meine Mitfahrer mit ihren Side Events fertig waren, holte ich mir noch meine „Bezahlung“ in Form von Displays und Foils ab und nachdem wir uns noch das Finale angeschaut hatten und meinem obligatorischen Besuch bei den Künstlern traten wir die Heimreise ein.
Obwohl es sehr anstrengend war, hat mir das Wochenende sehr viel Spaß gemacht. Ich habe viele neue, interessante Menschen kennen gelernt und von ihnen einiges über das Schiedsrichtern erfahren. Am Sonntag abend war ich mir sicher, dass ich solche Wochenenden auf jeden Fall in Zukunft wieder erleben möchte. Somit war endgültig der Entschluss gefallen, hauptsächlich als Schiedsrichter tätig zu sein.
Die zweite Prüfung – Deutsche Meisterschaft 2007
Nach all diesen Events hatte ich einige Leute, die mir ihre Empfehlungen zum nächsten Level aussprachen. Jens und Oli waren nach Stuttgart von meinen Fähigkeiten überzeugt und auch mit Michael und Falko Görres hatte ich sehr viel über die Anforderungen des zweiten Levels gesprochen. Ich fühlte mich zuversichtlich, dass ich den schriftlichen Teil – bei dem im Gegensatz zu Level 1 schon 85% von 50 Fragen richtig beantwortet werden müssen – bestehen würde, da ich vorher im Judge Center (Link) einige Übungs-Examen mit über 90% bestanden hatte. (Übrigens kann in diesem Judge Center auch jeder Spieler Übungen für den Level 1-Test absolvieren – das kann ich wirklich jedem empfehlen, der über eine Prüfung nachdenkt!) Allerdings wollte ich eigentlich den Test erst angehen, wenn ich überzeugt davon war, ein guter.Area Judge zu sein. Mir ging es nicht nur darum den Titel zu haben,planä sondern auch die entsprechenden Fähigkeiten. Im Lauf des Wochenendes überzeugten mich aber mehrere Leute, dass man erst einmal Leve 2-Judge werden muss, bevor man die wichtigen Fähigkeiten überhaupt erlernen kann - Erfahrung spielt hier wiederum eine sehr wichtige Rolle. Somit war geplant, dass ich meine Prüfung samstags bei Michael Wiese ablegen sollte.
Da schon vor der eigentlichen Meisterschaft einiges geplant war, fuhr ich bereits Mittwoch nachmittag nach Aschaffenburg. Im Hotel traf ich auf Falko, Huy Dinh und Philip Daferner (Regional Judge aus Wien) sowie die Hasbro-Mitarbeiter. Wir unterhielten uns, während nach und nach weitere Kollegen eintrafen. Michael Wiese hatte am Tag zuvor per Mail vorgeschlagen, in einem ihm bekannten Restaurant zu abend zu essen. Dieser Idee gingen wir zu etwa zehnt nach. Natürlich wurde während dem Essen noch gemütlich eine Runde Highlander gezockt, bevor wir uns wieder auf den Weg zum Hotel machten. Mittlerweile waren fast alle Schiedsrichter anwesend und ich versuchte einen kleinen Draft zu organisieren. Zwar mussten wir am nächsten Tag für allgemeine Vorbereitungen und die Meatgrinder früh raus, allerdings wusste ich zumindest von mir selbst, dass ich nicht früh schlafen könne. Lang wurde der Abend allerdings nicht, da die meisten schon nach der ersten Runde das Bett aufsuchten. Ich spielte noch eine zweite Runde gegen Tobias Licht, sein Deck hatte jedoch keine Lust, weshalb beide Spiele sich sehr unfair und alles andere als spaßig gestalteten. Somit ging der Abend auch für mich gegen Mitternacht zu Ende.
Der Donnerstag begann wie immer viel zu früh, dafür mit ausgiebigem Frühstück in versammelter Runde. Da die Turnier-Halle nur wenige Meter vom Hotel entfernt war, konnten wir uns genügend Zeit lassen und trotzdem pünktlich vor Ort erscheinen. Bevor die ersten Last Chance Qualifier beginnen konnten, mussten noch verschiedene Aufgaben erledigt werden: Banner aufhängen, Tischnummern verteilen, Pairings- und Standings-Boards aufbauen sowie ein erstes kleines Meeting. Jeder Meatgrinder sollte von einem Level 1-Judge geleitet werden, mit mindestens einem erfahrenen Level 2 als Backup. Zwar sind solche kleinen Single Elimination-Turniere nicht sonderlich schwierig zu beaufsichtigen, die Idee fand ich trotzdem sehr gut, da so jeder weniger erfahrene Schiedsrichter eine Gelegenheit bekommen würde, sich mit der Rolle des Head Judge vertraut zu machen. Leider kamen letzten Endes nur wenige von uns tatsächlich dazu, einen Grinder zu leiten, da weniger als erwartet stattfanden. Das erste Turnier übernahm Attila.
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Heiko mit Marcel Mike Schneider |
Aufgrund einer kurzen Planänderung sollte ich mich direkt um das zweite kümmern. Mein Team bestand aus Tobias, Jens und Marcel Mike Schneider. Während eines kurzen Team-Meetings entschloss ich mich dazu, die Aufgaben immer wieder rotieren zu lassen. Jede Runde brauchte ich eine Person zum Verteilen von Pairings und Entry Slips sowie zwei Leute für Deck Checks. Bei insgesamt sechs Runden konnte bei rotierenden Aufgaben jede Kombination meiner drei Schiedsrichter sich mindestens einmal um jeden Aufgaben-Bereich kümmern. Ich war mir nicht sicher, ob diese Verteilung so sinnvoll war. Tobias brachte zum Beispiel den berechtigten Einwand, dass man nicht so effizient arbeite, wenn man jede Runde etwas anderes machen müsse. Ich bin allerdings der Meinung, dass dieser Nachteil zumindest bei solch einem kleinen Event nicht sonderlich ins Gewicht fällt, während ich es als Floor Judge persönlich nervig finde, jede Runde das Gleiche zu machen. Bei kommenden Turnieren werde ich sicherlich mehrere Versionen der Aufgabenverteilung probieren um zu sehen, was mir und meinen Schiedsrichtern am ehesten zusagt.
Mit meinem Team war ich im Verlauf des Qualifiers sehr zufrieden und auch die Zusammenarbeit mit den Head Judges der anderen Grinder funktionierte sehr gut. Zwar gab es zu Beginn kleine Unstimmigkeiten, weil im ersten Grinder Decklisten zurückgegeben wurden, damit die Spieler sie für weitere Qualifier nicht neu schreiben mussten. Nach Absprache mit Falko, der Head Judge dieser DM war und somit alle Grinder zusammen überwachte, entschlossen wir uns jedoch dazu, die Decklisten nicht mehr herauszugeben. Manche Spieler fanden das zuerst unfair, da ein paar Leute zu Beginn ihre Decklisten zurückbekommen hatten. Als wir ihnen die Situation erklärten, sahen es die meisten aber ein.
Weil bei solchen Single Elemination-Turnieren schon nach zwei Runden nur noch wenig zu tun ist, hatte ich an diesem Tag einige Gelegenheiten, mich mit meinen Kollegen zu unterhalten. Vor allem mit Jens sprach ich ausführlich über meinen eventuell doch nicht bevorstehenden Test. Er konnte meine Einwände zwar nachvollziehen, versuchte mir aber klar zu machen, dass ich es angehen sollte um als Area Judge mehr und bessere Möglichkeiten zu bekommen, alle relevanten Fähigkeiten zu erlernen.
Am Abend sollten alle verfügbaren Schiedsrichter beim letzten Grinder helfen, da bei diesem gedraftet wurde. Für das Verteilen der Booster und das Bewachen der Tische wurden natürlich mehr Leute gebraucht als bei den Standard-Events. Danach war der Abend frei und ich entschied mich dazu, gleich ins Hotel zu gehen, um möglichst viel Schlaf für die kommende DM zu haben.
Freitag war zwar der erste Tag der Meisterschaft, allerdings wurde ich für den gleichzeitig stattfindenden PTQ eingeteilt. Zusammen mit Michael Hüllecremer, Michael Steinecke und Jens kümmerte ich mich um alle, die nicht an der DM teilnahmen und die letzte Möglichkeit wahrnehmen wollten, sich für Valencia zu qualifizieren. Leider war der Turnierbereich etwas ungünstig strukturiert, da wir mit den Tischen auf den Stufen zurechtkommen mussten. Das machte das Abdecken aller Bereiche etwas schwierig. Trotzdem verlief das Turnier überraschend ruhig. Es gab nur wenige Judge Calls und die meisten konnten schnell und zuverlässig beantwortet werden.
Eine nicht für mich aber für den Spieler knifflige Frage gab es jedoch. Ich wurde an einen der vorderen Tische gerufen, wo sich die Spieler gerade im Kampf befanden. Der Spieler, der mich gerufen hatte, musste entscheiden, wie er blocken sollte. Seine Frage: "Kann ich Saffi für sich selbst opfern?" Noch bevor ich antworten konnte äußerte sein Gegner seine Zweifel darüber, ob dies möglich sein. Auf genau diese Frage konnte ich jedoch nur antworten: "Ja, du kannst Saffi sich selbst als Ziel wählen lassen, wenn du sie opferst." Beide waren etwas ungläubig ob dieser Antwort. Doch auch die Nachfrage "also ich kann Saffi wirklich opfern und sich selbst wählen" konnte ich wiederum nur mit "ja" beantworten. Daraufhin entschied sich der Spieler, mit eben jener Saffi den angreifenden Tarmogoyf zu blocken. Als der Schaden auf dem Stapel lag, nahm er seine Saffi und sagte "sac für sich selbst". Danach legte er sie wieder auf den Tisch.
An dieser Stelle musste ich ihn darüber aufklären, dass seine Saffi nun im Friedhof lag, da ihre aktivierte Fähigkeit nicht verrechnet werden konnte, weil diese kein legales Ziel mehr hatte - immerhin liegt die Saffi schon im Friedhof wenn es soweit kommen würde. Wie ich es schon fast erwartet hatte, war der Spieler darüber nicht erfreut. Er argumentierte, dass ich mich unfair verhalte und ihm diese Interaktion näher hätte erklären können. Das Problem an solchen Situationen ist, dass ich seine Regelfrage korrekt beantwortet habe und ich ihm nicht einfach zusätzliche Informationen geben kann. Denn genau das wäre unfair seinem Gegner gegenüber. Aus dieser Situation sollte man lernen darauf zu achten, den Schiedsrichter immer genau das zu fragen, was man eigentlich wissen möchte. Von sich aus kann er keine zusätzlichen Informationen geben.
Bei der Top 8 hatte ich das Glück, für eines der kurzen Matches eingeteilt zu werden. Als mein Tisch zu Ende war, befand sich eines der anderen Viertelfinale noch im ersten Spiel! Letzten Endes kam es auch im Finale zu solch einem langen Spiel, da sich zwei Control-Decks gegenüber standen. Für dieses Spiel wurde natürlich ein Table Judge gebraucht. Da sowohl Jens, Michael Steinecke und ich freiwillig geblieben wären und Michael Hüllecremer als Head Judge sowieso dabei sein musste, entschieden wir per Würfel, wer sich die Nacht um die Ohren schlagen musste. Wieder hatte ich Glück, denn Michael und ich durften bereits ins Bett gehen, während Jens sich in der Hotel-Lobby die Entscheidung anschaute.
Samstagmorgen sollte ich wieder beim Draft aushelfen. Ich bekam einen Pod zugewiesen und musste darauf achten, dass niemand Signale gibt oder anderen in die Karten schaut. An meinem Tisch gab es ein paar kleinere Probleme, weil manche Karten Stempelreste auf der Rückseite hatten oder falsch geschnitten waren. Ich ließ die Karten normal draften und ersetzte sie vor der ersten Runde durch Proxies.
Da an meinem Tisch alles ruhig verlief, schaute ich mich ein wenig um. Es kann nie schaden, auch die anliegenden Tische zu beobachten, da man vielleicht etwas sieht, was dem zuständigen Schiedsrichter entgeht, oder weil die Leute in diesem Pod nur auf diesen Schiedsrichter achten, wenn sie etwas Krummes versuchen. Ein Spieler am Tisch von Eckhard Maaß fiel mir dabei besonders auf. Er schaute oft in alle Richtungen um sich und kam mir sehr nervös vor.
Diese Beobachtung wollte ich Eckhard mitteilen, stellte mich dabei aber ausgesprochen dämlich an: Ich rief ihn zu mir und da dieser Spieler an der Ecke zu meinem Pod saß, trafen wir uns direkt hinter ihm. Ich flüsterte Eckhard zu, dass mir an seinem Tisch etwas seltsam vorkam und er diese Ecke genauer beobachten solle. Dann kümmerte ich mich wieder um meinen Draft, weil wieder jemand eine markierte Karte geöffnet hatte.
Eckhard hatte wie zu erwarten nicht richtig verstanden, was ich von ihm wollte. Deshalb drückte er mir kurz darauf seinen Notizblock in die Hand. Darauf hatte er „Wer?“ und „Warum?“ notiert. Ich teilte ihm ebenfalls schriftlich mit, was das Problem war. Allerdings gab es erneut ein Missverständnis, weil ich die Nummerierung der Plätze an seinem Tisch falsch verstanden hatte und ihm somit den falschen Spieler mitteilte (was sich erst später herausstellte).
Ich behielt den Spieler weiter im Auge. Während der Zeit nach dem Planar Chaos-Booster, in der man sich den Pool anschauen sollte, hatte ich den Eindruck, dass er ein- oder zweimal zu seinem linken Nachbar schaute. Danach fiel er mir nicht mehr weiter auf.
Nach dem Draft sprach ich mit Eckhard und es stellte sich heraus, dass wir leider auf andere Spieler geschaut hatten. Somit konnte er meine Beobachtungen nicht unterstützen. Er gab mir daraufhin ein paar nützliche Tipps, wie ich so etwas in Zukunft besser angehen könne. Danach sprach ich trotzdem mit Falko, da ich mir recht sicher war, was ich gesehen hatte. Es galt nun herauszufinden, ob dieses Umschauen Zufall oder Absicht war.
Wir machten uns auf den Weg zu dem betroffenen Spieler und konnten ihn direkt nach dem Deckbau abfangen. Wir setzten uns mit ihm abseits an einen Tisch und Falko stellte ihm verschiedene Fragen zum Draft. Er hatte nach ein paar Picks die Farben gewechselt, was darauf hindeuten konnte, dass er etwas bei seinem Nachbar gesehen hatte. Daraufhin konfrontierten wir ihn mit unserer Vermutung. Er war sichtlich überrascht über den Vorwurf. Was genau besprochen wurde, möchte ich hier nicht erwähnen, auf jeden Fall machte er den Eindruck, dass er sich nicht absichtlich umgeschaut und auch keine Karten gesehen hatte. Ich sprach kurz mit Falko unter vier Augen und wir waren beide recht sicher, dass der Spieler nicht versucht hatte, zu betrügen. Das Wechseln der Farben an sich war nicht Indiz genug und auch die Tatsache, dass er nach dem Planar Chaos-Booster nach links geschaut hatte, war keinesfalls ein eindeutiger Beweis, denn eigentlich nützt ihm während des kommenden Boosters die Info, was sein linker Nachbar gedraftet hat, fast nichts mehr. Zusätzlich klangen seine Antworten überzeugend und stimmig. Deshalb gaben wir ihm keine Strafe und wiesen ihn darauf hin, dass er in Zukunft besser darauf achten solle, wohin seine Augen während des Drafts wandern.
Nach dem Draft half ich wieder bei den Side Events aus. Eigentlich hatte ich mir diesen Job von Falko gewünscht, da ich wenigstens einmal mit Philip Daferner zusammen arbeiten wollte. Dieser Plan ging allerdings nicht auf, da Philip zusammen mit Marcel Mike die Junior Series übernommen hatte. Zusammen mit Thomas Kugler kümmerte ich mich um die wenigen Drafts.
Allerdings dauerte auch diese Arbeit nicht lange, denn an diesem Tag sollte ich meine Level-2-Prüfung bei Michael Wiese ablegen. Bevor es losging, schickte er mich in die Mittagspause. Zum Glück fand an diesem Tag direkt vor der Halle ein Markt statt, wo ich mich mit ausreichend Gebäck eindecken konnte.
Der Test an sich war einfacher als erwartet. Ich hatte mir Sorgen darüber gemacht, dass ich zu viele Fehler machen würden, weil ich die Fragen oder Antworten nicht richtig lese. Denn meiner Meinung nach ist das die eigentliche Schwierigkeit an diesen Tests – nicht die Fragen an sich, sondern das Verständnis. Oft sind die Optionen irreführend oder sehr ähnlich und wenn man nicht genau aufpasst, kann man schnell ein Detail vergessen, vor allem wenn viele und viele obskure Karten involviert sind.
Aus diesem Grund war meine Vorbereitung äußerst nützlich. Durch die Online-Tests hatte ich mich an diesen Umstand gewöhnt und vergewisserte mich mehrmals, dass ich alles richtig verstanden hatte. Insgesamt dreimal ging ich alle Fragen durch und machte mir wo nötig Notizen oder Schaubilder, um zum Beispiel Kampfsituationen richtig zu verstehen.
Nach dem Test ging ich noch einmal kurz zum Main Event, bevor Michael mich wieder zu sich bat, um das Ergebnis zu besprechen. Als erstes fragte er mich, was meine Erwartung sei. Ich sagte ihm, dass ich bei der ein oder anderen Frage unsicher war, aber glaubte, dass ich bestanden habe. Daraufhin gingen wir einige der Fragen gemeinsam durch. Gleich bei der ersten hatte ich genau das Problem, das ich oben beschrieben habe – ich hatte ein Detail vergessen, obwohl ich die Antwort eigentlich kannte. Ich konnte sie Michael sofort nennen, als er mich auf meinen Fehler hinwies. An diesem Punkt war meine Zuversicht schlagartig verschwunden, vor allem weil Michael als nächstes eine weitere der ersten Fragen ansprach. „Wenn das so weitergeht“, dachte ich mir, „hast du es völlig verschlampt obwohl du dir so sicher warst.“ Das war mir sofort peinlich, vor allem weil ich alle, die mich vorher unterstützt hatten, allen voran Michael und Jens, nicht enttäuschen wollte – allerdings ließ ich mir nichts anmerken, sondern versuchte möglichst gelassen zu wirken.
Ich war sehr überrascht, wie viele Fragen Michael ansprach, denn ich hatte nicht damit gerechnet, so vieles unsicher oder falsch beantwortet zu haben. Zu meiner Erleichterung stellte sich jedoch heraus, dass er mich nur auf die Probe stellen wollte um zu sehen, dass ich auch verstanden hatte, warum eine Antwort richtig war – immerhin kann bei Multiple Choice auch Glück dabei sein.
Bei der letzten Frage angekommen war meine Zuversicht somit wieder hergestellt. Insgesamt zwei Fragen hatte ich falsch beantwortet und somit ein Ergebnis von 96% geschafft! Darauf war ich definitiv stolz, wobei mich immer noch ärgerte, dass ich die erste Frage leichtsinnig falsch beantwortet hatte.
Danach sprachen Michael und ich darüber, was es eigentlich bedeutet, ein Area Judge zu sein und welche Verantwortungen, Aufgaben und Fähigkeiten damit verbunden sind. Dieses Thema hatte ich mit Falko online und mit Jens an den Tagen zuvor schon ausgiebig besprochen, weshalb ich mich bei meinen Antworten sehr sicher fühlte. Dementsprechend schnell ging der mündliche Teil zu Ende. Daraufhin streckte mir Michael seine Hand entgegen, um mir zur bestandenen Prüfung zu gratulieren – ich hatte es geschafft! Mit deutlich weniger Problemen als erwartet wurde ich zum Area Judge befördert. Deutlich erleichtert begab ich mich wieder zum Turnier und verbrachte die nächste Stunde damit, von allen Seiten Gratulationen entgegenzunehmen.
Der Rest des Tages war schnell vorbei und nach einem letzten Judge Meeting begaben wir uns kurz ins Hotel und von dort aus direkt zur Players' Party. Dort suchte ich mir mit Marcel Mike, Attila und Urs Tränkner einen Tisch, an dem wir unsere Decks auspackten – Schiedsrichter spielen tatsächlich auch gerne! Während Urs und Marcel Mike sich in diversen Eternal-Formaten die krassen Sprüche um die Ohren hauten, zockten Attila und ich zwei meiner Elder Dragon Highlander gegeneinander. EDH ist wie Sheldon schon sagte das allerbeste Format! Es macht einfach unheimlich Spaß, wie zum Beispiel an diesem Abend geschehen, den gegnerischen Darksteel Colossus zu briben, während man sein Greater Good mit Copy Enchantment nachahmt, er dann eine Insurrection spielt, wodurch man gezwungen wird, einen Haufen Karten zu ziehen.
Mein Ziel an diesem Abend war es, noch einen Judge Draft zu organisieren. Solche Runden in angenehmer und lockerer Atmosphäre machen mir am meisten Spaß und extra zu diesem Zweck hatte ich ein Display der zehnten mitgebracht, da ich XXX als Format sehr schätze. Insgesamt elf Judges plus Matthias von Hasbro fanden sich zusammen. Sogar eine kleine Zuschauermenge bildete sich – wer aber dachte, dass es da was zu lernen gab, lag recht falsch, da viele von uns kaum Erfahrung mit dem Format hatten und wir zusätzlich nicht die besten Drafter waren. Das Finale entschieden Michael Wiese und Jens zwischen sich. Letzterer gewann und bekam als Belohnung alle geöffneten Tokens sowie einen gratis Booster 10te von Ingo – eine sehr schöne Geste, finde ich.
Am Sonntag sollte ich zuerst für die Legacy Meisterschaft eingeteilt werden, konnte mich aber erfolgreich davor drücken. Ehrlich gesagt habe ich von Eternal-Formaten nur wenig Ahnung und mir graut es vor der Vorstellung, solche Karten wie Chains of Mephistopheles oder Humility im Spiel zu sehen und danach gefragt zu werden, wie diese in den seltsamsten Situationen funktionieren.
Offiziell war ich wieder für Side Events zuständig, allerdings war dort recht wenig los und wir hatten zusätzlich einen Level 1-Kandidaten, der sich dort beweisen sollte, weshalb ich die Freiheit genoss, das zu tun, worauf ich gerade Lust hatte. Ich unterhielt mich längere Zeit mit dem anwesenden Künstler Volkan Baga und bewachte seine Sachen während seiner Mittagspause – wie die meisten seiner Kollegen ein sehr angenehmer Zeitgenosse!
Als ich gegen Mittag eine Flasche Wasser für Volkan besorgen wollte, gab es im Legacy Event, an dem ich dazu vorbei musste, gerade einen Call, der offensichtlich nicht beantwortet wurde. Da ich immer noch in Schwarz-Weiß unterwegs war, entschloss ich mich dazu, ihn anzunehmen – die „Angst“ vor obskuren Karten wollte ich kurzfristig ignorieren. Natürlich war schon vorprogrammiert, was kommen sollte: Der Spieler, der mich gerufen hatte, deutete auf eine chinesische Karte im Spiel und auf eine chinesische im Friedhof und fragte „Wenn die Chalice mit X = 3 im Spiel liegt, kann er dann den Spell für X aus dem Grave flashbacken?“ Chalice of the Void war mir grob bekannt, doch die andere Karte hatte ich noch nie gesehen – mittlerweile weiß ich, dass es ein Flash of Insight war. Ich las mir an meinem Laptop, der zu diesem Zweck an der Hauptbühne zugänglich war, den offiziellen Oracle-Text der Chalice und des Flash durch und kam zu dem Schluss:
Die umgewandelten Manakosten des Flash of Insight beinhalten auch dann das X, wenn es aus dem Friedhof gespielt wurde und für X somit kein Mana bezahlt wurde. Das bedeutet, dass in diesem Fall eine Chalice of the Void mit X = 3 den Flash countern würde, wenn er mit X = 1 aus dem Friedhof gespielt wurde.
Nach diesem Call hatte ich schon wieder genug von Legacy und verbrachte den Rest des Tages damit, gelegentlich bei den Side Events vorbei zu schauen, mit verschiedenen Schiedsrichtern über DCI-Philosophien, -Regeln und –Richtlinien zu diskutieren oder mich mit Leuten zu unterhalten, die man nur bei solchen Events trifft. Zusätzlich nahm ich an einem Schiedsrichter-Seminar von Sebastian Rittau teil, das „Problematische Spieler“ zum Thema hatten. Darin kamen einige interessante Situationen zur Sprache und die Diskussion war sehr lebendig und hilfreich für zukünftige Events.
Nachdem ich beim Abbauen geholfen hatte, machte ich mich noch während der Top 8 der Legacy DM auf den Heimweg. Ich war sehr erschöpft und glücklich, wieder in meinem eigenen Bett ausschlafen zu können. Trotzdem hatte mir das Wochenende unheimlich viel Spaß gemacht. Ich war begeistert vom Niveau der deutschen Schiedsrichter und hatte gemerkt, dass diese Leute auch privat sehr angenehm sind. Mit jedem einzelnen hat mir die Arbeit sehr gut gefallen. Noch am gleichen Abend schrieb ich insgesamt acht Reviews, die ich im Judge Center eingab. Diese Reviews sollen sowohl Stärken als auch Schwächen eines Schiedsrichters aufzeigen und ihm dabei helfen, sich weiterzuentwickeln. Die Tatsache, dass ich fast jeden, für den ich einen Text schrieb, als „Above Average“ (im Vergleich zu anderen seines Levels) einschätzte, zeigt in meinen Augen, dass wir bei dieser Meisterschaft ein sehr kompetentes Team waren. Ich hoffe, dass die Spieler das auch so empfunden haben.
Damit war die Deutsche Meisterschaft 2007 für mich zu Ende. Ich war froh, dass ich den Level 2-Test gemacht und bestanden hatte. Nun dauerte es nicht lange, bis schon das nächste Event anstand…
Kurzurlaub in Italien – Grand Prix Florenz .
Drei Tage konnte ich mich zuhause entspannen, bevor es weiter nach Italien ging. Donnerstag in aller Früh fuhren wir zu dritt mit dem Zug in Mannheim los. Über Basel und Mailand brauchten wir etwa zehn Stunden, bis wir im deutlich wärmeren Florenz angekommen waren. Ich hatte zwar ein Sponsorship bekommen, was bedeutete, dass ich auf Kosten von Wizards of the Coast im Judge-Hotel untergebracht wurde. Allerdings war mein Zimmer dort erst ab Freitag verfügbar, weshalb ich es mir eine Nacht lang in der deutlich… nennen wir es „simpleren“ Unterkunft meiner Mitreisenden gemütlich machte.
Den Freitag nutzten wir für typisch touristisches Verhalten: Mehr oder weniger planlos liefen wir los, schauten uns alte Gebäude an, wunderten uns über die unendliche Zahl von Fahrrädern und Rollern in den Straßen, aßen überteuertes aber sehr leckeres Eis und fanden nach viel zu weitem Weg nur indirekt wieder zum Hotel zurück. Am nächsten Tag sollte ich noch bereuen, dass mir schon vor dem eigentlichen Turnier die Füße schmerzten.
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Die glücklichen Radiohörer...
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Nachdem mein Gepäck bei meinem richtigen Hotel abgeladen wurde, ging es weiter zum Turnier-Ort. Dort trafen wir auf zwei Deutsche, die nicht richtig wussten, was sie bei dem Turnier erwarten würde. Es stellte sich heraus, dass sie im Radio eine Reise zum GP gewonnen, aber noch kaum Erfahrung mit Magic-Turnieren hatten. Ich nahm mir die Zeit, ihnen ein paar grundlegende Dinge zu erklären, damit ihre erste Magic-Reise nicht allzu enttäuschend ausfallen würde. (Link)
Danach traf ich auf Ute, einen Teil der PlanetMTG-Coverage und TrashT. Ute und ich waren die einzigen deutschen Judges, die für dieses Turnier ausgewählt wurden, worauf wir sehr stolz waren, zumal wir uns nicht für ein Sponsorship beworben hatten, aber beide das Hotel bezahlt bekamen – das zeigte uns, dass unsere Arbeit als Local Judges gewürdigt wurde. Ute und ich nahmen wie üblich am Judge Meeting teil. Danach begaben wir uns zusammen mit den Spaniern und Jan de Vries, Area Judge aus den Niederlanden, zum Abendessen.
Eigentlich erwartete der Veranstalter für diesen GP etwa 700 Teilnehmer. Das hätte bedeutet, dass wir nur ein Turnier haben anstatt es teilen zu müssen und dass die Anzahl der Schiedsrichter leicht über der benötigten Menge lag. Tatsächlich kamen aber über 1000 Spieler, womit das Turnier nicht über- sondern eher unterversorgt war was die Menge der Zebras anging. Trotzdem war alles noch im Rahmen – dachten wir…
Meine Hälfte des Turniers wurde von Riccardo Tessitori, International Judge (= Level 4) aus Italien, geführt, während die andere Hälfte unter Leitung des eigentlichen Head Judge, Lubos Lauer (Regional Judge aus Tschechien) stand. Ich war für Samstag ins Papers-Team eingeteilt. Zu dessen Aufgaben zählt das Aufhängen von Standings und Pairings sowie das Verteilen der Entry Slips zu Beginn der Runde. Ansonsten muss man vor allem darauf achten, Judge Calls entgegen zu nehmen, während die Kollegen aus dem Deck Check-Team wegen eben jener Aufgabe nicht zur Verfügung stehen.
„Papers wird schon nicht so schlimm sein“, dachte ich mir, doch da hatte ich mich getäuscht. Der Samstag dieses GPs war bis jetzt das härteste, was ich je bei einem Magic-Event erlebt habe. Jede Runde mussten wir Calls entgegennehmen, während Slips ausgeteilt werden sollten und uns gleichzeitig um viele Leute, die zu spät kamen, kümmern. In den ersten Runden passierte es mir immer wieder, dass ich mir drei verspätete Spiele aufschrieb, nicht dazu kam, die Slips auszuteilen, weil mehrere Spieler nach mir verlangten, nach etwa einer halben Stunde – was viel, viel zu spät ist – endlich die Slips verteilt hatte und dann merkte, dass ich die Verspätungen vergessen hatte. Das war sehr frustrierend, zumal ich den Eindruck hatte, dass mich meine Schiedsrichter-Kollegen zwischen den Tischen nicht unterstützten. Immer wenn ich mich umsah um nach Hilfe zu suchen, konnte ich kein anderes Zebra entdecken. Bei den Team-Meetings zwischen den Runden stellte sich jedoch heraus, dass es allen so ging. Offensichtlich waren wir mit solchen Unmengen an Calls konfrontiert, dass wir völlig überlastet waren. Wir waren zwar alle zwischen den Tischen, aber nahezu ständig mit Calls beschäftigt, weshalb es so aussah, dass niemand da war. Ein weiteres Indiz dafür war, dass wir im Verlauf des Tages alleine in unserer Seite des Turniers etwa 50 Appeals an den Head Judge hatten – eine enorm hohe Zahl. Zu den vielen Regelfragen kam eine sehr hohe Sprachbarriere hinzu. Ich war überrascht, wie wenig Englisch die meisten Italiener sprachen. Ich hatte immer gedacht, dass dieser Umstand in Frankreich besonders schlimm wäre, Italien schien unseren direkten Nachbarn allerdings deutlich zu übertreffen.
Die Situation war sehr schwierig und unheimlich frustrierend. Etwa zur vierten oder fünften Runde fühlte ich mich völlig hilf- und nutzlos, da die meisten Calls die ich annahm darauf hinausliefen, dass ich einen Übersetzer brauchte und dass mehrere andere Spiele darüber fluchten, dass ich nicht schneller bei ihnen sein konnte. Da ich so nicht weiter arbeiten wollte und konnte, sprach ich mit meinem Team-Leiter Kevin Desprez (Regional Judge aus Frankreich), der mit der Situation ebenfalls sehr unzufrieden war. Er entschied sich dazu, weniger Leute mit dem Austeilen der Entry Slips zu beauftragen und kürzere Pausen für die einzelnen Team-Mitglieder zu veranlassen. Damit waren wir definitiv einverstanden, da schon in der nächsten Runde spürbare Veränderungen stattfanden. Die Schiedsrichter mit den Slips gaben alle Calls sofort an einen Kollegen weiter und kümmerten sich währenddessen selbst um alle Verspätungen, da diese deutlich schneller zu handhaben sind, als Regelfragen oder Uneinigkeiten unter Spielern.
Am Ende des Tages war ich froh und stolz, dass wir alle neun Runden über die Bühne gebracht hatten, ohne das Turnier in einer Katastrophe enden zu lassen. So demotiviert ich im Lauf des Tages war, war ich nun überzeugt, dass wir gute Arbeitet geleistet und bewiesen hatten, dass wir mit schwierigen Situationen umgehen konnten.
Obwohl es relativ früh war, ließ ich mich nach dem Judge Meeting nicht mehr lange aufhalten und machte mich gleich auf den Weg ins Hotel und ins Bett. Ausnahmsweise war ich richtig froh darüber, wieder für Side Events am Sonntag eingeteilt zu sein, da ich so eine Stunde mehr Schlaf bekam.
Am Sonntag wieder in der Halle angekommen, teilte mich Carlos Ho, der Side Event Manager, als Head Judge für das gemischte Two Headed-Giant Turnier ein – daran durften nur Teams bestehend aus einem Mann und einer Frau teilnehmen. Man sagte mir, dass solche Turniere in Italien sehr beliebt sind. Das finde ich toll und ich würde mich freuen, wenn auch in Deutschland mehr Frauen Magic spielen und durch solche Events dazu animiert würden. Ute sollte mich bei dem Turnier unterstützen, wir waren somit ein gemischtes Schiedsrichter-Team passend zu unserem Event.
Da mein Turnier erst für Mittag geplant war, hatte ich sehr viel Zeit mich darauf vorzubereiten. Ich setzte mich mit Iago Lores, Area Judge aus Spanien, zusammen, da er der Head Judge des normalen 2HG-Turniers sein sollte. Zum einen wollten wir in beiden Events konforme Regeln anwenden, zum anderen hatte ich durch zwei PTQs in dem Format deutlich mehr Erfahrung als er, weshalb ich ihm ein paar Dinge erklären wollte.
Wir nahmen uns meinen Laptop und gingen Stück für Stück die Regeln für 2HG durch, um auf alles vorbereitet zu sein. Dabei stießen wir auf ein bekanntes Problem mit Schadenszuweisung und Weathered Bodyguards. Eigentlich sollte Kampfschaden jedes Mal konkret auf die beiden gegnerischen Köpfe verteilt werden. Dies ist aber selten relevant, weshalb es zum Problem kommt, wenn der besagte Morph involviert ist und das Zuweisen plötzlich relevant wird. Die übliche Situation ist dabei, dass Team A angegriffen hat und Team B, nachdem der Schaden auf dem Stapel liegt, die Bodyguards aufmorpht ohne dass klar ist, wohin der Schaden gehen soll.
Da ich diese Situation schon bei den PTQs kannte, hatte ich damals stichprobenartig Teams, die sich gerade im Kampf befanden, gefragt, wohin der Schaden verteilt wurde. Als den Spielern klar wurde, dass sie die Verteilung ansagen müssen, antworteten sie meist: „Ach, was soll's, machen wir halb/halb.“ Diese Reaktion nahm ich als Grundlage für das Ruling, das ich geben wollte, falls es zu oben beschriebener Situation käme: man würde einfach davon ausgehen, dass jeder Spieler von Team B die Hälfte des Schadens zugewiesen bekommen habe und somit würden die Bodyguards eben die Hälfte auf sich leiten. Damit spielte für mich auch die Tatsache eine Rolle, dass beide Teams für die korrekte Schadenszuteilung verantwortlich sind und somit beide mit dieser für sie vermutlich suboptimalen Situation leben müssen, wenn sie den Spielzustand nicht deutlich gemacht haben.
Iago sah das anders. Er war der Meinung, dass man über solch eine Situation nicht künstlich entscheiden dürfe, sondern das Spiel bis zum letzten klaren Punkt zurückdrehen müsse, da dieser unmittelbar zurücklag und seither nichts geschehen sei. Im Klartext würde das bedeuten, dass das Team mit dem Bodyguard die Unklarheit im Gamestate alleine verantworten müsse, da die Gegner nun den Morph kannten und somit einfach allen Schaden auf den anderen Kopf verteilen konnten. Iagos Meinung zufolge lag es quasi in der Verantwortung des verteidigenden Teams, ihren Gegnern mitzuteilen, wenn sie den zuvor akzeptierten Shortcut (den Schaden ohne genaue Zuteilung auf den Stapel legen) nicht mehr benutzen wollten – immerhin konnten ihre Gegner von dem Morph nichts wissen.
Ich fand diese Meinung nachvollziehbar und sie entspricht auch der aktuellen DCI-Philosophie. Allerdings wollte ich trotzdem eine weitere Meinung dazu hören, weshalb wir Carlos konsultierten. Er stützte Iagos Sicht, weshalb wir diese Situation genau so handhaben würden, falls sie tatsächlich vorkommen sollte.
Mittlerweile war die Registration für beide Turniere zu Ende. Iago musste sich um über 50 Teams kümmern, während ich mit ganzen sieben zu tun hatte! Es sollte also ein ruhiges Event werden, zumal die Atmosphäre sehr locker und ungezwungen war.
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1½-Headed Giant… |
Da ich mir nicht sicher war, wie gut die Anwesenden Englisch sprechen würden, besorgte ich mir für die Begrüßung einen Übersetzer, damit jeder alle wichtigen Anweisungen wirklich verstand. Besonders erfreut war ich darüber, dass wir eine sehr junge Spielerin hatten, die ihren Mitstreitern in nichts nachstand. Über sie wurde sogar in der offiziellen Coverage berichtet (Link), zumal sie es mit ihrem doppelt so großen Partner schaffte, bis ins Finale zu kommen.
Regelfragen gab es so gut wie keine – überhaupt kamen fast keine Probleme auf. Lediglich die vierte und letzte Runde sollte richtig spannend werden. Eines der Teams rief mich, als sie beim Ziehen der Starthände bemerkten, dass sich eine Karte im falschen Deck befand. Es handelte sich um eine Kreaturenverzauberung und da beide die gleichen Hüllen spielten, war sofort klar, was geschehen war. Die beiden hatten somit je ein illegales Deck präsentiert. Das hat üblicherweise einen Game Loss zur Folge. Nun gab es zwei Dinge zu beachten: Man kann den Game Loss für manche Vergehen im 2HG durch eine sogenannte „Match Point Penalty (MPP)“ ersetzen, da der Game Loss einem Match Loss gleichkäme. Die MPP zieht lediglich einen Punkt vom Gesamtpunktestand des Teams ab. Allerdings erinnerte ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an diese Möglichkeit, weshalb ich vor dem Dilemma stand, diesem Team in der letzten Runde die Gelegenheit zum Spielen zu nehmen. Mir fiel jedoch eine andere Option ein: Falls der Head Judge einen guten Grund hat, kann er eine Strafe herabsetzen. Ein solcher Grund ist es zum Beispiel, wenn ein Spieler, der einen eigenen Fehler bemerkt, gleich den Schiedsrichter ruft. Das war hier geschehen, weshalb ich dem Team anstelle eines Game Loss nur ein Warning gab, mit der Bitte, in Zukunft besser aufzupassen. Die beiden waren sichtlich erleichtert.
Wäre die Situation anders gewesen, wäre es als Schiedsrichter – auch als Head Judge – vermutlich meine Pflicht gewesen, dem Team einen Game Loss, quasi einen Match Loss zu geben (denn nicht für alle Vergehen darf die Strafe herabgesetzt oder durch eine MPP ersetzt werden). Trotzdem hätte ich das in dieser Situation nur schweren Herzens getan. Die insgesamt sieben Teams hatten alle sichtlich Spaß, ohne auf große Gewinne abzuzielen und ich hätte Probleme, einem Team das Spielen zu versagen, selbst wenn die Penalty Guidelines es erfordert hätten. Auf jeden Fall war ich froh, in dieser Situation andere Optionen zu haben.
Noch sollte die Runde aber nicht vorbei sein! Nach etwa einer halben Stunde rief mich ein anderes Team und der Spieler wies mich darauf hin, dass er soeben eine Karte des vorherigen Gegners gezogen hatte…
Nun ist das im Prinzip das gleiche Vergehen wie zuvor, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Das Spiel war schon weit fortgeschritten. Genauer gesagt beide Spiele, denn natürlich fehlte diese Karte in einem anderen Deck in einem anderen Spiel. Somit wurden zwei der drei Spiele dieses Turniers mit illegalen Decks gespielt. Nun denke man daran, dass dies eigentlich für jedes betroffene Team Game Losses (effektiv Match Losses!) zur Folge gehabt hätte und erinnere sich, dass ich zu diesem Zeitpunkt vergessen hatte, dass ich diese Game Losses durch MPP hätte ersetzen können. Ich sah mich somit mit der Entscheidung konfrontiert, beide Spiele auf der Stelle durch Strafen zu beenden.
Mit dieser Entscheidung war ich aus offensichtlichen Gründen nicht glücklich, weshalb ich Iago zu Rate zog. Ich besprach mit ihm die Möglichkeit, beide Game Losses herabzusetzen, obwohl der Fehler erst mitten in der Runde entdeckt wurde. Für das Team, das mich gerufen hatte, konnte ich die Entscheidung wie zuvor vertreten: Der Spieler hatte den Fehler entdeckt und ihn mir sofort mitgeteilt. Bei dem anderen Team war das schon schwieriger, denn der Fehler wurde von ihnen nie entdeckt also konnten sie mich nicht rufen. An dieser Stelle wurde ich besonders trickreich und berief mich für das Herabsetzen auf die Passage der Penalty Guidelines die besagt, dass der Head Judge bei „außergewöhnlichen Umständen“ eine Strafe herabsetzen darf. Als außergewöhnlich empfand ich dabei die Art des Events. Das Turnier hatte eine besondere Werbeabsicht, was unter anderem daran zu erkennen war, dass die Coverage darauf einging und dass für die sieben Teams mehr als drei Displays in Preisen ausgeschüttet wurden!
Ich gab also beiden betroffenen Teams ein Warning, ließ den Spieler, der die Karte gerade gezogen hatte, eine neue ziehen und ließ den Spieler, dem die Karte gehörte, diese in seine Bibliothek mischen.
Für die meisten von euch klingt das nun sicher alles fair und nachvollziehbar, allerdings muss ich mir trotzdem vorwerfen, dass ich in dieser Situation nicht optimal gehandelt habe. Ganz davon abgesehen, dass ich die Existenz der MPP vergessen hatte, war meine Erklärung für das Herabsetzen der Strafe in der letzten Situation mehr als dürftig. Natürlich ging es um den Spaß und natürlich wollte niemand etwas Böses. Aber gerade bei solchen Werbe-Events sollte man genau darauf achten, wie man die Penalty Guidelines anwendet.
Nun gut, im Prinzip hatte ich mir das wirkliche Problem selbst eingebrockt und dank den MPP wäre alles halb so wild gewesen. Mittlerweile bin ich froh darüber, dass mir diese Option von den PG gegeben war, auch wenn ich mich nicht mehr daran erinnern konnte. Auf jeden Fall war diese letzte Runde sehr lehrreich für mich.
Nach der Preisvergabe bedankte ich mich bei allen Mitspielern über das sehr angenehme Turnier und alle waren sichtlich erfreut darüber, wie es gelaufen war. Die lockere Atmosphäre und der Spaß, den die Teilnehmer hatten, zeigte mir wieder, warum ich eigentlich Schiedsrichter geworden bin. Es geht nicht nur darum, welchen Level man hat und wie erfolgreich oder anerkannt man ist, sondern dass man Gleichgesinnten die Möglichkeit gibt, Spaß am Spielen und bei Turnieren zu haben. Dass diese Leute mir dafür dankbar waren machte mich sehr glücklich. Im Lauf des Tages traf ich einige von ihnen wieder und unterhielt mich zum Teil sehr ausgiebig mit ihnen, was für mich auch ein wichtiger Aspekt an Magic ist: das Herumreisen und Treffen von interessanten Menschen.
Da mein Event wie zu erwarten schon früh fertig war, hatte ich den Rest des Tages quasi frei. Ich erkundigte mich bei Carlos ob meine Hilfe gebraucht werde. Er teilte mir mit, dass alles geregelt war und ich mir nun etwas Freizeit gönnen solle. Dazu sagte ich natürlich nicht nein. Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mir das Main Event ein wenig anzuschauen, Geld für seltsame Highlander-Karten beim Händler zu lassen, die Künstler zu besuchen und Leute mit meiner One with Nothing-Sammlung zu nerven – das gleiche wie immer eben.
„Moment mal!“, denkt ihr jetzt vielleicht, „One with Nothing-Sammlung???“ So sieht's aus! Beim Grand Prix Dortmund habe ich damit angefangen, alle möglichen Leute auf dieser supertollen Karte unterschreiben zu lassen – Spieler, Zuschauer, Judges, mit wem auch immer ich gerade zu tun hatte. Mittlerweile bin ich stolzer Besitzer eines halben Ordners voller One with Nothing und die Sammlung wächst stetig. Ich freue mich über jeden, der dazu beiträgt, sagt einfach bei kommenden Events Hallo, wenn ihr euch verewigen wollt! (Und klickt hier für die Nahaufnahme!)
… mit diesem gemütlichen Sonntag ging der Grand Prix und damit auch die bisher Magic-reichste Zeit für mich zu Ende. Ich blieb noch bis am Abend, half beim Abbauen, sprach mit fast allen, mit denen ich am Wochenende gearbeitet hatte um ihnen Feedback zu geben und machte mich auf den Weg zum Hotel, da ich erst Montag abreisen würde. Wie schon der Hinweg dauerte die Zugfahrt fast den ganzen Tag, der mit Schlafen, Draften und Highlandern verbracht wurde. Kurz vor Mitternacht lag ich in meinem eigenen, gemütlichen Bett und ließ mir die letzten zwei Wochen durch den Kopf gehen…
Magic: The Judging – ein Resumée
Was sehr behäbig angefangen hatte, entwickelte sich für mich Anfang 2007 und ganz besonders Ende August zu einem äußerst zeitaufwändigen Hobby. Ich hatte mein erstes Turnier als Head Judge hinter mir, meine erste Deutsche Meisterschaft, hatte den Level 2-Test bestanden und war das erste mal in meinem Leben in Italien – wegen einem Spiel mit bunten Kärtchen, für dessen Regeln ich zuständig bin!
Die letzten Wochen und Monate haben mir gezeigt, dass ich mich richtig entschieden habe, als ich mir das erste Mal ein Zebra-Shirt überstreifte. Nicht nur bin ich viel herumgekommen und habe mein erstes großes Ziel (Level 2) erreicht, ich habe außerdem viele großartige Menschen getroffen und bemerkt, wie sehr uns dieses Spiel verbindet und begeistert – das finde ich großartig! Deshalb werde ich auch in Zukunft weiter als Schiedsrichter unterwegs sein und mich über jeden freuen, der mir dabei über den Weg läuft.
Als nächstes werde ich vermutlich weitere PTQs als Head Judge übernehmen – vielleicht spiele ich sogar den ein oder anderen, Lorwyn finde ich bisher großartig. Außerdem habe ich mich für den Grand Prix in Krakau beworben und werde das gleiche für den GP Stuttgart tun, da ich so viele internationale Events wie möglich besuchen möchte – zum Glück bin ich durch mein Studium dazu im Gegensatz zu Leuten, die arbeiten müssen, noch in der Lage. Auch für die Pro Tour möchte ich mich demnächst bewerben um dort noch mehr Erfahrung sammeln zu können.
Ich hoffe, dass euch dieser Bericht gefallen hat. Letztendlich ist er ein wenig länger ausgefallen, als er ursprünglich geplant war (an dieser Stelle eine Runde Mitleid und vielen Dank an meine Korrekturleser TobiH und FalkoG!). Mir ging es darum, nicht nur von meinen Erlebnissen zu erzählen, sondern euch dadurch einige Zusammenhänge erklären zu können. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn sowohl angehende als auch erfahrene Schiedsrichter sowie reine Spieler etwas auf den letzten 23 Seiten lernen konnten. Auf jeden Fall bin ich auf eure hoffentlich zahlreichen Kommentare und E-Mails (wie immer an Judge@PlanetMTG.de) gespannt!
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