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Grand Prix Krakau
oder was an einem Wochenende alles schiefgehen kann...
von Jona S
16.11.2007

Hallo an alle, die mich kennen oder es bald tun werden! Ich bin 17 Jahre alt, komme aus Ulm und bin Level-1-Schiedsrichter. Nachdem es leider keinen Bericht von mir über die vor zwei Monaten vergangene Deutsche Meisterschaften gegeben hat, möchte ich euch heute meine Erlebnisse während meines ersten Grand Prix als Schiedsrichter nicht vorenthalten. Hiermit möchte ich zeigen, was alles hinter den Kulissen des Grand Prix passiert ist, welche ungewöhnlichen und interessanten Situationen und welche Gründe es für die (leider) umfangreichen Verzögerungen gab.

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Tag 0 – Am Anfang war das Chaos
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Da es von Ulm aus etwa 1.000 km bis nach Krakau sind, beschlossen wir, um 9 Uhr morgens die Reise anzutreten, um 19 Uhr an der Halle einzutreffen, damit ich das eröffnende Schiedsrichtertreffen nicht verpassen würde. Mit „wir“ meine ich: Jan Länge und Christian von Kalkstein, die beide als Spieler an den Start gingen und natürlich meine Wenigkeit.

Uns wurde allerdings sehr schnell bewusst, dass wir den geplanten Startpunkt nicht einhalten können würden. Die letzten Vorbereitungen schienen doch mehr Zeit zu kosten als eingeplant. Zusätzlich mussten wir bei der Autovermietung feststellen, dass wir nun doch kein Navigationssystem bekommen würden, weshalb wir schnell zurück zu Christian fuhren und mehrere Seiten aus dem Internet herausließen. Insgesamt verzögerte sich die Abreise um eine Stunde und ich bangte bereits jetzt um meine Anwesenheit beim eröffnenden Briefing.

Die nächsten sechs Stunden Fahrt verliefen reibungslos, bis wir kurz vor der polnischen Grenze in einen Stau gerieten, der uns eine ganze Stunde gefangenhielt. Es war inzwischen bereits nach 17 Uhr und wir hatten noch 400km vor uns. Je mehr Zeit verging, desto klarer wurde mir, dass ich es niemals pünktlich bis zum Treffen schaffen würde – was die Stimmung im Auto auf den Nullpunkt drückte.

Und so kam es dann auch: Um 21 Uhr erreichten wir die Stadtgrenze, doch die Pannenserie fand noch kein Ende: Wie wir bitter feststellen mussten, hatte es unser Routenplanleser geschafft, eine Seite des Routenplans auszulassen, weshalb wir uns auf einmal irgendwo im Nirgendwo befanden („Ich wusste gleich, dass es nicht nur 200m bis zum Hotel sein konnten!“ war wohl der Satz des Tages). Glücklicherweise kannten sich die Tankstellenbesitzer, Passanten, Taxifahrer und Polizisten sehr gut aus und lotsten uns gekonnt in die richtige Straße – ein bisschen Glück hatten wir uns verdient.

Im Anschluss daran, unser Zimmer (mit überraschend noblem Marmorbad) zu beziehen, machten wir uns um 22:30 schleunigst auf die Suche nach etwas Essbaren, da wir in Zuge des Zeitdrucks keine Raststätten in Anspruch genommen hatten.

Nachdem wir uns eine Stunde in Krakau bewegt hatten, fanden wir auch einen sehr guten Italiener, in dem wir – wie nicht anders zu erwarten – ein paar Magic-Spieler aus Norwegen antrafen. Nach einer großen Pizza verließen wir gegen 1 Uhr das Restaurant, um zu diskutieren, was wir uns von den Norwegern erscoutet hatten: Die vernichtende Kombination aus Haakon, Stromgald Scourge und Nameless Inversion und ob und wie man diese in ein Makeshift Mannequin Deck pressen könnte. Um zwei Uhr Nachts ging es dann ins Bett, um mir vor dem anstrengenden ersten Tag ein paar wenige Stunden Schlaf zu gönnen.

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Tag 1 – Tag der Verzögerungen
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Der Wecker klingelte und der Weg zur Site war im Vergleich zum Vortag sehr zügig gefunden, weshalb ich um 7:20 die ersten Schiedsrichter vor Ort begrüßen konnte. Aus den eMails, die mir zuvor zugesandt wurden, ging hervor, dass am Samstagmorgen um 7:30 ebenfalls ein Briefing angesetzt war, und so nutzte ich die restliche Zeit, um mich bei meinen Kollegen für mein ausgebliebene Präsenz zu entschuldigen, ein paar bekannten Gesichter die Hand zu geben und mir einen groben Überblick über die am Vorabend besprochenen Dinge zu machen.

Insgesamt 39 Schiedsrichter waren angereist und bildeten die größte Zebraherde, die ich bisher gesehen hatte. Pünktlich begann das Briefing und Adam Cetnerowski, der Head Judge für diesen Grand Prix, wies mich dem „Team Papers“ zu und wir beredeten den Ablauf des ersten Tages. Generell werden die Schiedsrichter auf internationalen Großevents in Teams eingeteilt. Meistens gibt es davon drei verschiedene:

Team Papers kümmert sich – wie der Name bereits sagt – um sämtliche Papierarbeit. Dazu gehören unter anderem das Aufhängen der Seatings, Paarungen und Standings und die Aufgabe, diese während der Runden wieder abzunehmen.

Team Logistics kümmert sich vereinfacht gesagt darum, dass alles zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist: Das Produkt bei Limited-Turnieren vorbereiten und zu verteilen, mitsamt den Decklisten usw.

Das Team Deck Check zählt während der ersten Runden die kompletten Decklisten und kümmert sich so früh wie möglich darum, fehlerhafte Decklisten zu korrigieren. Im Durchschnitt enthielten die Teams in Krakau fünf Leute. Da das Turnier ab einer Größe von 800 Spielern aufgespaltet wird, haben je zwei mal fünf Schiedsrichter die Aufgabe, etwa 500 Decklisten zu zählen. Wenn man das einmal hochrechnet, haben die Deck-Checker nicht mehr als 40 Sekunden Zeit, um auf 40, bzw. 75 zu zählen, um im Zeitplan zu bleiben.
Nachdem die Decklisten korrigiert sind, beginnt es damit, zufällig ausgewählte Partien zu stoppen und die eigentlichen Deck Checks durchzuführen.



Während des Briefings teilte uns Adam mit, dass es keine Logistikgruppe geben würde, sondern dafür ein Team, dass sich ausschließlich um das Verteilen der Ergebniszettel kümmerte und unserem Team diese Arbeit also abnahm. Mein Team bestand aus Ivan Petkovic (Level 2 und Trainer, Kroatien), der an diesem Tag Teamleader sein sollte, Pawel Kazimoerczuk (L1 aus Polen) und Gionata Dal Farra (L2 aus Italien). Nach dem großen Briefing begann eine kurze Unterredung des Teams untereinander, in dem wir uns über das Erreichen unserer Ziele, die wir uns vor Turnier setzten, den kompletten Tagesablauf abstimmten und uns ebenfalls über mehrere interessante Fragen diskutierten, unter anderem:

Spieler A hat einen Tarmogoyf im Spiel. Spieler A ruft einen Schiedsrichter und fragt, wie groß denn nun der gute Mann sei. Was darf der Schiedsrichter antworten? Auf solche Fragen heißt die Antwort „Ich weiß es nicht. Stelle mir bitte eine Frage, welche ich mit Ja oder Nein beantworten könnte“. Würde man an dieser Stelle etwas wie „Der Tarmogoyf ist 5/6, da ja noch eine Gaea's Anthem im Spiel ist, die allen Kreaturen, die du kontrollierst, +1/+1 gibt“ sagen, gibt man im schlimmsten Fall den Spielern eine Strategiehilfe und das gilt es tunlichst zu vermeiden.



Nachdem die Registrierung der Spieler endgültig um 9 Uhr schloss, begannen wir, die Masterliste der Spieler auszuhängen, sodass jeder noch einmal kontrollieren konnte, ob jeder die richtige Anzahl an Byes, die richtige DCI-Nummer, etc. hatte.

Und hier begann gleich die größte Verzögerung des Tages: Wie sich sehr schnell herausstellte, hatte eine Großzahl der Teilnehmer eine falsche Anzahl an Byes: Mehrere Gewinner von Trials hatten keine oder zu wenige Byes, wiederum hatten andere Byes, die sie gar nicht haben durften. Über die Ursache dieses Problems möchte ich an dieser Stelle nicht viele Worte verlieren, aber es lag unter anderem an einer falschen eMail, die uns Wizards zugesandt hat.

Und auch nachdem die erste Flut der sich beschwerenden Spieler, die eine große Traube um die Judge-Station bildeten, bearbeitet und eine neue Checkliste ausgehangen wurde, blieben trotzdem viele Spieler mit einer falschen Anzahl an Byes zurück. Aus diesem Grund sahen die Mitarbeiter von Wizards nur den einen Weg, das Problem manuell zu umgehen: Alle Schiedsrichter mussten die komplette Teilnehmerliste mit allen Gewinnern von allen Grand Prix Trials vergleichen und die Anzahl der Byes korrigieren. Insgesamt verzögerte das Problem mit den Byes das Turnier um knapp zwei Stunden, sodass wir um 12 Uhr endlich mit der ersten Runde beginnen konnten.

An dieser Stelle noch eine Sache, die mich doch sehr gewundert hat: Während Adam die Durchsage machte, dass es noch 20 Minuten bis zu den ersten Paarungen dauern würde und als diese endlich auch fertig waren, stand ein Großteil der an den Tischen sitzenden Spielern auf und gab tosenden Beifall!

Da das Auf- und Abhängen der Paarungen während der einzelnen Runden nicht sehr viel Lesenswertes ergab, werde ich mich auf die interessanten Situationen beschränken, die während dieses Tages aufkamen:

Spieler B ruft mich an den Tisch, nachdem Spieler A mit einem Lebenspunkt und mit neun Mana eine Akroma, Angel of Wrath gespielt und angegriffen hatte. Als A dies bemerkte, wollte er ein Land enttappen, um dem tödlichen Manaburn zu entgehen. Während ich die Spieler befragte, stellte sich heraus, dass B während der Hauptphase von A einen Cryptic Command gespielt hatte und ein Land von A auf die Hand zurückschickte, nachdem A dieses noch für ein Mana getappt hatte. Danach überlegte Spieler A einen Moment, tappte 8 Länder, spielte Akroma und vergaß offenbar, dass er bereits ein Mana im Manapool hatte. Das er nun ein Land zurücktappen wollte, verbot ich ihm. Seine Argumentation war, dass es niemals seine Intention gewesen war. Auch, wenn ich das zweifelsfrei nachvollziehen kann, drehen wir völlig legale Aktionen nicht zurück, nur weil es für den betroffenen Spieler besser wäre, sie also vor Bad Plays zu schützen. A appealte an den Head Judge, dieser unterstütze allerdings meine Entscheidung und A verlor deshalb durch den Manaburn das Match 2-1.

Während Runde 3 bat mich Carlos Ho (Level 3 aus Spanien und Team Leader des Deck Check Teams) diese Runde in seinem Team auszuhelfen, da zwei seiner Mitglieder in eine Disqualifikation verwickelt waren und gerade ihren Kommentar zu dem DQ schrieben.
Bei meinem ersten Check während der Runde („Midround Deck Check“) kontrollierte ich ein Deck, welches eine sehr interessante Kartenreihenfolge hatte, nämlich Land-Spell-Spell-Land... Zufall? Daran glaubten wir nicht und beschlossen, dem Besitzer ein paar Fragen zu stellen.

Während Adam den betroffenen Spieler befragte, setzte ich mich zu seinem Gegner C, um ihm zu der Mischtechnik seines Gegners zu befragen. Der Grund dafür war, dass man bei einem Midround Check keine zuvor ausgesuchte Partie unterbricht, sondern meist„einfach nimmt, was gerade günstig ist“. Dies war auch bei mir der Fall, denn gerade zuvor hatte mich ein Spieler am Nachbartisch gebeten, in der Nähe zu bleiben, da sein Gegner ein wenig langsam spielte. Nachdem ich diese beiden eine Zeit lang beobachtet hatte, sah ich aus den Augenwinkeln, dass die Spieler am Nebentisch gerade ihre Decks präsentierten und ich griff spontan ein, sodass ich also nicht gesehen hatte, wie diese Spieler ihre Decks gemischt hatten. Doof.

Allerdings hatte C diese Arbeit für mich erledigt, dass ein Gegner mehrere Riffle und Pileshuffle gemacht, also sein deck ausreichend randomized hatte. Dies stimmte auch mit der Aussage des betroffenen Spielers überein und ich und Adam kamen zu dem Schluss, dass es wohl einer dieser 1:1.000.000-Zufälle war und beschlossen, keine weiteren Schritte zu unternehmen. Nach diesem Deck Check war meine Aushilfe beendet.

In Runde 4 kam mein Team Leader Ivan auf mich zu und berichtete mir, dass er die nächsten zwei Runden anderweitig beschäftig sei und ich für diese Zeit seine Arbeit übernehmen solle. Zunächst war ich ein wenig perplex, dass er dieses Angebot gerade an mich richtete, aber ich nahm dankend an: Mein erster Grand Prix und nach kurzer Zeit schon Semi-Team-Leader – so konnte es gerne weitergehen.

Ivan hatte unserem Team sehr gut die Aufgaben zugeteilt und jeder wusste, wie er seine Aufgaben zu erledigen hatte, meine Arbeit bestand also hauptsächlich darin, darauf zu achten, dass sie auch wirklich erledigt wurden.

Während der zwei Runden bestimmte ich einen aus meinem Team, der die Paarungen 20 Minuten nachdem die Runde begonnen hatte, abnahm, dass jeder ausreichend Pausen machte und setzte wie in den Runden davor fünf Minuten vor Ende der Runde ein kurzes Teamtreffen an, um die interessanten Situationen Revue passieren zu lassen. Viel zu früh für meinen Geschmack war Ivans Abwesenheit allerdings vorüber und er war sehr zufrieden mit meiner Arbeit.

Je weiter das Turnier fortschritt, desto mehr Spieler verließen den Grand Prix und verringerten daher die Arbeit für die Schiedsrichter. Dies ist eine gute Gelegenheit, das System des Shadowings zu betreiben (das heißt, andere Schiedsrichter zu beobachten, während sie ein Ruling geben, sich mit seiner Arbeitsweise vertraut zu machen, neue Methoden zu finden, Probleme zu lösen und anschließend das Ruling mit diesem Schiedsrichter zu diskutieren), da niemand mehr mit allzu viel Arbeit überschüttet wurde und genug Zeit hatte, sich ausgiebig zu unterhalten.

Weitere Regelfragen betrafen die Interaktion zwischen Teferi's Moat und Planeswalkern: Kreaturen, die den Planeswalker angreifen, werden von der Moat nicht betroffen, da sich das „you“ des Teferi's Moat nur auf den Spieler bezieht, nicht auf Planeswalker.

Was passiert, wenn während eines Clash eine Splitkarte aufgedeckt wird? Jede Hälfte der Splitkarte wird gefragt: „Sind meine Manakosten höher als die der Karte meines Gegners?“ und liefern dann ein separates Ergebnis zurück. Dies kann durchaus zu der Situation führen, dass beide Spieler den Clash gewinnen!

Ein Beispiel: D deckt Dead // Gone und E Tarmogoyf auf. Nun meldet Gone: „Meine Manakosten sind höher als die des Tarmogoyf, ich gewinne also." Selbes gilt für den Tarmogoyf, denn dieser meldet: „Meine Manakosten sind höher als die von Dead, ich gewinne also.“ In diesem Fall gewinnen wirklich beide Spieler den Clash!



Bevor die letzte Runde beginnen konnte, gab es wieder eine Verzögerung, denn Adam befragte etwa 30 Minuten zwei Spieler, unter denen einer von beiden unter dem Verdacht stand, einen Schiedsrichter angelogen zu haben.

Während der Wartezeit traf sich unser Team erneut, um die Einteilung der Positionen der Schiedsrichter während der finalen Runde noch einmal durchzugehen: Es war unbedingt darauf zu achten, die Ohren zu spitzen und zu beobachten, dass sich niemand in den zweiten Tag hineinkauft. Besonders achten musste man natürlich auf jene „kritischen“ Tische, bei denen der Gewinner es weiterschaffen würde, der Verlierer allerdings nicht. Glücklicherweise gab es solche Verhandlungen anscheinend nicht.

An einem der höheren Tische bat mich Spieler F im dritten Spiel für ihn das Deck zu mischen. Sein Grund für die Bitte war, dass er die letzten drei Spiele dadurch verloren hatte, dass sein Deck „schlecht“ gemischt war und er andauernd screwed war. Ich wies diese Bitte allerdings sofort zurück, denn wir Schiedsrichter müssen zu jedem Spieler fair sein und diese gleich behandeln. Wenn ich jetzt sein Deck mischen würde, hätte ich keine andere Wahl, als auch das Deck des Gegners zu mischen, wenn dieser darauf besteht. Und was wäre mit den Spielern am Nebentisch? Und allen anderen Spielern in der Halle?

Um 23 Uhr war auch die letzte Runde geschafft und nach dem finalem Schiedsrichter-Briefing, bei dem wir unter anderem die wichtigsten Situationen des ersten Tages besprachen – unter anderem drei Disqualifikationen – war der Tag für mich beendet. Wir bekamen außerdem unsere Aufgaben für den Sonntag zugeteilt und ich hatte die Gelegenheit, am nächsten Tag bei den Side Events aushelfen zu können, einen Job, den ich noch nie zuvor gemacht hatte.

Ich suchte meine beiden Mitfahrer, von denen sich einer durch ein 7-2 in den Tag 2 gekämpft hatte und trat den Weg ins Hotel an. Doch auch hier zeigte sich wieder, wie orientierungslos wir waren: Die Straßen in unmittelbaren Umgebung hatten alle ähnlich lange Namen, die sich nur durch die letzten paar Buchstaben unterschieden oder wir fanden die richtigen Straßen auf dem Rückweg nicht wie am Morgen, weshalb wir mehrmals falsch abbogen und insgesamt eine Stunde durch die Stadt irrten. Unsere Rettung war schließlich der Stadtplan, den wir uns an einer Tankstelle kauften – die beste Investition des gesamten Wochenendes! Doch obwohl uns der Stadtplan etwas anderes sagte, sind wir auch heute noch überzeugt, dass es in Krakau Straßen mit verschiedenen Namen gibt, je nach dem, in welche Richtung man fährt oder dass sich zumindest mehrere Leute täglich den Spaß erlauben, Straßenschilder auszutauschen.

Schließlich kamen wir gegen ein Uhr morgens bei unserem Hotel an und einer von uns bestand darauf, noch etwas essen zu gehen, da er während des Tages keine Gelegenheit hatte, sich etwas zu essen zu kaufen. Trotz unserer Befürchtungen, dass unsere Suche nach Nahrung erfolglos bleiben würde, weil um diese Urzeit wahrscheinlich alle Restaurants schon geschlossen hätten, fanden wir uns kurze Zeit später im italienischen Restaurant des Vortages wieder, in dem wir uns zu dritt eine Pizza mit 60cm Durchmesser gönnten. Nach diesem zweifelhaften Vergnügen ging es um zwei Uhr ins Bett.

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Der finale Tag – Sideevents
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Der Sonntag begann für mich mit schmerzenden Beinen, einer kalten Dusche und einem Red Bull als Frühstück. Ich traf gegen 8 Uhr an der Site ein, wo sich wenig später alle Schiedsrichter, die für die Side Events eingeteilt worden waren, trafen. Während alle Schiedsrichter entweder auf die großen Turniere, Grand Prix Trial für Stuttgart, Legacy oder Junior Series, Two Headed Giant oder 8-Mann-Turniere eingeteilt wurden, meldete ich mich rasch freiwillig für den Trial, denn ich habe eine kleine Phobie davor, unendlich viele kleine Draftpods zu suchen, dort nur die Seatings und Produkt abzuladen und dann gleich zum nächsten 8-Mann-Event zu gehen.

Doch noch bevor es überhaupt losgehen konnte, wurden alle Schiedsrichter nach ihren Erfahrungen mit dem DCI-Reporter befragt, denn für die kompletten Side Events fehlte noch ein Scorekeeper. Schließlich war ich der Glückliche, der als Scorekeeper für den ganzen Tag bestimmt wurde: Mein Tag würde als darin bestehen, ein Programm im Sitzen zu bedienen: Eine Arbeit, die ich mir zwar stressvoll vorstellte, aber zugleich war es etwas, das meine schmerzenden Beine sehr begrüßten. Zudem war ich sehr erfreut, einmal als Scorekeeper arbeiten zu dürfen: Zwar hatte ich schon oft auf lokalen Turnieren den DCI-Reporter benutzt, aber auf so einem großen Event ist das doch etwas anderes

Um 11 Uhr schloss die Anmeldung für den Grand Prix Trial und stellte mit 140 Spielern das größte Side Event des Wochenendes dar! Die anderen großen Turniere schlossen mit insgesamt 200 Spielern und sorgten für reichlich Arbeit für mich.

Dann geschah eine weitere Panne: Der DCI-Reporter crashte beim 2HG und begann, Teams zu vermischen und wild durcheinander zu paaren. Nachdem wir uns zu viert auf die Suche nach diesem Problem gemacht hatten und erfolglos blieben, borgten wir uns vorübergehend den Scorekeeper des eigentlichen Grand Prix, der auch beim Grand Prix Amsterdam anwesend war und somit viel Erfahrung mit der 2HG-Variante des Reporters hatte. Insgesamt kostete uns dieses Problem 30 Minuten Verzögerung – nicht nur beim Two-Headed Giant, auch die anderen Turniere wurden verzögert, da ich in dieser Zeit die anderen Turniere nicht verwalten konnte.

Nach diesem Crash und einem kleinen Fehler meinerseits (Ein falscher Spieler wurde gedroppt. Etwas, was im Stress leider vorkommen kann.) hielt es der Side Event Manager für das Beste, einen frischen ausgeruhten Schiedsrichter an den Computer und mich auf die Spieler loszulassen. Etwas, worüber ich mich freute, denn mit meiner Arbeit als Scorekeeper war ich ganz und gar nicht zufrieden und überließ es lieber jemand anders, der schon viel Erfahrung auf diesem Gebiet hatte und nicht jemandem wie mir, der das erst noch erlernen musste, auf einem Turnier, wo jeder Fehler große Verzögerungen nach sich zieht.

Ich nahm einen Platz im Team Deck Check ein und es wurde bereits sehr früh interessant:

Während ich das Deck von G untersuchte, fielen mir mehrere Karten auf, die extrem stark geknickt waren. Das sah in etwa so aus wie hier rechts zu sehen. Zwar steckten alle auf diese Weise geknickten Karten in Hüllen, aber sie waren ohne Schwierigkeiten im Deck auszufinden. Merkwürdigerweise waren die vier geknickten Karten zwei Oblivion Ring, Purity und Plover Knights.

Ich bat Ivan vom Vortag hinzu, der an diesem Tag Head Judge beim Grand Prix Trial war, und holte seine Meinung ein. Keiner von uns konnte sich erklären, wie vier spielstarke Karten auf diese Art und Weise beschädigt werden und der Rest des Decks unbeschädigt bleiben konnte. Somit war klar, dass wir uns mit G zu unterhalten hatten.

Insgesamt zu viert befragten wir G. Er konnte sich ebenfalls nicht erklären, wie es zu einer Beschädigung der Karten gekommen sein könnte. Ich verließ kurz das Interview, um seinen Gegner H zu befragen, ob G sein Deck noch einmal abgehoben hatte, nachdem H es gemischt oder abgehoben hatte. Er war sich nicht sicher, aber Freunde von H, die sich hinzugesetzt hatten sagten einstimmig aus, dass G noch einmal sein Deck abgehoben habe. Natürlich musste das nichts bedeuten, es wäre aber auch möglich, dass er dies getan hatte, um eine der markierten Karten zu finden.

Inzwischen hatten sich die drei anderen Schiedsrichter zurückgezogen, um zu diskutieren, was zu tun war. Unter Ansicht der Tatsachen, dass G nicht erklären konnte, wie die Knicke zustandekamen, dass alle markierte Karten stark waren und dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie durch Zufall geknickt wurden, beschlossen wir mit Backup des Side Event Managers, den Spieler zu disqualifizieren.

Nach dieser unerfreulichen Angelegenheit ging ich in den Raum für das Personal und aß dort mein Abendessen. Ich traf dort nicht nur mehrere Schiedsrichter vor, sondern auch Amiel Tenenbaum, der dort ebenfalls vor dem Finale zum Abend aß. Ein unheimlich witziger und netter Kerl, auch wenn ich seine Antwort auf meine Frage, ob er denn vor dem Finale nicht ein wenig nervös wäre, nicht so recht glauben wollte.

Die anwesenden Schiedsrichtern diskutierten eine Situation, die sich beim Legacy-Turnier abgespielt hatte:
Quell unendlicher Regelfreuden:


Spieler X hat Humility im Spiel. Nun spielt Y einen Golgari Grave-Troll und hat etwa 20 Kreaturen im Friedhof. Wer sich mit den Layer-Regeln ein wenig auskennt, weiß, dass der 0/0-Troll von Humility im Sublayer 6b zuerst 1/1 gemacht wird und dann durch die Counter im Layer 6c +20/+20 bekommt.

Daraufhin fragte X: „Humility macht ihn 1/1, aber er kommt mit den Marken ins Spiel, richtig?“, woraufhin der Schiedsrichter (ein Level 3) nach kurzem Nachdenken „ja“ sagte. In Ys nächstem Zug greift dieser dann mit dem Golgari-Grave Troll an und X lässt ungeblockt durch. X sagte dann „Okay, damage resolved, ich nehme einen Schaden“, woraufhin der Schiedsrichter einschritt und verkündete, dass X 20 Schaden mehr bekommt.

Nun zu dem trickreichen Teil: Natürlich wusste der Schiedsrichter (ich nenne ihn ab sofort Z), dass der Troll am Ende als 21/21 in der Landschaft steht. Und Z hatte die Frage von X wahrheitsgemäß beantwortet: Humility macht den Grave Troll tatsächlich zu einer 1/1 Kreatur. Natürlich hätte er ihm sagen können, dass der Troll durch die Marken später gestärkt wird, aber das hat X nicht gefragt, seine Frage wurde richtig beantwortet und weitergehende Strategiehilfe geben darf man, wie oben beschrieben, nicht. Dies könnt ihr gerne in den Kommentaren diskutieren, sowie alle anderen Dinge zuvor auch!

Nach meinem Essen war der Grand Prix für mich beendet. Ich half noch den Mitarbeitern von Wizards, die großen Banner abzunehmen, nahm meine Kompensation und gab allen Schiedsrichtern die Hand, in der Hoffnung, sie bald wiederzusehen, denn die Arbeit auf dem Grand Prix hat mir sehr viel Spaß bereitet, ich hab einiges gelernt, war kurzzeitig Team Leader gewesen und knüpfte internationale Kontakte – und um letzteres geht es schließlich bei solchen Turnieren.

Natürlich verirrten wir uns wieder in Krakau, als wir uns noch am selben Abend auf die Heimreise machten, fuhren dann Pi mal Daumen die polnischen Autobahnen entlang in Richtung Deutschland und kam schließlich Montagmorgen um 6:45 Uhr in Ulm an. Dort hatte ich durchaus die Option, einfach mitsamt Koffer in die Schule zu gehen, von der ich eigentlich für diesen Tag befreit war oder mich in mein Bett zu legen. Ich entschied mich für letzteres, da ich an diesem Wochenende nur 8 Stunden Schlaf gefunden hatte.

Mein nächster Grand Prix wird der in Stuttgart sein, von dem es wieder einen Artikel gibt – wenn ihr denn wollt.



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Regelfragen bitte weiterhin an Judge@PlanetMTG.de schicken. Wir beantworten alles!

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