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Extended
Experimente mit Feuer
von Tobias "TobiH" Henke
31.01.2008

Fetchland... Ja, und dann geh ich auch gleich mal auf 17...

Wir werden Zeuge der Eröffnung einer Partie Magic im Extendedformat. Die Dualländer aus dem Ravnica-Block (Temple Garden, Blood Crypt usw.) zusammen mit den Fetchländern aus Onslaught (Windswept Heath, Flooded Strand etc.) geben den Decks in diesem Format eine Möglichkeit zur Vielfarbigkeit und dabei eine Manastabilität, die es nicht mehr gab, seit die ursprünglichen Duals (Underground Sea, Taiga und all die anderen) das Format verlassen hatten. (Letzteres dürfte so lange her sein, dass sich die meisten der heutigen Spieler nicht einmal mehr daran erinnern, dass auch diese mal Teil des Formats waren.)

Aber das kommt natürlich mit einem Preis daher. Man kann nahezu jedes beliebige Mana sofort zur Verfügung haben, muss jedoch Lebenspunkte abdrücken.

Und gar nicht einmal so wenige. Erste Runde ein ungetapptes Dual zu fetchen, kostet schließlich bereits mehr als ein Siebtel der Ursprungs-20 und nicht selten bringen sich Spieler selbst bis auf 14 oder gar zwölf Lebenspunkte herunter. Zumindest für jedes Fetchland muss man schließlich irgendwann noch einmal einen Punkt erübrigen, selbst wenn man es sich immer leisten könnte, späterhin die Ravnica-Duals immer nur getappt zu legen.

Klar lohnt sich das! Dass das eigene Deck reibungslos funktioniert ist die Lebenspunkte, die dabei auf der Strecke bleiben, allemal wert. Stolperte man über das eigene Mana oder bräuchte schlicht länger, alles Mana zusammenzubekommen, fügte einem der Gegner schließlich deutlich mehr Schaden zu. Aber bemerkenswert ist es trotzdem...

Hinzu kommen dann noch Thoughtseize und Dark Confidant – ebenfalls in verschiedenen Decks, wenn auch nicht so weit verbreitet wie die selbstmörderischen Länder. Ach ja, Barbarian Ring und Cephalid Coliseum, hin und wieder ein Boseiju und ganz selten mal eine City of Brass gibt's ja auch noch.

Wir stellen fest: An selbstinduziertem Lebenspunkteverlust führt in Extended fast kein Weg vorbei. Man kann schon beinah davon ausgehen, dass jeder Spieler die Partie ca. bei 16 Leben beginnt.

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Stumpf ist Trumpf
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Mein Fehler – ich will nach Möglichkeit immer ein Burn-Deck bauen. Direktschaden hat es mir irgendwie angetan und speziell dann, wenn jeder mit vier Punkten Abzug startet, müsste das doch eigentlich möglich sein.

Schaut man sich im Netz um, gerät man recht schnell an folgende Liste. (Diese hier ist mal wieder eine vage Durchschnittsliste...)


4 Grim Lavamancer
4 Kird Ape
4 Mogg Fanatic
4 Tarmogoyf
4 Blistering Firecat

2 Firebolt
1 Seal of Fire
1 Tarfire
4 Incinerate
4 Molten Rain
4 Rift Bolt
1 Pulse of the Forge

4 Wooded Foothills
4 Bloodstained Mire
4 Stomping Ground
4 Mountain
1 Pendelhaven
1 Overgrown Tomb
1 Blood Crypt
3 Barbarian Ring
1 Forest

In der Regel finden sich dabei immer ein paar schwarze Karten im Sideboard, darunter einerseits welche zum Zerstören dicker, grüner Kreaturen (Smother, Terminate, Deathmark), gegen Dredge oder zuweilen auch ein wenig Discard. Daher Overgrown Tomb und Blood Crypt.

Aber eigentlich ist das kein Burn-Deck, sondern ein Gruul mit immerhin 20 Kreaturen. Klar, Blistering Firecat ist als großer Direktschaden gedacht, aber wie oft das wirklich klappt, ist ja zumindest fraglich.

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Flame-Grilled
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Unter einem echten Burn-Deck stelle ich mir jedenfalls etwas vor, was noch mehr reckless ist, einfach alles nur auf den Gegner wirft und sich dabei noch weniger auf Kreaturen verlässt. Ach ja, und schneller oder zumindest mit einer niedrigeren Manakurve...

Ein gutes Beispiel ist das alte 3-für-1-Deck, dessen Idee ursprünglich dem Legacy-Stoopid Burn entstammt und darauf basiert, für ein Mana drei Schadenspunkte zu verursachen. Mit Rift Bolt, Lava Spike und neuerdings auch Shard Volley gibt es da sogar einiges an Auswahl. Allerdings interessiert Auswahl hierbei gar nicht so sehr wie schlicht die Menge in absoluten Zahlen. Eine Liste könnte beispielsweise so aussehen:


4 Mogg Fanatic
4 Kird Ape
4 Tarmogoyf
4 Spark Elemental

4 Lava Spike
4 Rift Bolt
4 Shard Volley
4 Shrapnel Blast
4 Incinerate
3 Volcanic Hammer

4 Great Furnace
4 Tree of Tales
4 Barbarian Ring
4 Wooded Foothills
4 Stomping Ground
1 Mountain

    Warnhinweis: Dieses Deck ist so wie es hier steht fast völlig ungetestet. Es ist eine Anregung, die keinesfalls dazu gedacht ist, sie einfach so zum nächsten Extended-PTQ mitzuschleppen. Aber vielleicht kann man die eine oder andere Idee in ein "richtiges" Deck übernehmen.

Nun, mehr Direktschaden als hier, dürfte kaum möglich sein. Und mitunter lässt das Deck auch sehr, sehr gute Draws zu. Andererseits funktioniert es natürlich am besten gegen den Goldfisch. Insbesondere die Burnauswahl ist bisher ausschließlich auf höchstes Schadenspotenzial hin getroffen und durchaus ungeeignet gegnerische Kreaturen abzuholzen.

Auch die Effektivität von Spark Elemental bleibt fraglich (wobei es auf der Starthand eben meist exakt ein Lava Spike ist) und die Shrapnel Blast sind wahlweise super lucky oder tote Karten...Vermutlich müsste man hier noch einiges verändern. Ein Zwischending aus der ersten und zweiten Liste schwebte mir vor.

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Bumm!
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Ein anderer Überlegungsstrang sah wie folgt aus: Hmm, sie starten alle quasi bei 16 Lebenspunkten... Hmm, 16... Da war doch was...

Die folgende Liste entstand bei dem Versuch, die Frage zu klären, wie schnell man denn 16 Schadenspunkte auf einen Schlag zufügen könne:


4 Sensei's Divining Top
4 Ponder
4 Serum Visions
4 Careful Study
4 Mishra's Bauble
4 Street Wraith
4 Long-Term Plans

4 Erratic Explosion
4 Draco
2 Kaboom!

3 Chrome Mox
3 Steam Vents
1 Academy Ruins
3 Flooded Strand
4 Polluted Delta
8 Island

Unmengen billiger Cantrips, Library-Manipulation und die altebekannte Kombination aus Draco und Erratic Explosion. Als neu kann maximal die massive Nutzung von Long-Term Plans durchgehen. Zusammen mit Sensei's Divining Top, Serum Visions oder Ponder kann man damit die gesuchte Karte bereits sofort auf die Hand bekommen, vor allem aber ist sie dafür da, um Draco an die richtige Stelle zu legen.

In diesem Zusammenhang erhalten dann übrigens auch Street Wraith und Mishra's Bauble über den generellen Cantrip-Effekt hinaus einen speziellen Nutzen, nämlich in dem Fall, in dem man entweder nicht das Mana für Ponder & Co. zur Verfügung oder aber nichts dergleichen gezogen hat. Im gegnerischen End of Turn spielt man Long-Term Plans, legt sich Draco an die dritte Stelle, zieht einmal durch Bauble oder Wraith, dann noch einmal im Drawstep und spielt Erratic Explosion – 16 ab!

Und das kann theoretisch furchtbar schnell gehen: Mox-beschleunigte Long-Term Plans im zweiten Zug erlauben so z..B. 16 Schaden in Turn 3. Oder noch besser: Ebenfalls per Mox im ersten Zug Top + Aktivierung oder Ponder und/oder Serum Visions und dann ein wenig Glück bei den Karten, die man oben vorfindet, und schon kann man eine erfolgreiche Explosion bereits im zweiten Zug abwickeln. Lacht nicht, das ist absolut real!

Okay, wahrscheinlich ist es nicht gerade, aber da es beim Bau (und Umbau (und Um-Umbau)) ohnehin nicht ausblieb, habe ich immens viele Test-Draws genommen, also mit dem Deck ohne Gegner gespielt: In zwanzig Testspielen kam es immerhin einmal zur Explosion in Turn 2 und viermal in Turn 3.

Gut, der Durchschnitt liegt lediglich bei Zug 4,1, der Median aber sehr solide bei 4. Man kann also ziemlich zuverlässig davon ausgehen, im vierten Zug 16 Schadenspunkte zu machen...

Was aber, wenn der Gegner sich partout weigert, sich die restlichen vier Schaden selbst zu verursachen...? (Wie es beispielsweise Affinity tut und jeder Gegner, der damit rechnet.) Nun – ganz ehrlich – dann sieht es eher schlecht aus.

Gegen Affinity kann man mit dieser Liste ohne Sideboard praktisch niemals gewinnen. Gegen lediglich vorsichtige Gegner hingegen ist es etwas weniger schlimm als man meinen sollte. Wenn sie ihre Länder getappt ins Spiel bringen, ggf. auf Dark Confidant oder Thoughtseize verzichten, bringt einem das genug Zeit...

Zeit wofür? Na, notfalls auch, um sogar 32 Schadenspunkte zu verabreichen. Schließlich besteht das ganze Deck ausschließlich aus Carddraw und Manipulation. Da kann man die Kombo hin und wieder zweimal zusammensetzen. Aber so weit muss man ja gar nicht gehen. Hier kommen Kaboom! und noch einmal Street Wraith ins Spiel. Kaboom! ist an sich schlicht eine viel zu teure Karte, um sie im heutigen Extended zu verwenden, und ist lediglich für die Fälle im Deck, in denen man doch genug Zeit hat bzw. in denen 16 Schaden nicht ausreichen, man aber die Zeit hat, Kaboom! zu spielen... Und es hilft eben immens, wenn für die zweite Explosion/Kaboom! nicht nur vier Dracos in der Bibliothek sind, sondern zusätzlich noch sechs Karten mit einer Casting Cost von fünf – 21 Schaden insgesamt!

Bei den 20 Testspielen "gegen die Wand" habe ich übrigens auch notiert, wie schnell das Deck denn 21 Schadenspunkte schafft. Durchschnittlich in Turn 6,55, aber schwankend zwischen Turn 4 (!) und Turn 10 mit einem Median von 6.

Weitere Anmerkungen: Careful Study erfüllt hier drin keinen besonderen Zweck, sondern nur den allgemeinen, schneller durchs Deck zu kommen. Es gibt keine Tricks, um den der Karte inhärenten Kartennachteil auszugleichen – schlicht die Erkenntnis, dass ein Deck, welches nur einen einzigen Treffer landen will, diesen Nachteil in Kauf nehmen kann. Zumal gezogene Dracos und überzählige Sensei's Divining Tops achtlos beiseite geworfen werden können. Es kommt zwar nur selten vor, aber die Academy Ruins können manchmal einen derart verschlissenen 16-Drop wieder zur Explosion ausgraben.

Fetchländer sind des Weiteren ein heikles Thema. Mit Top und den anderen Effekten ist es zwar prinzipiell von Vorteil seine Bibliothek mischen zu können, manches Mal macht einem aber auch genau der Umstand, die Bibliothek mischen zu müssen, um beispielsweise an das dritte Mana zu kommen, einen Strich durch die Rechnung. Dementsprechend muss man mal die Fetchländer so früh wie möglich einsetzen, mal ihre Aktivierung möglichst lange "aufsparen". Zusammen mit der Mulligan-Entscheidung ist das die schwierigste Wahl, die man zu treffen hat...

Apropos Mulligan: Es gibt in diesem Deck dermaßen viele Möglichkeiten, an Draco zu kommen – vor allem auch direkt über Long-Term Plans –, aber nur wenige, Erratic Explosion zuverlässig und schnell zu finden. Speziell die Idee, die Explosion über Long-Term Plans zu finden, ist zwar im Prinzip gut, scheitert in der Praxis aber oft daran, dass das einfach viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt... Dementsprechend ist jede Starthand mit Erratic Explosion sehr, sehr hoch einzuschätzen. Manaquellen sollten natürlich dabei sein, es sollten nicht mehrere Dracos gezogen sein und gerade Gegner mit Discard relativieren dies offensichtlich, aber zumindest gegen den Goldfisch ist eine Explosion in der Starthand ein gutes Indiz dafür, dass man von Mulligans Abstand nehmen sollte.

    Noch einmal ein Warnhinweis: Dieses Deck ist in der Form nicht gut. Es wurde komplett im Vakuum gebaut, um zu sehen, wie schnell es werden kann, und nicht, um echten Gegnern entgegenzutreten. Bevor man es auf ein Turnier trägt, müsste man es mit Verteidigungsmaßnahmen gegegn die gängigsten Decks (und einem Sideboard) versehen.

Und da sehe ich ernsthaft einigen Spielraum. Burning Wish im Maindeck beispielsweise macht – das hab ich ausprobiert – das Deck zwar langsamer, könnte in einer realen Turnierumgebung aber einige Probleme lösen. Counterbalance passt bei all der Library-Manipulation wie die Faust aufs Auge. Und Engineered Explosives könnte immerhin dabei helfen, dass man nicht geracet wird.

Nicht alles davon lässt sich im Maindeck unterbringen, jedoch mag es sinnvoll sein, dort etwas zu kürzen, um langsamer, aber sicherer zum Ziel zu kommen. Außerdem hat man ja nicht umsonst ein Sideboard. Mögliche Karten dafür beinhalten: Shatter Storm, Hurkyl's Recall, ggf. irgendein (wünschbarer) Burnspell, Tormod's Crypt gegen Dredge, Pyroclasm gegen Goblins und und und... Ebenfalls wichtig: Boseiju, Who Shelters All – obige Liste verliert fast schon gegen einen einzelnen Counterspell, kann aber so schnell durchs Deck cyclen, dass selbst eine geringe Stückzahl dieses Lands Abhilfe verschafft.

Glücklicherweise ist Top-bedingt Discard ohnehin bereits nur ein vergleichsweise geringes Übel. Aber für ein Problem habe ich nicht einmal eine vernünftige Idee: Extirpate. Keine Ahnung, was man dagegen unternehmen könnte. Chalice of the Void? (Natürlich erst, nachdem man Top, Ponder, Serum Visions usw. ausgespielt hat...)

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Abschließend…
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Ja, es stimmt: Ich werfe hier unausgegorene, unfertige Ideen in den Raum... und hoffe, dass sich trotzdem irgendjemand dafür interessiert, bestenfalls sogar in den Kommentaren eigene Einfälle beisteuert. Alternativ könnt ihr im Forum nun eurem Unmut Luft verschaffen – aber das muss ich wohl nicht extra dazusagen, oder?.

In jedem Fall viel Spaß dabei! Eure Kommentare lese ich dann später.

Bis dahin tappt für euch weiter im Dunkeln...

TobiH
#368




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