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Von Hamburg über Erfurt nach Hannover
NQ Erfurt
von Tim "TMM" Michels
24.06.2008

So, mittlerweile ist es ja schon wieder endlos lange her, dass ich das letzte Mal einen Artikel für PlanetMTG geschrieben habe. Das liegt zum einen daran, dass ich beruflich jede Menge Stress hatte und damit kaum Zeit zum Spielen und noch weniger zum Schreiben; zum anderen am Mangel sinnvoller Themen.

Eigentlich war ich seit der letzten Deutschen Meisterschaft durchgehend für die diesjährige über Rating qualifiziert, bis ich dann für den GP Brüssel einen Trial spielte und dort mit meiner 1-3-Performance nicht nur die Top 8, sondern auch das zweite Rating-Bye und eben die DM-Qualifikation verspielte. Der Grand Prix selbst endete, wie seine vier Vorgänger, mit einer Niederlage zu viel für Tag zwei (6-3) und brachte dementsprechend auch ein kleines Rating-Minus.

Anschließend fehlten mir zwar nur etwa 15 Composite-Punkte, ich wusste aber beim besten Willen nicht, woher ich die nehmen sollte. Eigentlich hätte es einen Block-Constructed-Trial für Birmingham richten sollen, davon ließ sich aber in der Nähe Hamburgs – und „Nähe“ ist bei mir durchaus ein dehnbarer Begriff – keiner finden. Also war mir irgendwann klar, dass mich der Weg auf jeden Fall zu einem National Qualifier führen würde, auch wenn es vielleicht mit einem 3-0-Drop dort auch schon getan wäre.

Das Problem dabei ist, dass ich tatsächlich außerhalb von DMs, PTQs und GPs nie Constructed spiele. Zwar halte ich mich eigentlich permanent mit Artikeln up-to-date, aber das letzte Standard-Deck in meinen Händen war der Dredge-Haufen der letztjährigen DM.

Kurz vor der Pro Tour Hollywood habe ich dann mal angefangen, mir Decklisten zu überlegen und mit ein paar Leuten per ICQ über das Format zu diskutieren. Zwar störte mich das Fehlen eines guten (blauen) Control- und Combo-Decks, aber trotz seiner Mesellastigkeit sah das Format an sich ganz lustig aus.

Ich selbst habe mir dann überlegt, wie cool eigentlich Amrou Scout und Mana Tithe sind und darum ein weiß-schwarzes Rebellendeck gebaut. Das habe ich dann auch den Qualifizierten Alex Kreuz, Niko Hesse und Frederic Geiger reingespammt, getestet habe ich es selbst aber in keinem einzigen Spiel. Frederic fand das Deck ziemlich gut und hat dann nach ein bisschen Testen die Anzahl von ein paar Karten verändert und die sehr guten Momentary Blink dazugepackt.


4 Amrou Scout
4 Serra Avenger
2 Stonecloaker
1 Mirror Entity
1 Defiant Vanguard
4 Kitchen Finks
3 Murderous Redcap
3 Shriekmaw

4 Mana Tithe
3 Thoughtseize
4 Bitterblossom
3 Momentary Blink
1 Bound in Silence

4 Caves of Koilos
3 Mutavault
7 Plains
2 Reflecting Pool
2 River of Tears
1 Swamp
1 Urborg, Tomb of Yawgmoth
3 Vivid Meadow

3 Aven Riftwatcher
1 Big Game Hunter
4 Fulminator Mage
1 Shriekmaw
1 Stonecloaker
1 Thoughtseize
4 Wispmare

So dürfte seine PT-Liste ausgesehen haben, mit der er dann als einer der wenigen Deutschen in der letzten Runde mit 4-4 knapp an der Tag-2-Hürde gescheitert ist. Nach der Pro Tour erzählte er mir, dass drei der Niederlagen gegen Doran zustande kamen, was tatsächlich auch auf dem Papier alles andere als ein gutes Matchup ist. Alex Kreuz und Niko Hesse haben sich dann doch gegen die Rebellen entschieden und wurden beide zu Recht durch ein 0-4 mit Faeries abgestraft..

Dann war die PT auch schon vorbei und ich wusste immerhin, dass ich bei den Regionals entweder Reveillark, Elfen oder Feen spielen würde. Lark fand ich dann aber doch doof, weil die Spells so klobig waren und so... also Elfen oder Feen. Zwischendrin dachte ich darüber nach, die ganzen Kreaturendecks einfach mit einem Update des Skred-Red-Decks zu besiegen, was aber daran scheiterte, dass man einfach gegen Feen und Reveillark verlor, ohne irgendetwas zu machen. Das habe ich zwar selbst nicht verifizieren können, aber die dramatischen Schilderungen, wie sehr Alex Rosenberger damit sogar auf MWS verloren hat, haben mir dann doch gereicht..


Die Entscheidung zwischen Elfen und Feen traf ich dann zugunsten des Instant-Speeds und Cryptic Command – jetzt galt es nur noch, sich eine tolle Deckliste zu überlegen. Ausgangsbasis aller Überlegungen war natürlich die Top-8-Deckliste von Paulo Vitor Damo da Rosa. Zwar habe ich mir auch die anderen Listen von Gerry Thompson, Shouta Yasooka, Kenji Tsumura und Nicolai Potovin angeschaut – aber die PV-Liste schien mir am schlüssigsten zu sein.


4 Scion of Oona
3 Vendilion Clique
4 Spellstutter Sprite
4 Mistbind Clique

4 Ancestral Vision
4 Rune Snag
4 Terror
4 Bitterblossom
4 Cryptic Command

4 Mutavault
2 Pendelhaven
3 River of Tears
4 Island
2 Sunken Ruins
2 Faerie Conclave
4 Secluded Glen
4 Underground River

2 Murderous Redcap
3 Damnation
3 Bottle Gnomes
3 Razormane Masticore
4 Thoughtseize

Das Problem war jetzt nur noch, dass ich das letzte Mal bei der DM ein T2-Deck gespielt hatte, so dass ich mir beim FNM ein wenig Spielpraxis besorgen wollte. Aber irgendwie hatte niemand ein gutes Deck übrig und so musste ich dann mit einem mono-schwarzen Kontrolldeck spielen. Das hatte zwar nur 22 Länder und keine guten Spells, brachte mir aber in vier Runden die Erkenntnis, wie wichtig es ist, einen Plan gegen die superstarken Manlands und Kamele (Chameleon Colossus) zu haben.

Damit fiel dann auch die Entscheidung für die Vendilion Clique an Stelle von Pestermite, da man damit ein Treetop Village einfach totblocken statt tappen und auch rechtzeitig ein Kamel wegcyclen kann.

Das Deck konnte ich mir dann sogar relativ problemlos zusammenleihen, nachdem ich von Jan Ruess die PT-Top-8-Mutavaults und Cryptic Commands zurück bekommen hatte. Also standen nur noch die Fragen im Raum, wie ich nach Erfurt komme und warum zur Hölle niemand sonst aus Hamburg da hinwollte. Am Schluss konnte ich Ashraf Abou Omar doch noch überzeugen, er zwang mich aber im Gegenzug dazu, nicht gemütlich einen Tag früher in Erfurt zu sein, sondern die Nacht durch mit dem Wochenendticket zu fahren.

So hatte ich wenigstens noch die Gelegenheit, einen FNM-Draft mitzuspielen und mir da von Schrauti Sunken Ruins zu leihen. Dann ging es noch schnell nach Hause, Tasche packen, duschen usw.

Um 23:40 Uhr habe ich Ashraf am Hamburger Hauptbahnhof getroffen und schon ging der Trip los...


Hamburg – Uelzen: 94 km

Nach anderthalb Stunden war die Bummelbahn dann doch schon im Hundertwasser-Bahnhof Uelzen, wo wir gemütliche drei Stunden auf den ersten Zug in Richtung Göttingen warten durften – Abfahrt 4:13 Uhr. Aber wir hatten offenbar nicht das schwerste Los, irgendwann erzählte uns ein Mann, der auch vorm Bahnhof auf der Bank saß, dass er noch bis 13:00 Uhr unterwegs wäre bis nach Heidelberg – und das alle zwei Wochen!


Uelzen – Erfurt: 380 km

Nach drei Stunden Rumsitzen vor dem Bahnhof konnte ich dann endlich mal ein Stündchen im Zug von Uelzen nach Göttingen schlafen. Aber als wir dann irgendwann gegen sechs Uhr morgens in Hannover einen 15-Minuten-Stopp einlegten, war ich wieder topfit und nutzte die Zeit, um gemütlich frühstücken zu gehen und deshalb fast den Zug inkl. Ashraf und Ticket zu verpassen. Mit 30 Sekunden auf der Clock habe ich aber doch das richtige Gleis gefunden und konnte Ashraf wecken, um wenigstens ein paar Spiele mit dem Deck zu machen.

Dabei spielte ich dann ein bisschen an der Deckliste rum, es kamen mal zwei bis drei Ponder – man will ja schließlich Turn 2 Bitterblossom legen – diverse Pestermites und sonstiger Kram ins Deck, aber irgendwie war das alles doof und ich müde, also blieb es am Ende bei der Originalliste. Kurz vor Erfurt legte ich mich noch eine halbe Stunde aufs Ohr und schon war ich gar nicht mal mehr so übermüdet, als wir um 8:45 Uhr in Erfurt ankamen.

Ashraf hat sich dann erst mal beim Bäcker drei Pfannkuchen a..k..a. Berliner gezogen und dank meines Premium-Navigationssinns waren wir nach zwei lustigen Ampelmännchen auch schon viel zu früh an der Site. Und die war ja mal das allerleckerste! Riesengroße Halle, bequeme Stühle (keine Bierbänke), sechs Toiletten und sechs Pissoirs – herrlich! [„Sechs Pissoirs – herrlich!“ ⇐ Zitat der Woche, wa? – TobiH]

Eigentlich war ja einer der Gründe für den Trip nach Erfurt meine Vermutung, es würden sich höchstens 60 Leute einfinden. Irgendwann wurde mir aber klar, dass ich damit wohl daneben lag und schätzte die Teilnehmerzahl auf etwa 130.

Als dann aber die Seatings ausgehängt wurden, fiel mein erster Blick auf die letzte Zeile... Tisch 81 – das heißt 162 Spieler! Als der Head Judge das in seiner Ansprache kurz darauf auch erwähnte, füllte sich der Raum mit Lauten des Erstaunes und Entsetzens – und dann ging es auch schon los.


Runde 1 vs. Eric Winckler (Quick'n'Toast)

Eric kenne ich schon als ziemlich guten Spieler und nach einem Vivid Creek und einer Wall of Roots weiß ich auch, dass ich nicht das allerbeste Matchup habe. Im ersten Spiel tauschen wir eine ganze Weile Threats gegen Lösungen und am Ende schlage ich mit einer einsamen Faerie Conclave auf ihn ein.

Er versucht End of Turn ein Mannequin auf Kitchen Finks, wofür ich mit Cryptic Command meine letzte Handkarte verbrauche. Ob das unbedingt nötig war, weiß ich nicht, aber zu diesem Zeitpunkt hatte er etwa neun Leben und ich zwölf, Kreaturen waren auf beiden Seiten keine da – da hielt ich es für besser, ihn nicht ins Spiel zurückkommen zu lassen. Mit einer Oona, Queen of the Fae von oben klappte das aber dann doch ganz gut für ihn...

Sideboard: + 4 Thoughtseize, + 2 Damnation; - 4 Terror, - 2 Scion of Oona

Meine Überlegung war, dass die Damnation immerhin die fiese Oona in den Griff bekommt und dass es nach einem resolveten Cloudthresher oftmals keinen großen Unterschied zwischen Damnation und Terror gibt – die restlichen Kreaturen (Wall of Roots, Kitchen Finks, Mulldrifter) kann man oft genug einfach ignorieren.

Spiel 2 beginne ich mit einer Ancestral Vision und einem Thoughtseize auf eine sehr gute Hand, die jedoch wenig Mana beinhaltet. So entscheide ich mich für den Riftsweeper, der sonst einfach so meine Vision gefressen hätte und ihm frühen Druck ermöglicht. In seinem Zug zieht er aber offensichtlich den zweiten Riftsweeper in seinem Deck und schon ist die Vision weg.

Ich kann dann aber eine Bitterblossom nachlegen und etwas Druck aufbauen. Später suspende ich noch eine Ancestral Vision und verstärke mit Scion of Oona den Beatdown. Dann resolvet jedoch nach einem kurzen Counterwar seine Oona und es sieht dank seiner gefühlten hundert Manaquellen nicht gut aus, auch wenn zumindest für diesen Zug kein blaues Mana mehr übrig ist.

Nun resolvet jedoch meine zweite Ancestral Vision und ich ziehe: Cryptic Command, Island, Vendilion Clique – ding, ding, ding! Also die Oona gebouncet und ge-Vendilion Clique-t, was natürlich gegen sein Makeshift Mannequin auf der Hand besonders gut ist. Das Spiel geht ein bisschen weiter und ich versuche, mit einer Mistbind Clique in seiner Upkeep den Sack zuzumachen, was allerdings vielleicht nicht das beste Play war. Zu diesem Zeitpunkt habe ich einige Bitterblossom-Token, Scion of Oona und noch sechs Mana offen, darunter auch einen Pendelhaven. Er spielt das Rune Snag für sechs, das ich schon kannte und ich bezahle dafür.

Dabei gibt es aber das Problem, dass ich bei einem Cloudthresher oder Makeshift Mannequin auf ebendiesen exakt nichts mehr auf dem Board hätte, während ich ansonsten den Scion retten könnte. Nachdem ich die sechs Länder getappt habe, gibt er aber schon auf, ohne sich noch Mana zu floaten und auf die oberste Karte seiner Bibliothek zu hoffen...

Für das dritte Spiel bleibt nicht mehr allzu viel Zeit und nach einem Mulligan auf seiner Seite geht es auch schon los. Ich behalte zwei Thoughtseize, Bitterblossom, Spellstutter Sprite, Rune Snag, Cryptic Command und River of Tears, da mit einem zweiten Land diese Hand fast nicht zu schlagen ist.

Ich ziehe ein Thoughtseize nach und nehme ihm eine Wall of Roots, so dass er auf zwei Mana stehen bleibt. In Runde zwei kommt dann schon das Land, so dass ich Bitterblossom legen kann. Mit einem weiteren Land in der Runde darauf kann ich ihn wieder thoughtseizen und habe gleichzeitig noch Mana zum Countern offen.

Als ich eine Runde später dann Thoughtseize Nummer vier ziehe, werden auch schon die Extraturns ausgerufen und in diesen können wir beide nicht gewinnen.

0-0-1


Ein Unentschieden in der ersten Runde ist natürlich kein Traumstart, aber nachdem ich das zweite Spiel nach der resolveten Oona schon verloren glaubte und es für das Draw-Bracket sicher schlechtere Decks als Faeries gibt, war ich dann doch ganz zufrieden.


Runde 2 vs. Malik Martin (Faeries)

Um jeden Zweifel daran, dass der Start ja doch okay ist, zu verstreuen, gewinne ich den Würfelwurf und bekomme vom Deck direkt mal den Ancestral Vision-plus-Bitterblossom-Start präsentiert. Das Enchantment legt mein Gegner zwar auch, ich kann aber Pendelhaven und Scion of Oona nachlegen, während er irgendetwas anderes macht. Und so spannend, wie sich das jetzt anhört, ist das Faerie-Mirrormatch nun mal. Wer mehr Bitterblossom/Scion of Oona/Pendelhaven/Cryptic Command hat, gewinnt.

Sideboard: + 4 Thoughtseize; - 3 Vendilion Clique, - 1 Mistbind Clique

Das Problem an diesem Sideboard-Plan ist aber, dass es den Coinflip-Charakter des Matchups keinesfalls ändert, da der Gegner wohl das Gleiche macht. Die Vendilion Clique sind gegen die ganzen 1/1-Feen ziemlich unspektakulär, Gleiches gilt für Mistbind Clique, da der Gegner ohnehin fast alle Spells trotzdem spielen kann.

Das zweite Spiel beginnt mit einem Thoughtseize auf mich, das mir einen Scion of Oona nimmt. Ich mache es meinem Gegner nach und sehe gleichzeitig noch zwei Rune Snags, um die es jetzt herumzuspielen gilt. Dank einer Faerie Conclave auf seiner Seite kann ich mal wieder Bitterblossom spielen – professioniell Thoughtseize-geschützt von oben gezogen..
Ab da muss ich nur noch verhindern, dass er auch so etwas macht und irgendwann habe ich dann gewonnen, während bei ihm noch die beiden Rune Snags auf der Hand verbleiben.

1-0-1


Runde 3 vs. Rene Rösner (Doran)

Auch hier habe ich wieder einen soliden (sprich Bitterblossom-)Start, er kann aber mit Doran im dritten Zug dagegenhalten. Der wird im Folgenden zwei Züge lang von Token oder Spellstutter Sprites gechumpblockt, die dann unter einer Mistbind Clique verschwinden. Diese zwei Time Walk später habe ich auch gewonnen.

Das Sideboard von Paulo Vitor ist einfach genial, die Masticores und Damnations verbessern das Matchup wirklich drastisch. Raus kommen die Scion of Oona, die meiner Meinung nach in diesem Matchup oft zu wenig machen – vor allem on the Draw. Die Vendilion Clique sind super, da sie sich um Dinge wie Kamele und Treetop Villages/Wren's Run Vanquisher gleichzeitig kümmern. Die Mistbind Cliques sind mit weniger Kreaturen natürlich schlechter und genau wie Cryptic Command ziemlich teuer.

In diesem Spiel sollten mir die Vendilion Cliques zeigen, warum sie viel besser als Pestermite oder Nameless Inversion sind. Er beginnt mit einem Thoughtseize, das ein Rune Snag nimmt, die beiden Vendilions bleiben auf der Hand. In Runde drei kann ich die erste Vendilion Clique im Drawstep spielen. Die zeigt mir ein Kamel und zwei Nameless Inversions, im Spiel hat er schon ein Treetop Village. Weg kommt das Kamel und die Nameless Inversion entsorgt Clique #1. Im nächsten Zug das gleiche Spiel, diesmal entsorge ich einen Tarmogoyf und Inversion Nummer zwei. Die dritte Vendilion Clique von oben lässt ihn seine Länder behalten und darf dann gegen das Treetop Village tauschen.

Einen Garruk kurz darauf kann ich countern und schon ist auch dieses Spiel vorbei.

2-0-1


Runde 4 vs. Andre Klube (U/W Control)

Jetzt merkte ich das erste Mal etwas davon, im Draw-Bracket zu sitzen. Andre hatte in der Runde zuvor bereits neben mir gesessen, ich wusste also, dass er ein blau-weißes Control-Deck mit Ancestral Vision, Think Twice, Rune Snag, Wrath of God und Teferi spielte.

Im ersten Spiel nimmt er einen Mulligan und kann meine Bitterblossom in Runde zwei nicht countern. Ab da übernehme ich dann die Rolle des Control-Decks und kann die wenigen wichtigen Spells countern und gegen seine Desert einen Scion of Oona resolven. Zwischendrin gelingt ihm doch noch ein Teferi, den kann ich aber dann in meinem Zug mit Terror entsorgen, da ihm seine Counter auch schon ausgegangen waren.

Sideboard: + 4 Thoughtseize; - 3 Terror - 1 Scion of Oona

Einen Terror wollte ich noch behalten, schließlich kannte ich noch nicht seine Win-Option und ein liegender Teferi ist schon ein größeres Problem. Er muss allerdings auf fünf mulliganen, ich behalte eine Hand mit zwei Mutavaults, Scion of Oona, Mistbind Clique, mehr Mana und Countern.

Die Scion of Oona wird gecountert, er hat nicht viele Länder am Anfang und ich schlage einfach mit Mutavaults auf ihn ein, was bald von einer Pithing Needle gestoppt wird. Irgendwann kenne ich dank Thoughtseize seine Hand und kann gefahrlos eine Mistbind Clique in seinem Upkeep spielen und ein Mutavault championen...

In meinem Zug bemerken wir beide den Fehler und rufen einen Judge. Dessen Ruling ist dann nicht, dass die Situation so bleibt, wie sie ist, sondern dass das Spiel bis zu dem Zeitpunkt zurückgedreht wird, als ich die Mistbind Clique spiele, so dass ich doch die Faerie Conclave drunterpacken kann, was im Endeffekt auch keinen Unterschied macht. Hier bin ich zwar der Meinung, dass das Ruling vom Judge falsch war, aber durch einen Appeal an den Head Judge darauf zu bestehen, dass das Mutavault unter der Clique bleibt, hätte ich schon als ziemlich schäbig gefunden. So war ich froh, dass ich trotz des enormen Meselmoves immer noch die Clique im Spiel hatte. Hier kam dann anscheinend auch die Müdigkeit am schlimmsten durch, da mein Gehirn die Pithing Needle nur mit der Information „Mutavault kann nicht mehr angreifen“ verknüpfte...

Er zieht in den folgenden zwei Runden nichts Relevantes nach, so dass auch die zwei Counter ungenutzt auf meiner Hand verbleiben.

3-0-1


Nach dieser Runde hatte ich aber den Tiefpunkt meiner Müdigkeit überwunden und war wieder „on fire“...


Runde 5 vs. Lars Mueller (B/G Elves)

... aber Lars schaffte es mit einem gewonnen Würfelwurf und einem Treetop Village Turn 1 direkt, meine Euphorie zu bremsen. Das wichtigste im Elfen-Matchup ist nämlich zunächst einmal ein gewonnener Würfelwurf, da einem sonst ein Vanquisher oder manchmal auch ein Tarmogoyf im zweiten Zug gewaltige Probleme macht. Er entschied sich dann dafür, Turn 2 und 3 einen Vanquisher und anschließend Thoughtseize und Imperious Perfect zu spielen. Meine Hand war zwar auch ziemlich gut, aber dagegen gewinnt man im Regelfall nun mal nicht.

Also der gleiche Plan wie gegen Doran – das Matchup ist ohnehin nahezu dasselbe, nur dass Doran noch Zugriff auf einen 5/5-Mesel in Runde zwei und Oblivion Ring gegen Bitterblossom hat.

Im zweiten Spiel fängt er natürlich wieder mit multiplen Vanquishern an, aber nach einer Damnation ist dann nicht mehr so viel los, während ich mit Bitterblossom-Tokens und zwei Mistbind Clique den Sack zumachen kann.

Im dritten Spiel darf er wieder beginnen und nimmt zunächst drei Mulligans. Danach ist es eigentlich nur noch Formsache, da kaum ein Deck Mulligans so gut bestraft wie Faeries. Schließlich habe ich für jeden seiner Spells einen Counter und trotzdem noch die Zeit, mit Vendilion Clique Druck aufzubauen.

4-0-1


Jetzt fällt es mir übrigens erst auf, dass ich bisher noch nicht allzu viel davon gemerkt habe, im Draw Bracket zu sein – das einzige Deck, das da hineinpasst, war wohl das UW Control-Deck aus Runde vier.


Runde 6 vs. Kevin Körner (Doran)

Wir werden erstmal gedeckcheckt, alles ist okay und ich darf anfangen. Auch hier merke ich nichts vom Draw-Bracket, was aber wohl auch daran liegt, dass Kevin 5-0 steht..

Er legt zwar einen Doran, diesen kann ich aber mit Tokens chumpblocken, die ihn dann wieder mal mit Mistbind Cliques timewalken. Später im Spiel kann ich dann noch einen Chameleon Colossus countern und den Doran bouncen – hier zeigte Cryptic Command wieder einmal, wie es Spiele gegen Aggrodecks komplett umdrehen kann.

Und wieder kommt das Premium-Sideboard voll zur Geltung...

Ich kann am Anfang einen Chameleon Colossus mit Vendilion Clique entsorgen, der zweite gesellt sich dann aber doch zum Doran, der schon auf dem Board liegt. Auf meiner Hand habe ich einen Razormane Masticore, eine Damnation, eine Mistbind Clique und Spellstutter Sprite, auf dem Board bin ich trotz Bitterblossom weit unterlegen.

Das Problem ist eigentlich nur meine Manabase, die aus einer Insel, einer Mutavault, Secluded Glen und River of Tears besteht. Mit jedem beliebigen Land kann ich erst Damnation und in der Runde darauf den Masticore spielen. Im ersten Drawstep kommt eine Spellstutter Sprite, die zusammen mit der zweiten chumpblocken kann. Mein Bitterblossom fällt einem Wispmare zum Opfer, so dass der Chameleon Colossus wenigstens nicht gepumpt werden kann und ich einen Zug mehr überlebe. Eine Vendilion Clique hilft da auch nicht weiter, so dass ich schon mit Mutavault chumpblocken muss. Dann kommt zwar das Land, aber mit zwei Leben gegen ein Treetop Village reicht das leider auch nicht mehr.

Der Fehler war aber vermutlich, dass ich die Vendilion Clique nicht auf mich selbst gespielt habe, da ich mir zu sicher war, dass ja ein Land kommen müsste und lieber zusätzliche Gefahren auf seiner Hand (z..B. Profane Command, neue Riesenmesel) eliminieren wollte.

Im dritten Spiel darf ich also wieder anfangen und habe von Anfang an dank Vendilion Clique und Terror trotz der gegnerischen Bitterblossom eigentlich alles ganz ordentlich im Griff, da ich schon eine Damnation habe, die ich dann auch wirklich spielen kann. Danach kommt bei ihm ein Doran und bei mir ein Razormane Masticore, der irgendwann dann sogar den Doran zum chumpblocken zwingt, da er die Bitterblossom-Token einfach so nebenher entsorgt.

5-0-1


Mitterweile gehen überall die wildesten Spekulationen los, mit welchem Record es wohl wie viele Spieler in die Top 8 schaffen. Einmal reicht 7-2 für alle, mal für fast keinen, dafür schaffen es die 6-2-1er usw. usf. Ich mache mir dabei eher Sorgen, wie ich heute Abend nach Hause komme, da wir den letzten Zug um 20:00 Uhr schon auf gar keinen Fall mehr kriegen können.


Runde 7 vs. Robin Lehmann (Reveillark)

Mit Robin habe ich vor ein paar Jahren öfters auf dem Online-TCG-Tool GCCG gespielt. Am Anfang gibt es noch ein bisschen Smalltalk, warum er nicht über Rating qualifiziert ist und was aus GCCG eigentlich geworden ist. (Anscheinend tot.)

Ich weiß schon, dass er Reveillark spielt und hoffe einfach mal, dass das Matchup so gut ist, wie mir alle immer erzählt haben. So wirklich erfahren werde ich das wohl nie, da er in beiden Spielen Mulligan auf fünf nimmt und im ersten Spiel erst auf zwei Mystic Gates und im zweiten überhaupt nur auf einem Land stehen bleibt...

Sideboard: + 4 Thoughtseize; - 4 Scion of Oona

Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass man die Scions rausnehmen soll, weil man sonst automatisch verliert, wenn sie vom Sower of Temptation übernommen werden. Robin argumentierte genau andersrum und boardete die Sower heraus, da ihr Effekt vom Scion of Oona ja gecountert werden kann. Außerdem hielt er die Scions für viel zu wichtig, da sie die Clock nahezu verdoppeln. Robins Ansätze scheinen mir sinnvoller zu sein, so dass ich wohl mittlerweile lieber auf Terror verzichten würde – noch cleverer wäre es allerdings, das ganze einfach mal zu testen...

6-0-1


Jetzt musste nur noch ein Sieg aus zwei Runden her, was gar nicht mal so schwer schien, da sich an den oberen Tischen noch einige andere Reveillark-Decks rumtummelten.

In der langen Pause zwischen den Runden habe ich dann erfahren, dass ich nächste Runde sicher gegen Max Rang spielen würde, da er als einziger 7-0 und ich ebenfalls als einziger 6-0-1 stand. Er fragte mich dann auch schon, ob ich drawen wolle, was aber unattraktiv für mich wäre, da es mir genauso viel helfen würde wie ein Loss – schließlich müsste ich in beiden Fällen die letzte Runde gewinnen.

Immer noch nicht geklärt war die Frage nach meiner Heimreise. Nach Göttingen zu einer Freundin zu fahren, war mittlerweile auch aller Voraussicht nach nicht mehr drin und so wollte ich den Kesseljens dazu überreden, mit mir das Erfurter Nachtleben zu erkunden. Er schien aber eher semi-begeistert und schlug mir stattdessen vor, mit nach Hanau zu fahren.
Abgesehen davon, dass es einfach genau die falsche Richtung ist und noch dazu ganz schön weit, erschien mir das aber attraktiver, als mir irgendwie die Nacht in Erfurt um die Ohren zu schlagen.


Runde 8 vs. Max Rang (B/G Elves)

Seine Kumpel erinnerten ihn offenbar daran, dass er ja ohnehin schon sicher durch ist und dass ich in der folgenden Runde vielleicht auch gegen einen von ihnen aufgeben würde. Also gönnte er uns beiden eine Auszeit und gab auf. Danke noch mal, Max!

Wir spielten eine Runde zum Spaß und da verlor ich dann 2:1, weil ich in den beiden letzten Spielen zusammen etwa drei Nonland-Karten zog. Ich würde das Elfen-Matchup als relativ ausgeglichen – bzw. entschieden durch den Würfelwurf – betrachten und da ich ja vorhin schon gewonnen habe, war das eigentlich auch okay.

7-0-1

In der letzten Runde war es dann egal, wie ich spielen würde und so entschied ich mich, egal welchem Gegner einen Draw anzubieten, da ich auf eine weitere Runde gut verzichten konnte. Es dauerte aber noch endlos lange, bis die letzte Runde losging, da der Drucker offenbar seinen Dienst verweigerte...


Runde 9 vs. Alexander Vey (Faeries)

Endlich gehe ich zum Tisch, frage „Draw?“ und mein Gegenüber reicht mir strahlend die Hand. Nachdem ich dann erfahre, dass er auch Faeries spielt, bin ich froh, mir einen verlängerten Coinflip erspart zu haben und sicher auf dem zweiten Platz zu landen.

7-0-2


Am Nebentisch spielen Thomas Mitschang und Max Rang noch die Thüringen-Meisterschaft aus, was mir Mitch erst mal wieder vorrechnen muss, da ich ein bisschen brauche, um zu realisieren, dass auch hier 23 < 24 gilt.

Verdienterweise gewinnt schließlich Max das Match und Turnier. Am Schluss schafft es sogar noch Eric mit 6-2-1 in die Slots und nachdem wir noch eine Weile warten müssen, bis es Boosterpreise gibt, treten Christoph Kremer, Flippi, Kesseljens und ich die „Heim“reise nach Hanau an.


Erfurt – Hanau 265 km

Die Fahrt und den Abstecher in den Burger King nehme ich nicht mehr richtig wahr, schließlich konnte ich in den letzten ~50 Stunden gerade mal ein Stündchen schlafen. Irgendwann (ca. 2:00 bis 2:30 Uhr) werde ich dann in Hanau wach und fahr mit dem Kesseljens zu seiner Wohnung, wo ich mich endlich duschen und umziehen kann.


Hanau – Club hin und zurück 44 km

Danach geht es noch ins Agostea, einer Disco, wie es sie exakt gleich auch noch in Gießen, Karlsruhe und Koblenz gibt. Da trinken wir noch ein bisschen Äppelwoi und Gin Tonic, aber ich bin schlicht und einfach zu tot, um hier noch den riesen Partyalarm zu starten.

Also wieder zurück ins Kessel-Castle, wo er mich noch zu ein paar Games gegen sein B/R-Token-Husk-Deck zwingt, bis ich dann irgendwann um 5:00 Uhr oder so tot aufs Gästebett falle. Um 12:00 Uhr war ich allerdings wieder wach und gegen 13:30 Uhr ging es dann zum Bahnhof, wo ich zunächst in den falschen Zug einsteige und nach Frankfurt fahre.

Hanau – Frankfurt 22 km

Frankfurt – Göttingen 233 km

Von da habe ich Nele angerufen und nach der nächsten Verbindung nach Göttingen gefragt. Eigentlich war der Plan, während der Zugfahrt zu schlafen, um mir dann in Göttingen das Deutschlandspiel anzuschauen und am Montagmorgen nach Hamburg zurück zu fahren. Ein genauso goldiges wie lautes Baby konnte das allerdings geschickt verhindern, so dass ich wieder ziemlich erschöpft bei Nele ankam.

Da sind wir dann erstmal essen gegangen, aber nach etwa zwei Stunden musste ich auch schon wieder zurück zum Bahnhof, da ich mir weitere fünf Stunden ohne Schlaf nun doch nicht mehr zumuten wollte.


Göttingen – Hamburg 269 km

Diese Zugfahrt konnte ich komplett durchschlafen, genauso wie die ganze Nacht, bis es am nächsten Morgen dann wieder topfit zur Arbeit ging. Wer fleißig mitgezählt hat, wird feststellen, dass ich an diesem Wochenende einfach mal 1.300 Kilometer durch die Gegend gereist bin – für einen National Qualifier! Don't try this at home, kids!

In den Tagen danach kamen neben den Glückwünschen auch viele Fragen, wie das mit dem Deck so funktioniert, ob ich es so belassen würde und wie man sideboarden muss.

Am Maindeck würde ich nichts ändern wollen, alle Zahlen sind sehr durchdacht und Vendilion Clique ist einfach besser als jede andere Karte, die in diesem Slot sonst gespielt wird. Das Sideboard war während des Turniers schon sehr stark, aber die Murderous Redcap und Bottle Gnomes habe ich nie benötigt.

Murderous Redcap würde ich allerdings immer noch im Sideboard belassen, da sie auch gegen Merfolk nützlich sein können und Magus of the Moon mittlerweile ja doch ein wenig verbreiteter ist, nicht zuletzt im Husk-Deck und bei „Droppin' a Deus“. Die Flaschengnome hingegen sind eigentlich nur gegen (mono-)rote Decks zu gebrauchen und die sehe ich nicht als wirkliche Bedrohung. Zwar sind sie gegen Feen ziemlich stark, aber die zahllosen Kitchen Finks in vielen anderen Decks sollten verhindern, dass man nach einem ordentlichen Start noch dagegen spielen muss.

Was mich am meisten störte, war der Sideboard-Plan im Mirror-Match. Schließlich sind die
vier Thoughtseizes nicht besonders kreativ und wenn der Gegner diese auch boardet, hat man sich vom Coinflip noch kein bisschen weg bewegt. Wie ich schon in der zweiten Runde geschrieben habe, ist die wichtigste Karte in diesem Matchup eindeutig Bitterblossom.

Daher habe ich mir überlegt, dieses Matchup mit drei Commandeers im Sideboard zu verbessern, da Feen wohl auch weiterhin stark präsent sein werden. Commandeer kann jedoch nicht nur ein Bitterblossom übernehmen und dabei effektiv 3:2 tauschen, sondern auch eine übernommene Ancestral Vision ist ein sehr starker Move, da es in den allermeisten Fällen weder von Spellstutter Sprite, noch von Rune Snag gecountert werden kann.

Ansonsten bleibt eigentlich nur noch festzuhalten, dass ich Faeries auch weiterhin für das stärkste Deck im Format halte, auch wenn bei meinem Erfolg in Erfurt natürlich sehr viel Glück im Spiel war. Mulligans fanden meist beim Gegner statt, Bitterblossom dafür auf meiner Seite. Aber wenn ich es trotzdem ohne praktische Vorbereitung schaffe, neun (okay, acht) Runden ungeschlagen zu sein, dann spricht das schon eindeutig für das Deck.




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