miraclegames.de
Community
Die Hoffnung stirbt zuletzt
World Championships, Platz 18
von Andre "TrashT" Müller
18.12.2008

Wir schreiben das Jahr 2008. Das Turnier: World Championships in Memphis, Tennessee, USA. Die Mission: mitzocken.

Wieso mitzocken? Ganz einfache Rechnung eigentlich. Dabeisein ist alles, wenn man nur zwei Pro-Punkte haben will. Jeder wird mindestens zwei davon ergattern, sobald er seine Standard-Deckliste abgibt. Also muss ich nicht viel mehr erreichen. Top 24 wäre gut für Level 4; Top 8 für Level 5 und Top 2 für Level 6. Mehr geht nicht. Aber Level 3 ist mein Minimal- und eigentlich auch das einzige Ziel. Wie ich damit nächstes Jahr trotzdem alle Pro Touren spielen will, habe ich schon an anderer Stelle erläutert. Zusammengefasst läuft die Sache nach dem Wird-schon-irgendwie-gehen-Prinzip ab. Hauptsache ich kann meine Kyoto-Qualifikation um die Level-3-Qualifikation erweitern. Den Rest werden mir die Karten schon weisen. War bisher immer so.

Zum Mitzocken muss ich erst ein paar Dinge abklären. Zum Beispiel will ich in Memphis nicht auf der Straße schlafen müssen. Nicht nur, dass das kalt, aber trotzdem uncool wäre, nein: Memphis soll außerdem die Stadt mit der höchsten Kriminalitätsrate der gesamten Vereinigten Staaten sein.

Nachdem ich mir einen Bericht im lokalen Fernsehen angeschaut habe, bin ich davon völlig überzeugt. Man sah einen Typen, der kurz vor Ladenschluss einen kleinen Convenience-Store betritt. Er holt seine Knarre raus und gibt dem Inhaber einen Head-Shot. Wieder und wieder wird dem Zuschauer die gammelige Auflösung der Sicherheitskamera zugemutet, während er die unfassbare Szene im Fernsehen betrachtet. Welche der Justiz auch prompt zum Verhängnis wird: der Täter muss freigelassen werden, weil man ihn auf dem Video nicht gut genug erkennen kann. Ich mache mir einen mentalen Vermerk, lieber den ganzen Tag lang mit ein paar Kilo am Morgen eingekauften Dosen Limonade im Rucksack durch die Gegend zu laufen und mir potenziell den Rücken ein wenig auszurenken, als kurz vor Ladenschluss zu bemerken, dass mir die Drinks ausgehen, und ich hoffen muss, dass die suspekten Gestalten im Convenience-Store sich nur aufwärmen – und nicht den Besitzer kaltstellen – wollen.

Jan Hendrik Lorenz, der mit mir reiste, hat das Hotel gebucht und ich musste ihm meinen Anteil nur noch überweisen. Schon war zumindest das schon einmal geklärt. Wie würdet ihr euch nennen, wenn ihr Jan Lorenz heißt? Kommt, es ist ganz offensichtlich:

JLo (nicht in deiner Kontaktliste) hat dir eine Nachricht geschrieben
annehmenverwerfen

(„JLo?“, so so... mal sehen welcher Inhaber einer Celebrity-Porn-Site diesmal einen Bot-Programmierer angheuert hat...)

JLo: ey trash was geht morgen draft im litfaß?

(????)

Der Groschen fiel pfennigweise, „schwoch oba doch“, wie die Jungs aus Österhausen sagen würden. So viel dazu.

Nun musste ich noch den Flug buchen. Also erst mal noch ein paar Wochen gewartet, schließlich ist das stressig und was du heute kannst besorgen, das lässt sich ebenso gut noch morgen erledigen. Um Geld zu sparen, beschließe ich, den Direktflug mit KLM von Amsterdam aus zu buchen und lieber mit dem Zugzeug dorthin zu reisen. Sollte etwas billiger sein als das Flugzeug, vor allem als „Student“. (Fragt nicht.) Zu dem Zeitpunkt, als ich mich endlich daran mache, kostet der Flug auch schon 660 Euro. Hartes Brot! Aber okay. Besonders billig kommt mir das nicht vor. Wie sähe es von Düsseldorf aus? Oha, derselbe Flug für 470 Euro. Warum auch immer.
Bin ich froh, dass ich nicht in Amsterdam wohne! Ich hätte zuerst mit dem Zug nach Düsseldorf fahren müssen, um mich für minus 190 Euro zurückfliegen zu lassen.

Und wenn ich „derselbe Flug“ sage, dann meine ich das auch. 13:40-Uhr-Maschine von Amsterdam aus, hin und zurück, 660 Euro. Vorher mit dem Flieger von Düsseldorf nach Amsterdam und DANN erst in die 13:40-Maschine kostet 470 Euro. Dabei wollte ich doch am Abend vorher nach Amsterdam reisen, die Nacht durchzechen und am nächsten Tag total benommen in den Flieger steigen und direkt einschlafen – gehen sie nicht über Los, kassieren sie keine Gratissnacks. Absurderweise ließen sich diesmal keine zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Bin ich froh, dass ich nicht in Amsterdam wohne! Ich hätte zuerst mit dem Zug nach Düsseldorf fahren müssen, um mich für minus 190 Euro zurückfliegen zu lassen. Versteh' einer die Welt!

Zu guter Letzt brauchte ich noch eine Deckliste. Irgendwann meinte TobiH, der dank seines Regisseurpostens gezwungenermaßen [aber auch gerne] jeden Artikel auf PlanetMTG liest, zu mir, dass dieser Nico Bohny doch ein ganz tolles Deck gebaut habe. Hinter dem Namen „Nicos wilde Kerle“ verbargen sich Jungs, die nicht mit dem schwarzweißen Leder, sondern Karten ebendieser Farbkombination spielten. In Iserlohn konnte ich das Deck einem ziemlich realistischen Testflug unterziehen und direkt auf dem zweiten Platz notlanden, denn ein anderes BW-Deck kam mir auf meinem Weg dorthin in die Quere. Ein virtuelles 5-0 gegen das Feld war mir definitiv gut genug, um damit auf Worlds anzutreten. Dementsprechend gab ich folgende Deckliste ab:

Orzhov Quantity, gebitet von Nico Bohny

4 Bitterblossom
4 Thoughtseize
3 Terror
4 Kitchen Finks
3 Unmake
3 Tidehollow Sculler
4 Cloudgoat Ranger
3 Ajani Goldmane
2 Elspeth, Knight-Errand
4 Spectral Procession

4 Caves of Koilos
4 Fetid Heath
4 Mutavault
2 Plains
4 Reflecting Pool
4 Swamp
4 Windbrisk Heights


1 Puppeteer Clique
2 Grave Pact
4 Stillmoon Cavalier
1 Tidehollow Sculler
4 Burrenton Forge-Tender
3 Condemn

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Die Cavaliers im Sideboard ersetzen die beiden Windborn Muse, einen Grave Pact und die Liliana Vess. Das Token-Matchup würde ohnehin ein Mirror sein, und da sind die Stillmoon Cavalier einfach besser als die anderen Karten.

Ansonsten blieb alles beim Alten, denn dieser Nico baut wirklich gute Decks und schreibt tolle und lustige Artikel darüber. Darum bekommt er auch einen Haufen Booster für seine Mühen von TobiH. Diese in die Schweiz zu verschicken, würde ungefähr 45 Euro kosten. Die Nebenmission daher: Nico Bohny in Memphis ausfindig machen und ihm zwei Displays aushändigen.

In Memphis angekommen lieh ich mir schnell noch die fehlenden Karten für mein Standard-Deck und schwätzte ein bisschen mit den Jungs über das BW-Deck und so. Die meisten fanden es entweder supergut oder hassten die Manabasis des Decks, mit der sie im Testing ständig auf die Schnauze geflogen sind. Da am Ende des ersten Tages noch zwei Runden Extended auf Harald Stein warten würden, war auch dies ein Gesprächsthema. Was würde ich in Extended zocken? Mein Plan war ja, bis dahin schon so viele Losses gesammelt zu haben, dass ich ruhigen Gewissens droppen konnte. Das letzte Mal, dass ich eine Weltmeisterschaft durchgespielt habe, tat ich dies, weil ich Punkte fürs National Team sammeln musste. Für den Notfall hatte ich noch ein halbes Elfendeck dabei.

Nachdem ich pünktlich in mein Hotezimmer kam, um das ENDE von Dr. House zu sehen, verlängerte sich meine Nachtruheperiode spontan um eine Stunde und in Erinnerung an Gooooodies Klassiker von 2005 ließ ich als letzte Worte vor dem Zapfenstreich ein „Ich seh's kommen – morgen wird fett Worlds geplayt!“ verlauten.

Tag 1 – Standard

Am nächsten Morgen machten wir uns frühzeitig auf den Weg zur Site, um noch die letzten Karten zu erleihen. Fünf Minuten vor dem offiziellen Beginn des Players' Meetings riskierten JLo und ich noch eine schnelle Raucherpause, nur um danach eine gefühlte halbe Ewigkeit der Flag-Ceremony und der anschließenden Hall-of-Fame-Award-Ceremony beizuwohnen. Immerhin entgingen uns dadurch folgende große Worte nicht:

„[All of these players have proven time and again that they have what it takes to]
snatch defeat from the jaws of victory.“

Was die können, kann ich doch schon lange! Ich freue mich schon auf 2013.

Dann ging auch „schon“ das Gezocke los. Die Deckliste ist abgegeben, Ziel erfüllt! In Runde 1 auch direkt der Aufbaugegner aus Argentinien. Er lässt in Turn 3 einen Rhox War Monk aus seinem Quick' n Toast raus und schlägt mich damit ganz banal um. In Game 2 hält er eine (seiner Meinung nach) Thoughtseize-sichere Hand mit drei Bitterblossom. Also nehme ich schlicht die Nicht-Bitterblossom-Karte, lege meine eigene Blossom und zeige ihm mit Ajani Goldmane, wer der Herr im Haus ist. Game 3 kommt wieder der Monk, aber diesmal habe ich das Unmake und mache ihn vorsichtshalber direkt weg. Nach ungefähr 15 weiteren Zügen kann ich seinen Mulldrifter mit Puppeteer Clique animieren und das Spiel für mich entscheiden. Zwischendurch zeigt er mir aber noch seine Tech: Incendiary Command! Die macht nicht nur all meine Token weg, sondern auch noch die Ajani. Great idea. Die Esper Charm auszuboarden und dafür die Bant Charms drinzulassen – not so much.

In Runde 2 darf ich dann direkt gegen JLo ran. Ich bin der erste einer langen Reihe von Gegnern, die er zwar noch auf eins bringen kann, danach aber trotzdem verliert. Vor allem meine passend gezogenen Terror für den Wren's Run Vanquisher, Unmake für die Kitchen Finks und Condemn für Chameleon Colossus bereiteten ihm arges Unbehagen. In Game 2 war es so Ajani, der dauernd an meiner statt auf einem Lebenspunkt herumkrebsen musste. Am Ende konnten wir aber den Win einfahren.

Runde 3 dann der Loss gegen Kerem aus Estland, dem ich das erste Game locker abringen konnte. Game 2 war es aber er, der mir Spectral Procession und Ajani Goldmane um die Ohren haute, und Game 3 war unpassenderweise das Spiel, in welchem ich keinen Spell ausspielte, während mich sein Stillmoon Cavalier besiegte.

In der nächsten Runde ist es dafür Nicolay Potovin, dessen BW-Deck im entscheidenden Moment die Kooperation verweigert. Diverse Mulligans auf seiner Seite waren auch nicht unmaßgeblich an seiner Niederlage beteiligt.

Dann meine 15 Seconds of Fame – ein Thailänder kommt zu mir und sagt: „Are you Andre Mueller?.... We are playing, at Table XY!“ Cool, dachte ich mir, bis sich herausstellte, dass der Typ schlichtweg Schweizer ist und mich ganz normal von PlanetMTG kennt. Auch er spielte BW-Tokens, erlaubte sich aber einige Spielfehler, die mir im Gegenzug erlaubten, das Match an mich zu reißen. Im ersten Spiel beantworte ich seine Spectral Procession mit meiner eigenen, mit dem Gedanken, abzutauschen, noch eine Procession zu spielen und im darauffolgenden Zug den Cloudgoat Ranger aus den Windbrisk Heights zu befreien. Vor seinem Angriff spielt er nun aber Thoughtseize und klaut die zweite Procession. Dann blocke ich eben nicht! Wenn er erst angegriffen hätte, wäre das Spiel möglicherweise ganz anders ausgegangen. Im zweiten mache ich dafür einen Riesenfehler und thoughtseize seine Windborn Muse anstelle seiner Procession, da ich alle Removal ausgeboardet habe. Die Procession macht Riesendruck, ermöglicht SEINE Windbrisk Heights und schon liegt da auch noch ein Stillmoon Cavalier.

Nun kommt es zu einer interessanten Racesituation, an deren Ende ich zwei Optionen habe. Entweder mache ich mir zwei Leben mit Ajani, um seinen Gegenangriff überleben zu können, oder ich gebe allen Vigilance und sterbe dann am Stillmoon Cavalier. Ich rechne also gut durch, wie dieses 20-Kreaturen-Gemetzel wohl ausgehen könnte. Grob gab es zwei Varianten. Pumpt er seinen Cloudgoat Ranger nicht, muss er einen Flieger zu viel durchlassen und ist tot. Also muss er ihn pumpen. Dann aber sind all seine 1/1er getappt und er kann meine Kitchen Finks nicht chumpen, sondern nur mit ihnen traden. Das beschert mir genau so die zwei Lebenspunkte, also mache ich das. Kaum habe ich alle in die Red Zone geschoben, fällt mir auf, dass er nur sein Mutavault aktivieren und mit dem den Cloudgoat Ranger pumpen müsste. Dann könnte ein Token chumpen und ich würde im Gegenangriff verlieren. So aber hat es genau gereicht, da er einige Züge zuvor einfach mal nicht gepumpt, sondern die abtauschenden Mutavault in den Friedhof gelegt hatte. Danach war es natürlich etwas zu spät.

Runde 6 ging es dann gegen irgendeinen Japaner, der eine Mischung aus Doran-Elves und BW-Tokens spielte. Im ersten Spiel topdeckte ich mit leerer Hand zwei Cloudgoat Ranger hintereinander, die die bis dahin ausgeglichene Partie kippten. Das zweite ging dafür an ihn, trotz seiner superschlechten Topdecking-Skillz: Um es mir nachzutun, zog auch er zwei Cloudgoat Ranger hintereinander. Und zwar, nachdem seine letzte Handkarte schon einer war und ich aus Angst vor ihm (und vor allem den Windbrisk Heights) seinen Bird mit Terror bedachte. So geht es natürlich nicht! Fast hätte ich darum noch gewinnen können, aber so ging es ins dritte. Wir spielten ein bisschen hin und her, bis es schließlich zu folgender Situation kam:

Ich: Attack with three spirit tokens
Er: Block with three (of six) creatures
Ich: Damage on the stack, then activate Windbrisk Heights
Er:??? (greift die Karte, die da herauskommt, um sie durchzulesen, denn sie ist aus der 10. Edition, aber sie ist auch deutsch, also...)
Ich: It is Grave Pact
Er: OOOOH! Grave Paktoo!

Alles tot. Wenige Züge später schloss das auch ihn ein.

Tag 2 – Booster Draft

Das letzte Mal, als ich 5-1 nach Tag 1 stand, konnte ich den 47. Platz erspielen, also setzte ich mir das als neues Wunschziel. So ging ich dann auch in den zweiten Tag, um die 2-1-Maschine anzuwerfen und mir mit dem reaktiven Draften die dafür benötigten Decks zu sichern. Im ersten Draft war es recht klar, dass ich Esper geschoben bekomme, denn jeder Booster war voll davon. So voll, dass ich Angst haben musste, dass auch mein Hintermann Marijn Lybaert in Esper gehen würde. Besonders der siebte Pick Tidehollow Strix über Kathari Screecher ließ mich zusammenzucken. Am Ende sah mein Deck so aus:


1 Minion Reflector
1 Fleshbag Marauder
1 Viscera Dragger
2 Executioner's Capsule
1 Fatestitcher
3 Kathari Screecher
1 Kederekt Leviathan
1 Call to Heel
2 Resounding Wave
4 Tidehollow Strix
1 Knight-Captain of Eos
2 Metallurgeon
2 Sanctum Gargoyle

1 Esper Panorama
6 Island
4 Plains
1 Seaside Citadel
6 Swamp

Diese und weitere Karten gibt's bei:


In der ersten Runde durfte ich irgendeinen Friseur verhauen, der viel zu viele Obelisken und zu wenig sonst ausspielte. Aber in der zweiten Runde holte ich mir direkt die Niederlage ab, nachdem der stumpfe Naya-Mann mir zwei Runden lang die Kurve um die Ohren gehauen hatte. Im dritten Spiel ging es dann ran gegen Marijn Lybaert. Der hat gegen alle Befürchtungen straight Jund gedraftet, den Jund Charm aber an Manuel Bucher weitergegeben. Im ersten Spiel stalle ich ihn mit zwei Metallurgeon, aber nichts anderem, und bekomme irgendwann trotzdem einen Jund Charm reingedrückt, den er einfach mal selbst aufgemacht hat. Ich reformiere mit Sanctum Gargoyle und Executioner's Capsule, die einen tödlichen Tanz starten, der nach und nach sein ganzes Board abarbeitet. Dank einer gecycleten Resounding Wave und zwei Durchgängen des Kederekt Leviathan war bei ihm so weit alles vernichtet und ich hatte noch einen Haufen Karten auf der Hand und musste nur dauernd aufpassen, nicht auch noch den siebtletzten Lebenspunkt zu verlieren.

In Game 2 aber war ich zu lange screwed, um eine ordentliche Gegenwehr aufzubauen, und es ging ins Entscheidungsspiel. Da hat er eigentlich nicht viel gemacht, außer einen Incurable Ogre zu legen und ihn mit Lightning Talons auszustatten. Der machte mir acht Schadenspunkte, aber dann kam der Knight-Captain of Eos, um mir Zeit zu kaufen, meinen Minion Reflector online zu bringen. Mit dem kopierte ich erst Fleshbag Marauder, bouncete dann den Captain und spielte auch den noch einmal kopiert aus, um das ganze Board mit Tokens vollzulegen. Wie sollte er da noch gewinnen...?

Natürlich mit Hissing Iguanar und Jund Charm. *Chewie-Gebrüll*!

Nach dieser Performance kam ich direkt an einen wesentlich stärkeren Drafttisch, an welchem sogar Ryan Fuller mal wieder teilnahm, der scheinbar endlich unbanned ist. First Pick First Pack überlege ich zwischen Sanctum Gargoyle und Branching Bolt, entscheide mich für den Bolt, gehe bei „5 seconds“ noch einmal den Booster durch, sehe einige gute grünrote Karten und entscheide mich bei „draft“ spontan doch noch für den Gargoyle. Meine nächsten drei Picks? Oblivion Ring, Master of Etherium, Agony Warp. Ich bin einfach der Meister.

Obwohl ich nach der schlappen Performance des ersten Esper-Decks geschworen hatte, diese Farbkombination nie wieder anzurühren, stand ich am Ende mit folgendem Deck dar:


1 Obelisk of Bant
1 Archdemon of Unx
1 Puppet Conjurer
1 Executioner's Capsule
3 Cloudheath Drake
2 Etherium Sculptor
1 Master of Etherium
1 Steelclad Serpent
1 Call to Heel
1 Etherium Astrolabe
1 Tezzeret the Seeker
1 Tidehollow Strix
2 Agony Warp
1 Kiss of the Amesha
1 Metallurgeon
2 Sanctum Gargoyle
1 Oblivion Ring
1 Resounding Silence

1 Grixis Panorama
6 Island
5 Plains
5 Swamp

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Vielleicht wird es ja diesmal was. Gegen Robert van Meedevort ging es jedenfalls ganz schnell; in beiden Spielen kam der Master in Turn 3 und wütete recht ungestört, unterbrochen durch kurze Auszeiten, die durch Sanctum Gargoyle beendet wurden. Gegen den random Japaner in Runde 2 sah es schon wieder anders aus. Im ersten Spiel schlug ich ihn beständig mit Cloudheath Drake, bis er einen Zug vor Schluss seinen Battlegrace Angel zog. Natürlich topdeckte ich wie ein Weltmeister direkt den Oblivion Ring, aber ein paar Züge hatte er sich mit der Aktion gekauft. Beim nächsten „letzten Zug“ zog er dann die Karte und fing an, Mana zu tappen. Two red, two white, three green... Na Prost Mahlzeit.

Was mich daran aber am meisten aufgeregt hat, war, dass ich IMMER NOCH Sanctum Gargoyle auf der Hand hatte. Wenn ich den in Turn 4 gelegt hätte, wäre er längst tot gewesen. Etwas on Tilt hielt ich meine Starthand mit Insel, Swamp, Tidehollow Strix und vier weiteren Spells. Er startet mit Turn 1 Wild Nacatl, mit dem ich direkt abtausche, und macht dann ewig lang ebenso wenig wie ich. Doch als er seinen Mountain zieht, kommt Mayael of the Anima. Die lässt sofort Jungle Weaver und Woolly Thoctar raus und für mich sieht es ganz finster aus. Tezzeret the Seeker kommt, muss aber Obelisk of Bant suchen, damit ich überhaupt irgendwann mal irgendwas machen kann, und wird umgehend vom Vithian Stinger weggepingt.

Er greift mit allem an, ich ahne schon den gecycleten Resounding Roar und entscheide mich, so zu blocken, dass ich dagegen nicht verliere. Ich lege also meine Kreaturen hin, sage „Block“, er cycled den Resounding Roar und ich bin tot. Hatte ich mir das nicht gerade noch anders überlegt?, dachte ich mir. Aber war wohl besser so. Andere Blocks hätten das Spiel auch nicht gewonnen. Er hätte diesen Roar einfach nicht auch noch haben dürfen.

Abschließend dann noch gegen Helmut Summersberger. Im ersten Spiel kommen wieder einmal nicht die Länder, die ich bräuchte, um ihm mit meinem Etherium Astrolabe auszukontrollieren. Im zweiten Spiel funktioniert genau dies dafür wunderbar, und mit wenig Zeit gehen wir ins Dritte. Ich mache gut Druck, werde dann ausgebremst, aber kann den Archdemon of Unx nachziehen. Es sieht aus, als könnte er noch durchbrechen, aber mit Skeletal Kathari und zwei Sanctum Gargoyle samt Metallurgeon lagen zu viele Regenerierer in der Luft und nach fünf ereignislosen Extrazügen gingen wir essen. Wir hätten aus unserer Ausgangsposition 6-0-1 für Top 8 spielen müssen. Den Draw haben wir schon gesichert. Also alles richtig gemacht.

Tag 3 – Extended

Für Extended musste dann aber ein gutes Deck her. Elfen wollte ich nicht wirklich spielen, aber JLo meinte schon, er hätte fast ein komplettes Zoo-Deck dabei. Schnell Helmut auf die Liste angeschwätzt, der mir aber von Zoo ab- und zu Dredge riet, was ich sowieso schon spielen wollte, wofür ich jedoch genau keine Karten dabeihatte. Seine Argumente, dass Dredge genau mein Stil sei und Zoo ohnehin viel zu schwierig wäre, überzeugten mich aber. Und so holte ich all meine Connections raus, um am nächsten Morgen, während die Teams ihre letzten beiden Runden absolvierten, schnell alle notwendigen Karten auszuleihen. Von random Deutschen, die Win-a-Trip für Worlds geluckt hatten bzw. dort aus irgendeinem Grund wohnten, über Holländer auf Road Trip, die nur zum Legacy-Zocken vorbeigeschaut haben, bis hin zu diversen random Rumänen, Kroaten, Neuseeländern und Schweizern. Niki Eigner war dann auch so nett, mir die upgedatete Deckliste zu geben, im Gegenzug für das Versprechen, gegen die Ösi-Teammates aufzugeben. Gute Sache, dass genau kein Ösi außer Helmut im Draw-Bracket war, der aber Zoo spielte und daher ausgeklammert war. Die Deckliste sah wie folgt aus:


4 Chrome Mox
1 Golgari Thug
4 Stinkweed Imp
4 Bridge from Below
3 Darkblast
3 Dread Return
2 Fatestitcher
4 Magus of the Bazaar
2 Mulldrifter
4 Narcomoeba
4 Ideas Unbound
4 Golgari Grave-Troll
4 Glimpse the Unthinkable
1 Flame-Kin Zealot
1 Akroma, Angel of Wrath

2 Breeding Pool
3 Flooded Strand
2 Island
3 Polluted Delta
1 Steam Vents
4 Watery Grave


2 Pithing Needle
2 Extirpate
3 Thoughtseize
2 Chain of Vapor
2 Ancient Grudge
1 Ancestor's Chosen
1 Blazing Archon
2 Gemstone Caverns

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Bevor ich auf die Runden eingehe, noch eine witzige Story von den Schweizern. Ich sitze im Swiss neben... irgendeinem Schweizer, sorry.

Der meint zu mir: „Boah ich hab noch ne witzige Story... erzähl' ich dir nachher.“ Ihr wisst schon, wie diese Mädels: „Boah mir ist das UNGLAUBLICHSTE passiert! Ich erzähl's dir am Wochenende...“ So was fuchst mich immer unheimlich! Jedenfalls sind wir später essen und ich spreche ihn darauf an.

Er: Erinnerst du dich noch an Worlds 2005?
Ich: Ja...
Er: Und an den Daniel So-und-so auch?
Ich: Ja...
Er: Du hast dir damals von dem Karten geliehen für Extended, weißt du das noch?
Ich: Ja...
Er: Er hat am Ende gesagt, er bekommt noch zwei Pithing Needle von dir. Du meintest, das könne gar nicht sein. Darauf sagte er „Okay stimmt, hab dich angelogen – es war nur eine.“ Weißt du das noch?
Ich: Ja...
Er: Aber es war gelogen! Du hattest ihm gar keine Needle geliehen.
Ich:...
Er: Das ist voll der Running Gag in der Schweiz!

Ohne Spaß, später kam noch ein Schweizer und fragte, worüber wir reden. Der andere sagte nur „Die Needle-Story vom Daniel“ und er fing voll an zu lachen. Nur so nebenbei, damit ihr wisst, was ihr von Schweizern für einen Humor zu erwarten habt. Nico ist da echt die Ausnahme!

Aber wieder zurück zum aktuellen Geschehen. Ich will also gleich Extended losspielen and don't know nothing about no sideboard plans. Ich entscheide mich, die letzten fünf Minuten für eine Runde „Ask the P.-R., O.“ aufzuwenden und Oliver Polak-Rottmann ist so freundlich, mir einen fünfminütigen Monolog über die diversen Sideboardstrategien reinzudrücken. DAS nenne ich ordentliche Input-Menge! Ich nicke anschließend kurz wie Commander Data, wenn er alles abspeichert, und stürze mich ins Getümmel.

Es geht direkt los gegen Faeries, der all meine Card-Drawer countert, dann aber nur dumm gucken kann, als ich einen Golgari Grave-Troll ausspiele. Der stirbt direkt und ich gehe dazu über, auf die Kombo zu pfeifen, und ihm wiederholt Grave-Trolls und Stinkweed Imp vorzusetzen und nebenbei noch ein paar Narcomoeba abzugreifen. Als er sich bis auf austappt, um etwas dagegen zu unternehmen, unearthe ich den Fatestitcher und tappe seine Insel. Trotz Mutavault nimmt er sich nicht einmal das Mana in den Pool und ich kann doch noch in die Combo gehen. Nachdem das alles so wunderbar geklappt hat, spiele ich im zweiten Spiel genauso. Die fünf Mana für Grave-Trolls habe ich da leider nicht gezogen, aber mit Stinkweed Imp lässt sich fürs Erste auch gut kämpfen. Diesmal hat er nur leider Vedalken Shackles und Umezawa's Jitte, gegen die meine kleinen Krüppel nichts ausrichten. In Game 3 gibt es dafür zur Abwechslung Magus of the Bazaar in Turn 1, und er muss trotz seines Spell Snare/Mana Leak/Vendilion Clique-Draws ziemlich schnell aufgeben.

In Runde 2 dann gegen UB-Tron. Seine Plays? Urza's Mine, Chrome Mox, Condescend. Urza's Tower, Thirst for Knowledge. Urza's Power Plant, Spell Burst mit Buyback. Eingesehen, NEXT! Mulligans dauern länger als das Match, ich auf vier, er auf fünf. Meine gloreiche Hand? Land, Mox, Fatestitcher, Grave-Troll. Mein glorreicher erster Draw Step? Magus of the Bazaar. Und das reicht dann einfach.

Im dritten Spiel wird es witzig. Er cryptet Brücke und Stinkweed Imp, extirpatet alle Golgari Grave-Trolls und legt Night of Souls' Betrayal, um meinen Magus of the Bazaar abzustellen. Dadurch wird die Partie überhaupt erst fair. Ich fange an, mir mit Golgari Thug und Narcomoeba jede Runde zwei Token zu basteln, wodurch meine Offensive sogar noch viel stärker ist, als wenn er einfach KEINE Night of Souls' Betrayal im Spiel hätte.

Spell Burst mit Buyback und Damnation verlangsamen den Prozess, doch erst als die zweite Tormod's Crypt meine letzten drei Brücken entfernt und er noch Platinum Angel legt, bin ich endgültig kaputt. Was lernen wir daraus? Wenn man nicht weiß, wie man seinen Hate einsetzen soll, muss man halt nur genug ziehen. Irgendwann ist alles gehatet und fertig.

Das war der Moment, in dem in meinem Inneren etwas starb. Und zwar war das in diesem Fall die Hoffnung auf eine Top-8-Platzierung, welche nunmehr mathematisch unmöglich war. Wie wir alle wissen, stirbt die Hoffnung zuletzt. Das heißt, der TrashT stirbt ab jetzt einfach mal nicht mehr.

Zuerst gegen Tezzerator. Nicht, dass ich das im ersten Spiel bemerkt hätte. Mein Watery Grave in Turn 1 bringt ihn auf eine falsche Fährte und verleitet ihn dazu, eine Turn 2 Vendilion Clique anzubringen. Er sieht meine Hand mit multiplen Ideas Unbound und weiß sofort, dass sein letztes Stündlein geschlagen hat. Dieser Spielverlauf irritiert mich dafür, und ich denke, dass auch er Faeries zockt. Er needlet Magus of the Bazaar (den ich nicht gezogen habe) und revanchiere mich mit einer Pithing Needle auf Tormod's Crypt (die er nicht gezogen hat). Er hat Ancient Grudge für meine Needle und legt eine Ensnaring Bridge. Ich gehe in die Combo, spiele Ancient Grudge auf seine Bridge und die Tokens aus MEINER Bridge sagen ihm kurz guten Tag.

Die anderen drei Matches kann ich beim besten Willen nicht mehr auseinanderhalten. Alle drei haben sie behauptet, dass sie normalerweise gewinnen müssten und gar nicht wissen, wie sie verloren haben. Alle drei haben im ersten Spiel deutlich schlechtere Draws als ich gehabt und nach dem Sideboarden ihr Jund Charm nicht gezogen. Und alle drei haben nach dem Sideboarden gegen den Golgari Thug antreten dürfen. Das sieht dann ungefähr so aus: Gegner hat Kird Ape, Wild Nacatl und Tarmogoyf. Ich habe einen Zombie-Token und Golgari Thug. Er überlegt, wie er angreifen soll. Die Konsequenz eines Angriffes wäre aber, dass der Thug chumpt, ich einen Token bekomme, die Narcomoeba oben drauf lege, nächste Runde den Thug dredge und wieder ausspiele und dann noch mehr Token durch Chumpblocking bekomme, usw. bis zum Erbrechen.

In zwei von drei Spielen vergesse ich einmal zu dredgen, weil ich zu hart über die Strategie der Partie nachdenken muss, um auch noch Arbeitsspeicher für Technik reservieren zu können. Am Ende sind sie aber trotzdem von Akroma totgeschlagen oder von Ancestor's Chosen ausgestallt und dann von Akroma totgeschlagen. Bis auf ein Spiel, in welcher die Akroma den Tarmogoyf chumpen musste und ich daraufhin verlor. Aber ich habe ihr versprochen, nicht zu viele Details dieser Geschichte in die Welt hinauszutragen.



Die Rückreise verläuft ohne nennenswerte Negativereignisse. Mein Sitznachbar macht sich aus dem Staub, sobald das Gurt-Zeichen erlischt, und kommt nie wieder zurück, so dass ich bequem schlafen kann. Vorher nutze ich noch einige Tipps von DoubleYourDating, um die Stewardess zu bezirzen, modifiziere das Ganze aber angesichts der Umstände ein wenig und mache daraus lieber DoubleYourDinner. So konnte ich dann gesättigt und nicht vollends übermüdet zu Hause ankommen und die Energie umgehend nutzen, um mir wieder den gleichen schlechten Tag-Nacht-Rhytmus anzugewöhnen, wie ich ihn schon davor hatte.

Wie sieht es unter dem Strich aus? 12-5-1, 18. Platz und 3250 $ Preisgeld plus 1250 $ Antrittsgeld = 4500 $ für fünf Tage Walking in Memphis. Vielleicht etwas unterbezahlt, wenn man bedenkt, was Elvis in gleicher Zeit verdient hätte und im Hinterkopf behält, dass ebendieser (also der Hinterkopf jetzt) beim nächsten Shopping durchlöchert werden könnte und die heutigen Handys eine bessere Bildschirmauflösung haben als die durchschnittliche Sicherheitskamera.

Dafür gibt es aber noch sieben Pro-Punkte. Und wie ich weiter oben schon gesagt habe, ist diese Top 24 genau für ein Level-Up und das wiederum genau für zwei weitere PT-Qualifikationen gut. Ich darf also im nächsten Jahr wieder alles mitspielen.

Oder auch nicht. Das Unfassbare ist eingetreten: TrashT geht bald ARBEITEN! Nächsten Monat geht es los und zwar nach Curacao. Ja, da gibt es warmes Wetter, heiße Mädels und harte Dollars für mich. Und man weiß nie, wann man mich wiedersehen wird. Möglicherweise auf der einen oder anderen Pro Tour. Aber dafür muss ich erst noch Urlaub bekommen. Und da Jelger Wiegersma mein Vorarbeiter ist und selber mal Bock auf PT hat, werde ich öfter das Büro hüten dürfen, als mir lieb sein wird. Aber irgendwann müssen wir alle erwachsen werden, nicht wahr?

Einzig fader Beigeschmack ist, dass diese gute Platzierung mir jetzt nicht mehr so viel Freude bereitet, wie es das unter den Umständen der vergangenen Jahre getan hätte. Meine Miete werde ich bald locker bezahlen können und an den ganzen tollen Pro Touren, zu denen ich jetzt wieder eingeladen werde, kann ich womöglich gar nicht teilnehmen. Aber was soll's? Mission erfüllt!

Jedenfalls die HAUPT-Mission. Denn als ich so nicht vollends übermüdet in mein Wohnzimmer gehe, lachen mich von meiner Couch aus zwei Displays an.


Beliebige Weihnachten!




Kommentiert
.in unserem Forum

[ drucken ]

Weitere Artikel/Berichte von Andre Müller

[21.06.2012]PT-Dweller
[06.03.2012]Melira beim PTQ Hamburg
[16.11.2011]PT? GP? PPC? PWP? PTQ!
[01.08.2011]M12-Limitedreview: Farblos
[27.07.2011]M12-Limitedreview: Grün


miraclegames.de
 
 
zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite