Mein persönliches Draftjournal liest sich in den letzten Wochen wie eine Litanei des Schreckens. Und da von geteiltem Leid bekanntlich jeder etwas hat, dürft ihr heute mitlesen.
Ins Detail geht's gleich, im Groben und Ganzen lässt sich jedoch schon mal vorab feststellen: Ich verstehe einfach dieses Format nicht. Ich bin bestimmt nicht der beste Drafter und garantiert auch nicht der beste Spieler, aber in der Essener Draftrunde hatte ich bisher zumindest ein positives Gesamtergebnis. Seit Alara Reborn erschienen ist, stehe ich nun 10-15 in Matches und irgendwie fühlt es sich sogar noch schlechter an. Zumal ich bislang keinen Silberstreif der Hoffnung am Horizont sehe – wenn überhaupt, ist das Licht am Ende des Tunnels wieder nur eine U-Bahn.
Im dritten Booster begegne ich neuerdings andauernd dem Phänomen, dass meine Farben zwar extrem stark, aber nicht tief sind. Das heißt, in den anfänglichen Picks habe ich die Auswahl zwischen diversen Superkarten, dafür hört es nach ungefähr Pick 6 komplett auf... Dabei scheinen mir die resultierenden Decks gar nicht einmal schlecht zu sein. Jedes Mal denke ich mir: „Jo, ein 2-1 mit Chancen aufs Finale.“ – in der Regel liege ich damit allerdings weit daneben. Sind meine Decks so viel schlechter, als ich denke, oder sind die durchschnittlichen Draftdecks so viel stärker geworden? Sagt ihr's mir im Forum!
Beziehungsweise, sagt es mir gleich hier! Im Folgenden zeige ich euch einige meiner Draftdecks und schließe jeweils eine Umfrage an.
#1 Espercially For You
Dieser Draft begann für mich mit zwei removalfreien Boostern und als Picks Manaplasm, gefolgt von Jungle Shrine. Dann gab's Vithian Stinger und die nächste Karte war bereits Sighted-Caste Sorcerer. Wahrlich kein schöner Start und umso lustiger, dass von den ersten vier Picks letztlich genau eine Karte ins Deck wanderte.
Mit dem restlichen Draftverlauf war ich recht zufrieden, wobei ich mir von Conflux noch ein bisschen mehr erhofft hätte, nachdem ja gerade eindrucksvoll unter Beweis gestellt worden war, dass buchstäblich niemand sonst Interesse an Artefakten hat. Ärgerlich auch, dass rechts neben mir Bant gedraftet wurde. Obwohl das ziemlich dreifarbig endete, gingen dort Esper Stormblade und Bant Sureblade verloren.
Der Schwachpunkt ist die Manabasis. Nein, fünf schwarze Quellen und jeweils sieben weiße und blaue, zuzüglich Jhessian Zombies, das ist nicht zu wenig – das ist zu viel! 17 Länder, ein Borderpost, ein Landcycler, den man ungern ausspielt, und Kaleidostone würden garantiert das eine oder andere Mal für Manaflood sorgen.
So weit meine Einschätzung des Decks nach dem Draft. Was meint ihr?
Auflösung:
0-3. Zwar produzierte das Deck hin und wieder auch solche Mörder-Draws wie Ethercaste Knight, Aven Trailblazer, 6/6-Arsenal Thresher, Windwright Mage plus Darklit Gargoyle (alles in den ersten fünf Zügen), aber der Regelfall sah eher so aus, dass ich eine Starthand mit drei Ländern halte, bis Turn 4 keinen weiteren Spell ziehe, dann Faerie Mechanist spiele, drei Nicht-Artefakt-Sprüche unter die Bibliothek befördere und noch zwei Länder nachziehe...
Nein, im Ernst, Manaflood war ein riesiges Problem und Deadshot Minotaur war ebenfalls eines. Dass mein Deck ausschließlich Kreaturen legt und zur Seite dreht, tat sein Übriges. Keine Bomben, keine Finisher, (fast) kein Removal – bloß solide, aber unspektakuläre Kreaturen. Wenn der Gegner jemals in der Offensive war, war das Spiel praktisch schon gelaufen.
Ach ja, und ein Spiel (und damit das Match) habe ich verloren, weil ich in Turn 2 mit Jhessian Zombies ein Land suchte. Es war eine knappe Entscheidung, möglicherweise sogar richtig, aber eine Kreatur mit Furcht hätte vermutlich gewonnen.
#2 Fix in Grixis
Mein First Pick hatte Spruchkosten von und es stellte sich heraus, meine beiden Vordermänner waren in Naya...
1 Deny Reality
2 Soul Manipulation
1 Skeletonize
1 Cruel Ultimatum
2 Fiery Fall
2 Wretched Banquet
1 Resounding Thunder
1 Molten Frame
1 Yoke of the Damned
—Diese und weitere Karten gibt's bei:
Trotzdem landete noch eine Menge Kroppzeug im Deck, aber hat man erst ausreichend Removal, ist das gar nicht so schlimm. Die Antikombo Pestilent Kathari plus Wretched Banquet (der Flieger stallt solange, bis der Gegner Removal hat, und dann stirbt man, weil derweil die Wretched Banquet in der Hand verschimmelt sind) war mir zwar beim Deckbau aufgefallen, aber andere Playables hatte ich nun mal nicht.
Ihr seid gefragt:
Auflösung:
2-1. Ein faires Ergebnis.
Allerdings hätte ich noch eine Frage zu einer Spielsituation. Ich habe fünf Lebenspunkte, mein Gegner 13. Er hat weder Handkarten noch Kreaturen, dafür aber ganz viele Länder. Ich kontrolliere vier Sümpfe, drei Gebirge und einen Mistvein Borderpost sowie Giant Ambush Beetle. In meiner Hand halte ich Cruel Ultimatum und Wretched Banquet. Unter den ca. 23 Karten in meiner Bibliothek befinden sich ein Fiery Fall, fünf Inseln und Jhessian Zombies.
Das erste Spiel habe ich in einer ähnlichen Situation gegen Igneous Pouncer verloren. Außerdem weiß ich, dass mein Gegner ziemlich sicher keinen Breath of Malfegor bekommen hat, weil ich im Draft zwei rechts von ihm saß.
Auflösung:
Gebranntes Kind scheut das Feuer. Ich habe nicht angegriffen. Ich habe aber auch kein Cruel Ultimatum gespielt, weil mir mein Deck konsequent das eine fehlende blaue Mana verweigerte. Dafür staunte ich nicht schlecht, als mein Gegner nach etlichen Zügen Obelisk of Alara auspackte. Giant Ambush Beetle hätte ihn in der Zwischenzeit natürlich totgeschlagen...
2 Demonic Dread
2 Violent Outburst
1 Might of Alara
1 Maniacal Rage
1 Absorb Vis
1 Terminate
1 Sangrite Backlash
1 Exploding Borders
—Diese und weitere Karten gibt's bei:
Grundsätzliche Probleme dieser Strategie finden sich hier bestätigt, nämlich dass sich die genannten Karten auf drei Farben verteilen und dass sie mitunter recht teuer sind. Außerdem schadet die allgemeine Wertschätzung von 2-Drops gleich dreifach: Man selbst bekommt wenig; der Gegner hat zudem frühe Blocker; und etliche Karten wie Maniacal Rage, Violent Outburst und Demonic Dreadleiden zusätzlich!
Dieses Deck mit seinen zwölf Kreaturen, davon zwei, die sich am Ende des Zuges wieder verabschieden, und seiner Manabasis, mit der man Putrid Leech kaum in Turn 2 ausspielen kann und Jund Sojourners oftmals nur cyclen – das ist eine totale Katastrophe. Immerhin: Unglaubliche 13 von 14 Reborn-Karten wurden gespielt! (Vier waren hier aber bloß 3-Mana-Tukatongue Thallid.)
Auflösung:
Ich habe einfach immer perfekt Mana gezogen und gegen den Erst-Runden-Gegner Putrid Leech gefolgt von Vithian Renegades auf seine Tidehollow Strix gemacht. Der belegte mich allerdings mit einem Fluch: „Ja, jetzt magst du gewinnen, aber gegen jedes Deck mit Forest wirst du gnadenlos untergehen.“
2 Yoke of the Damned
1 Necrogenesis
1 Obelisk of Jund
1 Volcanic Fallout
—Diese und weitere Karten gibt's bei:
Wieso habe ich eigentlich andauernd Tukatongue Thallid im Deck...? Wie auch immer, ein bis zwei ordentliche Removal, die Kreaturen ungeachtet ihrer Größe oder der Boardposition vernichten, und das Deck wäre richtig, richtig gut. So ist es bloß gut genug für ein— ja, was denn eigentlich?
Auflösung:
An diesem 6-Mann-Tisch gab es hinterher drei 1-2er und drei 2-1er. Die Letzteren hatten sich alle im Kreis besiegt: Mein Midrange besiegte Schimmel 2-0, Schimmel besiegte 5-Color-Control 2-0 und 5-Color-Control besiegte mich 2-0. (Durch den dritten Tiebreaker landete ich auf Platz 3 und die ersten beiden waren immer noch tied und durften es auswürfeln!)
Jedenfalls war dies der Höhepunkt meiner bisherigen Drafterlebnisse. Hier machte irgendwie alles Sinn: Deck und Ergebnis passen, Matchups erklären den Rest, alles wunderbar. Aber es geht weiter...
#5 Sledgehammer
Meine ersten fünf Picks waren Jund Panorama (der schwächste Booster, den ich je gesehen habe – der Second Pick daraus war Mosstodon!), Necrogenesis, Vithian Stinger, Algae Gharial und Bloodpyre Elemental. Es stellte sich jedoch heraus, dass weder Schwarz noch Rot offen waren. Weiter kein Problem, gewappnet mit guten Erfahrungen bezüglich Midrange entstand dann halt dieses Deck:
Wow, what a beauty! – Die Manabasis ist ordentlich, das Removal zwar nicht zahlreich, aber toll, die Kurve zwar nicht beeindruckend, aber die 3- und 4-Drops sind überdurchschnittlich, und mit Behemoth Sledge und Enlisted Wurm finden sich zwei extrem starke Einzelkarten.
Auflösung:
Null-drei.
In der ersten Runde geht's gegen das andere Naya-Deck. Das fängt an, hat drei Naya Hushblade und zwei Bant Sureblade und ich stelle fest, dass meine 3-Drops doch nicht mehr als bloß tauschen können und zum Teil nicht einmal das. Das zweite Spiel beginne ich und gewinne, obwohl mein Gegner Behemoth Sledge zieht.
Im dritten Spiel gibt's in den ersten vier Zügen wieder vier Blades (zwei von jedem) und ich habe keinen 2-Drop und kein Removal. Dafür spiele ich via Knotvine Mystic im vierten Zug Enlisted Wurm. Deckt der irgendetwas auf, was mit einem Blade tauscht, gewinne ich. Deckt er Obelisk auf, gewinne ich ebenfalls. Es kommt Vithian Stinger. Aus Angst vor seinem Pump, den er mir im ersten Spiel bereits gezeigt hat, blockt der Wurm Naya Hushblade und Vithian Stinger chumpt. Hätte der Wurm Bant Sureblade geblockt, gewinne ich, denn er hat keinen Pump, dafür aber nach dem Kampf Bloodpyre Elemental für den Wurm. Kommt jetzt Land, lege ich Aven Trailblazer und Wild Leotau und gewinne. Es kommt Borderpost! So lege ich bloß zwei Aven Trailblazer, von denen einer chumpt und einer tauscht. Und natürlich gewinne ich, wenn ich stattdessen Wild Leotau gelegt und schlicht mit Knotvine Mystic geblockt hätte... Alles falsch gemacht und fairloren.
In der dritten Runde habe ich on the Play Naya Hushblade, Aven Trailblazer und – käme doch bloß ein Wald – Turn 4 Wild Leotau. (Käme ein Gebirge, dann halt Knotvine Mystic für Enlisted Wurm im nächsten Zug...) Stattdessen ziehe ich insgesamt zwei Drittel meiner Ebenen... ja, und Crystallization. Die ist aber gar nicht so gut, wenn der Gegner Sphinx Summoner summont und sich fortan mit der gesuchten Esperzoasämtliche Artefakte aus der Bibliothek fischt. Das zweite Spiel verliere ich nach Doppelmulligan unspektakulär gegen überlegene Kartenqualität.
Ich weiß, man soll nicht jammern. (Insbesondere nicht, wenn man das erste Match verschenkt hat.) Und dass eine schlechte Manabasis besser funktioniert als eine gute, das muss wohl eine psychologische Täuschung sein. (So von wegen Erwartungshaltung und so.) Aber 0-3 ist übertrieben.
#6 Once More with Failing?
Ein Mal noch – ein weiteres Deck und ein weiterer Schimmelhaufen. Ich glaube aber nicht, dass ich dem diesmal realistisch widerstehen konnte: Sigil of Distinction, Dregscape Zombie, Hell's Thunder und Death Baron sprachen als Anfangspicks eine viel zu deutliche Sprache.
1 Bone Saw
1 Demonspine Whip
1 Sigil of Distinction
1 Bituminous Blast
1 Onyx Goblet
1 Minion Reflector
1 Veinfire Borderpost
2 Island
7 Swamp
7 Mountain
—Diese und weitere Karten gibt's bei:
Hellspark Elemental und Singe-Mind Ogre glaubte ich, um den Tisch gehen sehen zu können, aber tatsächlich gab es einen weiteren BR-Schimmel-Drafter und der pickte beide sowie Breath of Malfegor. Wären die alle noch bei mir gelandet – das Deck wäre richtig gut geworden.
Auflösung:
2-1 und die einzige Niederlage kam im Finale gegen das lächerlichste Deck der Welt. Ich hege allerdings den Verdacht, dass dieses Abschneiden mehr mit Glück als mit der Qualität meines Decks zu tun hatte... (Obwohl ich Sigil of Distinction nie gezogen habe.)
Immerhin gab es eine wichtige Lektion zu lernen: Demonspine Whip darf unter keinen Umständen jemals in ein aggressives Deck! (Und ebenso wenig in irgendein anderes; dieser Disclaimer existiert nur, weil es vielleicht mal ein extrem removallastiges Grixis-Deck mit Jhessian Zombies, Kathari Remnant und Vectis Agents als einzigen Kreaturen geben könnte...) Ich dachte, Glaze Fiend, Vectis Agents, die beiden Blades und die weiteren Flieger würden die Karte so gerade eben auf das Level der Spielbarkeit pushen. Tatsächlich wäre aber in jeder Situation selbst eine weitere Bone Saw oder gar Maniacal Rage (oder schlicht ein weiteres Land!) bedeutend besser gewesen.
Zugabe: Das lächerlichste Deck der Welt
Wenn ich mich recht entsinne, wurde bei der letzten Weltmeisterschaft ein Draftdeck mit dreiCruel Ultimatum von einem mit siebenGlaze Fiend geschlagen. Beide wären auf ihre eigene Art sicher stärker, aber das war eben die wunderbare Welt des Triple-Shards of Alara-Formats. Was Rene Appel hier gedraftet hat, verliert, wenn es die richtigen 2-Drops zieht, weder gegen Jund Charm noch Volcanic Fallout und kann selbst gegen Infest wieder auf die Beine kommen: