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Path to Exile – die Errungenschaften, Teil 1
von Nico Bohny
28.07.2010

Motiviert, mit jeder Menge guter Ideen und neuen Decktypen bewaffnet, zogen wir uns also in unsere Bleibe abseits der Zivilisation zurück. Das Ziel: Für unsere Nationals, die am 7. und 8. August stattfinden, das perfekte Mitbringsel zu basteln. (Und es im besten Falle schon bis zum 27. Juli so weit getestet zu haben, dass man ab da nicht mehr viel daran zu schrauben braucht.)


Wie immer bei diesen Ausflügen wurde unendlich viel gebaut und verworfen, gefreut und geflucht, und vor allen Dingen aber auch getestet. Und wie so oft ist keiner wirklich schlau geworden aus den Testergebnissen – da es irgendwie einfach zu viele Optionen gibt im momentanen Metagame. Deshalb wird dieser Artikel wohl mehr aus kleinen Puzzleteilchen zu unzähligen Strategien bestehen als aus irgendeiner spezifischen Idee.

Kapitel 1: Die frohe Botschaft

Mit das Erste, was wir bei jedem Testing erstellen, ist ein Cluster, in welches wir eintragen, welche Decks wir zu welchen prozentualen Anteilen bei unseren Nationals erwarten, und in etwa welche Gewinnchancen welche Decks gegeneinander haben sollten. Klar haben Würfelwurfe und gute Draws momentan einen größeren Einfluss denn je – Putrid Leech im zweiten Zug kann in verdammt vielen Matchups quasi alleine über Sieg oder Niederlage entscheiden – trotzdem haben wir eine klare Tendenz entdeckt. Jedes Deck hat zumindest in der Theorie eine durchschnittliche Gewinnchance zwischen 45 und 55 Prozent gegen ein komplettes Metagame. Was einerseits nicht ausschließt, dass es ein sogenanntes bestes Deck gibt, andererseits aber auch garantiert, dass man, falls das eigene Deck wirklich gut beherrscht wird und mit den Pairings nicht allzu viel schief geht, eigentlich immer ganz gut dastehen sollte. Dass man ab und zu an einem Mörderdraw eingeht, muss man halt in Kauf nehmen, dafür gewinnt man das eine oder andere Spiel wieder dank guter Spielzüge.

Kapitel 2: Der Einfluss von M11


Irgendwie kann man gegenwärtig in allen Artikeln lesen, wie der Autor sich jeweils an die neuen Karten heranwagt. Was man hingegen quasi nirgends lesen konnte, war, wie sich die alten Lokalmatadore ans neue Metagame anpassen werden. Der auf der Hand liegende Grund: Alle haben das öde Jund und das stupide Monorot so gestrichen satt, dass sie sich lieber neuen Decks mit noch nicht ganz erwiesenen Stärken verschreiben als einem alten Powerhouse ŕ la Jund. Also kann man als ersten Punkt sicher Folgendes über den Einfluss von M11 sagen: Neue Decks (wie z.B. Fauna Naya) oder Decks, die ein Zuhause für neue Karten bilden (wie z.B. U/W für Mana Leak) werden nicht nur minimal stärker, sondern auch maximal beliebter. Daraus ergibt sich: Auch wenn Decks wie Jund nicht schlechter werden oder sich aufgrund der neuen Karten ein Matchup arg verschlechtert, so wird man es trotzdem weniger sehen. Selbst wenn – was für mich vollends im Bereich des Möglichen liegt – Jund immer noch die beste Wahl fürs Metagame wäre.

Nun kurz etwas zu den wichtigsten neuen Einzelkarten – wie wär's denn mit einer Top 5?

Mana Leak: Obwohl ich am Anfang dem Counter gegenüber eher skeptisch war, weil sich die meisten Decks fast zu gerne austappen, um aus dem Spontanzauber vollen Profit zu ziehen, bin ich mittlerweile schon sehr überzeugt von der schmucken 2-Mana-Zauberei. In quasi allen blauen Decks, die in letzter Zeit Ruhm und Ehre erlangt haben, konnte man drei bis vier Stück davon antreffen, was einem sogar dann zugute kommt, wenn man selbst gar nicht auf den Counter zurückgreifen will; denn jeder wird versuchen, um ihn herumzuspielen. Obwohl ich noch nicht vollends von der anhaltenden Stärke des Manalecks überzeugt bin, denke ich, dass sich das Spielen gegen blaue Decks ganz klar ändern wird. Gefällt mir.


Obstinate Baloth: Das Biest, das im „alten“ Standard sicher einen Riesenunterschied gemacht hätte. Momentan wird jeder Grünmagier vier hiervon im Seitenbrett haben wollen, da sie (in den meisten Decks) gegen Jund einfach klasse sind und gegen Monorot den Spieß komplett umzudrehen vermögen. Was wiederum bedeutet, dass sich rote Decks anpassen müssen. Und sicherlich auch können. Sei dies nun mit Flame Slash oder Cunning Sparkmage/Basilisk Collar im Monorot oder mit Bituminous Blast und Consuming Vapors im Jund – der grüne Vierbeiner wird kaum der Untergang der benannten Decks sein. Anpassungen an das gute Tier sind jedoch erforderlich.

Primeval Titan: Wie verdammt teuer eine Einzelkarte in so kurzer Zeit werden kann! Nein, nein, wir drucken keine Tournament-Staples. Na ja, wie auch immer. Das wirklich Tolle am Titan ist, dass er das Metagame allein durch seine Präsenz ziemlich beeinflussen wird. Alte (Valakut, the Molten Pinnacle) und neue (Destructive Force) grünbasierte Rampdecks werden sich – und das wahrschienlich nicht nur in Japan (wo der grüne Titan bei den PTQs wie eine Bombe eingeschlagen ist) – vermehrten Daseins erfreuen können, was das alte Schere-Stein-Papier-Prinzip schon mal ziemlich aus den Fugen holt und zumindest um einen Spiegel (oder Brunnen, oder was es da noch immer gab) erweitern wird. Und wenn man einen Schritt weiterdenkt, landet man bei Decks, die wiederum gegen die neuen Ramp-Strategien gut sein sollen. (Siehe Antoine Ruel mit Polymorph bei den französischen Nationals.)

Fauna Shaman: Ebenfalls eine Karte, die das Metagame in eine sehr interessante Richtung zieht. Nach langer Zeit könnte man wieder ein Deck bauen, das fast ausschließlich aus Kreaturen und Ländern besteht. Denn zu Vengevine und Bloodbraid Elf bekennt sich nun auch noch eine weitere grüne Potenzmaschine. Dass man nicht automatisch an Veganer-Decks mit Zorn Gottes krepiert, so wie früher mit tierischen Fetten, garantieren nun die hastigen Grünlinge. Gelungen!


Condemn: Eine meiner Lieblingskarten von früher, die man leider gegen kreaturenlose Decks nicht so praktisch via Wall of Omens in ein Extraland umwandeln kann wie den titelgebenden Cousin. Im Gegenzug verschafft man aber auch dem Gegner nie ein wertvolles Land. Wer will schon Extraleben? Momentan sicherlich als Path to Exile Nummer 5 und 6 unterwegs, nach der Rotation aber sicherlich die neue Weapon of Choice.

Drei von fünf Karten grün… Was will uns das sagen…?

Kapitel 3: Meine Söhne

Letzte Woche habe ich in meinem Artikel zwei Decks erwähnt, die ich unbedingt testen wollte. Auch ihr sollt natürlich wissen, was daraus geworden ist.

GWB-Eldrazi

2 Eye of Ugin
4 Eldrazi Temple
2 Khalni Garden
1 Stirring Wildwood
1 Tectonic Edge
4 Sunpetal Grove
1 Kabira Crossroads
4 Forest
3 Plains
1 Swamp
2 Marsh Flats
2 Verdant Catacombs


4 Wall of Omens
1 Ulamog the Infinite Gyre
1 Emrakul, the Aeons Torn
3 Primeval Titan

4 Ancient Stirrings
4 Cultivate
4 Everflowing Chalice
3 Maelstrom Pulse
3 Condemn
2 Path to Exile
4 All Is Dust



Lacht mich ruhig aus, aber ich dachte, das Deck wäre echt gut gegen ein Feld aus Jund, Monorot, UW und etwas Bant. Und irgendwie kann ich mir nach wie vor nicht erklären, warum das Deck nicht wirklich auf Hochtouren gelaufen ist. Stellt euch vor – gegen Rot hat man das fiese Sideboardpaket Leyline of Sanctity/Celestial Purge, gegen Jund den fetten Cardadvantage (Primeval Titan, Cultivate, Wall of Omens …) und das billige Spot-Removal, gegen Bant braucht man nur mit einem der weißen 1-Mana-Instants Vengevine oder Sovereigns of Lost Alara auszuschalten, und gegen UW sollten Titan und Eldrazi einfach reichen. Schaut euch das Deck einmal an, sieht auf dem Papier (sogar auf virtuellem) doch richtig nett aus. Na ja, die traurige Wahrheit: die pessimistisch geschwängerte Praxis.


Gegen Jund überlebt man das Early Game ohne Probleme. Anschließend kommt das Midgame mit seinem Blightning, dann keept man meist irgendwie einen Titan und ein All Is Dust, dann kommt Thrinax und Removal auf den Riesen und man ist trotz Auge und Eldrazi immer einen Zug zu langsam. Immer. Aus etwa 20 Partien habe ich vielleicht um die zwei gewonnen. Gut, Jund ist auch einfach ein Dreckschwein, und zu erwarten wäre ohnehin nur ein 40%-Matchup.


Gegen Monorot ähnlich schlimm. Spiel 1 kann man praktisch nicht gewinnen, da sind die fünf guten Removal und die Wall of Omens einfach zu wenig, und Sachen wie Cultivate und All Is Dust samt Titan und was auch immer treiben einen schier zur Verzweiflung. Spiel 2 ist um einiges angenehmer, aber man zieht auch zu oft irgendwelche unnützen Leylines nach oder hat gar keine und wird einfach ausgeburnt und und und. Würg!


Gegen Bant und UW war in Game 1 ja irgendwie noch alles in Ordnung, wobei man sehen muss, dass es alleine von der Anzahl Counter im Maindeck abhängt – heutzutage geht der Trend ja bereits in die Richtung: Vier Mana Leak und ein paar Inseln und dann der Rest des Decks. Und sobald dann der Titan neutralisiert wird oder der Pfad auf das dicke Tier, heißt es schon wieder Abschied nehmen.

Der Hauptgrund für mein Versagen war aber wohl kurz zusammengefasst schlicht dieser: Die dicken Eldrazi sind einfach zu langsam. Das Eye müsste zur Aktivierung und die massiven Legenden sollten , und kosten. So! Andersrum macht's keinen Spaß!

Experiment Nummer 2

4 Preordain
4 Angelsong
4 Howling Mine
4 Kaleidostone
4 Prophetic Prism
2 Time Sieve
4 Temple Bell
2 Tezzeret the Seeker
4 Time Warp
3 Open the Vaults

3 Mistvein Borderpost
3 Fieldmist Borderpost
4 Marsh Flats
1 Swamp
3 Plains
11 Island



Das Deck hat uns mehr Freude bereitet. Besonders weil wir am ersten Tag unseres Bootcamps nur zu fünft waren – das bedeutet zwei Partien und ein Time Sieve-Goldfisch – prima aufgegangen. An der Liste mussten wir jedoch einiges ändern.


Zunächst einmal zu den Mana-Artefakten: Extrem oft war es supergut, die Borderposts für drei Mana zu legen, um dann im nächsten Zug irgendwelchen kostenspieligen Quatsch anzustellen. Die Rolle des Accelerators wurde aber bald von Everflowing Chalice übernommen, einer Karte, die in einem Deck mit vielen 2-Drops unglaublich gut ist, da man entweder nach Chalice im dritten Zug zwei legen oder in Zug 4 Chalice auf zwei und dann noch eine Mine oder so hinterhergeben kann. Vier Chalice waren die erste Neuerung.


Als Nächstes zu Preordain: Ich war zuerst davon überzeugt, dass man Preordain sicherlich über irgendwelches Spotremoval wie Condemn spielen will. Zwar kauft einem das manchmal lucky extrem viel Zeit gegen den Turn-2-Leech, ist ansonsten aber einfach viel schlechter als der wirklich starke Angelsong. Wenn man irgendwelchen Hate braucht, dann eher im Sideboard und eher in Form von Into the Roil, Oblivion Ring oder Celestial Purge, um gegen Pithing Needle, Realm Razer und Manabarbs bestehen zu können.


Noch rasch ein Wörtchen zu Manabarbs. Die Karte ist schlimm, keine Frage. Aber oft ist es genauso schlimm, wenn einem der Gegner für seine vier Mana so zwischen sieben und elf Schaden an den Kopf knallt – was dank der Howling Mine nicht selten vorkommt. Man muss immer noch bedenken, als Time Sieve-Spieler hat man Boderposts und Chalice, um sich gegen Manabarbs ein wenig zu schützen, und oft braucht man gegen ein Deck, das einem die Artefakte stehen lässt (wie rote Decks mit Manabarbs eben), nicht unendlich Extrazüge. Wenn sich der Gegner austappt, ist das manchmal sogar sehr angenehm, da man nun genau auf ein Leben heruntergehen kann, um Tezzeret the Seeker für Lethal Damage auszulösen. Nicht dass Manabarbs nicht schlimm wären. Aber eben nicht sofort Game Over.

Doch zurück zu Preordain. In der Version ohne Chalice war die Turn-2-Howling Mine extrem wichtig. Jetzt ist auch Chalice ein guter 2-Drop. Und Preordain mochte ich mehr als Ponder, weil man im Ponder oftmals eine Karte gar nicht ziehen wollte – etwa einen zweiten Time Warp oder ein zweites Open the Vaults oder ein Time Sieve, das die Hand verklobt hätte. Mit Preordain kam man einerseits auf der Suche nach Ländern oder Mines genauso weit wie mit Ponder, andererseits konnte man aber auch Karten weglegen, anstatt gleich das ganze Deck neu zu mischen. Das gefiel mir ganz gut.

Mittlerweile würde ich das Deck wohl so spielen:

Update

4 Everflowing Chalice
4 Angelsong
4 Howling Mine
4 Kaleidostone
4 Prophetic Prism
2 Time Sieve
4 Temple Bell
2 Tezzeret the Seeker
4 Time Warp
4 Open the Vaults

3 Mistvein Borderpost
4 Fieldmist Borderpost
4 Marsh Flats
3 Swamp
3 Plains
6 Island


Sideboard:

4 Duress
3 Into the Roil
4 Celestial Purge
4 Leyline of Sanctity



Im ersten Spiel performt das Deck regelmäßig recht solide. Man verliert des Öfteren gegen Monorot oder Putrid Leech in Turn 2 (den ich nun gefühlt zum 100. Mal erwähne, ich weiß), gewinnt aber zuverlässig gegen Ramp und jegliche Kontrolle ohne viele Hardcounter (denn in Spiel 1 würde es immer reichen, vier Mana und zwei Negate offenzuhalten, um die zwei Tezzerets zu countern). Manchmal fizzelt das Deck einfach, aber über dem Strich steht es ganz tapfer da in Spiel 1. Nach dem Sideboarden wird's dann etwas haarig. Zwar kann man ebenfalls fiese Sachen gegen gewisse Decks boarden, muss dafür aber das eigene Deck grundlegend schwächen. Das bedeutet meist, dass das Deck etwa ein bis zwei Züge später abgeht, weil für die Kombo auf einmal zu viele tote Karten im Deck sind. Dazu kommt, dass die meisten anderen Decks nach dem Boarden gehörig besser werden, da sie all ihre Spotremoval rausnehmen können und so im Schnitt viel bessere Draws generieren.

Ich denke, alles in allem verdient das Deck dennoch ein Plätzchen an der Sonne, wenn auch nur ein kleines. Je mehr Counter in Umlauf gelangen, desto schwieriger wird es. Im Gegenzug gilt dafür: Je langsamer nicht-blaue Decks werden, desto fieser wird Time Sieve. Ich selbst würde es schlussendlich wohl eher nicht in den Kampf führen, nach meiner Theorie aus Kapitel 1 kann ich mir allerdings ganz gut vorstellen, dass man damit sehr erfolgreich sein kann. Denn die meisten Gegner werden gegen ein solches eher selten anzutreffendes Deck alles andere als perfekt vorbereitet sein.




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