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Going to San Francisco … for Real
von Helge Nelson
23.08.2011

Den ersten Teil meines DM-Berichts, in dem ich mich kurz vorstelle und meine Eindrücke vom Grinder und ersten DM-Tag zum Besten gebe, könnt ihr hier finden. Nach dem 7:0 wurde es jetzt jedenfalls ernst …


Samstag ging's noch früher los als die letzten Tage. Ich hatte bereits zwei Tage durchgezockt und gefühlt ewig nicht mehr die Sonne gesehen. Das allerdings hätte auch am schlechten Wetter liegen können. Wenn man den ganzen Tag in einer Halle verbringt, kann man das nicht so genau sagen. Na ja, man könnte bei einem Raucher nachfragen … Diesmal ohne Käsekuchen, der schwer im Magen lag, und dafür mit einer ordentlichen Mütze Schlaf fühlte ich mich aber deutlich besser gewappnet als am Vortag.

Es war klar, dass ich gegen Florian Koch, den einzig anderen Ungeschlagenen des ersten Tages, spielen würde. Glücklicherweise saßen wir beim Draften nicht direkt nebeneinander. Dabei hätte der Vodermann nicht nur mehr Kenntnisse über das gegnerische Deck gehabt, sondern könnte sogar so weit gehen, falsche Zeichen zu geben und den Draft des Hintermanns zu zerstören.

Die offizielle Coverage des Drafts gibt's hier. Daher vielleicht eher ein paar Sätze zu meinen Gedanken: Ich öffnete einen Booster mit Oblivion Ring und Doom Blade. Der O-Ring ist zwar die klar bessere Karte, aber ich hatte schon mehrmals intensiv schwarze Decks gedraftet, wobei man sich dann optimalerweise erst im zweiten Booster auf die Zweitfarbe festlegt und hoffentlich selbst noch mal einen Spoiler öffnet oder geschoben bekommt. Weiß schien mir meist eher overdrafted, während man in Schwarz auch spät noch Sorin's Thirst oder Devouring Swarm geschoben bekommt. Daher pickte ich Doom Blade. Mit Oblivion Ring macht man aber nie was falsch, das ist einfach persönliche Vorliebe.


Mit Schwarz-Grün hatte ich schon ganz gute Erfahrungen gemacht und die Stingerfling Spider als Second Pick ist nicht nur super, sonder synergiert auch wunderbar mit Gravedigger. Mit einem Rampant Growth und einer Drowned Catacomb wollte ich einen Blausplash für Flieger supporten, die recht spät noch im Booster waren. Ich würde also definitiv eher ein Controldeck spielen.


Nach dem Grave Titan im dritten Booster war mein First Pick Doom Blade über O-Ring plötzlich sogar richtig gut. Als hätte ich es geahnt! Was mir aber wirklich noch zu einem starken Deck fehlte, waren in erster Linie noch ein paar Bären, um meine Kurve auszufüllen.

Stattdessen war Grün aber total ausgetrocknet, wogegen mir die Inselkarten nur so zuflossen. Mit einem Merfolk Looter, Mana Leak, Mind Control und Phantasmal Dragon und weiteren Fliegern war Blau plötzlich deutlich mehr als ein Splash geworden. Wahrscheinlich hatte ich zu lange für diesen Wechsel gebraucht, denn ich kam ohne Grün später nicht über 21 Playables hinaus. Also musste ich Grün splashen für die Spinne mit dem dicken Stachel und zwei Wurstkreaturen. Ich hatte trotzdem ein ganz gutes Gefühl mit meinem Deck, da ich Spoiler, Removal, einige Flieger und zwei Gravedigger hatte. Das einzige Minus war ganz klar die Manabasis.

Bei meinen Mitdraftern in Pod 1 war es für viele aber ebenfalls nicht optimal gelaufen. Es gab komischerweise fünfmal Day of Judgment im Draft und kaum einen Rotspieler, sodass Volcanic Dragon nachher als viertletzter Pick irgendwo im Sideboard landete. Mein Deck erwies sich dann auch als überdurchschnittlich und ich verlor nur gegen Fabian Görzgen, als er Gideon Jura auf ein leeres Board spielte, und gegen meine Manabasis und schaffte damit ein 2:1 in diesem Draft.

Es folgte der zweite Constructed-Teil. Hier noch einmal meine Deckliste:


4 Grim Lavamancer
4 Goblin Guide
4 Chandra's Phoenix
2 Plated Geopede
1 Kargan Dragonlord
2 Hero of Oxid Ridge

4 Shrine of Burning Rage
4 Lightning Bolt
1 Koth of the Hammer
2 Burst Lightning
4 Staggershock
4 Searing Blaze
1 Sword of War and Peace


4 Teetering Peaks
4 Arid Mesa
4 Scalding Tarn
11 Mountain

Sideboard:

3 Manic Vandal
2 Arc Trail
2 Dismember
1 Vulshok Refugee
3 Act of Aggression
2 Manabarbs
2 Combust


Ich stand nun 9:1 und spielte im Standard direkt wieder gegen Fabian, der Valakut pilotierte. Eigentlich musste nur noch ein Sieg her und ich könnte mich in die Top 8 reindrawen.

Fabian konnte in Spiel 1 meinen Shrine mit fünf Marken mit seinem einen Maindeck-Nature's Claim zerstören und mir fehlte in zwei Drawsteps der entscheidende Burnspell, um das Spiel zu gewinnen. Im zweiten musste ich Mulligan auf vier Karten nehmen und verlor dementsprechend kläglich. Es sollte sich später herausstellen, dass Fabian der einzige Gegner bleiben würde, gegen den ich an dem ganzen langen Magic-Wochenende verloren habe.

Den entscheidenden Sieg für den Einzug in die Top 8 konnte ich dann in der nächsten Runde gegen ein weiteres Valakut-Deck erringen. Danach war ich mit zwei Intentional Draws sicher am Sonntag dabei.


Wir bekamen am gleichen Abend noch die Decklisten unserer Gegner ausgehändigt und ich würde gegen Michael Diezel, ebenfalls mit Monorot, antreten. Alle erzählten mir, dass ich das Mirrormatch mit Phönixen und Staggershock eigentlich nicht verlieren könnte. Aber Michael schätze ich als einen Spieler ein, der weiß, was er tut, und im Standard deutlich mehr Erfahrung vorzuweisen hat als ich. Außerdem werden gerade Mirrormatches stark durch Glück entschieden. Dementsprechend hatte ich keine großen Erwartungen und wäre auch mit einem Ausscheiden im Viertelfinale nach dieser spannenden DM sehr zufrieden gewesen.

Die Spiele in der Top 8 am Sonntag verliefen alle erstaunlich entspannt. Wir machten Witze über die Arc Lightning auf meiner Liste und haben in wirklich schöner Atmosphäre diese entscheidenen Matches ausgetragen.


Ich lag nach Spiel 1 direkt hinten, weil Michael mich mit Doppel-Goblin Grenade ausbrennen konnte. Dass ich in dieser Paarung den Kontrollpart spielen würde, war schnell ersichtlich. Daher sideboardete ich die zwei Plated Geopede und zwei Hero of Oxid Ridge raus und nahm Arc Trail, Vulshok Refugee und einen Manic Vandal mit ins Deck. Die Geopedes waren gegen seine Arc Trail und Spikeshot Elder zu schlecht und auch die Heroes waren mir zu riskant. Ich würde mit ihnen oft eine 4-Mana-Karte gegen einen Blitz tauschen und jede Menge Tempo verlieren.

Bei Michael erwartete ich eigentlich auch seine zwei Koth of the Hammer aus dem Sideboard, aber er erklärte mir, dass er für sich nur Chancen sah, wenn er versuchte, schnell zu gewinnen. Deshalb hat er bloß ein Land und einen Grim Lavamancer gegen die beiden Arc Trail ausgetauscht. Recht glücklich gewann ich dann drei Spiele, wobei ihm zeitweise nur ein Burnspell oder ein Goblin für die zweite Granate fehlte, um micht umzubringen.

Erwähnenswert ist die Situation, als ich bei neun Leben war, Michael bei fünf Handkarten und zwei Ländern stand und ich mit sechs Mana Goblin Guide und Sword of War and Peace ausspielen, equippen und angreifen konnte. Ich bekam drei Leben zurück und Michael ging mit den fünf Extraschadenspunkten auf zwei.


Als ich im nächsten Spiel einmal Goblin Guide spielte und dann den Zug abgab, ohne anzugreifen, hallten vom ewigen Burnmagier Bernd Brendemühl ungläubige Kommentare zu uns herüber. Ich wollte aber, dass das Spiel möglichst lange dauert und außerdem, dass Micheal keine zusätzlichen Länder ziehen darf. So behielt ich mir den Guide als Blocker gegen mögliche Haste-Kreaturen zurück.

Nachdem die wichtige Hürde des Viertelfinales geschafft war – ich war damit schon für die Worlds in San Francisco qualifiziert und würde den Flug bezahlt bekommen –, waren alle weiteren Siege Kür.

Gegen Bernd hatte ich mit Staggershock und Chandra's Phoenix nicht nur die bessere Ausgangsposition für das Mirrormatch, ich zog auch meinen einen Koth viel häufiger als er einen seiner drei. Zusätzlich nahm er einige Mulligans, sodass ich mir sogar einen Spielfehler erlauben konnte. Ich hatte zehn Leben und er nur zwei Handkarten. Ich spielte Koth of the Hammer und levelte damit meine beiden Schreine auf tödlichen Schaden. Aber da Koth ein Hitzkopf ist, schickte ich ein Gebirge zum Angriff, anstatt Mana zu produzieren, um die Shreine zu opfern. Bernd hatte sogar Burst Lighning mit Kicker zum Ende meines Zuges und Lightning Bolt auf der Hand, sodass er bloß weitere drei Schadenspunkte nachziehen musste. Voller Erwartung deckte er von oben auf …


Koth of the Hammer. Der macht zwar im Vakuum vier Schadenspunkte, aber sein Bruder lag schon auf meiner Seite im Spiel, sodass sie lieber beide zusammen einen Kaffee trinken gingen, als weiter am Kampfgeschehen teilzunehmen. Puh, noch mal Glück gehabt.

Das dritte Spiel endete ebenso spannend: Ich hatte nur noch zwei Leben und spielte Chandra's Phoenix aus, um Bernd für tödlichen Schaden anzugreifen. Daraufhin zeigt er er mir ein Searing Blaze, seine letzte Handkarte. Mit dem Phönix als Ziel konnte er die jetzt ausspielen und er hatte auch ein Fetchland im Spiel, um Landfall zu aktivieren. Aber ihm fehlte genau der eine Lebenspunkt, um sich das Land suchen zu können. So ging ich nur auf 1 und war schon wieder eine Runde weiter.

Im Finale gegen Tobias mit Ascension zeigte sich nach dem Sideboarden, dass die Spiele eher durch einen Ressourcenkampf als durch Geschwindigkeit gewonnen wurden. Ich versuchte, ihn in den frühen Runden zu beschäftigen, um dann meine wichtigsten Spells, Shrine of Burning Rage, Koth of the Hammer oder Manabarbs zu resolven. Mit Kreaturen konnte er nach dem Boarden sehr gut umgehen.

Im vorletzten Spiel hatte er auf jeden meiner Threats immer genau die richtige Anwort und zog dann, als wir alle Handkarten abgetauscht hatten, Batterskull nach. Noch zwei Länder für mich und damit mussten wir ins entscheidende fünfte Spiel.


Meine Starthand mit Koth of the Hammer, Staggershock und Burst Lightning war extrem langsam. Aber wegen Koth nahm ich trotzdem keinen Mulligan, weil dieser unglaublich wichtig ist und ich erwartete, ein langes Spiel spielen zu müssen. Meine Kreaturen waren in den vorigen Spielen fast ausnahmslos weggebrannt worden, bevor sie großen Schaden anrichten konnten. Gegen eine Hand seinerseits mit viel Burn und/oder Pyroclasm könnte sich diese unterdurchschnittliche Starthand als akzeptabel erweisen. Außerdem wollte ich dieses wichtige Spiel nicht durch einen Mulligan verlieren, obwohl es vielleicht die rational bessere Entscheidung gewesen wäre.


Aber wie durch Vorsehung zog ich den entscheidenden Shrine of Burning Rage für Turn 2 nach und konnte mit diesem letztendlich auch das Spiel gewinnen. Koth hatte nur einen kurzen, wenn auch wichtigen Auftritt, bevor er auf meine Hand zurückgeschickt wurde und dann aus Angst vor Flashfreeze vorerst dort bleiben musste.

In einem wirklich spannenden Spiel hatte ich letztendlich den längeren Atem und konnte irgendwann die letzten Schaden durchdrücken, wärend Tobias nur ein Mana Leak nachzog.

Plötzlich war ich damit deutscher Meister im magischen Kartenziehen!

Ich möchte an dieser Stelle noch ein kurzes Resümee zu meinem Deck abgeben: Es ist deutlich langsamer als zum Beispiel Bernds Liste und hat somit ein schlechteres Matchup gegen Valakut. Auch gegen andere Kreaturendecks wird man immer eher versuchen, das Board freizuhalten, als sich auf ein Damagerace einzulassen. Vielleicht sollte man aber einfach ein Deck wählen, welches auch zur eigenen Spielweise passt. Besser ist eigentlich nur das Mirrormatch, wodurch ich bei den Paarungen in der Top 8 genau die richtigen Gegner erwischt habe.

Ändern würde ich mittlerweile Folgendes: Koth wollte ich immer lieber ziehen als Hero of Oxid Ridge. Der Hero ist potenziell explosiver, wird aber auch deutlich leichter ausgeschaltet. Vor allem durch Pyroclasm will man gar nicht unbedingt mehrere Kreaturen gleichzeitig ausspielen. Diese zwei Karten würde ich also einfach ersetzten. Außerdem sind die Manabarbs im Sideboard keine wirklich gute Idee gewesen. Mein Deck ist mit den vielen 3-Mana-Sprüchen deutlich teurer als andere Monorot-Listen. Diese zwei Slots kann man je nach erwartetem Metagame deutlich besser nutzen.


Am Ende möchte ich mich wirklich herzlich bei den Veranstaltern, den Judges und allen Spielern bedanken, die diese tolle DM mit unglaublich netter Atmosphäre möglich gemacht haben. Außerdem natürlich bei alle Freunden, die mir Karten geliehen und mich unterstützt haben.

Seit Sonntag habe ich jetzt die ganze Zeit so ein Lied im Kopf … Ich denke, ich werde mir wohl eine Blume ins Haar stecken, nach San Francisco gehen und sanftmütige Leute treffen. Vielleicht spiele ich auch Magic gegen sie.

Ich danke euch allen
Helge




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