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Limited
Über den Wolken
von Nico Bohny
04.05.2012

Es ist mal wieder passiert! Ein weiterer Misserfolg der vernünftigen inneren Stimme, ein weiterer dunkler Triumph des inneren Nerds. Die Mondsucht, oder vielmehr das Lechzen nach neuem, limitiertem Stoff, hat mal wieder dem gut eingependeltem Schlafrhythmus eins übergebraten und mich die zwei Folgetage in ein halbwaches, Jetlag-ähnliches Delirium versetzt. Und wozu das Ganze? Jawohl, es prereleast wieder, und da Prereleases nur alle paar Monate stattfinden, hat man bis dahin jeweils wieder vergessen, dass man eigentlich mittlerweile zu alt ist, um an Mitternachtsturnieren teilzunehmen.


Na ja, so schlimm der Tag danach ist, so spaßig sind normalerweise die Prereleases selbst. Neue Karten, lockere Stimmung, was will man mehr? Das dachten sich nebst mir in Basel noch etwa 50 andere Leute, sodass wir es trotz der späten Stunde auf eine anständige Turniergröße brachten. 12:00, mitternächtliche Glockenschläge und unser Lieblingszombie Marcel verabreicht uns Kartenjunkies unsere erste Dosis Avacyn Restored. Meine sah folgendermaßen aus:


Scroll of Avacyn
2 Scroll of Griselbrand
Tormentor's Trident

Maalfeld Twins
Death Wind
Evernight Shade
Searchlight Geist
Barter in Blood
Ghoulflesh
Bloodflow Connoisseur
Bone Splinters
Renegade Demon
Triumph of Cruelty
Hunted Ghoul
Mental Agony
Unhallowed Pact
Crypt Creeper
Soulcage Fiend
Exquisite Blood


Abundant Growth
2 Flowering Lumberknot
Joint Assault
Wildwood Geist
Vorstclaw
Borderland Ranger
Trusted Forcemage
2 Sheltering Word
Snare the Skies
Grounded
Lair Delve
Somberwald Sage

2 Defy Death
Builder's Blessing
Angel's Mercy
2 Seraph of Dawn
Midvast Protector
Cloudshift
Spectral Gateguards
Leap of Faith
Devout Chaplain
Nearheath Pilgrim
2 Angelic Wall
Terminus
Moorland Inquisitor
Voice of the Provinces


Thatcher Revolt
2 Uncanny Speed
Rush of Blood
Aggravate
Archwing Dragon
Havengul Vampire
Pillar of Flame
2 Hanweir Lancer
Kruin Striker
Stonewright
Fervent Cathar

2 Mist Raven
Ghostform
2 Dreadwaters
Galvanic Alchemist
Elgaud Shieldmate
Outwit
Favorable Winds
Amass the Components
Stolen Goods
Fettergeist
Mass Appeal
Fleeting Distraction
Spectral Prison
Wingcrafter
Ghostly Flicker


Nach ausgiebigem Studieren der Spoilerliste war mir klar, dass Weiß mit seinen Engeln und starken Defensivwaffen mal wieder die stärkste Farbe im Sealed sein müsste, dicht gefolgt von Grün mit Manafixing sowie guten Soulbondern und Blau mit einigen Tempokarten und Carddraw. Was sich auch in meinem Pool etwa so zeigte: Neben dem anständigen Terminus leider kein toller Spoiler in Sicht, dafür jede Menge starker Commons, unter anderem den lebensspendenden Seraphen in doppelter Ausführung.


Weiß schien mir ohnehin die stärkste und vor allem tiefste Farbe zu sein, bei den anderen Farben konnte man klare Synergietendenzen ausmachen, die sich aber nicht sonderlich gut mit den weißen Karten verbinden ließen. Rot wollte sich als klare Aggrofarbe hervorheben, schien mir aber in einem Sealedfeld voller weißer Decks etwas ungünstig. Außerdem sind Seraph of Dawn und Terminus eher ungünstige Follow-ups für die aggressiven All-in-Drops von Rot. Rot hätte man, wenn schon, dann mit Blau und dem doppelten Mist Raven paaren müssen, von den Playables her hätte dies aber kaum für ein ganzes Deck gereicht. Schwarz war in meinem Pool klar die schwächste Farbe und wäre höchstens als Splash für Death Wind und Maalfeld Twins infrage gekommen.

Grün hingegen war wieder stärker, da ich einerseits die Fettsäcke in dem eher langsameren Format als stark einschätze und weil Karten wie Flowering Lumberknot doch unglaublich gut sein müssen mit Karten wie Nearheath Pilgrim und all den anderen Soulbondern. Zudem bietet sich Grün mit den beiden Manafixern im Commonslot schon an für den Splash. Zu guter Letzt wurde der blaue Teil des Pools analysiert, und auch wenn neben den beiden Mist Raven herzlich wenig Starkes ins Auge sticht, sah das Deck von den Möglichkeiten am Stimmigsten aus. Mein erster Versuch:


2 Seraph of Dawn
Midvast Protector
Devout Chaplain
Nearheath Pilgrim
2 Angelic Wall
Moorland Inquisitor
Voice of the Provinces
2 Mist Raven
Galvanic Alchemist
Elgaud Shieldmate
Fettergeist
Wingcrafter


Scroll of Avacyn
2 Defy Death
Cloudshift
Builder's Blessing
Terminus
Favorable Winds
Amass the Components

10 Plains
7 Island


Perfekt klobig, immer den Gegner anfangen lassen und dann gewieft auskontrollieren, das war der Plan. Mit Mauern und Builder's Blessing das Earlygame überleben und in der Luft zum Sieg fliegen. Klingt in der Theorie doch ganz gut, oder? Praktisch gesehen ist das leider quasi jedermanns Plan, nur dass die Größe der Luftwaffen der Gegner meine meist überstieg. So ein Archangel ist nun mal einfach stärker als ein popeliger 2/4er und nach ein paar Mal rumbouncen steht man dann wieder vor demselben Problem, dass sich weder mit Angelic Wall noch mit Builder's Blessing lösen lässt. Plan B musste her, so wurden die eher enttäuschenden Walls und das Blessing meist von Spectral Gateguards, Ghostly Flicker, Stolen Goods oder Fleeting Distraction ersetzt. Spectral Prison habe ich ehrlich gesagt falsch gelesen – ich dachte an Ice Cage und war mir nicht bewusst, dass das Gefängnis nur einem tatsächlichen Spell weichen würde. Und Ice Cage in einem Format voller Enter-the-Battlefield- und Flickereffekte … ich weiß nicht. Tatsächlich war es natürlich besser und maindecktauglicher, hätte aber schlussendlich mein Archangel-Problem ebenfalls nicht gelöst.


Gespielt habe ich mit dem Deck 4-0-1 und ergatterte mir den ersten Platz. Bei gewonnenen Würfelwurfen wählte ich ohne lange zu überlegen die Extrakarte vor dem Ausspielrecht, wie es wohl die meisten am Turnier taten, und was ich retrospektiv für die meisten Decks auch empfehle. Auch wenn sich das Deck eher underwhelming zeigte, durfte ich von multiplen Mulligans und Manascrews meiner Gegner profitieren und einmal mehr war mir klar, warum ich dieses Spiel so gern habe. Statt mich über den mir wohlgesinnten Shuffler zu beschweren, möchte ich aber auf einige Highlights meines Decks eingehen:

Cloudshift/Ghostly Flicker: Die beiden Karten sind echt unglaublich stark. Die Palette an starken ETB-Effekten ist sehr groß – Midvast Protector und Mist Raven laufen damit auf Hochtouren und selbst Soulbonder und mittelmäßige Effekte à la Voice of the Provinces können mal einiges rausreißen. Dazu kommen einige Auren – in erster Linie Defang –, gegen die man mit den Flickern oft im Angriff zwei zu eins tauschen kann, der Schutz vor dem schlimmen Removal auf die Soulbonder im Kampf und und und … Braucht sicher seine Synergien, spielt sich aber echt gut!


Defy Death: Waren eher dürftig in dem Deck. Kreaturen verziehen sich gerne ins Exil, bleiben getappt oder zahnlos auf dem Spielfeld zurück, kurzum: Der Anwendungsbereich dieser Karte erschien mir eher beschränkt. Dennoch: 4/6 mit Lifelink gewinnt Spiele und kompensiert durchaus mal die eine oder andere Situation, in der's nutzlos auf der Hand sitzt.

Seraph of Dawn: Unglaublich spielstark, wenn auch vor allem im defensiven Segment. Und scheint mir irgendwie das Posterchild des neuen, teuren und langsamen Sealedformats zu sein. Zusammen mit weiteren defensiven Karten wie Angelic Wall erlaubt er einem, eher langsame Decks zu bauen, die im Normalfall die Aggrodecks im Sealed im Schach halten sollten.


Terminus: An der Karte war schön zu erkennen, wie irrelevant die Miraclekosten meist sind. Im Earlygame will man den Spell meist gar nicht casten und im Late Game könnte man ihn ohne Weiteres auch bar bezahlen. Doch selbst ohne Miracle, das ich im Prerelease tatsächlich nie ausgelöst habe (beziehungsweise wo ich wohl auch viel zu oft einfach meine Karte gezogen habe, ich altes Gewohnheitstier), ist ein Zorn natürlich immer noch ein Zorn und gewinnt Spiele im Alleingang.

Favorable Winds: Die Karte war um einiges stärker, als ich sie eingeschätzt hatte. Flieger sind meist die relevanten Kreaturen des Formates, deshalb ist es auch nur halb so schlimm, wenn halt die 1/4-Turtle ohne den Bonus ausgeht. Außerdem gibt's ja schicke Tools wie den Wingcrafter oder das Engelsequipment, die auch mal das eigene Team beflügeln können. Im blau-weißen Deck echt verdammt nah an Glorious Anthem dran, und in den meisten Sealeddecks wohl auch stärker als die Anthems der letzten Jahre (Honor of the Pure, Intangible Virtue).


Amass the Components: In einem eher langsamen Format eine wahnsinnig gute Karte. Je nach Sealeddeck wohl sogar noch stärker als Mist Raven, und das will doch schon einiges heißen!

Fettergeist: Trotz der an sich nervig ausschauenden Ability war der Flieger einfach nur stark. Wenn man den sinnvoll in die Kurve einbauen kann, gewinnt man manche Spiele auch ohne würdiges Follow-up. Selbst im dritten Zug kann man ihn je nach Situation gut mal rauslassen und im Lategame braucht man das überschüssige Mana ohnehin nicht mehr. Starke Karte!


Wingcrafter: Eine weitere Karte, die man gerne unterschätzt. Die Karte sieht nach einem spielbaren 1/1er aus, war aber tatsächlich viel mehr als das. Man darf den Kerl ja nicht an seinen Stats messen – vielmehr sollte man ihn als kleine Living Weapon sehen, die sich gratis herumequippt. Und von all den guten Soulbond-Abilities im Commonslot ist Flying wahrscheinlich mit Abstand die beste.


Was ich beim Prerelease über die Farben gelernt habe


Das Tempo des Sealedformates ist eher gemächlich, somit sollte man Kartenvorteil meist über Tempovorteil gewichten (was sich auch schon in der Play/Draw-Entscheidung äußert). Langsame Formate bringen auch eine Aufwertung von Equipment mit sich, was in diesem konkreten Fall bedeutet, dass man sämtliche Ausrüstungen der Edition ohne schlechtes Gewissen maindecken darf. Soulbond ist eine sehr spielstarke Fähigkeit und darf bei Kreaturen mit Effekten wie Wingcrafter oder Elgaud Shieldmate, die weder Power oder Toughness boosten noch via Double Strike oder ähnlichem Extraschaden austeilen, auch auf einen tollen Partner warten. Wenn ein Sealeddeck aggressiv sein soll, dann sollte es einen hohen Rotanteil beinhalten – am besten mit möglichst vielen Human-Synergien und Thatcher Revolt –, ihr werdet das Deck vermutlich aber zuerst als vollends krankes Draftdeck erleben dürfen. Die Stärke von schwarzen Decks liegt vor allem in Undying-Synergien, womit man Karten wie Bone Splinters, Bloodflow Connoisseur und Blood Artist richtig hervorhebt. Im Sealed wird wohl aber oft einfach das Removal gesplasht, der Rest beiseitegelegt. Die „Ich gegen den Rest der Welt“-Karten empfehle ich jedenfalls primär für den Draft. Blau ist in meinen Augen die anspruchsloseste Farbe und kann fast jede Strategie und viele Synergien gut unterstützen. Die blauen Flieger beispielsweise sind einerseits in schnellen Decks richtig gut, können aber auch im Lategame als Winoption eingesetzt werden. Grün hat nebst dem Manafixing die dicken Tiere und die guten Soulbonder, was einerseits Splashs für Bomben und Removal in langsameren Decks erlaubt, aber durch die letzteren auch starke Zoodecks hervorrufen kann. Weiß ist klar defensiv ausgefallen in dem Set und wird als tiefste Farbe mit viel Raw Power und wenigen Synergieanforderungen wohl im Sealed am meisten vertreten sein.

Das waren meine ersten Eindrücke – sobald die Pro Tour von dannen ist, werde ich wohl auch einiges zum Draft- und Block-Constructed-Format zu sagen haben.




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