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U/G-Madness auf der Deutschen Meisterschaft und danach...
von Tobias "TobiH" Henke
20.06.2003

Vorwort: Dies ist kein DM-Bericht, sondern ein ganz normaler Artikel und möge bitte ohne die entsprechende Verdrossenheit gelesen werden, obwohl er nicht ganz darum herumkommt Informationen von der DM mitzuteilen.

U/G-Madness auf der Deutschen Meisterschaft und danach...

Vor der DM gab es recht viel zum neuen Limitedformat, weswegen jetzt wieder Constructed drankommt. Insofern berichte ich doch einfach einmal von dem Deck, das mein Team auf der Deutschen Meisterschaft geschlossen zu einem respektablen, aber unspektakulären Ergebnis gespielt hat (16-7-1) und wie man damit (in einem schlechteren Feld vielleicht) noch mehr gewinnt. Zum Standardtesten im Team MIR muss ich sagen, dass hier lange Zeit ein regelrechter U/G-Hass bestanden hat, der aber im Laufe der Zeit immer mehr der Erkenntnis wich, dass U/G nunmal trotz seiner immensen Glücksabhängigkeit eine sinnvolle Option darstellt: Wenn je nach Starthand die Siegwahrscheinlichkeit um 20% schwankt, ist das schlecht; wenn aber dadurch die Siegchancen zwischen 60% und 80% liegen, ist ersteres getrost zu vernachlässigen.

Im Endeffekt landeten wir dann tatsächlich bei U/G, aber der Weg dahin war gepflastert mit ziemlichen Umwälzungen im Metagame, die schließlich dazu führten, dass auf der DM tatsächlich ein relativ U/G-freundliches Metagame herrschte. Hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung dieser Standardseason: Eingeläutet wurde sie wie schon im letzten Jahr durch ein sehr Psychatog betontes Masters, was dieses Mal aber auch R/G-Beats und Wake beinhaltete und somit die weiteren Entwicklungen vorhersehbar machte. Denn die zahlenmäßige Überlegenheit (wenn auch nicht die Dominanz) des Psychatogarchetyps, begünstigte kein Deck so sehr wie R/G.

Beim Last Chance Qualifier zur PT Venedig war dies dann auch der meistgespielte (und zumeist auch recht erfolgreich gespielte) Decktyp. Bis zu den Regionals blieb R/G auf jeden Fall die formatdefinierende Kraft, indem es über die eigene Anwesenheit hinaus nicht nur die Deckwahl der Spieler beeinflusste, sondern auch der Deckkonstruktion alter Archetypen gewisse Sachzwänge auferlegte. So traten nicht nur Beasts und Slide auf den Plan, die nur in einem stark beatdownlastigen Format den Status der Spielbarkeit erlangen, sondern auch die Psychatogspieler mussten ihre Countermacht einschränken, um Platz für rund zehn Removal zu schaffen (oder aber hoffen nicht gegen gute R/G-Magier gelost zu werden). All diese Entwicklungen waren sehr positiv für das drittgenannte der Masters-Decks. Wake gewinnt gegen Beasts und Slide nahezu immer, während Psychatog nur noch relativ wenig gespielt wurde und sich selbst da das Matchup verbessert hatte. Weiterhin war das wichtigste Matchup (R/G) ebenfalls positiv und somit die Ausgangssituation für eine Dominanz von Wake geschaffen.

Zeitgleich damit brachte die Inklusion von Unsummons in so ziemlich jedem U/G-Madnessdeck der Welt diesen Archetyp wieder auf die Tagesordnung, der nun nicht nur durchaus in der Lage war, R/G zu schlagen, sondern zusätzlich von dem positiven Matchup profitierte, das Wake nunmal mehr oder weniger darstellt.

So. Ungefähr an dieser Stelle setzte das unmittelbare Testen für die DM ein. Zuerst tendierten wir auch zu Wake, da das Matchup gegen U/G gerade vor dem Boarden durchaus gewinnbar ist und scheinbar relativ random ablief. Außerdem kann Wake immer den Draw haben mit dem man gegen nix verliert – so die Überlegung. Leider entwickelte sich das Metagame jetzt recht schnell, sodass Wake immer mehr von einem deck to play zu einem deck to beat wurde. Also wurden die üblichen Verdächtigen für diese Aufgabe hinzugezogen: Psychatog und U/G. Psychatog hatte das Problem, dass wenn wir versuchten irgendwelche Löcher zu stopfen, sich ständig neue auftaten. So konnten wir kein wirklich gutes erstes Game gegen Beatdown erreichen, ohne massive Probleme im Mirror oder gegen MonoBlack, von dem wir wussten, dass es eine geradezu fanatische Anhängerschaft hat und deswegen selbst im
Wakefield nicht auszuschließen ist, hinnehmen zu müssen. Ferner war es weder akzeptabel sich gegen den Beatdown, der eben durch seine Schnelligkeit auch schon mal Spiele beenden kann bevor sich ein überlegener Sideboardplan durchsetzt, noch gegen das langsame Wake auf die zwei gesideboardeten Partien zu verlassen. Schließlich stellte sich auch noch heraus, dass unser U/G gegen unser Tog gewann...

Also bastelten wir uns eine U/G-Madness-Deckliste zusammen, der folgende Gedankengänge zugrunde lagen: Wir wollen gegen R/G gewinnen, was 3 Quiet Speculation, 3 Roar of the Wurm und 3 Unsummon bedeutet; gegen Wake gewinnen wir vor dem Boarden nur, wenn wir Doppel-Logic ziehen, dafür boarden wir aber 9 Karten; den monoschwarzen Magiern schenken wir nichts und rücken dementsprechend kein Stück von 4 Compost im SB ab; das Mirror gewinnen wir mit Merfolk Looter; Arrogant Wurm ist schrecklich unzuverlässig. Das ergab dann folgendes Maindeck, welches ich jedem empfehlen kann, der in nächster Zeit ein Standardturnier zu spielen gedenkt.
 
lands (22):
3City of Brass
11Island
8Forest

creatures (18):
4Wild Mongrel
4Merfolk Looter
4Basking Rootwalla
3Wonder
2Arrogant Wurm
1Aquamoeba

60 cards
spells (20):
4Careful Study
4Circular Logic
3Quiet Speculation
3Roar of the Wurm
3Unsummon
2Deep Analysis
1Ray of Revelation

 
Die Anzahlen sehen teilweise relativ random aus, sind aber ziemlich gut durchdacht und teilweise auch durchgerechnet. Auf der DM lief es dementsprechend recht gut, obwohl das Metagame nicht ganz so aussah wie prognostiziert. Es gab weniger Wake als erwartet und stattdessen mehr natürliche Feinde davon (U/G und Tog). Aber dass Leute der zu erwartenden Schar an Wake-Decks ausgerechnet mit Removal starrenden Reanimatordecks oder Elfen begegnen würden, konnte ja keiner ahnen. Dummerweise kann man als U/G-Magier gegen letzteres dieser beiden kaum etwas unternehmen, da die kleinen grünen Wesen einen zu pluralistischen Angriff starten und Sideboardoptionen wie Stupefying Touch in erster Linie Platz kosten, wohingegen das Matchup gegen Reanimator mit extrem wenig Sideboardaufwand durchaus viel besser gestaltet werden kann. Womit wir auch direkt beim Sideboard wären. Meine Empfehlung hier sieht wie folgt aus und weicht von unserem DM-SB nur um besagte Sideboardoption gegen Reanimator ab, da wir insgesamt 2 Niederlagen gegen diesen Archetyp zu verzeichnen hatten, wobei ich mir zwar einerseits nicht sicher bin, ob das wirklich der Normalität entspricht, andererseits wirklich nur so wenig Sideboardplatz beansprucht wird, dass man selten ein Matchup derart effizient abdecken wird.

4 Counterspell
4 Compost
2 Upheaval
2 Seedtime
1 Unsummon
1 Ray of Revelation

1 Krosan Reclamation

Krosan Reclamation ist suchbar mit Quiet Speculation und bildet zusammen mit Counterspell und einem weiteren Unsummon den SB-Plan gegen Reanimator. Da man sich aber hier nicht zu sehr in die Defensive drängen lassen sollte, ist von zuviel Counterpower auf Kosten von Beatdown abzuraten, sodass man nach dem Boarden auf sechs Counter
hochgehen sollte, wobei sich diese in Erwartung von Withered Wretch, der von meinem 1. Runden-Gegner auf der DM auf jeden Fall geboardet wurde und mich völlig zerstörte, auf den einzig wahren Counterspell - 8E, buh! - konzentrieren sollten. Wenn man sicher ist, dass der Reanimatorspieler, der einem gerade gegenüber sitzt, nichts derart diabolisches plant, ist Circular Logic natürlich besser, aber nach meinen traumatischen Erlebnissen würde ich da nichts riskieren. Abschließend bleibt zu diesem Matchup noch zu sagen, dass sich nach unseren bisherigen Erfahrungen Compost nicht lohnt.

Krosan Reclamation im Mirror zu Boarden ist allerdings nicht gut, da hier weit weniger Spiele auf Wonder hinauslaufen als allgemein behauptet wird. Gegen U/G-Threshold mag die Sache zwar anders aussehen, aber eigentlich sollte ein Deck, was darauf ausgelegt ist ganz schnell und zuverlässig diese Schwelle zu erreichen, auch noch irgendwo zwei weitere Karten auftreiben können. Das Mirror-Matchup läuft im übrigen genauso wie jegliches Matchup, in dem derart viel Kartenfluktuation im Spiel ist, genau darauf hinaus und derjenige, der hier früh einen Vorteil erreicht, findet sich häufig später im Spiel in allen Bereichen im Vorteil wieder, egal ob es sich nun um die Anzahl der Karten auf der Hand, der Kreaturen im Spiel, der Wonder im graveyard oder des zur Verfügung stehenden Manas handelt. Es gibt zwar die Möglichkeit, dass einer der beiden Spieler den Kartenvorteil hat, während der andere mit einem schnellen Beatdowndraw gewinnt, das ist aber eher selten. Insofern sahen wir den sinnvollsten Anhaltspunkt, um einen gegnerischen Spielplan auszuhebeln, darin, den obligatorischen Turn 2 Merfolk Looter zu unsummonen, was dann auch die einzige Sideboardkarte für dieses Matchup bleiben sollte.

Gegen Wake nimmt man alle Counterspells, 2 Seedtime 1 Ray of Revelation und 2 Upheaval ungeachtet der Bedenken seinen eigegen Beatdown zu sehr zu verdünnen rein und kann Wake einfach als gleichberechtigtes Controldeck schlagen, das der mehrteiligen Combo
einen in seiner Konsequenz weit überlegen Threat in Form von Upheaval entgegenzusetzen hat. Für's Wake-Mirror wurde übrigens einmal kurz diskutiert Merfolk Looter zu boarden (wenn auch nur sehr kurz), da diese dort einfach eine höhere Lebenserwartung als Compulsion haben. In diesem Matchup ist das recht ähnlich, weil Wrath of God ohnehin erst das Endziel aller Bemühung des Wake-Magiers ist, die es zu stoppen gilt, und der Looter bis dahin (oder eben bis zum Ende des Spiels) ungestört wüten kann.

Gegen diese Fülle an SB-Karten kann sich allerdings das eigene Maindeck genausowenig zur Wehr setzen wie das gegnerische Deck und muss massive Kürzungen hinnehmen, die sich in Anbetracht der Notwendigkeit von Unsummon (für Exalted Angel) nur schwerlich durchführen lassen und die eigentlich nur folgende Karten betreffen dürfen: 3 Wonder, 1 Aquamoeba, 1 Arrogant Wurm, 2 Roar of the Wurm, 1 Quiet Speculation, 1 Careful Study.

Gegen R/G ist das Maindeck so gut, dass auch hier nur ein Unsummon geboardet wird und je nachdem, ob Ensnaring Bridge auf dem Speiseplan steht, auch ein bis zwei Upheaval. Ansonsten gewinnt man im Notfall gegen die fiese Brücke auch durchaus schon mal mit Deep Analysis oder ganz simpel: Circular Logic.

Gegen MonoB boardet man ähnlich wie gegen Wake. Seedtime und Ray of Revelation sind hier natürlich unnütz und werden durch den unendlich starken Compost ersetzt. Insbesondere bedeutet diese Karte, dass man auf Cardadvantage via Quiet
Speculation auf Deep Analysis verzichten kann. Achtung, Unsummon muss wiederum in der vollen Stückzahl erhalten bleiben. Durch Compost wird das Matchup nach dem Boarden so langsam, dass das ganze Removalpotential des schwarzen Decks voll zur Geltung kommt. Dieses lässt sich zwar durch den übermächtigen Komposthaufen erschöpfen, aber Experimente, wie gegen Wake die Kreaturenbasis um ein Drittel zu kürzen, sollten in Hinblick auf eine solche Abnutzungspolitik unterbleiben.

Gegen Psychatog sollte man eigentlich nur die Wonder durch Counterspell austauschen. Da die namensgebenden Kreaturen des Tog-Spielers so unzahl- wie einfluss-reich auf's Spielgeschehen sind, bietet sich hier wiederum eine Kombination von Bounce und Countern an.

So. Das dürften wohl die wichtigsten Matchups sein, die einem heutzutage so auf Turnieren über den Weg laufen. Ich würde das Deck auf jeden Fall jederzeit wieder spielen. Z.B. auf der EM, wenn die nicht so ziemlich an dem teuersten Ort der Welt stattfinden würde

Im Moment gibt es aber leider kein T2-Event mehr, für das sich groß Testen lohnt, und deswegen sind wir schon mitten im OnBC-Testen, über dessen Ergebnisse allerdings erst viel später berichtet werden wird.

Bis dann.

TobiH
#mir

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