Nach den unglaublich resonanzbehafteten Ausflügen in den
Casualdschungel Wesendorfs (in zehn Jahren sind das Klassiker, lasst euch nicht die Chance entgehen, sie jetzt schon zu lesen) bewerfe ich euch heute wieder mit Diskussionsfutter zum aktuellen Draftformat.
Rise of the Eldrazi ist ab nächster Woche auch auf
Magic Online draftbar und ich kann es kaum erwarten, meine bisher in ein paar Real-Life-Ausflügen ins wunderschöne Peine (der Store ist echt super und hat einen der nettesten Ladenbesitzer, die ich je getroffen habe) gesammelten Theorien ausführlichen Praxistests zu unterziehen. Beschreitet bis dahin den Weg der Gedankenspiele mit mir und berichtet im Forum von euren Einschätzungen der neuen Umgebung!
Allgemeinplätze
Bevor ich auf die einzelnen Farben zu sprechen komme, möchte ich euch noch ein paar Voraussetzungen aussetzen, die ich im späteren Verlauf dieses Artikels als gegeben hinnehmen werde. Wenn ihr mit bestimmten Karteneinschätzungen meinerseits nicht zufrieden seid, könnte der Grund in diesem Abschnitt und einer grundverschiedenen Auffassung des Formats liegen. Lest euch diese Punkte also gründlich durch, bevor ihr euch tiefer in diesen Text stürzt.
Das Format ist schneller, als du denkst! Beginnen wir mit dem Umstand, den die meisten von euch wahrscheinlich noch nachvollziehen können. Wurde
Rise of the Eldrazi anfangs noch als klobigstes und langsamstes Set aller Zeiten gehypt, in dem
Glory Seeker ungefähr die Qualität eines
Chimney Imp hat, relativierte sich dieses Statement durch das Spielen an sich. Nein, die Spiele beginnen nicht erst im sechsten Zug. Ja, es gibt billige Kreaturen, die spielbar sind. Ja, Karten wie
Last Kiss oder
Staggershock sind dementsprechend auch in diesem Umfeld brauchbar.
Hat man diesen schockierenden Umstand erst einmal verdaut, kommt schon der nächste Brocken.
Das Format ist nicht so schnell, wie du denkst! Na, was denn nun? Trotz des Umstands, dass Aggrodecks durchaus eine Option darstellen, ist
Glory Seeker – da hat Mark Rosewater nicht gelogen – diesmal keine besonders starke Karte. Der Grund sind aber nicht die Eldraziklöpse, um die sich angeblich alles drehen soll, sondern eine Randerscheinung der Implementation der (manchmal) fliegenden Spaghettimonster. Das Tempo des Formats wurde nämlich so weit heruntergefahren, dass das Ergebnis einem Coreset à la
Magic 2010 sehr nahe kommt. Und erinnert ihr euch, wie gut
Runeclaw Bear da war? Genau, in dedizierten Aggrodecks durchaus zu gebrauchen, aber in anderen Strategien so schnell an Wert verlierend, dass er quasi einem Mulligan auf sechs gleichkommt.
Rise of the Eldrazi ist ein stinknormales Set! Die beiden eben getroffenen Aussagen treffen sich in diesem Statement. Es ist lange her, dass man außerhalb von Hauptsets die Gelegenheit hatte, so etwas wie „Durchschnitts-
Magic“ (und das meine ich im besten Sinne) zu erleben. In
Lorwyn waren es die Kreaturentypen, in
Alara die Farben, in
Kamigawa die Geister, in
Shadowmoor die Farben, in
Mirrodin die Artefakte, in
Ravnica die Farben... In
Rise of the Eldrazi hat man endlich wieder Erfolg, wenn man die Grundwerte des Draftens kennt. Ohne groß auf Synergien achten zu müssen, kann man sich ziemlich gut darauf verlassen, von einer Karte das zu bekommen, was draufsteht. Gute alte Eckpfeiler wie Kartenvorteil, Evasion und gesunde Kosten-Nutzen-Verhältnisse stehen im Vordergrund, nicht ein von oben herab diktiertes Synergiegerüst, an das man sich zu halten hat, um nicht unterzugehen.
Versteht mich nicht falsch, Synergie ist auch in diesem Set wichtig, nur kommt sie diesmal aus eurem Deck selbst. Ihr entscheidet, welche Rolle die Karten spielen und was der Plan eures 40er-Haufens ist. Das macht flexibler, fordert aber gleichzeitig bewussteres Draften.
Leveler sind super! Shocking, I know. Kreaturen mit Level up sind so gut, weil sie fast im Alleingang Aggrodecks eine Existenzberechtigung geben. Ich habe nämlich eine interessante Theorie, was die Form von Aggrodecks in
Rise of the Eldrazi angeht. Normalerweise versuchen aggressive Strategien, den Gegner tot zu haben, bevor er die Kontrolle erlangt. Das passiert zwangsläufig an einem gewissen Punkt, weswegen das Aggrodeck versucht, vorher zu gewinnen. Im neuen Format ist Tempo natürlich immer noch ein Faktor, aber viel wichtiger ist es für das Aggrodeck, das gesamte Spiel über die klassische Frage „Who's the Beatdown?“ mit „Ich!“ beantworten zu können. Bemerkt ihr den kleinen, aber feinen Unterschied?
Leveler wie
Caravan Escort,
Skywatcher Adept,
Knight of Cliffhaven oder
Null Champion spielen jedenf
alls in diesen Unterschied hinein, indem sie ihre Rolle dem jeweiligen Stadium des Spiels anpassen. Early Game? Flotter Flitzer! Lategame? Dicker Klobo. Der geänderte Plan des Aggrospielers macht ihn auch weniger anfällig gegenüber Mauern und Eldrazi-Spawns, die ja angeblich der Sargnagel einer jeden Beatdownstrategie sein sollten. Ja, gute Evasiontiere spielen ebenfalls eine Rolle in dieser Rechnung.
Instant-Removal ist stark! Daran sind wiederum allgegenwärtigen Kreaturen mit Level up schuld. Ein zeitlich gut abgepasstes Removal als Antwort auf eine Aktivierung kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. In den meisten Fällen habt ihr euren Gegner dann soeben seinen Zug überspringen lassen und sein Board leergeräumt. Solange sich entsprechende vorsichtige Benutzung von Levelern noch nicht herumgesprochen hat, könnt ihr großen Nutzen aus der Gier eurer Gegner ziehen.
Kartenvorteil ist... von Vorteil! Rise of the Eldrazi bietet zahlreiche Gelegenheiten für einen 2-zu-1-Tausch. Zurzeit bewerte ich Karten, die mir das ermöglichen, ziemlich hoch, weil ich das Gefühl habe, so gut wie jedes Spiel durch einen Handkartenkrieg zu gewinnen.
Staggershock,
See Beyond,
Sea Gate Oracle,
Ondu Giant,
Mnemonic Wall,
Explosive Revelation,
Enclave Cryptologist,
Cadaver Imp, selbst
Totem-Guide Hartebeest und
Artisan of Kozilek in Härtefällen... wenn ihr es durch euer Deck und/oder geschicktes Spielen schafft, mehrere gute Trades hinzubekommen, befindet ihr euch meist auf der Gewinnerstraße.
Ihr seht, viele der angesprochenen Punkte sind eigentlich selbstverständlich, treten aber oft in besonders spezialisierten Draftumgebungen in den Hintergrund. Setzt ihr einen starken Spieler, der noch keine Karte von
Rise of the Eldrazi gesehen hat, an einen Drafttisch, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er allein aufgrund seines Basiswissens gut abschneidet.
So, das waren die Grundannahmen zum Set, jetzt kommen wir zu den Karten, auf deren Basis diese Annahmen entstanden sind, die jetzt wiederum die Einzelkartenbewertung beeinflussen. Ihr merkt, es ist ein ewiger Kreis... (Wo ist eigentlich meine König-der-Löwen-Videokassette?)
Weiß hat mit
Caravan Escort,
Kabira Vindicator und
Knight of Cliffhaven einige gute
Leveler zu bieten, die ohne große Probleme den Kern eines Aggrodecks formen können. Auf der Gegenseite befinden sich aber auch Kandidaten wie
Smite,
Soulbound Guardians oder
Guard Duty, die sich natürlich am besten in kontrollorientierten Strategien machen. Mein Weg in diese Farbe hat meist über flexible Picks wie
Dawnglare Invoker (die unfairste Common des Sets),
Makindi Griffin oder den eben erwähnten
Knight of Cliffhaven geführt, von denen ausgehend ich dann über die Booster hinweg beobachtet habe, in welche Richtung mein Deck gehen soll.
Die Farbe ist an sich sehr trickreich zu draften, weil ihr schnell in die Falle geraten könnt, euer Deck Opfer der Zwiespältigkeit von Weiß werden zu lassen. Das Endprodukt ist dann weder Fisch noch Fleisch und wird höchstwahrscheinlich gegen die nächste Wand fahren.
Anmerkungen zu Einzelkarten:
Oust kann absolut hartes Removal sein, wenn man es dank Blockermangel auf der Gegenseite schafft, innerhalb von zwei Zügen zu gewinnen. Das begünstigt prinzipiell aggressive Strategien, aber auch allgemein leitet der Spruch häufig den Wechsel von Defensive zu Offensive ein. Schließlich gibt es noch extrem manaintensive Leveler sowie schier unbesiegbare Kreaturen im Totem-Armor-Baukastensystem, die allesamt ausgezeichnete Ziele darstellen. Und wenn wirklich einmal überhaupt kein Tempo (mehr) im Spiel ist, darf man zur Not eigene Super-Spoiler aus der
Narcolepsy oder dem
Wachdienst befreien.
Time of Heroes ist so etwas wie die Ally-Karte des Sets. Ab circa sieben
Levelern lohnt sie sich meiner Einschätzung nach, aber oft ist sie einfach Sideboardmaterial. Das Problem derzeit ist, dass sie viel zu früh aus dem Booster verschwindet. In ein paar Wochen wird sich dieses Phänomen sicherlich eingependelt haben und ihr könnt sie womöglich ohne weitere Schwierigkeiten um den Tisch schicken.
Guard Duty ist kein schlechtes Removal, doch es kann gar nicht genug darauf hingewiesen werden, dass man ausreichend Evasion am Start haben muss, um sich nicht selbst ins Bein zu schießen.
Hyena Umbra und Mammoth Umbra (
Eland Umbra lasse ich mal außen vor) sind spielbar, aber mit Vorsicht zu genießen. Zumindest sind die Auren immer noch Auren, sollten also nicht unbedingt riskiert werden, solange der Gegner offenes Mana hat. Außerdem gibt es ein paar Antworten, die Totem-Armor umgehen, sodass insbesondere Kontrolldecks sich nicht darauf verlassen können, ewig auf so einer Verzauberung zu sitzen. Ich bin insgesamt kein so großer Fan.
Kor Line-Slinger und Puncturing Light finden auch in diesem Format Ziele, sind also als normales Removal einzustufen, sollten aber spätestens ab drei erdrafteten Exemplaren in der Dosis deutlich heruntergefahren werden.
Zendikar this is not.
Survival Cache finde ich wirklich, wirklich sympathisch, doch gleichzeitig finde ich nie Platz in meinen Decks für diese Karte. Sie erfüllt einfach keine eindeutige, zuverlässige Rolle und das ist ihr Problem. Die netten Jungs will halt niemand.
Zum Abschluss erhaltet ihr noch eine Liste der besten fünf Commons und Uncommons dieser Farbe. Pickreihenfolgen sind bekanntermaßen ja eigentlich Quatsch, aber sie sind beliebt und bieten zumindest einen abstrakten Überblick über die Farbe.
Ich habe
Smite auch aus Provokationsgründen in die Top 5 gehoben. Tatsache ist einfach, dass ihr erstens keinen Verdacht erweckt, wenn ihr mit eurer kleinen Wurst nicht in das große Monster angreift und es zweitens nicht sehr ungewöhnlich ist, ein Mana übrig zu haben. Wenn euer Gegner den Braten riecht und nicht angreift – großartig, ihr habt euch Zeit gekauft! Wenn er angreift – großartig, ihr habt effizientes Removal benutzt!
Jetzt kommen wir zu der Farbe, die ich im Moment als die stärkste empfinde. Der Grund dafür sind gute Flieger, exzellenter Carddraw und sogar einer der besten Removalspells des Sets. Obwohl Blau zusammen mit schwarzen oder weißen
Levelern sehr gut auf der Aggroschiene rollen kann, liegt sein Herz eindeutig im Kontrollmodus. Gerade im Zusammenspiel mit schwarzem und rotem Removal lässt sich ohne großen Aufwand eine Maschine bauen, die so ziemlich jedes Problem lösen kann. Selbst ohne einen Blick in andere Farben wagen zu müssen, habt ihr mit
Domestication und
Narcolepsy zwei der besten Karten in diesem Draftformat zur Hand. Darüber hinaus ist der Kartenvorteil, den
Domestication,
Enclave Cryptologist,
Mnemonic Wall,
Sea Gate Oracle und
See Beyond bieten, ein wirklich gutes Argument dafür, Fan dieser Farbe zu werden.
Anmerkungen zu Einzelkarten:
Deprive bietet eine unkomplizierte Möglichkeit, mit Lategamebomben wie Eldrazi,
Deathless Angel oder
Drana, Kalastria Bloodchief fertigzuwerden. Ein oder zwei Exemplare sollten sich eigentlich in jedem blauen Deck finden, zur Not tut es aber auch
Lay Bare, der behinderte Stiefbruder von
Deprive. Achtet beim Spielen einfach darauf, eure Counter so spät wie möglich einzusetzen, und es sollte nichts schiefgehen.
Mit Distortion Strike werde ich noch nicht so recht warm, muss ich gestehen. Natürlich habe ich schon die tollen Storys vom
Kiln Fiend-Deck gehört, komme aber nicht darüber hinweg, dass er einfach keinen langfristigen Einfluss aufs Board hat und dass sämtliches Removal den Distortion Strike gleich mitnimmt.
Drake Umbra ist eine der stärksten Nicht-Rare-Umbren des Sets und gewinnt Spiele im Alleingang. Interessanterweise ist sie aber am besten in Strategien, die sich nicht auf Blau als Hauptfarbe stützen, sondern sich auf eine Menge Bodenfürze und -klobos verlassen. Es wird also nicht selten vorkommen, dass ihr
Drake Umbra am liebsten als Splash in eurem grünen Eldrazideck (das ich nebenbei fürchterlich finde) hättet. Schaut einfach, inwieweit Evasion euch wirklich nach vorn bringt.
Hada Spy Patrol hat erst ab der dritten Stufe Shroud. Ich sage das nur, damit ihr nicht so intelligent wie ich seid, sofort einen
Flame Slash auf die Kreatur zu hauen, weil ihr sie sonst nie wieder loswerdet.
Halimar Wavewatch ist trotz seiner unbeeindruckend erscheinenden Werte eine solide Karte, da sie früh eine schwer zu überwindende Mauer darstellt und aktiv mitmischt, sobald man sich nicht mehr in der Defensive befindet. Habe ich schon wieder die Karte vorgelesen?
Regress ist total nützlich, um Tempo gegen
Leveler, Umbren und Eldrazi-Spawn-gepowerte Monster zu erzeugen, aber ich weiß noch nicht genau, einen wie hohen Pick mir dieser Luxus wert ist. Im Moment sehe ich die Karte bei 7-8, was meint ihr?
Venerated Teacher hat gewissermaßen denselben Komplex wie
Time of Heroes, nur abgefedert dadurch, dass er zumindest noch eine Kreatur ist. Verlasst euch aber nicht zu sehr darauf, das krasse Levelerdeck zusammenzubekommen.
Leveler ohne die beiden Karten sind schließlich auch noch super, die beiden Karten ohne
Leveler einfach nur Hundefutter.
Abschließend wieder die Pickorder, um etliche hitzige Diskussionen zu erzeugen:
Trotz der Ankündigung, Removal in diesem Set zu schwächen, hat Schwarz wieder ein exzellentes Paket abbekommen, von dem die wichtigsten Vertreter zusätzlich noch Spontanzauber sind. Hier bekommen wir auch erstmals die Fähigkeit, Eldrazi-Spawns zu erzeugen, zu Gesicht, müssen uns aber damit abfinden sie – mit Ausnahme von
Corpsehatch – auf ziemlich mediokren Karten zu finden. Und selbst
Corpsehatch wird selbstverständlich nicht aus Beschleunigungsgründen gespielt.
Abgesehen davon finden sich mit
Arrogant Bloodlord,
Gloomhunter,
Nirkana Cutthroat,
Null Champion und
Zulaport Enforcer einige aggressive Kreaturen, die sich im eingangs schon erwähnten blau-schwarzen Levelerdeck sehr wohl fühlen. Andererseits kann man sich aus den beiden Farben auch ohne weitere Probleme ein removalbasiertes Kontrolldeck zimmern, das sich zusätzlich noch über
Escaped Null,
Bala Ged Scorpion und
Cadaver Imp freut. (Letzterer ist natürlich ebenfalls erste Sahne im Aggrodeck.) Die Optionen für ein Kontrolldeck scheinen im letzten Satz ja eher wenig gewesen zu sein, aber man muss beachten, dass Schwarz in diesem Kontext größtenteils die Rolle des Entsorgers einnimmt. Fächert man die zusammengefassten Removalspells also wieder auf, kommt man auf eine ordentliche Liste.
Das Removal ist außerdem der Grund, warum Schwarz gern mit Grün im Eldrazi-Ramp gepaart wird.
Anmerkungen zu Einzelkarten:
Bala Ged Scorpion findet eigentlich in den meisten Situationen ein Ziel, und sei es nur die Mauer, die euch seit mehreren Runden nervt.
Bloodrite Invoker gehört offensichtlich zu den schlechteren Invokern, hat aber dennoch seine Existenzberechtigung als Kurvenfüller. Wenn ihr ihn braucht, spielt er seine Rolle dank der hohen Stärke ganz ordentlich.
Escaped Null ist eine sehr lustige Bodenmauer, die im Prinzip alles niedermetzelt, was man ihr in den Weg stellt. In Phasen mit wenig Verkehr ändert sie im Gegensatz zu anderen Verteidigern zusätzlich das Lebenspunkteverhältnis um zwei. Es ist also überhaupt nicht mindless, diese Null zu spielen.
Perish the Thought kann gegen Decks geboardet werden, die auf dicke Tiere beschleunigen, aber man muss beachten, die Karte nicht sofort in der dritten Runde zu spielen, weil man dem Gegner sonst die größtmögliche Chance gibt, sein Fett wiederzubekommen und einfach fortzufahren, als wäre nichts gewesen. Stattdessen ist in diesem Fall ein wenig Fingerspitzengefühl angebracht, um den Discard so zu timen, dass das Zeitfenster zwischen Entsorgen und möglichem Ausspielen möglichst gering ist.
Und wieder belästige ich euch mit meiner Pickorder.
Vendetta und
Induce Despair befinden sich über
Corpsehatch, weil sie günstige Spontanzauber sind, was ich – wie oben schon erwähnt – für einen signifikanten Vorteil halte. Dass sie zusätzlich nicht deutlich weniger Tiere töten als die Hexerei (
Induce Despair in manchen Matchups sogar mehr) macht die Entscheidung nicht sehr schwer.
Staggershock. Eine Menge weiterer guter Burnspells. Und
Staggershock. Rot scheint in diesem Set eine großartige Farbe zur Unterstützung zu sein, kann aber aufgrund der wirklich erbärmlichen Kreaturenauswahl nicht wirklich auf eigenen Füßen stehen.
Emrakul's Hatcher und
Valakut Fireboar sind in Ordnung, aber jeweils keine Karten, mit denen man problemlos erhobenen Hauptes den Sieg nach Hause tragen kann. Deswegen sieht man Rot oft zusammen mit Grün und Weiß auf dem Schulhof, weil diese beiden Farben starke Jungs haben, hinter denen sich der schwachbrüstige Kettenraucher verstecken kann.
Zusätzlich munkeln verschiedene Quellen von einem Defender-Deck, das sich um
Vent Sentinel herumbaut, aber irgendwie sehe ich es noch nicht in kompetitiven Bereichen. Allein schon aus Eigeninteresse heraus werde ich euch aber in nächster Zeit auch von dieser Front berichten.
Anmerkungen zu Einzelkarten:
Akoum Boulderfoot ist der Mann fürs Grobe, wenn ihr nichts Besseres habt. Ich hoffe aber, dass ihr etwas Besseres habt.
Battle-Rattle Shaman ist nicht nur eine Riesenschabe, sondern macht sogar Eldrazi-Spawns zu Bedrohungen und ownt
Domestication. Der Junge wird jedes Mal besser, wenn ich ihn sehe.
Brimstone Mage hat zwar das Problem, nicht sehr viele direkte Ziele in diesem Set zu haben, macht jedoch wie jeder Pinger die Kampfzonenmathematik für den Gegner sehr anstrengend und droht, im Supersayajinmodus (sp?) eine Nuklearbombe zu zünden. Fazit: Trotzdem gut!
Grotag Siege-Runner lohnt sich meines Erachtens nicht fürs Maindeck, weil er wie jedes Bärchen potenziell zu schnell deklassiert wird, freut sich aber, sobald er gegen das gute
Vent Sentinel-Deck antritt.
Kiln Fiend ist entweder eine brokene Kombokarte oder totaler Schrott in eurem Deck. Dazwischen ist nichts.
An Lust for War scheiden sich noch die Geister, und solange es keine empirischen Daten gibt, packe ich sie vorsichtshalber auch in Aggrodecks auf den Haufen der unspielbaren Karten.
Contaminated Bond war schließlich ebenfalls nie formatdefinierend oder so.
Spawning Breath findet öfter ein Ziel, als ihr denkt. Selbst wenn euer 3/3er in die X/4-Mauer (X<3) rennt, hat es sich schon gelohnt.
Auch Wrap in Flames ist gar nicht so übel, wenn man mit dem Effekt etwas anfangen kann. OK, dieser Satz war mal wieder sehr nichtssagend, aber ich will erreichen, dass ihr die Karte nicht automatisch ins Sideboard steckt (wo sie zwar doch meist landet, aber ihr wisst, wie ich das meine). Immerhin tötet sie
Dawnglare Invoker!
Die rote Pickorder ist sehr burnlastig, aber bei so viel wirklich gutem Removal auf Commonebene ist das wahrlich kein Wunder.
Endlich kommen wir zu der Farbe, für die die Eldrazi designt zu sein scheinen. Hier finden wir mit Abstand die meisten Karten, die Miniaturausgaben der großen Weltenvernichter erzeugen, und zu allem Überfluss sind die meisten davon auch noch sehr annehmbar im Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber bevor ich mich hier in Schwulitäten rede, gestehe ich euch lieber, dass ich eigentlich keine Ahnung habe, ich welche Richtung sich grüne Decks bauen lassen und lasse euch mit ein paar Ideen allein.
Eldrazi-Ramp ist die offensichtlichste Möglichkeit, die ich aber in der Praxis nicht sehr überzeugend finde. Ich habe schon einmal mit (OK, es war Sealed, aber mein Pool hatte Unmengen an Beschleunigung wie vier
Nest Invader, zwei
Kozilek's Predator, zwei
Overgrown Battlement,
Ondu Giant...) und oft dagegen gespielt und mir ist immer wieder aufgefallen, wie leicht sich so ein einzelner Threat in diesem Format handhaben lässt. Selbst
Vendetta auf
Ulamog's Crusher tut nicht besonders weh, da man im Endeffekt ein Removal einsetzt, das von einem radioaktiven
Sparksmith gebissen wurde. Wenn ich schon Späße mit Eldrazi-Spawns veranstalte, möchte ich lieber auf einen früh gepickten
Broodwarden aufbauen.
Interessanter (und aus meiner Sicht erfolgversprechender) sind da die Strategien, die mehr auf solide Kreaturen wie
Wildheart Invoker,
Kozilek's Predator,
Aura Gnarlid und
Terra Stomper setzen und eher nebenbei mal ein bisschen rampen. Hier kann auch der eine oder andere
Ulamog's Crusher oder
Artisan of Kozilek am Kurvenende stehen, aber die Kurve muss nicht auf Teufel komm raus mit einem Eldrazi enden. Das klingt doch gesünder, oder?
Wovon ich noch gehört habe, ist ein grün-weißes Deck, das effiziente Kreaturen wie
Daggerback Basilisk,
Nest Invader oder
Aura Gnarlid und Umbren dazu benutzt, den Gegner einigermaßen schnell zu töten.
Ansonsten werde ich nicht richtig grün mit Grün und präsentiere euch deswegen auch keine Anmerkungen zu Einzelkarten, sondern direkt die Top 5, die mit die kontroverseste der Listen sein wird, weil ich viel zu wenig Erfahrung mit grünen Karten habe und echt noch keinen Weg sehe, dass mir diese Farbe gefallen könnte.
Puh, das war quasi gewürfelt.
Bei den Eldrazi scheint selbst in grünen Ramp-Decks die Obergrenze der Spielbarkeit bei neun Mana zu liegen. Jedes weitere Mana erfordert eine riesige Menge an Zeit und Aufwand, die es meist einfach nicht wert sind. Das verbannt
Pathrazer of Ulamog schon mal auf die Zuschauertribüne.
Hand of Emrakul hat hingegen ein anderes Problem. Wenn man sie schließlich legt, ist sie einfach nicht sehr beeindruckend. Damit verbleiben unter den Commons und Uncommons als einzig wirklich spielbare Eldrazi
Artisan of Kozilek und
Ulamog's Crusher. Besonders Letzterer ist dann aber auch als 1-of ein gern gesehener Gast. Und sollte er auf der Hand schmoren, hat man wenigstens ein
Induce Despair, das alles tötet.
Anmerkungen zu Einzelkarten:
Dreamstone Hedron ist sehr willkommen in langsamen Kontrolldecks, die im nächsten Zug einen Threat spielen und Mana für spontane Reaktionen offenhalten können. Das Problem ist nur, ihn im richtigen Moment zu legen, um nicht an unerwarteten Fragen des Gegners einzugehen. Mit sechs Mana übergeht man eben so gut wie immer seinen Zug. Auch grüne Decks, die ein paar Fettschweine haben, freuen sich über den Mega-
Mind Stone, sowohl wenn sie keine weitere Beschleunigung haben als auch, wenn sie zu viel davon ziehen.
Ogre's Cleaver und Warmonger's Chariot sind im Grunde super in Verbindung mit jeder Kreatur. Besonders Eldrazi-Spawns profitieren von den Ausrüstungen. Vorsichtig solltet ihr nur sein, wenn ihr Control mit unter 13 Kreaturen spielt (kommt jetzt wieder öfter vor) oder viele
Leveler habt. Letztere neigen dazu, den Equip schon in sich selbst zu haben, und benötigen kaum Hilfe von außen.
Abschluss
Rise of the Eldrazi ist ein ungemein tiefes Format, in dem keine Farbe als zu stark heraussticht und kein Archetyp so offensichtlich ins Auge springt, dass er immer hart umkämpft ist. Vielmehr findet ihr hier eine Umgebung, in der ihr viel ausprobieren könnt und gute Chancen habt, wenn ihr neue, eigene Wege zum Sieg finden wollt. Ihr merkt, ich mag das Format sehr.
Ich denke, bis sich echte Archetypen herauskristallisieren (Luis Scott-Vargas hat bereits einen ersten
Versuch gewagt, und auch wir haben ja bereits
Material) fährt man ganz gut damit, beim Draften einerseits auf die BREAD-Formel zu achten (Bombs, Removal, Evasion, Attackers, Dreg? So war das doch, oder?), Kartenvorteil und flexible Karten hoch einzuschätzen und einen soliden Gesamtplan fürs Deck zu entwickeln.
Im Rahmen meiner wöchentlichen Drafts werde ich euch dann regelmäßig über aktuelle Archetypentwicklungen berichten, sobald ich das Gefühl habe, nicht nur Schüsse ins Blaue zu wagen.
Bis nächste Woche, wenn ich endlich virtuelle Päckchen aufreißen kann!