Eternal
Master and Commander
von Tobias Henke
28.06.2011

Vielleicht habt ihr es schon mitbekommen. Vielleicht, vor allem wenn ihr euch größtenteils unter Turnierspielern bewegt, aber auch nicht: Commander boomt. Und zwar so richtig. Das ist kein Hype, sondern an Zahlen festzumachende Realität. Die Commander-Decks gehen auch hierzulande weg wie warme Semmeln.


Nicht weiter verwunderlich. Commander ist ein unglaublich interessantes Format. Auf der einen Seite hat man den Abwechslungsreichtum von Highlander, auf den anderen Seite zwangsläufig einen sehr klaren strategischen Fokus bedingt durch die Kommandeure.

Allerdings gibt es ein Problem. Commander in seiner üblichen Form ist auf Mehrspielerrunden ausgelegt und erstickt auf die Art jedweden Ehrgeiz. Durchaus übrigens mit Absicht. In Mehrspielerrunden geht es nicht darum, das stärkste Deck zu bauen, die raffinierteste Strategie auszutüfteln und die besten Entscheidungen zu treffen. Es geht um coole Effekte, abstruse Interaktionen und lustige Stories. Es geht darum, miteinander zu spielen und dabei Spaß zu haben, nicht darum, in einem möglichst fairen Wettkampf seine Kräfte zu messen und daran Spaß zu haben. Im Multiplayer wird der Spielverlauf und -ausgang weniger von den Karten als von wechselnden Bündnissen bestimmt. Deshalb sind etliche überstarke Karten, die fast überall verboten sind, im Commander zugelassen und womöglich werden sie sogar gebraucht, um Bewegung in eine Partie zu bringen. Ihre Unfairness geht in der Unfairness einer beliebigen Bündnispolitik schlicht unter.


Das muss jedoch nicht so sein und hat mit der Verwendung von Kommandeuren zunächst einmal nichts zu tun. Es ist durchaus möglich, die interessanten Aspekte von Commander auf ein Format zu übertragen, das sich auch für Turniere eignet, und an solchen Turnieren besteht offenbar Interesse. Das erste veranstaltet der JK Entertainment Store in Frankfurt bereits am 2. Juli, Hiveworld in Köln und Spieleland in Hamburg planen ebenfalls Turniere.

Im Folgenden geht es um Spielmodus, Banned-Liste und Regeln des Ganzen. Ein neues Format kann natürlich nicht auf umfangreiche Praxiserfahrung zurückgreifen und ist dementsprechend bestimmt noch nicht perfekt. Wer Feedback hat, ist herzlich eingeladen, sich im Forum oder unter planetmtg@googlemail.com zu melden. Nach der ersten Runde an Turnieren werden möglicherweise Anpassungen vor allem an der Banned-Liste vorgenommen werden müssen. Unter diesem Link findet ihr das unkommentierte Regelwerk und in Zukunft entsprechende Updates.

Zum Einstieg hier nun die kommentierte erste Fassung. Ich präsentiere …


-1. Magic
 
Abgesehen von im Folgenden beschriebenen Ausnahmen gelten die Comprehensive Rules und Tournament-Rules, die hier nachgeschlagen werden können.

Dazu gibt es, denke ich, nicht mehr viel zu sagen. Im weiteren Verlauf wird es spannender, obwohl dort längst nicht alles eine Ausnahme von den offiziellen Regeln darstellt. Abweichungen beschränken sich auf die Punkte, in denen das Mehrspieler-Commander-Format mit Turniertauglichkeit leider unvereinbar ist …

-2. Spielmodus
 
Gespielt wird eins gegen eins. Sieger eines Matches ist, wer zuerst zwei Spiele gewinnt. Es werden keine Sideboards benutzt.

… wie zum Beispiel in der Frage der Spieleranzahl. Zwischen mehr als zwei Leuten kann durchaus eine lustige Partie zustande kommen, ein Wettkampf hingegen ist unmöglich. Best-of-Three und der Verzicht auf Sideboards haben sich in anderen turniermäßig gespielten Highlanderformaten bewährt.

-3. Lebenspunkte
 
Spieler beginnen mit 20 Lebenspunkten und verlieren bei null Lebenspunkten. Die Sonderregel für von Kommandeuren ausgeteilten Kampfschaden entfällt.

Alles in Magic ist auf eine Startlebenspunkteanzahl von 20 ausgerichtet und eine Erhöhung dient einzig dem Zweck, ein Format für Deckbauer und Spieler anspruchsloser zu gestalten – indem Ansprüche an eine frühe Defensive einfach nicht gestellt werden. In einer wettbewerbsorientierten Umgebung geht es darum, die üblichen Herausforderungen zu meistern, nicht darum, sie zu ignorieren.

-4. Mulligans
 
Es wird der sogenannte „Partial Paris Mulligan“ verwendet. Der funktioniert wie ein normaler Mulligan (lässt sich also zur Not mehrfach wiederholen) mit dem Unterschied, dass man nicht alle seine Handkarten einmischt, sondern eine beliebige Anzahl von Karten verdeckt beiseitelegt und dieselbe Anzahl an Karten minus eins nachzieht. Erst im Anschluss an alle Mulligans eines Spielers werden seine beiseitegelegten Karten zurück in die Bibliothek gemischt.

Das ist übrigens derselbe Mulligan, der im Mehrspieler-Commander gilt. Dass man einen stärkeren Mulligan benötigt als im normalen Magic mit seinen 60- oder 40-Karten-Decks, wird vermutlich niemand bestreiten. Tatsächlich gibt es sogar verschiedene Konzepte von noch stärkeren Mulligans. Ihnen allen ist gemein, dass ein Spieler seine Starthand einmal kostenlos nachbessern kann, was prinzipiell fragwürdig ist, auf Konstanz ausgerichteten Deckbau benachteiligt und Kombinationsdecks tendenziell begünstigt. Beim Vergleich mit dem kommandeurlosen Highlander sollte man außerdem nicht vergessen, dass der Kommandeur einem Deck automatisch extrem viel zusätzliche Konstanz beschert.

-5. Deckgröße & Highlanderregel
 
Ein Deck besteht aus genau 100 Karten inklusive eines Kommandeurs. Mit Ausnahme von Standardländern darf keine Karte mehr als einmal enthalten sein.

Keine Überraschung hier. Weiter im Text.

-6. Der Kommandeur & sein Deck
 
Der Kommandeur ist eine beliebige legendäre Kreatur. Alle Manasymbole, die in den Spruchkosten oder im Regeltext eines Kommandeurs auftauchen, sowie seine anderweitig festgelegten Farben bestimmen zusammen seine Farbidentität. Für das zugehörige Deck sind alle Farben außerhalb der Farbidentität des Kommandeurs verboten. Es dürfen sich keine Karten einer verbotenen Farbe im Deck befinden und keine Karten, die in ihren Spruchkosten oder ihrem Regeltext Manasymbole einer verbotenen Farbe führen. Es dürfen außerdem keine Länder enthalten sein, die einen Standardlandtypen tragen, der sie in die Lage versetzt, verbotenes Mana zu erzeugen. Wenn Mana einer Farbe, die außerhalb der Farbidentität seines Kommandeurs liegt, dem Manavorrat eines Spielers hinzugefügt würde, wird stattdessen so viel farbloses Mana hinzugefügt.

Auch dies ist lediglich eine Wiedergabe der Comprehensive Rules, inklusive des Nachteils einer umständlichen und des Vorteils einer wasserdichten Formulierung.

-7. Kommandeure im Spiel
 
Kommandeure beginnen das Spiel in der Kommandozone. Ein Kommandeur kann aus der Kommandozone heraus gewirkt werden und verhält sich dabei wie ein gewöhnlicher Kreaturenzauberspruch. Die Eigenschaft, Kommandeur eines Spielers zu sein, ist festgeschrieben und kann weder kopiert noch überschrieben werden und bleibt während aller Zonenwechsel, Kontrollübernahmen sowie Typen- und Statusveränderungen erhalten. Wenn ein Kommandeur von irgendwo in den Friedhof oder ins Exil gelegt würde, darf sein Besitzer ihn stattdessen in die Kommandozone legen. Den Kommandeur weitere Male aus der Kommandozone heraus zu wirken, verursacht zusätzliche Kosten, die bei jeder Wiederholung um steigen; also zusätzliche Kosten von fürs zweite Spielen, fürs dritte Spielen, fürs vierte Spielen und so weiter. Achtung: Die Legendenregel gilt auch für Kommandeure.

Das alte EDH hatte zwar einmal mit diversen Ausnahmen zur Legendenregel experimentiert, aber Wizards und der Community-Beirat haben sich entschieden, dies aufzugeben und die Legendenregel für Commander uneingeschränkt gelten zu lassen.

-8. Erlaubte Sets
 
Alle Karten mit einer normalen Rückseite, die keinen silbernen oder goldenen Rand haben, sind erlaubt.

Man könnte argumentieren, dass Wizards einen Fehler begangen haben, als sie die Portal- und Starter-Sets für alle Eternalformate zugelassen haben. Nichtsdestotrotz ist diese Entscheidung einmal gefällt und die meisten Spieler haben sich längst damit arrangiert. Eine Abkehr davon scheint zum jetzigen Zeitpunkt sinnlos.

-9. Verbotene Karten
 
Die folgenden Karten dürfen nicht gespielt werden:

Ancestral Recall
Balance
Bazaar of Baghdad
Black Lotus
Black Vise
Buried Alive
Chaos Orb
Demonic Tutor
Enlightened Tutor
Entomb
Falling Star
Fastbond
Gifts Ungiven
Goblin Recruiter
Grindstone
Hermit Druid
Imperial Seal
Intuition
Karakas
Library of Alexandria
Life from the Loam
Lion's Eye Diamond
Mana Crypt

Mana Drain
Mana Vault
Mind Twist
Mishra's Workshop
Mox Emerald
Mox Jet
Mox Pearl
Mox Ruby
Mox Sapphire
Mystical Tutor
Oath of Druids
Personal Tutor
Power Artifact
Protean Hulk
Sensei's Divining Top
Shahrazad
Skullclamp
Sol Ring
Strip Mine
Survival of the Fittest
Sylvan Tutor
Tainted Pact
The Tabernacle at Pendrell Vale

Time Vault
Timetwister
Time Walk
Tinker
Tolarian Academy
Umezawa's Jitte
Vampiric Tutor
Wheel of Fortune
Worldly Tutor
Yawgmoth's Will
Yawgmoth's Bargain

Ante-Karten:

Amulet of Quoz
Bronze Tablet
Contract from Below
Darkpact
Demonic Attorney
Jeweled Bird
Rebirth
Tempest Efreet
Timmerian Fiends


Es gibt Karten in Magic, die im Alleingang und/oder im Zusammenspiel mit anderen schlicht zu stark sind und der Idee eines fairen Wettkampfs grundlegendend widersprechen. Diese Liste ist zugegebenermaßen umfangreicher als die Verbotslisten anderer Highlanderformate, allerdings aus gutem Grund: Hauptaugenmerk soll auf den Kommandeuren liegen. Das Schlechteste, was passieren könnte, wäre, dass die Kommandeure von überstarken anderen Karten/Kombinationen überschattet werden. Deshalb wurden hier strengere Maßstäbe angesetzt, als vielleicht anderswo erforderlich sind.

-10. Verbotene Kommandeure
 
Bis auf Weiteres dürfen alle legendären Kreaturen als Kommandeure verwendet werden.

Das mag den einen oder anderen sicherlich überraschen und liegt zum Teil auch daran, dass einfach noch nicht ausreichend Informationen vorliegen, um eine Verbannung zu rechtfertigen. Rofellos, Llanowar Emissary war bereits seit Ewigkeiten im EDH als General verboten, doch Erfahrungen aus einem kompetitiven Umfeld fehlen völlig. Im EDH sollten Spieler nicht gezwungen sein, sich um einen 2-Drop kümmern zu können. Dass wettbewerbsorientierte Decks von einem 2/1er überfordert sein sollen, scheint indes mehr als fraglich. Zumal Rofellos ein einfarbig grünes Deck und obendrein eine äußerst spezifische Ausrichtung verlangt. Ihn kurzerhand mit teuren Spells und Fatties zu kombinieren und sich auf seinen Manaboost zu verlassen, klingt eher wie ein Rezept zur Niederlage als eine bannwürdige Strategie.


Vendilion Clique ist ein anderer Fall. Erste Praxistests lassen vermuten, dass es sich hierbei um einen verdammt mächtigen Kommandeur handeln könnte, gerade aufgrund der Kombination von Flash, niedrigen Manakosten, Battlefield-Trigger und Wiederverwendbarkeit. Letztlich fehlen aber auch hier aussagekräftige Ergebnisse, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.


Edric, Spymaster of Trest wiederum sieht bislang auf dem virtuellen Papier gefährlicher aus als auf der Pappe der Realität. Gefährlicher, wohlgemerkt, denn brokene Dinge tut er durchaus hin und wieder. Andererseits kann er als 3-Mana-Kreatur natürlich von einer Unmenge an Karten umgehend zurück in die Kommandozone befördert werden, während ein Deck, das voll darauf ausgerichtet ist, aus seiner Fähigkeit maximalen Profit zu schlagen, ohne ihn mit heruntergelassener Hose dasteht.

Vor allem diese drei stehen unter verschärfter Beobachtung. Ebenfalls im Gespräch waren zwischenzeitlich Erayo, Soratami Ascendant, Azusa, Lost but Seeking, Teferi, Mage of Zhalfir sowie ein paar weitere Legenden aus den Commander-Decks. Da es wenig Sinn ergibt, ausgerechnet das Alleinstellungsmerkmal eines neuen Formats von vornherein zu verkrüppeln, wurde auf Bannings verzichtet. Das mag sich als Fehler herausstellen und korrigiert werden müssen, aber vorläufig ist dies das Ergebnis der Risikoanalyse.

Lust auf Competitive Commander bekommen? Die erste Gelegenheit besteht am kommenden Samstag in Frankfurt und auch der Turnierplaner wird euch über anstehende Turniere auf dem Laufenden halten!
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