Man kann unbestritten behaupten, Legacy habe in den letzten Wochen und Monaten ein neues Gesicht bekommen. Ein
Vorzeichen hierfür ist allein die Tatsache, dass ein Deck den amerikanischen
Legacy-GP in Providence gewann, welches zwar
irgendwie Bant-Aggrokontrolle war, aber weder
Force of Will noch das volle Playset
Tarmogoyf spielte. Alte Favoriten werden mehr und mehr aus dem Meta verdrängt. Es ist ein spürbarer Ruck zu Standarddecks hin zu beobachten, der seine Bestätigung in den Standardbannings findet. Was im Standard zu unfair ist, hat sich im Legacy oft als gut genug erwiesen. Wenn man noch an seinen alten Vorstellungen hängt oder dank all der übersichtl
ichen, aber teils widersprüchl
ichen Daten nicht weiß, was denn nun ein gutes Deck ist, dem sei folgender Artikel ans Herz gelegt. Da man im Legacy ja nach wie vor eigentl
ich alles spielen kann, werde ich heute aber weniger auf spezifische Decks zu sprechen kommen. Stattdessen möchte ich die neuen Grundfesten des Formates ausloten.
Zenit und seine Lakaien
Ich kann mich erinnern, dass letztes Jahr noch darüber diskutiert wurde, warum
Tarmogoyf denn
nicht gebannt wird. Damals war er die Hausnummer: Die Karte die grundlegender Bestandteil der schnellen Beatdowndecks und konsistenten Aggrokontrolldecks war. Davor waren einmal
Nimble Mongoose,
Werebear und
Goblin Lackey Hausnummern. Wer mit solchen Karten nicht schnell genug umgehen kann, verliert.
Mittlerweile haben wir mit
Noble Hierarch und
Green Sun's Zenith neue Werkzeuge zur Beschleunigung und Konsistenz. Die kann man mit
Tarmogoyf wunderbar ausnutzen. Doch langsam kommt man im Legacy wieder zurück auf die Idee, Manabeschleunigung für stärkere Kreaturen auszunutzen. „The Rock“ zieht seinen Hut und lässt grüßen. Durch die veränderte Zusammensetzung der Counter, darauf gehe ich weiter unten noch ein, ist es nun oftmals besser, sich für drei Mana und mehr auszutappen und
Daze zu ignorieren, als mit
Tarmogoyf in die
Spell Snare zu rennen. Hierarch und gelegentl
ich auch mal ein Zenit auf
Dryad Arbor in Zug 1 machen es mögl
ich.
Knight of the Reliquary ist der natürl
iche Nachfolger für
Tarmogoyf in der Rang- und Hackordnung der Kreaturen und wird dementsprechend vermehrt gespielt. Meist betritt der das Spiel genauso schnell und ist ähnl
ich stark. Durch seine Fähigkeit ist der Knight auf lange Sicht aber ungleich stärker. Man muss noch nicht einmal unbedingt besondere Länder wie
Maze of Ith oder
Wasteland spielen. Die Kreatur selbst zu pumpen und dabei auch noch manabeschleunigend zu wirken, ist für drei Mana schon gut genug. So kann man sich auch mal ohne Landdrop mit Knight in einen Zenit auf den nächsten Knight in der Manakurve hocharbeiten.
Zwar bin ich ein langjähriger Freund von
Tarmogoyf, aber nun musste auch ich einsehen, dass die berühmte Goyfmathematik („Wer mehr hat gewinnt“) der Knightmathematik gewichen war. Der Lhur
goyf ist nicht direkt schlechter geworden und man kann damit auch immer noch einer Menge Decks Probleme bereiten, aber wenn Goyfs und Knights aufeinandertreffen, gewinnt eben ganz klar derjenige mit mehr Knights. Aber ist das jetzt eine neue Erkenntnis? Nein, natürl
ich nicht. Neu ist, dass es inzwischen mögl
ich ist, mehr Knights als
Tarmogoyf zu spielen und dafür weder ausgelacht zu werden noch ständig zu verlieren. Angesichts dessen ist
Rhox War Monk nun völlig aus der Mode gekommen.
Noch so ein Problem ist, dass
Tarmogoyf einfach nichts machen kann, außer anzugreifen, zu blocken und sich unzähligen Methoden der Vernichtung hinzugeben. Das war in der Vergangenheit schon ein Argument dafür, warum die
Future Sight-Rare nicht zu stark ist, nicht gebannt werden sollte. Der Grund, warum das Argument nun von der anderen Seite betrachtet wird, liegt an einem immer weiter ausfasernden Metagame. Es gibt „decks to beat“ im Legacy, aber es gibt eben auch das unüberschaubare Meer an „decks we just like to play“. Mit
Knight of the Reliquary, der Länder sucht, und
Green Sun's Zenith, der ebenjenen Knight, aber auch Artefakt- und Enchantmenthate (
Qasali Pridemage und andere), Graveyardhate (
Loaming Shaman und Scavenging Ooze), Counterhate (
Vexing Shusher), Combohate (
Gaddock Teeg) etc. suchen kann, ist man auf alles vorbereitet was einem an Decks entgegengeworfen wird.
Stoneforge Mystic und ihre Waffen
Eine weitere Hausnummer ist
Batterskull. Auf dem Papier erscheint er unglaubl
ich langsam und klobig. Selbst wenn man
Stoneforge Mystic im zweiten Zug legt, kann man erst im vierten mit
Batterskull zuschlagen. Warum solch ein Plan auch in Legacykontrolldecks seinen Platz findet, liegt nicht so sehr an der Offensivkraft von
Batterskull, sondern an seiner Defensivkraft. Ab Zug 3 kann man jede Runde mit einem 4/4er blocken (und angreifen) und der Mystic ist ja auch noch zum Verfeuern da. Eine solide Quelle für Lebenspunkte war schon immer ein Traum für Kontrolldecks, aber bis jetzt waren die meisten Lebensspender schl
icht zu schlecht. Bezeichnenderweise schafften
Kitchen Finks hier manchmal gerade noch den Sprung in Kontrolldecks, auch eine Kreatur, auch relativ zäh.
Zu allem Überdruss stört es nur kurzfristig, wenn der Token einmal das Zeitl
iche segnet.
Qasali Pridemage ist problematisch, wenn er früh kommt, aber später bindet er auch nur noch drei Mana.
Sword of Feast and Famine ist da leichter abzustellen, jedoch jenseits vom Extraschaden, den man damit austeilt, wegen seiner Fähigkeiten brandgefährl
ich. Bei
Sword of Body and Mind wurde ich für meinen Hinweis, dass Schutz vor Grün wirkl
ich zieml
ich gut ist, noch belächelt, heutzutage scheint das gesetzt zu sein. Enttappen und den Gegner abwerfen lassen sind ebenf
alls Dinge, die die Kontrolldecks, aber auch die neuen Beatdowndecks mit ihren hohen Manakurven gerne sehen. Wieder fällt auf, dass das Schwert eigentl
ich sehr defensiv wirkt. Man kann Problemkreaturen wie Knights blocken, hat häufiger Countermana auf und löst Probleme proaktiv durch den Discard.
Ob gerade dieses Schwert in Aggro(kontroll)decks gesetzt sein sollte, ist eine ganz andere Frage. Wenn man sich ein Deck wie GW-Beatdown anschaut, finde ich
Sword of Vengeance oder
Basilisk Collar oftmals sinnvoller. Vor allem Letzteres stellt sicher, dass das ganze eigene Kleingetier auch in der Defensive gut ist.
Umezawa's Jitte muss natürl
ich ebenf
alls genannt werden. Im Moment hat man im Meta aber einfach das Mana für teureres Equipment und will gegen starke Kreaturen gerüstet sein. Dennoch ist eine Jitte zumindest im Sideboard nie verkehrt.
Misstep und andere Fehltritte
Mental Misstep ist im Grunde für viele Metagameveränderungen verantw
ortl
ich, auch wenn die tatsächl
iche Wirkung der Karte wesentl
ich geringer ausfällt als der gefühlte Effekt. Mis
step und
Spell Snare bilden das perfekte Duo, um die ersten Züge unter Kontrolle zu halten. Will man sich also nicht alles wegcountern lassen, muss die Kurve höher gesetzt werden, womit wir wieder bei
Green Sun's Zenith und
Knight of the Reliquary wären.
Counterbalance scheint angesichts dieser Entwicklungen auch eher schlecht als recht zu funktionieren. Gegen
Spell Snare und frühen Druck will man selber Mis
step spielen, ebenso man braucht allerdings starke Dreier- und Viererslots. Ein Deck mit der richtigen Bal
ancekurve und dem richtigen Kartenmix zu bauen, erweist sich als zieml
ich schwierig. Selbst
Force of Will wird nicht mehr überall benötigt. Da mittlerweile auch nichtblaue Decks über viele Mögl
ichkeiten verfügen, direkt oder indirekt (zum Beispiel durch
Aven Mindcensor) Kartenvorteil zu erzielen, ist Kartennachteil zunehmend problematischer. Ganz ohne
Force of Will möchte man dann aber auch nicht dastehen und so gelange ich in letzter Zeit immer häufiger zu Listen, die die vierte Force ins Sideboard auslagern. Das macht vor allem vor dem Hintergrund der Pitchkartenverfügbarkeit Sinn. Es gibt im Moment dermaßen viele gute nichtblaue Karten, die man spielen möchte, dass man ein Playset Forces oft gar nicht mehr so gut unterstützen kann.
Letzter Counter im Bunde ist
Daze, das nun besser ist als es ohnehin schon immer war. Nicht nur sind die Durchschnittskosten von gespielten Karten gestiegen, sondern
Daze ist auch immun gegen
Mental Misstep und
Spell Snare.
Daze und Mis
step geben eine gute Kombination ab, da man eine frühe Kreatur vor dem ersten Removal bewahren kann und den Gegner daran hin
dert, ebenso schnell ins Spiel zu kommen. So kann man einen Vorteil ins Midgame mitnehmen. Doch dann müssen auch von einem selber die dicken Klötze kommen, sonst gerät man schnell wieder ins Hintertreffen.
Mental Misstep ist also überall, was zu einem nicht unwesentl
ichen Teil auch daran liegt, dass die Karte die beste Waffe gegen Mis
step selbst darstellt, die ja
jeder andere spielt. Leider zeigt sich die Umsetzung anderer Lösungen nur zögerl
ich.
Natural Order-RUG ist so ein Kandidat der selbst auf Mis
step setzt, aber dank Rot eben auch Zugriff auf
Red Elemental Blasts hat. Wer jetzt einwirft, dass man den ja mis
steppen kann, hat das Konzept der Mis
stepmathematik wohl nicht verstanden.
Chalice of the Void hingegen sieht man eher selten. Warum eigentl
ich? Ein neues Aggroloam mit Playsets von Knight und Zenit würde
Mental Misstep auch ohne liegende Chalice umgehen. Man selbst könnte wie früher gar kein Removal spielen, es über
Burning Wish holen oder sich schwarzem Removal zuwenden. Gegen Decks wie GW-Maverick sollten
Seismic Assault und
Devastating Dreams nicht allzu schlecht sein und über
Batterskull lacht das Deck der großen Kreaturen doch nur.
Auch aus Standard herübergeschwappt ist der Trend, viele
Jace, the Mind Sculptor zu spielen. Manchmal ein ausgemachter Schwachsinn, wie ich finde. Wenn man UW-Kontrolle spielt, dann sollten nicht vier
Jace, sondern nur zwei und zwei
Elspeth, Knight-Errant im Deck sein. Viele haben anscheinend vergessen, wie gut die Planeswalkerin ist.
Jace gewinnt Spiele, das ist unbestritten. Aber manchmal ist das ein zieml
ich langer
Krampf und manchmal zieht der Emojunge einem auch nichts.
Elspeth verteidigt oder baut immensen Druck auf. Gerade jetzt, da
Batterskull in Kontrolldecks zum Einsatz kommt, möchte ich damit gern für sieben fliegend vorbeikommen und ihn dann immer noch meine
Elspeth verteidigen sehen. Außerdem kann man
Elspeth gegen
Jace legen und grinsen, anstatt
Jace gegen
Jace zu legen und beiden Spielern den Friedhof um eine Menge Euro reicher zu machen.
Removal, Removal und Removal
Trotz
Mental Misstep hat sich am Removal nicht viel geändert. Die Alternative zu
Lightning Bolt und
Swords to Plowshares ist
Go for the Throat, das aber wiederrum von
Spell Snare erwischt werden kann. Deswegen diktieren, korrekterweise, weiterhin nur die möglichen Threats die Wahl des Removals und nicht die Counter. Burn hat hier nicht mehr so viel zu melden und kann immer nur in einem Deck gespielt werden, das auch noch hartes Removal spielt oder genügend Counter, wie
Natural Order-RUG. Wo man früher noch mithilfe von Burn Goyfs abtauschen konnte, ist dies mit Knights auf dem Tisch nun viel schwieriger.
Interessant ist allerdings, dass nicht ingesamt mehr Removal gespielt wird. Vier Sprüche im Maindeck und weitere im Sideboard ist der Standard heutzutage, aber in Zeiten von Decks, die entweder
Mental Misstep oder 20+ Kreaturen spielen, eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Hier ist auch
Green Sun's Zenith zu nennen, der es viel leichter macht, die für den Gegner schlimmste Kreatur auf den Tisch zu bekommen, da man eben die Kreatur selbst und den Zenit im Deck hat. Die Chance, einen seiner vier Removalspells dafür zu ziehen, bleibt hingegen gleich. Massremoval klingt da verlockend, doch wo
Firespout günstig genug, aber zu schwach ist, da ist
Wrath of God stark genug, aber zu teuer oder unhandlich. Das liegt daran, dass Kreaturendecks eben beschleunigen, sei es mit
Noble Hierarch oder
Aether Vial, und Kontrolldecks dies nicht tun. Desweiteren spielt Kontrolle ja nun selbst
Batterskull als elementaren Bestandteil. Lässt sich alles ohne Kartennachteil einfädeln, bis man jedoch einmal soweit ist, hat der Gegner schon wieder den Tisch vollgehustet. Früher war nach einem Wrath erst mal Ruhe im Karton, außer bei Goblins. Heute herrscht so ein Überschuss an guten grünen Kreaturen und Merfolk-Lords, ist
Batterskull so oft vertreten, dass ein
Wrath of God für vier Mana auch nicht mehr besonders wirkt. Ähnlich verhält es sich mit
Humility, die den
Batterskull-Keim sogar noch auf 5/5 bringt.
Auch Kreaturenklau beißt sich am Legacyarsenal die Zähne aus.
Vedalken Shackles nerven den
Batterskull, aber sind mäßig gegen Knights, während es beim
Sower of Temptation genau andersherum ist. Ich glaube der Schlüssel zu diesem Format liegt letztendlich nicht in den oben genannten Karten. Die spielt sowieso jeder in dem einen oder anderen Gerüst. Eher muss man seine Removalstrategie gründlich überdenken.
Was das proaktive Removal angeht, ist zuvorderst Discard zu nennen. Nach einem frühen
Stoneforge Mystic einfach die gesuchte „Kreatur“
Batterskull abwerfen zu lassen, klappt sogar per
Duress. Mit
Inquisition of Kozilek geht das zwar leider nicht, doch die anderen wichtigen Karten erwischt sie noch regelmäßig genug und ist eine gute Ergänzung zu
Duress oder
Thoughtseize. Desweiteren ist
Pithing Needle inzwischen so gut, dass man sie ohne Bedenken maindecken kann. Ja sicher, kein Removal, aber eine „removalähnliche Antwort“, um die deutsche Sprache mal maximal zu dehnen.
Aether Vial,
Knight of the Reliquary,
Wasteland,
Mishra's Factory,
Stoneforge Mystic und Equipment oder Planeswalker sind eigentlich in jedem Deck. Die Frage ist nur, wie sehr man sich damit selbst im Weg steht.
Auf
Swords to Plowshares und
Path to Exile will ich hier gar nicht so sehr eingehen. Lediglich auf den Fakt möchte ich verweisen, dass die Arguemente für das eine oder andere gar nicht mehr so wichtig sind wie die Frage, ob man nicht eher vier plus zwei anstatt nur ein Playset von einem maindeckt. Worauf ich viel eher aufmerksam machen möchte, ist das hervorragende Removal aus der schwarzen Schatzkiste:
Deathmark,
Perish und mit Abstrichen
Virtue's Ruin sehe ich quasi gar nicht im aktuellen Metagame vertreten, obwohl dieses doch gerade von grünen und weißen Kreaturen dominiert wird. Zudem kommt noch
Vindicate hinzu, mit dem man mit gutem Timing eben auch
Batterskull erwischt oder
Sword of Feast and Famine zerstört.
Dismember ist ein weiteres interessantes Removal in Schwarz, das bereits in Merfolklisten Einzug gefunden hat. Wo es also im Moment zwar Sinn ergibt, kein Rot zu spielen, würde ich empfehlen, wieder mehr auf Schwarz zu setzen.
Wie bereits zu Beginn angekündigt gab es heute keine Decklisten und auch nur wenige Andeutungen in diese Richtung. Kombodecks kann man ebenfalls schlecht anhand einzelner Karten besprechen. Versteht diesen Artikel bitte als eine erste grobe Einschätzung, die, soweit es meine Zeit erlaubt, demnächst durch konkretere Deckanalysen ergänzt wird. Bis dahin.