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Eternal
Pauper: Weiße Weihnacht
von Rüdiger Hesse
22.12.2009

In meinen letzten beiden Artikeln hatte ich einen ersten Überblick über das bisherige Metagame im Pauper-Format (auf Magic Online) gegeben (Link) und danach besprochen, wie das Metagame mit dem Erscheinen von Zendikar von den enorm stark gewordenen Goblindecks förmlich überrannt wurde (Link).

Doch, wie wir aus der Geschichte von Magic wissen, bleiben solche Kampagnen nicht lange unbeantwortet. Noch während die Ruinen der letzten niedergebrannten Dörfer und Städte rauchen und die letzten Toten begraben werden, formieren sich aus den Überlebenden neue Armeen, um der Horde entgegenzutreten. Spätestens seit Tivadar's Crusade ist allgemein bekannt, dass es nur eine Antwort auf die Goblingefahr geben kann – White Weenie!


Dies zeigt sich auch deutlich in den Ergebnissen der Premier-Events der letzten Wochen. Am 29. November waren noch fünf rote Decks in den Top 8 und nur eines war weiß. Von diesen fünf Decks waren vier Goblins und diese Goblindecks teilten sich die Plätze 1, 2, 3 und 5. Am 11. Dezember gab es bloß noch ein rotes Deck in den Top 8 und kein einziges Goblindeck. Dafür waren drei der acht Decks rein weiß und teilten sich die Plätze 1, 4, und 8.

Der Sieger des letzten Wochendes ist White Weenie in folgender Version:

deluxeicoff (1st Place)
Pauper Challenge #770308 on 12/11/2009


18 Plains
2 Secluded Steppe

2 Amrou Scout
4 Aven Riftwatcher
4 Benevolent Bodyguard
4 Crimson Acolyte
4 Kor Skyfisher
4 Razor Golem
4 Shade of Trokair
4 Soul Warden
3 Veteran Armorer

3 Journey to Nowhere
4 Unmake


3 Dust to Dust
3 Palace Guard
3 Prismatic Strands
2 Relic of Progenitus
4 Standard Bearer

Diese und weitere Karten gibt's bei:


(Es sollte erwähnt werden, dass der gleiche Spieler mit einer ähnlichen Version bereits in der Vorwoche den zweiten Platz belegt hatte.)

White Weenie basiert natürlich auf dem Prinzip von Tempo und Qualität im Gegenzug zu dem rein tempobasierten Goblindeck. Zudem zeichnet sich Weiß im Vintage-Pauper durch seine hohe Vielseitigkeit aus, welche in anderen Formaten längst nicht so sehr gegeben ist. Hier allerdings lässt sich ein weißes Sideboard mit Antworten gegen jedes andere Tier-1-Deck bestücken.

Im Gegensatz zu Goblins oder Sliver setzt White Weenie dabei wenig auf Synergien. Im weißen Deck sollten viele Kreaturen auch allein auf dem Tisch gefährlich werden können. Dies wird erreicht, indem sie entweder gute Werte oder Evasion haben. Diese Art von Qualität ist normalerweise ein Merkmal von Midrange-Decks, aber mit der Mehrzahl der Casting-Costs im Manabereich 1-2 und einer Kurve, welche im Prinzip bei vier abschließt, ist der Begriff Midrange nicht wirklich angebracht. Qualität für geringe Manakosten ist daher die absolute Stärke des Decks.

Die wichtigsten Karten


Der Kern des typischen weißen Decks sind Shade of Trokair und Razor Golem. Sie bieten das beste Preis-Leistungsverhältnis bei hohem Tempo. Weitere typische Kerntruppen sind Kor Skyfisher, Order of Leitbur oder Veteran Armorsmith (welcher ebenfalls gut mit dem Skyfisher harmoniert).

Relativ häufig werden diese beiden Finisher unterstützt von Benevolent Bodyguard, Veteran Armorer und Goldmeadow Harrier. Kleine Minikombos sind die klassische Amrou Scout/Aven Riftwatcher-Interaktion und Kor Skyfisher/Icatian Javelineers. Im Zuge des Erfolges von MBC im letzten Jahr und Goblins in diesem Jahr sind auch die beiden Acolyten (Crimson Acolyte und Obsidian Acolyte) sehr gern zumindest im Sideboard gesehen.

Weiterhin können Karten wie Soul Warden, Knight of Sursi, Soltari Trooper, Benalish Cavalry, Kinsbaile Skirmisher, Stormfront Pegasus, Mosquito Guard, Kjeldoran Outrider, Blade of the Sixth Pride oder auch Raise the Alarm interessante Optionen sein, dienen aber prinzipiell nur zum Füllen.


Order of Leitbur hat in den letzten Monaten sehr stark an Popularität verloren. Seit schwarze Decks standardmäßig Nausea im Sideboard auffahren, ist ein 2/1er leider nicht mehr die Topkarte, welche er früher einmal war. Im Allgemeinen gibt es inzwischen zu viele Antworten in den Tier-1-Decks, welche auf eine Toughness von 1 geradezu warten. Auch im Mirror können Icatian Javelineers einen Ritter ganz schnell gegen die nächste Wand nageln. Zusammen mit Order of Leitbur sind daher auch Soltari Trooper, Stormfront Pegasus oder Blade of the Sixth Pride in der jetzigen Saison nie mehr in die ersten Ränge aufgerückt, sondern spielten allerhöchstens die zweite Geige. Lediglich Amrou Scout entging diesem Schicksal.

Im Gegenzug möchte ich mich jedoch für den Veteran Armorsmith ins Zeug legen. Sicher, in etlichen weißen Decks findet man nicht mehr viele Soldaten, doch der Armorsmith hat immer noch sehr gute Grundwerte für seine zwei Mana. Die gute Zusammenarbeit mit Kor Skyfisher, Goldmeadow Harrier, Icatian Javelineers und nicht zu vergessen mit multiplen anderen Armorsmiths sind daher eher als Bonus, denn als Kernkompetenz zu verstehen.


Die Amrou Scout-Aven Riftwatcher-Kombo hat sich als bemerkenswert stark erwiesen. In älteren Decklisten hat man dazu sogar oft Momentary Blink oder Turn to Mist gespielt. (Ich habe damals auch gerne zu Whitemane Lion gegriffen.) All diese Karten harmonierten sehr gut mit dem Riftwatcher. Allerdings sind sie allesamt mit den Regeländerungen aus M10 erheblich schlechter geworden und werden daher kaum noch gespielt. Die Scout-Riftwatcher-Kombo ist jedoch geblieben und bildet heute eine der wichtigsten Grundlagen für die exzellenten Verteidigungskapazitäten des Decks. Mit vier oder mehr Mana auf dem Tisch sind zudem auch ein Shade of Trokair und ein Amrou Scout eine kleine Mini-Kombo. Der Shade erhält im Prinzip Evasion, aber man kann trotzdem nach Bedarf entscheiden, ob man lieber mehr Schaden durchbringt oder später die Boardpräsenz verbessert.

Ebenfalls in älteren Decklisten fand sich Martyr of Sands. Diese Karte wurde inzwischen vollständig verdrängt und der Slot vom Benevolent Bodyguard eingenommen. Die sehr hohe Flexibilität des Bodyguards, welcher sowohl Removal abwehren (bzw. umleiten), Kreaturen retten, als auch Evasion verleihen kann, sind einfach nicht zu ersetzen.

Neben den Qualitätskreaturen bietet Weiß natürlich auch einige der stärksten Spotremoval-Spells im Common-Slot. Unmake, Oblivion Ring und die neu hinzugekommene Journey to Nowhere erlauben eine hervorragende Phalanx an Antworten. Nach dem Sideboarden könnte man des Weiteren Sunlance, Exile, Gaze of Justice oder Holy Light erwägen. Auf den vielfältigen Artefakt-Hate komme ich noch später zu sprechen.

Die meisten Decks beinhalten zwischen 20 und 22 Manaquellen. Es gibt viele Experimente mit 18-20 Basic Plains und zwei bis vier anderen Manaquellen. Secluded Steppe, Kabira Crossroads oder auch Lotus Petal wurden bereits gesichtet. Ich denke, dass das Deck am besten mit 22 Basic Plains fährt. Man möchte schnell die drei Plains für Razor Golem legen und dank dem Shade hat man kein Problem, sich auch später über jedes nachgezogene Land zu freuen.

Gute und Schlechte Matchups


Am liebsten möchte White Weenie natürlich gegen Goblins gelost werden. Auch gegen Sliver, Elfendecks und Aggrodecks im Allgemeinen hat White Weenie in der Regel den decktechnischen Vorteil. White Weenie kann den Kreaturensturm am Boden sehr schnell aufhalten und dann selbst mit einem Shade oder Skyfisher in die Offensive gehen.

Ein anderes der besseren Matchups ist Storm-Kombo. Das erste Spiel wird dann noch stark vom Zufall bestimmt werden, aber ab dem zweitem Spiel hat Weiß einfach die besten Sideboardoptionen gegen Storm, auf welche ich später noch zu sprechen komme.

Mit Obsidian Acolyte hat White Weenie eine starke Karte gegen Mono-Black Control, allerdings kann auch dieser von Nausea vom Tisch geräumt werden. Ebenso macht der allgemeine Verzicht auf Order of Leitbur dieses Matchup nicht mehr ganz so vorteilhaft wie noch in der letzten Saison. Im Prinzip kann White Weenie seine Hand recht schnell leer spielen, aber leider wird es trotzdem zu schmerzlichen Verlusten kommen, denn im Prinzip kann MBC ähnlich schnell die gegnerische Hand attackieren.

Jede Art von Controldeck wird immer ein schwieriges Matchup bleiben. Dadurch, dass White Weenie zugunsten der Verteidigung zum Teil auf Offensivkräfte verzichtet, hat es oft nicht mehr genug Tempo, um den Control-Spieler in den ersten vier bis fünf Zügen zu überrennen. Aufgrund des hohen Manaanteils zieht man auch nicht zwangsläufig Topkarten nach. Zudem ist das Removal nicht ganz so flexibel wie z.B. ein Burnspell. Zumindest gegen Controldecks, welche auf Graveyard-Manipulation setzen (z.B. grün-schwarze Dredge-Verschnitte), hat White Wheenie mächtige Waffen. Controldecks, welche Blau integrieren, ob MBCu, Mystical Teachings oder die neuen rot-blauen und blau-weißen Experimente, aber auch Affinity können eine ganz andere Geschichte sein.

Das Sideboard


Drei- bis vierfacher Artefakt-Hate ist in vielen Sideboards gesetzt. Das liegt meiner Meinung nach weniger darin begründet, dass White Weenie viel Respekt vor artefaktbasierten Decks haben muss, sondern darin, dass einfach sehr gute Optionen zur Verfügung stehen. Mit Dust to Dust und Kor Sanctifiers ist es sehr unwahrscheinlich nach dem Sideboarden das Match noch zu verlieren. Komplett verzichten kann man auf besonderen Enchantment-Hate, denn es gibt keine gefährlichen Verzauberungen in den anderen Top-Decks. Dredge spielt zwar Tortured Existence, aber Dredge ist bisher kein Tier-1-Deck.

Ebenso typisch sind die schon erwähnten Crimson Acolyte und Obsidian Acolyte gegen alle Formen von roten und schwarzen Decks. Gegen rote Decks habe ich aber schon andere Karten gesehen, z.B. Cliff Threader, Freewind Falcon oder gar Knights of Thorn! Ich halte das für eine überzogene Reaktion und denke, dass eine Kombination aus Crimson Acolyte und Prismatic Strands wirklich gegen jede Art von rotbasierten Decks ausreichende Antworten liefert. Gegen Storm sollte man boarden, und zwar Prismatic Strands und am besten noch Benevolent Unicorn.


Einige Decks wollen sich mithilfe von Holy Light gegen Spielsteine (z.B. aus Empty the Warrens) absichern. In Hinblick auf die jeweiligen Gegenmaßnahmen besteht allerdings kaum ein fundamentaler Unterschied zwischen Goblin-Storm-Decks und dem Goblindeck. Daher würde ich argumentieren, dass der Sideboard-Plan gegen die rote Horde nicht noch extra gegen die Storm-Variante modifiziert werden muss. Ich habe zwar durchaus Spiele gesehen, in denen Storm in der zweiten Runde 20 Goblins auf den Tisch gelegt hat, aber solche Situationen sind selten, und als ich die Situation später analysierte, da habe ich erkannt, dass Prismatic Strands mir gleichermaßen geholfen hätten. Ich hatte bereits drei Kreaturen auf dem Feld und hätte seine Armee entsprechend schnell dezimieren können.

Überhaupt ist Prismatic Strands generell eine hervorragende Karte gegen alle Aggrodecks und kann auch ein schlecht verlaufenes Spiel in einer einzigen Runde komplett herumreißen.

Mir ist ebenfalls aufgefallen, dass viele Spieler das Mirror ignorieren. In zahlreichen Decklisten finden sich keine Oblivion Ring mehr, weder im Maindeck noch im Sideboard. Das halte ich für eine kontroverse Entscheidung und ich würde empfehlen, zumindest im Sideboard vier Stück unterzubringen.

Andere White-Weenie-Varianten


Eine andere Variante von White Weenie kam mit dem Erscheinen von M10 kurzzeitig in Mode. Natürlich rufen Karten wie Veteran Swordsmith, Veteran Armorsmith, Kor Skyfisher, Icatian Javelineers usw. geradezu nach einem Soldatendeck. Die letzte Version, welche im November die Top 8 erreicht hatte, sah so aus:

guile_gi (4th Place)
Pauper Challenge #687676 on 11/14/2009


2 Kabira Crossroads
17 Plains

2 Akrasan Squire
4 Goldmeadow Harrier
4 Icatian Javelineers
4 Kor Hookmaster
2 Kor Sanctifiers
4 Kor Skyfisher
4 Mosquito Guard
3 Stormfront Pegasus
4 Veteran Armorsmith
4 Veteran Swordsmith

4 Journey to Nowhere
2 Pacifism


2 Aven Squire
4 Cliff Threader
2 Kor Sanctifiers
2 Pacifism
4 Soul Warden
1 Stormfront Pegasus

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Ich habe lange mit Soldiers experimentiert, aber ich kam einfach nicht auf zuverlässig hohe Gewinnquoten. Je nachdem wie man es ausrichtet, spielt sich das Deck ein wenig wie ein Goblindeck in weiss. Doch leider kann es nicht dasselbe Tempo erreichen, selbst wenn man versucht, mit Lotus Petal, Raise the Alarm etc. möglichst viel Tempo zu verbauen. Umgekehrt fehlt ihm zum Teil die Defensive und die Veteranen werden schnell zu toten Karten, wenn die anderen Soldaten den Einzug ins Nirwana finden.

Daher habe ich wieder Abstand von diesem Deck genommen. Für Tribal-Pauper bleibt es jedoch sicherlich eine interessante Option. Außerdem lässt diese Variante die nostalgischen Gefühle wieder aufleben, denn sie erinnert mich stark an jene ersten White-Weenie-Decks mit Rittern und Crusade, irgendwann aus der Zeit, als Magic noch jung war.

Damit möchte ich diesen Artikel beenden und hoffe, dass ich wieder ein paar Anregungen geben konnte. Fröhliche Weihnachten und hoffentlich: Viel Spaß für wenig Geld!




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