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Pauper: Die erste Saison, eine Erfolgsgeschichte
von Rüdiger Hesse
19.11.2009

Pauper, das ist ein Format, von dem viele vielleicht schon etwas gehört haben, aber das wenige richtig kennen. Pauper, das ist auch eine Erfolgsgeschichte, die relativ unbekannt ist. Last but not least, Pauper, das ist „Viel Spaß für wenig Geld“.

Ich möchte heute aber keinen Grundlagenartikel schreiben, das wurde bereits hier und hier ausführlich getan. Nein, die Grundlagen sind bekannt und daher möchte ich jetzt aus der realen Pauperszene auf Magic Online berichten.


Pauper war eine Fan-Initiative, welche über die Jahre stetig gewachsen ist und sich in Ligen über eine unabhängige Website organisiert hatte. Nach jahrelanger Lobbyarbeit hatten Wizards im letzten Jahr endlich zugestimmt, Pauper auf Magic Online mit Queues, Events und Preisen zu unterstützen und damit wurde es von einer fixen Idee zu einem offiziell anerkannten Format: eine echte Erfolgsgeschichte.

Wenn man heute in die Queues geht, dann feuert alle fünf Minuten eine 2-Spieler-Runde. Es gibt regelmäßige Premier-Events (einmal wöchentlich), und auch wenn man einfach nur Casual spielen will, hat man alle Möglichkeiten. Heutzutage kann man sich zu jeder Tages- (und Nacht-) Zeit in beiden Casual-Räumen („Casual“ und „Tournament Practice“) einfinden und wird immer innerhalb von einer Minute einen Gegner finden. Das war nicht immer so... Anfang des Jahres musste man noch erheblich länger auf seinen Spielspaß warten und die Gegner hatten oft eher „lustige“ Decks. Auch das hat sich geändert...

Das Pauper-Format online ist Pauper-Classic, d.h. alle Karten, welche dort jemals als Commons erschienen sind, sind zugelassen (mit Ausnahme einer verbotenen Karte: Cranial Plating). Dieser Kartenpool ist inzwischen sehr, sehr groß geworden, und mit ihm sind auch die Decks ihren Kinderschuhen entwachsen. Aggrodecks knacken im Goldfischtest konstant die vierte Runde. Kombodecks schaffen auch Runde 3 (sind allerdings unkonstanter) und Controldecks haben in der Regel bis zum dritten Zug ihre zum Teil recht ambitionierte Manabasis gefixt, den ersten Card-Draw oder Browse-Effekt durchgezogen und Antworten auf den Tisch gelegt.

Das Format ist sehr vielschichtig. Die Anfangszeiten, in denen Affinity das Deck to beat war, sind inzwischen Geschichte. Affinity spielt immer noch mit, aber es konkurriert um die ersten Plätze mit Mono-Black-Control (Discard und Massremoval), Storm-Kombo, White Weenie, Sliver-Aggro-Decks, Blightning-Control-Decks, Utility-Decks (Enter-the-Battlefield-Effekte), Mono-Green-Elfendecks oder dem neuen Star: Mono-Red-Goblins. Gerade die neue Edition Zendikar hat dem Goblin-Deck mit Goblin Bushwhacker eine gehörige Portion Geschwindigkeit verliehen, aber dieses Thema ist noch nicht abgeschlossen und bedürfte eines eigenen Artikels.

Stattdessen möchte ich jetzt exemplarisch ein paar Decks kurz vorstellen, die während der ersten Saison (seit Januar bis zum jetzigen Erscheinen von Zendikar) in ihrer Kategorie am erfolgreichsten waren. Dadurch bekommen wir einen ungefähren Überblick, und vielleicht wird so der ein oder andere inspiriert, ebenfalls sein Glück in diesem Format zu suchen.

Control-Decks


Ursprünglich waren Kontrolldecks vor allem schwarz und spielten im Maindeck die ganze Phalanx aus Duress und/oder Distress, Ravenous Rats und/oder Chittering Rats, Corrupt und/oder Tendrils of Corruption zusammen mit dem wichtigen Massremoval Crypt Rats. Decklisten wie diese konnte man noch bis Sommer ausschließlich finden.

MBC – Mono-Black Control

2 Barren Moor
1 Mountain
17 Swamp
4 Terramorphic Expanse

4 Chittering Rats
4 Crypt Rats
4 Phyrexian Rager
2 Twisted Abomination
2 Warren Pilferers

2 Corrupt
4 Diabolic Edict
1 Grim Harvest
3 Innocent Blood
4 Sign in Blood
3 Strangling Soot
3 Tendrils of Corruption


1 Doom Blade
4 Duress
4 Nausea
2 Okiba-Gang Shinobi
1 Strangling Soot
3 Unburden

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Im Sideboard ist besonders auf Nausea hinzuweisen. Nausea hilft nicht nur gegen Token-Decks oder Elfen- und Goblin-Horden, sondern es räumt auch Order of Leitbur ab. White Weenie ist normalerweise der Erzfeind von MBC, daher ist Nausea natürlich mehr als willkommen.

Gegenwärtig verändert sich dieses Deck ganz gewaltig. Mit Sign in Blood wurde Card-Draw integriert, und als die Idee einmal da war, haben auch viele Leute weitergedacht und experimentieren jetzt zunehmend mit einem Blau-Splash. Allgemein hat Blau erheblich an Popularität gewonnen und inzwischen kommen deren Vertreter oft in die Top 8 (z.B. bei den PDC-Turnieren). Dieses Deck und ein identisches belegten beispielsweise am 1. November den zweiten und dritten Platz.


4 Dimir Aqueduct
2 Esper Panorama
7 Island
1 Plains
6 Swamp
4 Terramorphic Expanse

4 Chittering Rats
4 Mulldrifter
2 Ninja of the Deep Hours
3 Ravenous Rats
4 Agony Warp
4 Brainstorm
4 Counterspell
2 Diabolic Edict
1 Exclude
1 Grim Harvest
1 Momentary Blink
4 Mystical Teachings
2 Soul Manipulation


4 Duress
2 Echoing Decay
3 Hydroblast
1 Momentary Blink
2 Relic of Progenitus
3 Wail of the Nim

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Nichtsdestotrotz sind auch neue Versionen des reinen MBC weiterhin sehr erfolgreich.

Kombo-Decks

Storm-Kombo

Das Storm-Kombo-Deck ist eines der mächtigsten, aber auch gleichzeitig schwierigsten Decks im Pauper. Die Grundidee ist natürlich bestechend. Wir ziehen uns mit diversen Spells solange durch unsere Bibliothek, bis wir einen tödlichen Grapeshot für 20 spielen können.


4 Grapeshot
4 Chromatic Sphere
4 Chromatic Star
4 Lotus Petal
4 Rite of Flame
4 Dark Ritual
4 Manamorphose
4 Cabal Ritual
4 Words of Wisdom
4 Ideas Unbound
3 Compulsive Research
2 Shred Memory
1 Flaring Pain

4 Ancient Spring
4 Irrigation Ditch
4 Sulfur Vent
2 Island


3 Pyroblast
4 Deep Analysis
3 Early Frost
2 Echoing Truth
1 Shred Memory
2 Empty the Warrens

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Jedoch gerade bei unerfahrenen Spielern fizzlet die Aneinanderreihung von Zaubersprüchen sehr oft und am Ende stehen sie mit leerer Hand und einem Gegner auf fünf Leben da, der sie ohne Gegenwehr überrennen kann. Anfänger, welche diese Kombo probieren wollen, ersetzen daher oft den Grapeshot mit Empty the Warrens, welcher ihnen zumindest etwas zum Spielen auf den Tisch legt, selbst wenn die Spells früher als erwartet ausgehen.


Erfahrene Spieler werden die Finger von Empty the Warrens lassen. Es gibt zu viele Anworten, welche mit einer Horde von 1/1-Kreaturen spielend fertig werden. Von Nausea, über Holy Light bis Tremor hat fast jede Farbe ihre Hate-Karten. Schwierig ist auch das Sideboarden und alles in allem braucht man eine lange Zeit im Solitaire-Modus, bis man die Kombo einigermaßen beherrscht, und dann noch mehr Spielpraxis, um sich flexibel auf die jeweiligen Gegner einzustellen.

Im April machte eine modifizierte Variante die Runde (Sugar and Splice):


3 Forest
8 Island
4 Simic Growth Chamber
4 Terramorphic Expanse

4 Brainstorm
4 Dawn's Reflection
4 Deep Analysis
4 Fertile Ground
2 Grapeshot
4 Ideas Unbound
3 Moment's Peace
4 Peer Through Depths
4 Ponder
4 Psychic Puppetry
4 Reach Through Mists


2 Echoing Truth
1 Flaring Pain
4 Gigadrowse
1 Moment's Peace
4 Muddle the Mixture
1 Eye of Nowhere
2 Counterspell

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Die Idee hinter dieser Variante ist, dass die ursprüngliche Kombo oft am falschen Mana oder ungenügenden Card-Draw scheiterte. Auf dem Papier sieht diese Variante gut aus und behebt die genannten Probleme elegant, indem ein mit multiplen Fertile Ground und/oder Dawn's Reflection verzaubertes Land (idealerweise Simic Growth Chamber) wiederholt über gesplicete Psychic Puppetry enttappt wird. Aber ich habe noch wenig über die Erfolge gehört. Daher ist es interessant, diese Variante zu beobachten, doch zum Einstieg sollte man das erprobte Original wählen.

Aggro-Decks

Eigentlich müsste ich jetzt über White Weenie oder Goblins reden, denn mit diesen habe ich die meiste Erfahrung. Jedoch war gerade zu Beginn der Saison ein anderes Aggro-Deck erheblich populärer und wurde sogar als broken angesehen...

Affinity

Ein typisches Affinity-Deck sah noch Anfang des Jahres in etwa so aus:


4 Chromatic Star
2 Chromatic Sphere
3 Springleaf Drum
2 Pyrite Spellbomb
4 Thoughtcast
4 Rush of Knowledge

4 Glaze Fiend
4 Frogmite
4 Myr Enforcer
2 Somber Hoverguard
2 Quicksilver Behemoth

4 Lotus Petal
4 Pentad Prism
1 Ancient Den
4 Seat of the Synod
4 Tree of Tales
4 Great Furnace
4 Vault of Whispers


4 Krark-Clan Shaman
3 Hydroblast
4 Pyroblast
4 Ancient Grudge

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Man mag sich durchaus fragen, was an dem Deck so gefährlich gewesen sein soll, dass Cranial Plating als einzige Karte gebannt ist und dass man sogar darüber nachdachte, Artefaktländer zu restricten. Jemand, der das Deck nur auf dem Papier sieht, denkt wahrscheinlich, dass es natürlich die Kreaturen sind, welche ja bei stetem Landfluss immer billiger werden. Riiight... Im Pauper-Classic-Format bekommt man für zwei Mana Mogg Flunkies, Wild Mongrel, Kor Skyfisher, Muscle Sliver usw. In so einem Format sind 2/2- oder 4/4-Vanilla-Kreaturen, welche man mit Glück in Runde 2 oder 3 auspielen kann, natürlich die absoluten Gamebreaker.

Nein, es gab/gibt genau einen Grund, Affinity in die Hand zu nehmen, und dieser Grund heißt Rush of Knowledge. Mit einem Myr Enforcer auf dem Tisch ist diese Karte der brutalstmögliche Card-Draw, den das gesamte Format vorzuweisen hat, und ja, das ist tatsächlich ein Gamebreaker.


Aber in dieser Form ist das Deck Geschichte. 2/2- und 4/4-Vanilla-Kreaturen sind nun einmal genau das, 2/2- und 4/4-Vanilla-Kreaturen, und jedes Deck, welches heutzutage überhaupt mitspielen möchte, hat gar kein Problem, solche Sachen vom Tisch zu räumen. D.h. der brutalstmögliche Rush of Knowlegde wird vielleicht plötzlich zu einem bescheidenen Gush oder findet unter Umständen gar keine eigenen Permanents mehr auf dem Board.

Daher hat sich dieses Deck sehr stark gewandelt. Ich möchte auf Krark-Clan Shaman im Sideboard hinweisen, der dem Deck natürlich in Verbindung mit Disciple of Vault plötzlich eine ganz neue Qualität gibt. Diese Kombo ist nun durchaus in der Lage, wieder oben mitzuspielen, und folgende Variante schafft es öfters in die Top 8 von Turnieren:


1 Ancient Den
3 Darksteel Citadel
4 Great Furnace
4 Seat of the Synod
4 Vault of Whispers

4 Disciple of the Vault
4 Frogmite
3 Glaze Fiend
4 Krark-Clan Shaman
4 Myr Enforcer
3 Somber Hoverguard

4 Chromatic Sphere
4 Chromatic Star
1 Echoing Truth
4 Ponder
2 Rush of Knowledge
3 Springleaf Drum
4 Thoughtcast


4 Benevolent Unicorn
2 Echoing Truth
3 Gorilla Shaman
3 Hydroblast
3 Pyroblast

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Wenn man jedoch wirklich nur betrachten will, welche Decks in der letzten Saison am beliebtesten waren, dann kommt man schwerlich um die kleinen insektenähnlichen Biester herum, die alle diesen merkwürdigen Hang zum Hive-Bewusstsein haben.

GW-Sliver

Die grün-weißen Sliver wurden populär, seit sie auf der Wizards-Homepage als typisches Pauper-Einstiegsdeck angepriesen wurden. Das Deck basiert auf der exzellenten Zusammenarbeit zwischen Muscle Sliver, Sinew Sliver, Sidewinder Sliver und Virulent Sliver. Man interessiert sich wenig für die eigene Verteidigung, sondern beschenkt den Gegner in kürzester Zeit mit 20 Schadenspunkten oder zehn Giftmarken.


Neuere Versionen sehen in etwa so aus:


7 Forest
8 Plains
2 Secluded Steppe
2 Selesnya Sanctuary
1 Tranquil Thicket

4 Muscle Sliver
4 Plated Sliver
4 Sidewinder Sliver
4 Sinew Sliver
4 Spinneret Sliver
4 Virulent Sliver

1 Cenn's Enlistment
4 Lotus Petal
4 Oblivion Ring
4 Temporal Isolation
3 Thrill of the Hunt


3 Circle of Protection: Black
2 Hallow
3 Holy Light
4 Obsidian Acolyte
3 Prismatic Strands

Diese und weitere Karten gibt's bei:


Man sieht, dass sich das Deck sehr anfängerfreundlich spielt. Man legt die kleinen Biester auf den Tisch und sieht (wenn alles gut geht) den Gegner (virtuell) zusammenschieben.

Ein Blick ins Sideboard zeigt uns jedoch, dass das Deck sehr viel Respekt vor Mono-Black-Control hat. MBC stellt in der Tat das vielleicht schwierigste Matchup für Sliver dar. Dank billigem Spot-Removal und Disruption kann MBC ein Sliver-Deck oft lange genug hinhalten, um die vernichtenden Crypt Rats auf den Tisch zu legen – im Gegensatz zu allen anderen Formaten sind Crypt Rats DAS Massremoval im Pauper. Doch es gibt ja ab dem zweiten Spiel entsprechende Antworten: Prismatic Strands, welche zugleich die beste Sideboardkarte gegen Storm und Goblins darstellen.

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Sliver gerne und viel gespielt werden, und jedes Deck sollte sich gut überlegen, ob es genügend Insektenspray im Gepäck hat, um kein Autoloss zu riskieren.



Ich hoffe, dass dieser kleine Überblick über die letzte Saison im Pauper auf Magic Online unterhaltsam und informativ war, und bei Interesse würde ich vielleicht in der Zukunft auch darauf eingehen, inwiefern und wie stark das Erscheinen von Zendikar das Pauper-Metagame verändert hat. Die vorgestellten Decks sind zwar immer noch Top-8-Kanditaten, aber es gibt, wie erwähnt, inzwischen neue starke Konkurrenten, welche man kennen und gegen die man sich wappnen sollte.

Ansonsten wünsche ich allen jetzigen (und zukünftigen) Pauper-Fans weiterhin viel Spaß für wenig Geld!

Viele Grüße
Rüdiger Hesse




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