Inzwischen habe auch ich erste Erfahrungen mit
Scars of Mirrodin gesammelt. Leider waren sowohl Sealed Deck als auch meine Draftgehversuche bisher mit ernüchternden Ergebnissen gesegnet. Da ich aber bei neuen Sets grundsätzlich erst einmal schlecht bin, muss das nichts heißen. Zu Anfang gefiel mir beinahe jedes Format wenig, egal ob
Shards of Alara,
Zendikar,
Rise of the Eldrazi oder
M11, und gegen Ende habe ich alle diese Draftumgebungen geliebt! Im Gegensatz zu den meisten
Magic-Spielern mag ich es nicht besonders, neue Limitedformate zu erforschen, sondern spiele lieber solche, in denen ich alle Tricks bereits kenne und nur anzuwenden brauche. Worauf alles hinausläuft: Ich mag keine Formate, in denen ich verliere.
Doch in nächster Zeit werde ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und mich so lange verhauen lassen, bis ich etwas Sinnvolles über
Scars-Limited schreiben kann. Wer das Format nicht beherrscht, wird schließlich zumindest im Main Event des
Grand Prix Bochum nicht allzu viel Spaß haben. So ein Grand Prix bietet natürlich noch eine Vielzahl an Public Events und sonstigen Attraktionen, mit denen man sich die Zeit vertreiben kann; wie man aber auch auf anderen
Magic-Turnieren kreativ und kostenlos Spaß haben kann, beispielsweise bei einem frühzeitigen Drop oder einfach zwischen den Runden, darum geht es heute.
Das Land-Game
In vielen Regionen Deutschlands (und vermutlich überall anders) haben sich bereits diverse Minispiele etabliert, die man mit einem Stapel nutzloser Standardländer spielen kann. Letztens habe ich noch irgendwo etwas über eine Variante gelesen, bei der das Ziel ist, zuerst Domain zu legen. Jedes Land kann entweder als Land (hier über den Stack, damit man es auch countern kann) oder eben als ein bestimmter Spell gespielt werden. Das hörte sich sehr interessant an.
Auch bei uns hat sich ein Land-Game herausgebildet, welches mit seiner strategischen Komponente für Kurzweil sorgen kann.
Jedem Standardland wird dabei ein Spruch zugeteilt. Ziel des Spiels ist es, den Gegner von seinen zehn Lebenspunken auf null zu bringen. Man beginnt ohne Handkarten und zieht von einem gemeinsamen Stapel. Man kann frei entscheiden, was man mit seinen gezogenen Karten anstellen will; entweder man legt sie als Land oder man spielt den entsprechenden Spruch. Die Zuordnung, die wir ausgewählt haben, ist zwar keinesf
alls verbindlich, aber sehr interaktiv. In unterschiedlichen Metagames sind unterschiedliche Strategien stark. Ein „Metagame“ ist in diesem Fall
natürlich nichts anderes als die Verteilung der Landtypen in dem zufällig gegriffenen Landstapel.
|
Plains/Knight of the Skyward Eye: Dieser kleine Mann bringt vor allem durch seine strategisch wertvolle Pumpfähigkeit viel Interaktivität ins Spiel.
|
|
Island/Evasive Action: Ein Counter, den man potenziell umspielen kann, bietet für beide Seiten interessante Entscheidungen.
|
|
Swamp/Phyrexian Rager: Eine Möglichkeit, Kartenvorteil zu erzeugen. Sein Body kann allerdings durch die Pumpfähigkeit des Ritters leicht zum Chumpblocker degradiert werden, was den Kartenvorteil ausgleicht, aber einen Tempoverlust zur Folge hat. Auch der eine Lebenspunktverlust passt gut in das 10-Leben-Konzept, denn der nächste Kandidat heißt …
|
|
Mountain/Incinerate: Sowohl auf Kreaturen als auch auf des Gegners Kopf ist der rote Instant sein Mana wert.
|
|
Forest/Eternal Witness: Die langsamste Karte im Format, weil sie eben zwei grüne Manaquellen benötigt, ist gleichzeitig auch die mächtigste, vor allem wenn man sich in eine Eternal Witness-Kette reinziehen kann.
|
Diese fünf Karten bieten eine unglaubliche Fülle an Interaktion, wobei die Stärke jeder einzelnen eben von der Standardlandverteilung im Stapel abhängt. Während
Eternal Witness im langsamen Metagame mit viel
Evasive Action und
Phyrexian Rager glänzt, ist sie im fast monoroten Metagame so ziemlich das Letzte, was man braucht.
Interessant ist, dass mit diesen Karten auch die sogenannte Grundschule der
Magic-Skills abgefragt wird. Einzuschätzen, wann man sich in der defensiven Rolle oder der des Aggressors befindet, ist ebenso wichtig wie zu wissen, wann man auf Karten- oder Tempovorteil setzen muss. Die Pumpfähigkeit des Ritters in Anbetracht eines drohenden schadenbasierten Removals richtig einzusetzen (oder umgekehrt) oder einen Gegenz
auber zu umspielen, gehört zu den absoluten Grundlagen. Auch die Entscheidung darüber, wie viele Landdrops man ausnutzt und ab wann man nur noch Sprüche auf der Hand haben möchte, hängt von existenziellem
Magic-Verständnis ab. Ich würde jedem empfehlen, sich einmal die ein oder andere Partie mit einem zufälligen Stapel und Gegner zu geben und dann selbst zu urteilen, ob man wirklich alle „Basics“ draufhat.
„Haufen“
Für dieses Spiel braucht ihr nicht einen Stapel voller Standardländer, sondern einen Stapel
ohne Standardländer. Gerade auf Sealed-Deck-Turnieren lassen sich solche Haufen relativ schnell auftreiben oder zusammenschrauben. So haben die Karten meistens eine Affinität dazu, alle aus einem Block zu stammen, aber genauso lassen sich auch verschiedene Formateinteilungen vornehmen.
Das Spiel mutet zunächst blöde an. Man hat einen riesengroßen Stapel vor sich, unendlich Länder jedes Standardlandtyps virtuell im Spiel und man beginnt ohne Handkarten. Danach wird von oben gezogen und die zehn Lebenspunkte des Gegners werden dezimiert. Da Einzelkartenstärke in einem Stapel stark variiert, ist man oft ziemlich wehrlos und mit dem Strategiespiel
Magic: The Gathering hat das
Gemetzel herzlich wenig zu tun.
Die Finesse ist eine andere: Der Spieler, der ein Spiel gewinnt, bekommt alle Karten im Friedhof, im Spiel und auf der Hand beider Spieler. Dieser gewonnene Stapel an Einzelkarten stellt so gesehen eine Punktzahl dar. Ein Spiel, in dem man erste Runde
Ulamog's Crusher hinklatscht, der den Gegner in zwei Runden einstampft, gibt in etwa vier Punkte, ein Spiel dagegen, welches zwischenzeitlich auf einem gestallten Board stattfindet und irgendwann durch einen All-in-Angriff plus
Lava Axe knapp entschieden wird, gibt in etwa 40 Punkte. Das eigentliche Spiel „Haufen“ endet schließlich dann, wenn der Haufen keine weitere Karte mehr ausspuckt und das Spiel on Board, ohne einen Drawstep durchzuführen, nicht mehr entschieden werden kann. Karten, die keinem Spieler als Siegpunkte angerechnet werden können, werden beiseitegelegt und der Spieler mit mehr erwirtschafteten Siepunkten hat das Haufenduell gewonnen.
Die Komponente mit den Siegpunkten führt unweigerich zur nächsten strategischen Frage: Wann gebe ich auf? Gegen einen
Ulamog's Crusher (wir besitzen zwar virtuelle Standardländer, dürfen sie aber nicht für Annihilator opfern; das wäre einfach zu uncool) spiele ich wirklich nur sehr selten weiter. Genauso sollte man sich überlegen, einfach aufzugeben, wenn der Gegner im Begriff ist, ein paar Extrakarten zu ziehen, denn das raist den Stack und erhört seine Siegchancen kolossal.
Die Möglichkeit aufzugeben führt wiederum dazu, dass es clever ist, starke Einzelkarten zurückzuhalten, da immer die Gefahr besteht, dass der Gegner sofort aufgibt und man aus der starken Karte nur wenige Siegpunkte herausgeholt hat. Also hält man sie zurück. Nun aber steigt die Stärke von Countern oder Discard-Effekten … oder vielleicht denken beide Spieler dasselbe? Die Mindgame-Spirale dreht sich unweigerlich.
Ein paar Klauseln gibt es trotzdem um die Spielbarkeit zu steigern:
1) |
Kein Spieler kann eine Kreatur spielen, bevor sein dritter Zug beginnt.
|
2) |
Die Exilzone existiert nicht. Karten, die ins Exil geschickt würden, werden zurück in den Stapel gemischt, sind somit für Siegpunkte irrelevant. Durch diese Klausel wird Graveyardremoval zu einer interessanten strategischen Option. Wie ärgerlich, wenn man ein langes Spiel gewinnen würde, aber der Gegner einfach in Reaktion seine schwarze Spruchbombe zündet.
|
3) |
Im Mehrspielermodus wird nach links angegriffen und nach rechts geblockt.
|
4) |
Conceden geht nicht über den Stack, sondern passiert sofort und ist – natürlich – unwiderruflich.
|
„Haufen“ Extended
Statt mit einem zufällig aufgegabelten Sealed Pool kann man obiges Spiel auch vorkonstruieren. Dabei packt man jede Karte, auf die man Lust hat in den Pool, Hauptsache sie ist mächtig und es macht Spaß, mit ihr zu spielen. Es gibt kein Limit, Karten wie
Cruel Ultimatum,
Stormtide Leviathan, Mind Slaver,
Progenitus aber auch
Eternal Witness,
Bribery,
Frost Titan oder
Foresee sind erlaubt. Wichtig ist nur, dass sich das Powerlevel der ganzen Karten nicht allzu sehr unterscheidet. Niemand will mit 1/1-Wurst gegen
Darksteel Colossus kämpfen müssen.
Infinte Cards: Mit beliebig viel Mana lassen sich auch beliebig große Feuerbälle zaubern, die alle Gegner gleichzeitig „ins
Exil schicken“. Wollen wir das? Ja natürlich! Gerade „I win“-Karten haben großes Potenzial dafür, zurückgehalten zu werden, um mehr Siegpunkte herauszuholen.
Disruption: Die wichtigste Kartenkategorie. Ein Constructed-Pool muss für seine Übermenge an „I win“-Karten auch genügend Antworten bereitstellen, allen voran Co
unterspells. Und davon gibt es einige sehr gute wie Spell Jack,
Cryptic Command oder
Reverberate,
Misdirection und
Odds//
Ends. Ebenso zerstören Discard-Effekte Träume vom unendlichen
Fireball.
Die Tutor-Klausel: Sowohl um den Spielfluss nicht zu sehr zu unterbrechen als auch um einen Spieler nicht mit Informationen zu erschlagen, gilt folgende Einschränkung. Die Textpassage „Durchsuche deine Bibliothek“ wird zu „Schaue dir die obersten zehn Karten der Bibliothek an … und lege den Rest unten drunter“.
Ich baue gerade selbst an einem neuen ausbalancierten Haufen, der vor allem für Multiplayerrunden gedacht ist. Wer will kann mich ja mal herausfordern. Der Strategieanteil ist medium, aber es gibt sehr viel Action und viele Lacher sind vorprogrammiert, wenn zum Beispiel eine Übermacht von unendlichen unendlich großen Würmern, produziert von einem
Wurmcalling, einfach gegen einen
Stormtide Leviathan zerfällt oder der Feuerball, der jedem Spieler an den Kragen will, von
Odds kopiert wird, um in Reaktion alle anderen zu töten. Aber das Beste im Spiel ist Regel 4. Wer aufgibt, ist raus, und oft gibt man unnötig auf, f
alls ein Mitspieler dann doch einen Count
erspell hat.
Set
Mark Rosewater findet ein Set. |
Hier stelle ich tatsächlich ein Spiel vor, was nicht mit unseren geliebten Pappkarten gespielt wird (jedenfalls normalerweise), sondern … mit anderen Pappkarten! Vielleicht habt ihr
Set ja schon einmal auf einem Turnier gesehen, das erfreut sich in der
Magic-Community nämlich größter Beliebtheit.
Das Ravensburger Spiel ist für unter zehn Euro zu erwerben und umfasst 81 Karten. Diese nehmen in unserer
Magic-Box auch kaum Platz weg und man kann sie immer dabeihaben. Auf jeder Karte sind verschiedene Symbole abgebildet, die sich in vier Eigenschaften mit jeweils drei Ausprägungen unterscheiden. Die Eigenschaften sind Form (Rechteck, Oval, „Wurst“), Anzahl (1, 2 oder 3), Farbe (rot, blau, grün) und Füllung (leer, halbvoll, voll). Drei hoch vier ergibt 81, jede Karte existiert also genau einmal.
Als Spieler hat man die Aufgabe, ein Set zu erkennen, „Set!“ zu rufen und es sich zu nehmen, bevor die anderen eins finden. Was ist ein Set? Das ist nicht ganz einfach zu erklären. Ein Set besteht aus drei Karten, die jede der folgenden Bedingungen erfüllen:
|
Die Formen sind alle gleich oder alle verschieden.
|
|
Die Farben sind alle gleich oder alle verschieden.
|
|
Die Anzahlen sind alle gleich oder alle verschieden.
|
|
Die Füllungen sind alle gleich oder alle verschieden.
|
Allerdings ist jede Kombination dieser Bedingungen möglich. Das bedeutet unter anderem, dass zwei beliebige Karten Teil eines Sets sein können, aber ausschließlich zusammen mit einer einzigen dritten Karte. Eine alternative Erklärung wäre, dass niemals dieselbe Ausprägung einer Eigenschaft zweimal auftauchen darf. Dreimal grün wäre zum Beispiel in Ordnung, einmal grün (zusammen mit einmal rot und einmal blau) ebenf
alls und es gibt auch Sets ohne grün (dann entsprechend dreimal rot oder dreimal blau). Wenn jedoch zwei Karten grün sind und die dritte nicht, ist es kein Set. Und es ist genauso keins, wenn dasselbe nicht gleichzeitig auch für die anderen Eigenschaften erfüllt ist. (Die
deutsche und die
englische Wikipedia bieten einige zusätzliche Informationen, Abbildungen und Links, die gerade für
Set-Neulinge interessant sein könnten.)
Zu Beginn werden zwölf Karten ausgelegt, und sobald drei weg sind, wird immer wieder auf diese Zahl aufgestockt. Es ist selten, kann jedoch vorkommen, dass bei zwölf und selbst bei 15 oder 18 Karten kein Set liegt. Dann suchen alle, bis man sich frustriert einigt, vorübergehend drei weitere Karten dazuzulegen. Das Spiel endet, wenn der Stapel leer ist und keine Sets mehr liegen. Sieger ist, wer die meisten Sets gefunden hat.
Insgesamt ist
Set ein simples, aber sehr dynamisches Spiel, welches vor allem in einer Runde von vier bis sechs Leuten für Spielspaß sorgt und schnell Schaulustige anzieht. Damit die Schaulustigen nicht nur schauen, sondern auch in der Lage sind, aus den hinteren Reihen „Set!“ zu rufen, habe ich diesen Klassiker noch einmal kurz vorgestellt.
Bis zum
Grand Prix Bochum ist ja noch ein wenig Zeit. (Wie viel genau, sagt der Countdown.) Nächste Woche werde ich auch etwas dazu beitragen, dass ihr dort gewinnt und ich euch nicht nach einem Drop „Haufen“, Land-Game,
Set oder noch anderen Unsinn spielen sehen muss.
Zum Abschluss – wie könnte es anders sein? – ein kleines Spiel. Und zwar hat der Henke einmal eine
Set-Version aus
Magic-Karten gebastelt, bei der ein Spielfeld zum Beispiel folgendermaßen aussieht. Wer als Erster herausfindet, wie das funktioniert, und die zwei möglichen Sets ins Forum schreibt, gewinnt einen Keks!
Kommentiert.in unserem Forum