miraclegames.de
Limited
Limitedpreview: Return to Ravnica (5/5)
von Andreas Pischner
09.10.2012


Weitere Artikel in dieser Reihe …


Golgari

Als Golgari-Drafter hat man zwei Richtungen, die man einschlagen kann: ein aggressives Deck, welches ein wenig langsamer ist als Rakdos, aber dafür seinen Druck länger aufrechterhalten kann; sowie ein auf den beiden manafixenden Defendern beruhendes Ramp- und Late-Game-Deck.


Das Aggrodeck kann und muss die aggressiven schwarzen Common-Kreaturen, insbesondere Grim Roustabout und Dead Reveler, nutzen, weil Grün vergleichsweise wenig frühe Offensive bietet. 1-Drops wie Drainpipe Vermin kann man auch noch integrieren, aber ein besonders riskanter Kreaturenverstärker wie zum Beispiel Deviant Glee ist hier deplatziert – stattdessen verfügt Golgari über bessere Kreaturen im etwas höheren Manabereich und kann zum Spielende hin mit Scavenge drohen. Zweifarbigkeit ist aus Konstanzgründen wünschenswert, aber da Golgari sich ein bisschen mehr Zeit lässt als Rakdos, ist es auch gerne bereit, einige starke Sprüche aus einer Drittfarbe zu integrieren – hauptsächlich bietet sich da Rot für Auger Spree und Explosive Impact an. Ich vermute allerdings, dass es sich in der Regel mehr auszahlt, entweder gleich Rakdos-Aggro oder ein kontrolllastigeres Deck zu draften, doch wenn die Booster es hergeben, ist Golgari-Aggro eine gute Option.

Im kontrollorientierten Deck hingegen verschenkt man mit Zweifarbigkeit Potenzial: Man will zumindest dreifarbig sein (und hier ist Selesnya eine bessere Grundlage als Golgari, aber Schwarz die ideale Drittfarbe), und wenn man das nötige gute Manafixing hat, darf es auch gerne noch bunter werden! In diesem Deck kann man sogar einen Gesamtanteil an Manakarten von mehr als 50% gebrauchen, da man das beste Late Game aller zuverlässig funktionierenden Decktypen besitzt. (Wird man allerdings zu langsam, kann man den starken reaktiven Karten eines Izzet-Decks zum Opfer fallen.) Die Spielstärke des grünbasierten Late-Game-Decks korreliert jedoch in hohem Maß mit seiner Anzahl von Axebane Guardian und variiert daher stark in Abhängigkeit eines Faktors, den man als Drafter nur sehr begrenzt beeinflussen kann.


Die Golgari-Commons: Trestle Troll ist nach Axebane Guardian und Centaur Healer der beste häufige 3-Drop des grünen Late-Game-Decks, den man sich jedoch eher in Zug 4 als Follow-up ebenjenes Guardians wünscht. (Die Regeneration ist allerdings zu teuer, um diese Karte maßgeblich zu stärken.) Das offensiver ausgerichtete Deck holt ihn lieber nur gegen Rakdos und vielleicht noch Azorius aus dem Sideboard. Sluiceway Scorpion ist als Angreifer, der immer zumindest abtauscht und dann einen gut bezahlbaren Scavenge-Bonus bietet, vielleicht sogar noch nützlicher als in seiner offensichtlichen Defensivfunktion und deswegen in jedem Fall ein vergleichsweise früher Pick. Golgari Longlegs werden vermutlich ein ähnliches Schicksal bevorstehen wie Fire Elemental in Magic 2013, nämlich erschreckend spät für sein eigentlich sehr ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis noch im Booster zu sein, weil Rakdos die Legs eigentlich nicht will und Golgari häufig bessere Optionen hat. Nichtsdestotrotz sind die Beine sowohl im offensiv ausgerichteten als auch im langsameren Build solide, wenn sie es ins Deck schaffen.

Mehrere Kopien von Grisly Salvage sind der beste Grund, das langsame grüne Deck doch stärker auf Golgari aufzubauen – zumindest wenn man nicht bereits gut genug mit Gatecreeper Vine und weißen 2-Drop-Kreaturen versorgt ist: Die Karte hilft dabei, den Guardian für den dritten Zug oder auch das Land für die Drittfarbe zu finden, und im Gegensatz zu seinem Vorgänger Commune with Nature trifft man praktisch immer und hat deutlich häufiger eine echte Auswahl. Und natürlich kann man sich damit ab und zu auch eine Scavenge-Kreatur in den Friedhof legen, falls es nicht die bessere Wahl ist, diese einfach auf die Hand zu nehmen. Das wiederum wäre zwar im aggressiven Deck nützlicher, aber dieses will trotzdem lieber „richtige“ 2-Drops.


Bei den Golgari-Uncommons ist Slitherhead sowohl für Rakdos als auch für Golgari-Aggro und sogar für schnellere Selesnya-Builds ein begehrter 1-Drop. Late-Game-orientierten Decks hat der Kopf jedoch zu wenig zu bieten. Korozda Guildmage ist natürlich im Golgari-Aggro am stärksten und ein guter First Pick, da er ähnlich wie Rakdos Guildmage eine anfängliche Offensive aufrechterhält, doch insbesondere wegen seiner zweiten Fähigkeit ist er so gut, dass man ihn auch im langsameren Deck und sogar in der Drittfarbe hoch schätzt. Selbst wenn man damit nur Gatecreeper Vine recycelt, ist das schon nützlich, und wehe, man kann damit auf Removal des Gegners antworten oder eine unter Arrest oder Paralyzing Grasp liegende Kreatur befreien … Dreg Mangler ist als 3/3er für drei Mana mit Bonus in jedem Deck, welches ihn nicht gerade splashen müsste, ein sehr hoher Pick, doch zusammen mit dem Guildmage ist er der beste Grund, überhaupt bei Golgari-Aggro einzusteigen, und klar höher als selbst das beste Removal zu bewerten!

Golgari Charm ist zwar sehr flexibel, aber keineswegs eine Karte, die man im Maindeck haben muss – die Entscheidung darüber sollte man hauptsächlich mit Hinblick auf den Nutzen ihrer dritten Fähigkeit treffen. Wenn man selbst kaum Kreaturen mit Toughness 1 hat, hilft dies dem Charm natürlich. Treasured Find ist hervorragende Utility und gut drittfarbengeeignet, da man ihn nicht im frühen Spiel braucht. Wo diese Hexerei sich zwischen solider Maindeckkarte und essenziellem Bestandteil des Decks einordnet, hängt maßgeblich von dessen Struktur ab: Ein homogenes aggressives Deck hat lieber eine weitere ordentliche Kreatur, aber ein auf Schlüsselkarten (so wie Axebane Guardian) beruhendes Deck sowie eines, welches mit einigen wenigen Late-Game-Karten gewinnen will, schätzt ihn sehr hoch ein. Rites of Reaping können natürlich bestehenden Druck besser aufrechterhalten als Assassin's Strike, sind aber dafür unzuverlässiger und mit geringerer Wahrscheinlichkeit Kartenvorteil (nur manchmal zwingt man den Gegner zum Chumpen), was die Rites zu einem sehr mäßigen Removal macht, welches es manchmal auch aufgrund seiner hohen Kosten nicht einmal ins Deck schaffen wird, meistens jedoch schon.


Die Rares und Mythics: Deathrite Shaman ist als 1-Drop mit erheblichem Bonus eigentlich immer einen Platz im Deck wert. Passenderweise nützt seine schwarze Fähigkeit Rakdos auch am meisten, wenngleich die grüne in einer Partie wohl deutlich häufiger zum Einsatz kommt. Ein sehr früher Pick (und Geld ist er ja wohl auch wert). Die Abwurf-Fähigkeit von Lotleth Troll ist im Limited eigentlich nicht besonders attraktiv, aber die Möglichkeit, nach Wunsch eine Karte mit Scavenge in den Friedhof zu befördern und deren Marken gleich auf einer Kreatur mit Regeneration und Trample zu platzieren, macht ihn in dieser Umgebung tatsächlich enorm relevant. Dass der Troll selbst ohne sie bereits ein exzellenter Pick wäre, veranschaulicht, wie stark er einzuschätzen ist – bereits als regenerierender 2-Drop höchst wertvoll und ein perfekter Träger für +1/+1-Marken. Ich denke, er ist sogar noch höher zu bewerten als Dreg Mangler und Korozda Guildmage. Das gilt im Golgari-Aggro auch für Corpsejack Menace, der einen sehr effizienten Körper mit der Option verbindet, Unleash- und späterhin Scavenge-Marken zu verdoppeln (aus Tempogründen sind die Unleash-Marken noch relevanter). Auch sonst ist die Menace ein guter First Pick und drittfarbenfähig.

Abrupt Decay ist im Wesentlichen ein etwas schwieriger zu sprechendes Smother mit Naturalize als eingebauter Rückversicherung – effizientes Removal, aber auch nicht mehr und leider ausgerechnet gegen die mächtigsten Bomben nutzlos. Wenn es euch nicht ums Geld geht, nehmt die stärksten Kreaturen höher. Jarad's Orders sind im Limited erheblich weniger spektakulär als im Constructed und eigentlich will sie nur ein Late-Game-Deck haben, um seine Bombe und vielleicht noch einen Scavenger als Bonus zu finden – alle Decks, die nicht wirklich für das späte Spiel planen, wollen die Orders nicht. Jarad, Golgari Lich Lord besitzt drei hammerharte Fähigkeiten, die ich euch nicht vorlesen muss, ist aber nur im zweifarbigen oder fast zweifarbigen Golgari zuverlässig genug und selbst dort aufgrund seiner hohen Manaanforderungen und seinem Late-Game-Charakter nicht so wertvoll wie ein starker 2-Drop – er wird es hier zwar immer ins Deck schaffen, aber wenn man ihn zu früh nimmt, droht er das Deck zu verkloben. Vraska the Unseen schließlich ist einfach nur lächerlich und als einzige Karte des Sets ausdrücklich einen Doppel-Splash wert – dass sie dem Gegner die beste Kreatur zerstört und eine weitere für einen Zug auf sich zieht, ist eigentlich schon ihre schwächstmögliche Wirkung auf das Spiel …


Grün

Die grünen Commons: Centaur's Herald ist kein Call of the Conclave, aber der beste Ersatz dafür. Auch ohne Populate-Möglichkeiten bietet er bereits einen soliden Body für seine (verteilten) Kosten. Deswegen empfehle ich, ihn generell sehr hoch, knapp unter gutem Removal zu nehmen, und bei absehbarem Spielsteinbedarf auch noch früher. Drudge Beetle ist der einzige häufige, grüne 2-Drop mit offensiver Funktion und dementsprechend früh zu nehmen, auch wenn sein Scavenge im Preis-Leistungs-Verhältnis ziemlich enttäuschend ist.


Gatecreeper Vine ist First-Pick-Material für das grüne Late-Game-Deck, da er sowohl Mana fixt als auch einen Defender für den Guardian darstellt. Und Axebane Guardian selbst ist geradezu ein Throwback zu Rise of the Eldrazi: Um ein auf ihm basierendes Deck zu draften, muss man wirklich alle Exemplare einsammeln, die man kriegen kann, ohne irgendwelche andere Karten (na gut, bis auf Vraska) zu beachten – doch wenn man dann die kritische Masse erreicht, ist man nahezu unschlagbar, egal wie der Rest des Decks genau aussieht!

Korozda Monitor ist solide, aber nicht mehr, und sein Scavenge ebenso wie auf Drudge Beetle bloß ein marginaler Bonus. Towering Indrik ist da ein deutlich höherer Pick, leichter zu wirken und mit viel wichtigerer Funktion – nehmt ihn in nicht aggressiven Decks über durchschnittliche 2-Drops. Rubbleback Rhino bietet für seine Klobigkeit einen sehr speziellen Nutzen. In den meisten Decks wird es bei mir den Cut nicht schaffen, aber sobald mein Anteil an Auren und/oder Scavenge nennenswert wird, erwäge ich es – generell bietet es mir für fünf Mana zu wenig. Axebane Stag ist neben Terrus Wurm und Horncaller's Chant die einzige häufige Möglichkeit, für mehr als sechs Mana noch einen Gegenwert zu erhalten. Für diese Slots benötigt man jedoch so wenige Kandidaten und die meisten Decks können mit diesem Manabereich auch nichts anfangen, dass man darauf hoffen darf, sich hier mit weit überlegenen, selteneren Karten zu versorgen. Selbst wenn dies nicht gelingt, ist der Guardian weniger attraktiv als der Wurm. Und außerdem bedeutet die Möglichkeit, Karten für mehr als sechs Mana casten zu können, keine Verpflichtung – seine 6-Drops früher zu bringen und seine Scavange-Kosten bezahlen zu können, verschafft einem auch bereits große Vorteile. Deswegen denke ich, dass man den Stag meistens nicht will, und wenn doch, sollte man ihn problemlos bekommen.


Urban Burgeoning ist im Limited einfach Unsinn. Giant Growth ist wie immer eine starke Karte, die man selbst im langsamen Deck gut gebrauchen kann, um mit seinen Defendern Angreifer auszuschalten oder seine Guardians vor Removal zu retten, die jedoch im offensiven Deck sogar über ordentliche Kreaturen zu nehmen ist, solange man nicht befürchten muss, hier am Ende unterversorgt dazustehen – man kann zwar nie zu viel Giant Growth im Deck haben, wohl aber zu wenige (insbesondere zu wenige günstige) Kreaturen. Druid's Deliverance ist eine Belohnung für fokussierte Populate-Drafter und ohne Aussicht auf ein Token ordentlicher Größe keinen Platz im Deck wert. Entsprechend kann man sie noch spät aufschnappen.

Aerial Predation findet für eine Hauptdeckkarte zu unzuverlässig Ziele, sollte sich aber problemlos noch spät fürs Sideboard besorgen lassen. Chorus of Might kann ich mir eigentlich in keiner Situation als die richtige Karte im Deck vorstellen. So viele Kreaturen, dass sie ihr Mana wert ist, hat man erstens zu selten und zweitens braucht man diese Karte nicht, wenn man doch so viele Kreaturen hat. Horncaller's Chant sollte sich mit acht Mana eigentlich jenseits von Gut und Böse bewegen, aber auch Axebane Stag kann man eigentlich nur spielen, wenn das Rampen mit Axebane Guardian funktioniert, und dann rücken diese beiden in normalen Decks durch mehrere Drawsteps voneinander getrennten Manastufen so eng zusammen, dass man sich auch für den etwas stärkeren Chant entscheiden kann, wenn man diesen Slot überhaupt belegen möchte. Wahrscheinlich gehören beide Karten aber selbst im Rampdeck ins Sideboard.


Bei den grünen Uncommons muss wohl der Colorpie dafür verantwortlich sein, dass ein harmloser 2-Drop wie Brushstrider dieser Häufigkeitsstufe zugeordnet wurde, weil Grün Vigilance nur vereinzelt bekommen darf. Irgendwie ist das aber der 2-Drop, der Grün bei den Commons noch fehlt – ihr wisst ja unterdessen, was das bedeutet. Oak Street Innkeeper kann die eigenen Angreifer (wenn sie denn bereits angreifen) und Axebane Guardian (wenn sie denn schon einsatzbereit sind) vor Removal schützen (wenn es denn kein spontanes Removal ist) – das erscheint mir zu wenig, um einen Platz für einen 1/2er für drei Mana im Deck zu rechtfertigen. Golgari Decoy profitiert ganz besonders von der Scavenge-Mechanik und ist ein hervorragender 4-Drop im Golgari-Aggro, selbst wenn er nur als 2/2er angreift – er bringt die übrigen Angreifer durch, bringt vermutlich noch einen Blocker um und kann noch im selben Zug eine eigene Kreatur upgraden. Ach ja, Giant Growth gibt es ja auch noch … Gobbling Ooze ist als 5-Mana-Kreatur nicht effizient genug – Kreaturen, und selbst und insbesondere Tokens, sind generell wertvoller als +1/+1-Marken. Wäre das Ooze billiger (und entsprechend kleiner), würden seine potenziellen Vorzüge attraktiver werden, aber für fünf Mana will ich nicht erst nach seinem Nutzen suchen müssen. Archweaver ist für sieben Mana ebenfalls nicht allzu attraktiv – zu teuer, um ihn als Blocker einzuplanen, und als Angreifer vergleichsweise wenig spektakulär. Ich denke, selbst der Stag bringt mehr.

Slime Molding ist für Aggro wenig interessant, da nicht manaeffizient genug. Ein populierendes Deck freut sich natürlich über dieses Token, auch wenn es häufig den Slime als 2/2er auf den Tisch bringen muss, um überhaupt erst einmal in Schwung zu kommen. Perfekt passt das Molding hingegen in das Ramp-Deck und ist da deutlich begehrenswerter als zum Beispiel der Stag. Es ist trotzdem nur ein mittelhoher Pick. Savage Surge ist eine weitere merkwürdige Uncommon – okay, Wizards wollten nicht Savage Surge und Giant Growth als Commons im Set haben, aber ist es so viel sinnvoller, diesen häufigen Effekt (Gerrard's Command war einst auch eine Common gewesen) dann als Uncommon zu drucken? Weil Manaeffizienz bei Kampftricks und reaktiven Karten besonders wichtig ist, würde ich den Growth höher nehmen, aber der Surge befindet sich nicht allzu weit dahinter, da +2/+2 meistens ausreicht und das Enttappen schon einen relevanten Bonus darstellt. Seek the Horizon gehört nur in das Rampdeck und ist dort der einzige (wenn auch sehr ungenügende) realistisch zu erwartende Ersatz für fehlenden Axebane Guardian. Idealerweise benötigt man es darin zwar gar nicht, doch in der Praxis wird das ein wichtiger Notnagel sein.


Die grünen Rares und Mythics: Wild Beastmaster ist im Wesentlichen eine Kombokarte. Ihr wollt ihn nur in einem hinreichend aggressiven Deck mit niedriger Manakurve, in dem ihr mehrere Pumpeffekte für diese Rare habt. Einmalige Effekte wie Giant Growth zählen aber, da ein starker Angriff meistens reicht und außerdem der Beastmaster so vermutlich noch einen weiteren Zug überlebt. Deadbridge Goliath ist ein exzellenter Fatty, ungefähr vergleichbar in seiner Gesamtstärke mit Corpsejack Menace. Mana Bloom ist eine weitere potenzielle Ergänzung zu Axebane Guardian im Rampdeck, nicht mehr. Death's Presence würde ich selbst im dort im Sideboard lassen – sechs Mana sind viel, Kreaturen müssen erst einmal sterben (und nicht auf andere Art aus dem Verkehr gezogen werden), eine weitere Kreatur muss man auch erst einmal haben und die Presence muss schon einiges leisten, um mehr Einfluss auf das Spielgeschehen zu haben als eine Kreatur zum selben Preis: Wenn einem der sterbende Towering Indrik zwei Marken auf Axebane Guardian legt, kann einem das schließlich nahezu egal sein. Zugegebenermaßen ist die Presence aber wirklich ein Grund zum Schlucken für einen Gegner, der als Removal Auger Spree nachzieht … Als Allerletztes gibt es nun Worldspine Wurm – elf Mana, was soll ich dazu schon sagen? Wenn ihr so viel Vertrauen in euer Rampdeck habt, dann draftet ihn in Gottes Namen und haut euren Gegner damit zu Klump. Wenn ihr dann allerdings einen Essence Backlash oder Traitorous Instinct kassiert, geschieht euch das irgendwie auch recht …


Zum Abschluss dieser Reihe will ich noch über jenes ominöse UG-Deck reden: Ich denke, dass die von Wizards offensichtlich gewünschten Synergien zwischen Gatecreeper Vine, Axebane Guardian und Doorkeeper in einem defensiven Milldeck, welches sein Manafixing benutzt, um sich mit defensiven Sprüchen weiterer Farben zu versorgen, auch tatsächlich in einem Draftarchetyp materialisieren werden. Aus meiner Sicht ist das nicht das Beste, was man nach einem Draftbeginn, der sich auf die beiden grünen Defender konzentriert hat, machen kann – ich denke, es ist tendenziell immer noch stärker, mit diesem Mana eine druckvolle Midgame-Offensive aufzubauen. Es kann aber passieren, dass man vor lauter Mana-Drafting die starken Selesnya- und Golgari-Karten verpasst, die ja auch für andere Drafter attraktiv sind. Dann ist der UG-Weg eine gangbare Alternative, denn der Blau-Anteil hier dürfte sich noch erheblich später in Packs finden lassen.


Einige Doorkeeper benötigt man dafür natürlich – wenn die Packs diese nicht hergeben, hat man Pech gehabt. Ansonsten legt man seine Priorität in Blau auf Dinge wie Paralyzing Grasp und Hover Barrier, aber auch Inaction Injunction (um Zeit zu gewinnen), Inspiration und Mizzium Skin (um seine Schlüsselkreaturen zu schützen). Mir fällt gerade auf, wie traurig es ist, dass Voidwielder mit Defender vermutlich sogar stärker wäre …

In Grün schätzt man Towering Indrik besonders hoch, nimmt aber auch den sich gut in die Kurve einfügenden Centaur's Herald gerne, und sogar Rubbleback Rhino als Blocker, den der Gegner nicht ausschalten kann. Weiterhin ist man allerdings auch darauf angewiesen, wirklich viel Manafixing einzusammeln (was man sich leisten kann, da man ja eh keine UG-2-Drops versorgen muss – neben Doorkeeper und Gatecreeper Vine sind Crosstown Courier und Drudge Beetle hier die guten Optionen). Manafixing und Carddraw im Verein wiederum ermöglichen es einem nicht nur, sondern verpflichten einen auch dazu, aus allen Farben die stärksten Karten zu benutzen, um den Gegner aufzuhalten (da man eine geringere Dichte an Business-Karten vorweist – also solchen, die unmittelbar Einfluss auf das Spielgeschehen beistzen), was neben Removal auch teure Kreaturen bedeutet. Skyline Predator und Assassin's Strike sind typische Kandidaten (und ja, dieses Deck muss sich darauf einstellen, zu erreichen) und sogar Archweaver ergibt hier einigermaßen Sinn. Im Common-Bereich kann man in anderen Farben nach Centaur Healer (wenn man den kriegen kann), Trestle Troll, Stonefare Crocodile (man will es für seine Lifelink-Fähigkeit), Runewing, Hussar Patrol, Ogre Jailbreaker und Coursers' Accord Ausschau halten sowie natürlich nach Removal wie Trostani's Judgment und Explosive Impact. (Günstigeres Removal sowieso, wobei Auger Spree als Doppel-Splash sich jedoch nicht unbedingt als günstiger erweisen wird.)


Kurz gesagt, man geht all-in auf die wichtigen Defender und Gates, und profitiert dann davon, dass man die druckvollen billigeren Drops, denen fast jedes andere Deck Priorität einräumt, nicht benötigt, indem man die teuren Sprüche mit hohem Impact früher nimmt und spät dann Dinge einsammelt, die sonst kaum einer will (so wie Rubbleback Rhino und Voidwielder). Dabei ist nicht einmal Axebane Guardian der eigentliche Engpass für dieses Deck, sondern Doorkeeper, der sich auch durch nichts ersetzen lässt, da es für den Gegner zu einfach ist, ein mit Chronic Flooding belegtes Land einfach zu ignorieren, und er mit Crosstown Courier als Angreifer gewiss fertigwird. Ärgerlicherweise kommen auch die Disentomb-Effekte in Return to Ravnica zu kurz – Treasured Find nimmt man, wenn man ihn kriegt, aber ansonsten muss man Doorkeeper tatsächlich mit Mizzium Skin beschützen – und dazu muss man erst einmal Doorkeeper in ausreichender Stückzahl haben. Grisly Salvage kann zwar helfen, sie zu finden, kann einen aber auch in ein Dilemma stürzen: Gatecreeper Vine kann nur Länder finden, die sich in der Bibliothek und nicht im Friedhof befinden, und wenn man zu bunt ist, wird man oft das Gate oder Standardland mit der Salvage nehmen müssen, um es nicht ganz zu verlieren. (Das ist übrigens ganz allgemein ein Problem vom Self-Milling und ein weiterer Schlag gegen den Ansatz mit Chronic Flooding/Psychic Spiral.)

Komplett wird man sich eh nicht auf das Mühlen verlassen können, deswegen achtet man darauf, dass man als Ausweichmöglichkeit noch Ramp- und/oder Populate-Elemente in sein Deck integriert – aus einer gefestigten Defensive heraus kann man auch mal mit Skyline Predator und Archweaver gewinnen oder mit Coursers' Accord und Horncaller's Chant. Ich bevorzuge eigentlich fokussiertere Decks gegenüber solchen Hybriden eindeutig, aber letztlich muss man immer das draften, was die Booster hergeben und seine Optionen kennen, und ein auf Blau und Grün basierendes buntes Deck mit Defender-Synergien funktioniert immer noch besser als ein generisches 5-Color-Goodstuff-Deck.


Meine abschließende Gesamtprognose für den Draft mit Return to Ravnica: Rakdos bestimmt das Tempo, aber als die formatprägende Common wird sich letzten Endes Axebane Guardian erweisen. Zwischendurch wird es, wie immer, die eine oder andere Modestrategie geben, die auch teilweise von Pros als überlegen propagiert wird, letztlich aber nur bezeugt, dass sich das Metagame noch nicht eingependelt hat – vermutlich wird man ganz zu Anfang mit Rakdos durch die meisten Drafttische wie mit einem Messer durch Butter gehen können; dann, wenn mehr Spieler die Stärke von Rakdos begriffen haben, werden Rampdecks mit Axebane Guardian als das beste Deck gehypt werden; dann werden die Spieler das unterdraftete Azorius-Tempodeck entdecken und den Rampdecks den Hintern versohlen; und nach zwei bis drei Monaten schließlich werden dann alle Archetypen allgemein bekannt sein und ungefähr im zu ihrer potenziellen Stärke passenden Verhältnis gedraftet werden … und Axebane Guardian wird allgemein als die am höchsten zu draftende Common akzeptiert sein.

So, und nun zum Wetter und den Fußballergebnissen vom nächsten Wochenende!

Oder einfach nur bis dann.

Weitere Artikel in dieser Reihe …





Kommentiert
.in unserem Forum

[ drucken ]

Weitere Artikel/Berichte von Andreas Pischner

[11.04.2023]Aus den Archiven: R.I.P., Damage on the Stack
[05.10.2012]Limitedpreview: Return to Ravnica (4/5)
[02.10.2012]Limitedpreview: Return to Ravnica (3/5)
[28.09.2012]Limitedpreview: Return to Ravnica (2/5)
[26.09.2012]Limitedpreview: Return to Ravnica (1/5)


miraclegames.de
 
 
zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite