Freitag, 11:41 Uhr
Die erste Runde ist vorbei, und das Feld der Deutschen Meisterschaft 2005 ist geprägt von Urza-Ländern, Inseln und Wäldern. Mono-Blau Urzatron und Tooth and Nail sind beide in Mengen vertreten, aber auch rote Karten sieht man häufig fliegen. Von White Weenie ist wenig zu sehen... aber immerhin hat die Minderheit der Spieler, die weiß spielen, Kai Budde auf ihrer Seite.
Das bayrische Kontingent spielt gerüchteweise komplett das blau-schwarze Ninja-Deck, das dort die Regionals gewonnen hat. Die nächste Runde wird zeigen, wieviel Wahrheit im Gerücht steckt und ob sich die Ninjas auch heute durchsetzen können.
Ansonsten ist das Turnier nach ein bisschen Verspätung im vollen Gange, mit den üblichen kleinen Problemchen: Gerade räumen Judges in Zebra-Hemden die zu eng gestellten Tische um, damit die zweite Runde etwas komfortabler wird als die erste. Der Saal ist nicht übermäßig groß, aber mit nur 165 Spielern gibt es keine großen Platzprobleme, denn bisher sind nicht sehr viele Besucher hier im Brückenforum in Bonn. Das wird sich sicherlich noch ändern, wenn das Wochenende anrollt! Aber gleich rollen erst mal 60 Minuten zweite Runde.
Freitag, 12:45 Uhr - Sensei's Top, Judging und die Preise der DM
Sensei's Divining Top könnte leicht die meistgespielte Karte dieses Turniers werden. Wo auch immer man hinschaut, überall sind Tops, die hier liebevoll "Topf" genannt werden. U-Tron, Tooth and Nail, Mono-Rot, WW, B/G Deathcloud, Ratten, Top ist einfach überall. Das beansprucht die Sleeves der Spieler natürlich mehr als sonst, was vielleicht für einige Spieler noch problematisch werden könnte. Denn wegen markierter Sleeves gab es schon eine Beinahe-Disqualifikation zu erleben.
Headjudge Justus Rönnau stritt hinter der Judge Station mit einem aufgeregten Spieler: In seinem Deck waren sechs deutlich markierte Karten: vier Sensei's Divining Top, ein Rewind, ein Serum Visions. "Ich habe ihm geglaubt, dass er das nicht absichtlich gemacht hat", erklärte Justus, aber um einen Match Loss wegen Marked Cards -- Major kam der betroffene Spieler dann doch nicht herum. Da half auch eine Viertelstunde Diskussion nichts, obwohl die drohende Disqualifikation vermeiden konnte. Der Tipp von Justus: "Die Karten oder die Hüllen mischen, bevor man ein Deck in Sleeves packt!" Das müsste inzwischen eigentlich jeder wissen, aber trotzdem scheitern immer noch Spieler an dieser Hürde.
Aber es gibt auch schöne Erlebnisse beim Judgen. Auf die Decklisten angesprochen, grinst Justus breit und sagt: "Null. Alles korrekt!" Man glaubt es kaum, aber es ist wahr: Die Spieler der deutschen Meisterschaft haben keinen einzigen Fehler gemacht, als sie ihre Karten aufgeschrieben haben. Wenn das beim Draft noch einmal funktioniert, wäre das eine Premiere!
Die Kritik am Versanstaltungsort hat Ingo Muhs von Amigo zu entkräften versucht. Er gibt zwar zu, dass die Location der vom letzten Jahr (in Heidelberg) absolut unterlegen ist. Trotzdem: "Für die Menge der Leute, die jetzt da sind, ist der Saal genau richtig", erklärte Ingo und hat damit zwar Recht. Aber wie die Situation sein wird, falls morgen noch mehr Zuschauer kommen, ist eine ganz andere Frage. Noch jedenfalls beklagt sich bei den Sideevents niemand über Platzprobleme. Und jetzt, wo die Klimaanlage weiter aufgedreht ist, ist es auch nicht mehr ganz so stickig im Saal.
Darüber hinaus hat Ingo erste Worte über die Preise fallen lassen. Für alle Spieler in den Top 8 am Sonntag gibt es eine Trophäe. Die ersten vier bekommen zusätzlich den Flug zu den Weltmeisterschaften nach Yokohama bezahlt, und das Team (also die Top 3) erhält nur für das Antreten bei der WM schon mal 1000 US-$. Auf der DM wird es zusätzlich natürlich Preisbooster geben, aber bis zu welchem Platz, klärt sich morgen erst.
Freitag, 14:30 Uhr - Die Ruhe vor dem Draft
Die ersten acht Tische in Runde drei boten ein buntes Bild des Metagames, in dem sich auch die bayrischen Ninja-Decks wieder fanden. Unter den 16 Decks waren:
4 Mono-Rot
3 Tooth and Nail, davon mindestens eines mit Chrome Mox
2 U/G Ninja mit Iwamori, Troll Ascetic und Ninja of the Deep Hours im Maindeck
2 Mono-Blau mit Urzatron
2 White Weenie im Mirrormatch
Die beiden übrigen Decks, an Tisch 4 und Tisch 6, waren ein schwarz-grünes Kontrolldeck mit Cranial Extraction und ein rot-grünes Aggrodeck unbekannter Machart. Wir werden morgen sehen, wie sich diese Decks in vier weiteren Runden Standard schlagen. Jetzt geht es erstmal in den Draft, wo sich die Spezialisten austoben können. Dann werden vier Runden mit den Draft-Decks gespielt. Wie sehen die Spieler ihre Chancen?
Maximilian Bracht, 3-0 mit U/G Ninja: "Ich erhoffe mir ein 3-1. Wenn ich meine beiden Lieblingsfarben kriege, klappt das auch."
Kim Kluck, 3-0 mit U-Tron: "Ich bin kein Draft-Spezialist. Ich gehe davon aus, dass ich eine Runde gewinne, mehr auch nicht."
Manuel Rims, 3-0 mit White Weenie: "Wenn ich eine Bombe aufmache, versuche ich mal das 3-1. Mein Tagesziel war aber 5-2, das werde ich wohl schaffen."
Kai Budde, 1-2 mit White Weenie: "Mal sehen was kommt, aber ich hätte gern ein 3-1 oder 4-0." Budde hatte mit seinem WW die Standard-Runden mit 1-2 abgeschlossen. "Ich hatte eigentlich gute Matchups", meinte der ehemalige Weltmeister, "habe aber schlecht gezogen." Das kann jedem mal passieren - auch Roland Bode kann ein Lied davon singen. Sein Tooth and Nail hat ihn heute zu einem unerfreulichen 0-3 getragen. Seine Draftchancen schätzt Bode so ein: "Mein Ziel ist 3-1, aber wenn ich weiter so ziehe wie vorhin, schaffe ich das nicht", und lacht. Trotz seines 0-3.
Freitag, 17:00 Uhr - Ausgesperrt und andere Schwierigkeiten
Inzwischen ist es fünf Uhr, und Runde vier ist fast vorbei. Welche Draft-Decks gut geworden sind und wer nicht mehr hat als nur einen Haufen, wird sich bald gezeigt haben. Bisher gibt es noch keine großen Geschichten vom Draft, dafür einige nebenher. Ganz großes Kino haben zum Beispiel die Raucher gezeigt, die sich vor Beginn des Drafts selbst ausgesperrt haben: Die Tür zu der Außentreppe, auf der die Raucher rauchen, lässt sich von außen nämlich nicht öffnen. Hätte man sie nicht reingelassen, hätte es Game-Losses gehagelt. Wir lernen: Rauchen ist ungesund.
Neben dem Haupt-Draft laufen natürlich auch die Side-Events. Auf der Liste für ein Vintage 8-Mann-Turnier stehen schon seit drei Stunden nur drei Leute, aber die Booster-Drafts finden statt. Vielleicht das Zitat des Tages gab es nach einem der 9th-Edition-Drafts zu hören, von einem rot-grün-Drafter: "Im letzten Booster habe ich Wrath gepasst". Für diesen Pick konnte er aber keine Unterstützer finden!
A propos Vintage: Zwar wird das 8-Mann-Turnier nicht voll, aber einige Moxe und Duals kann man schon mal sehen. Ein Mann testet schon seit Stunden seine Decks gegen jeden, der ein Vintage-Deck an den Tisch bringt: Michael Haiduk. Wir werden am Sonntag sehen, was ihm sein unermüdliches "Land, Mox, go" gebracht hat, wenn es bei den Vintage Championships um einen Mox geht! (Da werde ich dann auch spielen.)
Eine Anekdote von der Judge-Station gibt es auch noch: Andre Müller, Pro-Tour-Spieler und im Augenblick 4-0, hat seine Standard-Deckliste nicht auf einem DCI-Decksheet abgegeben, sondern auf einem Vordruck von Upper Deck Entertainment (das sind die, die Marvel Vs. produzieren). Take that, Amigo!
Ach ja, und die Frage der qualifizierten Spieler steht ja auch noch im Raum. Auf Nachfrage meinte Headjudge Justus Rönnau vorhin, es hätten sich 215 Spieler qualifiziert. Angetreten sind 163, das ist wohl eine der schlechteren Quoten der letzten Jahre.
Freitag, 19:00 Uhr - Geschichten aus dem Draft
Runde sechs hat begonnen! Ich habe die Zeit genutzt, um mich ein bisschen mit Claudia Loroff zu unterhalten, die einzige Spielerin auf dieser DM. Das Ergebnis könnt ihr im Interview lesen. Aber natürlich ist nebenher einiges spannendes passiert!
In der fünften Runde im Match zwischen Tobias Kroll und Andreas Klein hat eine Constructed-Rare das Spiel entschieden, die im Draft eher selten zu sehen ist: Tobias hat beide Spiele mit Pithing Needle gewonnen! Im ersten Spiel konnte das kleine Artefakt die Aktivierung von Andreas' Manriki Gusari verhindern und damit die entscheidenenden Punkte Stärke und Widerstandskraft abschalten. Im zweiten Spiel hatte Andreas einen Kitsune Diviner im Spiel und drohte, Tobias' Offensive abzustellen. Eine gut getimte Needle von Tobias schaltete nicht nur den Diviner im Spiel aus, sondern auch den zweiten, den Andreas noch auf der Hand hielt. Good Game, Pithing Needle!
Den Judges droht auch noch Unheil. Da mit den Draft-Decks vier Runden gespielt werden, laufen unter den Judges Wetten, ob der DCI-Reporter die vierte Runde in einem Draft Pod mit sieben Spielern berechnen kann. Peer Kröger, selbst nach Runde fünf mit 2-3 bei der DM dabei, meinte ganz trocken: "Das ist ein ungünstiges System." Da hat er Recht, der Mann.
Außerdem ist die Klimaanlage offensichtlich nicht ausreichend, um den Saal auf angenehme Temperaturen zu kühlen, und so sitzen die Spieler fast ausnahmslos im T-Shirt da und schwitzen trotzdem noch. Der Kommentar eines vorbeilaufenden Spielers: "Die einzige Klimaanlage, die es gibt, ist in Ingo Muhs' Hotel!"
Freitag, 21:00 Uhr
Der erste Tag der DM 2005 im Bonner Brückenforum nähert sich dem Ende. Die letzte Runde ist in 20 Minuten vorbei, und das befürchtete Chaos bei den Pairings in Runde sieben ist ausgeblieben. Zwar werden sich sicher einige Spieler über ihre kuriosen Paarungen beschweren, aber immerhin mussten die Judges nur einen der Sieben-Mann-Draft-Pods von Hand paaren. Headjudge Justus konnte auch noch erklären, warum heute und nicht morgen vier Runden mit einem Draft-Deck gespielt werden sollten: damit weniger Leute droppen und die Paarungen nicht noch schwerer werden. Außerdem: Wer morgen früh droppen will, wird vielleicht die Option bekommen, die Booster abzugreifen, ohne draften zu müssen, damit die verbleibenden Spieler besser verteilt werden können und die Opponent-Scores nicht so kurios werden -- ob das tatsächlich der Fall ist, sehen wir erst morgen früh.
Ansonsten erwartet uns am Samstag noch so einiges. Es gibt drei Runden Draft, dann vier Runden Standard und am Ende stehen die Top 8 für Sonntag fest. Auch die Junioren kommen zum Zug, denn parallel zum Hauptevent wird das Finale der diesjährigen JSS (Junior Super Series) ausgetragen. Side-Events und Vintage-Testen werden weitergehen, es wird getauscht, signiert und natürlich berichtet werden. Wir werden uns noch einmal anschauen, wie die Pros und Neulige der DM abschneiden und die Zeichnerin Martina Pilcerova ein bisschen vorstellen. Schreibt in die Kommentare, ob ihr noch irgendwelche besonderen Wünsche habt! Wenn wir können, werden wir sie erfüllen.
Als kleines Bonmot zum Abschluss sei noch erzählt, dass der Laptop des Scorekeepers Michael Wiese gerade zum dritten Mal einen blauen Bildschirm produziert hat. Bis morgen aus dem regnerischen Bonn!
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