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Magic-Decks im Wandel der Zeit, Teil 10
Meisterliches
von Andreas "Zeromant" Pischner
10.12.2007

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ich diesen Teil mit einer Anekdote beginne!

Dazu jedoch zuerst eine Deckliste:


4 Ancient Tomb
4 Crystal Vein
4 Svyelunite Temple
9 Island

4 Lotus Petal
3 Gaea's Blessing
1 Inspiration
1 Lobotomy
1 Impulse
1 Counterspell
4 Memory Lapse
4 Mana Severance
4 Ancestral Memories
4 Sift
4 Meditate
4 Intuition
4 Dream Halls



Kennt Ihr dieses Deck? Wenn nicht, dann setzt Euch gemütlich hin, starrt auf den Bildschirm und versucht herauszufinden WAS ZUR HÖLLE ES EIGENTLICH TUT!

Na?

Okay – für alle, die es herausgefunden haben, gescheitert sind oder es schon vorher wussten: Dies hier ist das berüchtigte "TurboZvi", die wohl berühmteste Kreation des vermutlich brilliantesten Deck-Designers aller Zeiten, Zvi Mowshowitz (obwohl "Turbo-Land" später sein Signature-Deck werden sollte, "The Solution" ihm im Invasion-Block seinen größten Erfolg bescherte und seine Reihe "My Fires" als die mit Abstand ausführlichste Analyse eines Decks im Internet – sie hatte SIEBEN Teile! – in die Magic-Geschichte einging). Er entwickelte es unmittelbar nach Erscheinen von Stronghold um jene Karte, welche die Inquest als schlechteste Karte des Sets tituliert hatte: Dream Halls.

Dieses Deck beruhte darauf, so rasch wie möglich Dream Halls ins Spiel zu bringen und dann mit ihrer Hilfe eine Kette von Sprüchen zu spielen, welche mindestens so viele Karten nachzogen, wie dieses Spielen verbrauchte (zwei: Die Karte selbst, sowie die Karte die man mit Dream Halls dafür abwarf), nach Möglichkeit aber mehr (Meditate!) Bei der ersten Gelegenheit quetschte man noch eine Mana Severance dazwischen, um sicherzugehen, dass man nur noch farbige Karten und Lotus Petals zog. Ab diesem Punkt konnte das Deck eigentlich nicht mehr "fizzlen", wenn es präzise gespielt wurde.

In dieser Version hier, welche die beste ist, die ich im Netz finden konnte, fehlten noch die Abeyance, welche es dem Gegner unmöglich machen, von den Hallen ebenfalls zu profitieren und Stolpersteine zu legen (im Wesentlichen Disenchant auf die Hallen oder Counter für den Card Draw).

Ancestral Memories beförderten Gaea's Blessing aus der Bibliothek in den Friedhof, welchen sie dann wieder hineinmischten und wieder zur Verfügung stellten. Durch wiederholtes Spielen von Meditate (erinnert Ihr Euch: "There is no next turn!") baute man sich dann ein Kartenpolster auf, mit desen Hilfe man es sich erlauben konnte, mehr zu tun, als nur die eigene Rekursion am Laufen zu halten. Dieses "mehr" war dann eine Lobotomy auf den Gegner (falls es sich gerade lohnte), oder eine Inspiration auf ihn (falls nicht). Irgendwann – und das bedeutete wirklich IRGENDWANN – war die Bibliothek des Gegners leer, und er verlor bei der nächsten auf ihn gezielten Inspiration.

Es war die Pro Tour New York. Ich hatte mich am ersten Tag zu einem ordentlichen, aber ein wenig enttäuschenden 4:3 gedraftet und würde am dritten Tag meinen Level-3-Judge-Test ablegen. Am Tag davor spielte ich ein paar Side Events, und obwohl das für mich normalerweise Drafts bedeutete, hatte ich diesmal ausnahmsweise ein Standard-Deck dabei, das ich unbedingt ausprobieren wollte, U/w Fish (der-Weiß-Splash war für Disenchant und ich-weiß-nicht-mehr-was-aber-ich-hielt-es-für-wichtig.) Ich setzte mich also meinem Erstrundengegner gegenüber – einem Amerikaner, dessen Namen ich nicht mehr weiß, denn dieses Turnier taucht aus irgendeinem Grund nicht in meiner Ratings History auf, aber er hatte ein solides 1800er-Rating, was heutzutage wohl einem Rating von 1950+ entspräche – und dieser legte in seiner ersten Runde Svyelunite Temple.

Meine Alarmglocken schrillten. Wenige Tage, bevor ich nach New York geflogen war, hatte Zvi seine Deckliste gepostet, und wir hatten sie im Team mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen diskutiert, aber dieses Deck war noch nicht BEKANNT. Ich konnte nicht wirklich damit rechnen, ihm hier bei einem Side Event zu begegnen – oder? Ich ging in Gedanken die Decks durch, welche damals den Temple spielten. Ich kam zu dem Schluss, dass ich das Schlimmste befürchten musste.

Aber ich war vorgewarnt und hatte alles, was ich brauchte: Ich würde ein Merfolk und einen Lord ausspielen und mich dann ab der dritten Runde mit offenem Mana zurücklehnen, um die Halls zu countern. Mein Gegner jedoch spielte in seiner zweiten Runde Crystal Vein und Lotus Petal und legte sein Enchantment. Dann spielte er Meditate.

Das war meine Chance! Ich pitchte als Antwort den Disenchant in meiner Hand für einen zweiten auf die Hallen. Jetzt müste ich doch garantiert gewinnen, mit einem Extra-Zug, einem leeren Board bei ihm und einem Forbid in meiner Hand?

Aber nein: Seine letzten beiden Handkarten waren ein Memory Lapse und eine weitere blaue Karte. Meine Handkarten waren der Forbid und... Länder. Seufz. Er zog vier Karten und spielte ein weiteres Meditate. Und ein Ancestral Memories. Und noch eines. Und noch ein Meditate. Und eine Mana Severance. Und...

Ich war furchtbar angepisst. Ich hatte alles richtig gemacht! Ich hatte sein Deck, welches kaum jemand bereits kannte, anhand des ersten Landes identifiziert! Mein eigenes Deck besaß alle nötigen Waffen gegen seines (Counter und Disenchant plus eine Clock). Ich hatte im richtigen Moment das Richtige getan.

Ich verlor trotzdem gegen jenes Kombodeck, und ich HASSTE Kombodecks. Ich war stinksauer. Deswegen legte ich meine Handkarten verdeckt auf den Tisch, sah meinen Gegner an und sagte ihm: "Go Ahead – kill me, if you can." Dann sah ich zu, wie er es tat.

Er spielte noch eine Abeyance auf mich, so dass ich wirklich absolut hilflos war. Ich rief einen Judge herbei und bat ihn darauf zu achten, dass mein Gegner auch keinen Fehler machte, denn mit diesem Deck konnte man sich immer wieder vertun und dann doch fizzlen. Der Judge setzte sich daneben und sah zu. Ich glaube, die erste halbe Stunde lang konzentrierte er sich auch noch. Danach saß er nur noch daneben.

Wisst Ihr, damals sahen die Floor Rules nämlich noch kein allgemeines Zeitlimit vor! Bei der Pro Tour, da gab es aus organisatorischen Gründen eines. Ansonsten nicht. Ich hielt das für eine verfehlte Policy und beschloss dieses Spiel auszusitzen und zu demonstrieren, warum sie verfehlt war. Ich hatte etwas zu lesen dabei.

Nach drei Stunden schließlich spielte mein Gegner die finale Inspiration auf mich, und glaubt mir, er hat die ganze Zeit über superschnell gespielt...

Erik Taylor schrieb in einem Dojo-Post Folgendes über dieses Deck: "zvi goldfishes roughly 1 turn quicker than bloom-drain". Das mag wahr sein, aber dieser Turn dauerte endlos lange, und da jederzeit eine mathematische Chance bestand, dass das Deck fizzlete, konnte man diese Prozedur auch nicht mit Hilfe von (damals eh kaum entwickelten) Loop-Regeln abkürzen.

(Ach übrigens, Taylor schrieb im selben Post auch: "for some reason the most common thing a scrub does when they build their mono-reds is take out the wastelands because they don't see the point of it." Das war zwei Monate, bevor das Schneider-Burn auf dem Dojo auftauchte...)

Wisst Ihr was? Kaum ein oder zwei Wochen später gab es auf der Judge-Liste eine große Diskussion darüber, ob man nicht ein allgemeines Zeitlimit bei Turnieren einführen sollte. Erfahrungen mit TurboZvi bei Side Events der PT New York wurden angeführt. Bald darauf kam das allgemeingültige Zeit-Limit. Magic-Geschichte, vom Pischner live erlebt und mitgestaltet!

Wieso habe ich Euch das alles erzählt? Nun, weil es einfach ein Verbrechen wäre, vom damaligen Metagame zu berichten und TurboZvi nicht zu erwähnen, auch wenn dieses Deck mit der Einführung allgemeiner Runden-Zeitlimits tot und begraben war.



Jetzt wollen wir uns aber wieder erfolgreichen Decklisten zuwenden!

Im Juni ging es nämlich Schlag auf Schlag. An jedem Wochenende fand ein (aus deutscher Sicht) wichtiges Turnier statt: Erst die Junior Super Series Championship in Disney World, dann die Österreichischen Meisterschaften, in der Woche darauf die Deutschen Meisterschaften und schließlich die Schweizerischen Meisterschaften!

Bei der JSS gewann in der Altersklasse 16-18 Jahren kein geringerer als Andrew Pacifico:


3 Birds of Paradise
3 Man-o'-War
1 Maro
4 Tradewind Rider
2 Uktabi Orangutan
4 Wall of Blossoms

3 Armageddon
2 Counterspell
2 Dismiss
1 Disrupt
1 Firestorm
4 Impulse
3 Legacy's Allure
4 Mana Leak
1 Whispers of the Muse

2 City of Brass
5 Forest
2 Gemstone Mine
5 Island
4 Quicksand
2 Reflecting Pool
2 Undiscovered Paradise

3 Chill
2 Disenchant
1 Earthquake
1 Firestorm
2 Light of Day
2 Maro
3 Pyroblast
1 Scragnoth

Wieder ein TradewindGeddon oder "Flagpole"-Design, diesmal ohne Propaganda, aber mit mehr Countern. Charles Kornblith pilotierte ein sehr ähnliches Deck zum zweiten Platz in der 15-and-Under-Division.

Interessanter erscheint mir jedoch das Deck des Finalisten bei den älteren Spielern, Shawn Keller:


2 Birds of Paradise
3 Bottle Gnomes
3 Fallen Angel
4 Hermit Druid
1 Lhurgoyf
3 Man-o'-War
4 Spike Feeder
3 Uktabi Orangutan
4 Wall of Blossoms
3 Wall of Roots

1 Dark Ritual
2 Firestorm
2 Intuition
4 Living Death

3 City of Brass
7 Forest
2 Gemstone Mine
1 Reflecting Pool
5 Swamp
3 Undiscovered Paradise

3 Light of Day
2 Phyrexian Furnace
4 Pyroblast
3 Tranquility
3 Warmth

7 Walls, 4 Feeder, 3 Bottle Gnomes – da wollte jemand wirklich nicht gegen Sligh verlieren! Das Bemerkenswerte an dieser Peaches-Variante sind aber für mich die 4 Hermit Druid, welche diesmal ganz brav Basic Lands zogen (was für ein Mana auch nicht gerade eine schlechte Funktion ist, insbesondere wenn man unterdessen Karten für Firestorm anspart) und nur "nebenbei" Futter für Living Death und den Lhurgoyf herbeischafften.

Der Sieger der 15-and-Under-Division schließlich hieß Jay Elarar:


4 Man-o'-War
2 Sky Spirit
4 Soltari Monk
4 Soltari Priest
3 Warrior en-Kor
2 White Knight

1 Disenchant
3 Empyrial Armor
2 Firestorm
2 Mana Leak
1 Memory Lapse
2 Mox Diamond
3 Propaganda
4 Tithe
3 Winter Orb
2 Wrath of God

1 City of Brass
2 Gemstone Mine
10 Plains
4 Undiscovered Paradise
2 Wasteland

2 Disenchant
1 Empyrial Armor
1 Firestorm
1 Mana Leak
2 Perish
3 Pyroblast
3 Sleight of Mind
1 Torture Chamber
1 Wall of Essence

(61 Karten)

Erinnert Ihr Euch noch, wie ich vor zwei Wochen geschrieben habe, dass White Weenie durch die Ominpräsenz von Dread of Night aus dem Environment hinausgehatet worden war? Nun, scheinbar dachten sich die Deckbauer dann: Wenn eh keiner White Weenie spielt, dann braucht man die Dreads ja nicht mehr (in diesen Sideboards hier jedenfalls finden sich keine) – was natürlich dazu führte, dass White Weenie wieder spielbar wurde!

Jay hat das erkannt oder einfach Glück gehabt (und außerdem vernutlich die Sleight of Mind dagegen geboardet). Ansonsten spielt er ein ziemlich offensives Aggrokontrolldeck: Die Propaganda helfen den Umstand zu kaschieren, dass er nur mit wenigen Kreaturen blocken kann (ein zweischneidiges Rezept, da es die Ressourcen des Decks zwischen Offensive und Defensive aufteilt). Immerhin rennen zehn seiner Angreifer an den allgegenwärtigen Walls vorbei. Er hat sich außerdem entschieden, statt auf Cursed Scroll auf Empyrial Armor und Winter Orb zu setzen, und wenn er deswegen eh schon mit Undiscovered Paradise und Mox Diamond antrat (man beachte, wie ausgezeichnet der Mox mit Tithe zusammenarbeitet), konnte er gleich die Vorteile eines 5CW ausnutzen.

Vier Decks sind natürlich ein bisschen wenig, um ein Metagame abzuschätzen, aber einige Trends sind erkennbar: Alle vier Decks benutzen Man-o'-War, Mana Leak und... Firestorm! Diese Karte entwickelte sich vom Geheimtipp zur omnipräsenten Gefahr. Ja, man machte ein wenig quantitativen Kartennachteil, aber der qualitative Vorteil, sowie der enorme Tempogewinn eines einseitigen Wrath machten das mehr als wett! Außerdem konnte man so nach einem gegnerischen Armageddon oder Winter Orb immer noch das Board leerräumen, was im damaligen Meta offensichtlich höchst wertvoll war!

Ansonsten scheinen Birds, Wall of Blossoms und Tradewind Rider unzertrennlich gewesen zu sein und die eklektizistischen Manabasen machten deutlich, warum alle aggressiven monofarbigen Decks (wenn sie nicht von "Scrubs" wie Jay Schneider gebaut wurden!) 4 Wastelands auffuhren. Und Ihr dachtet, zu Ravnica-Zeiten war es schwierig, sich seine Manabasis zu besorgen?

Eine allgemeine Anmerkung will ich noch machen: Die damals zur Verfügung stehenden Color-Hoser waren absurd stark! Weiß hatte Warmth (keineswegs schlecht gegen Sligh!), Justice (okay, die taugte nichts), Karma und Light of Day, sowie als Bonus die ganzen Schutzkreise. Schwarz besaß Deathgrip, Perish, Gloom und Dread of Night. Grün hatte Lifeforce, Tsunami, Choke und... na gut, Reap, sowie zusätzlich Scragnoth gegen Blau. Blau fuhr Hydroblast, Chill, Insight und Lifetap (okay, gegen Grün hatte Blau auch nicht so viel Power nötig) auf und Rot Pyroblast, Flashfires, Boil und Havoc (sowie Sirocco). Deswegen spielte man entweder bunte Decks, welche dagegen weniger anfällig waren, oder beteiligte sich an einem Wettrüsten im Sideboard. Weiterhin fällt auf, wie unglaublich stark die Creature Hoser waren: Perish, Dread of Night, Light of Day, Propaganda – WTF?

Offensichtlich hatte WotC ein schlechtes Gefühl dabei, effizientere Kreaturen zu drucken und steuerte auf diese Art gegen. Ohne Cursed Scroll, Fireblast und Winter Orb sowie die flexiblen Antworten, welche ihnen die 5-Color-Toolbox zur Verfügung stellte, hätten Weenie-Decks vermutlich nicht mithalten können.

Spulen wir eine Woche vor, zu den Österreichischen. Da gab es folgende Viertelfinalspiele:

    Christian Gregorich schlug Simon Grünauer,
    Christoph Derdak besiegte Benedikt Klauser,
    Rin Windauer triumphierte über Philipp Sellner
    und Alex Proschofsky eliminierte Christian Paratschek.

Gregorich gegen Grünauer, das war Godzilla (oder auch Comerzilla, nach seinem Designer Alan Comer) gegen Steel-Necro. Grünauer gab übrigens beim Stand von 1:1 auf, damit sein Gegner das Team machte! Auch bei Proschofsky gegen Paratschek (Flagpole mit Propaganda gegen Peaches mit einigen individuellen Änderungen) gab der Unterlegene bei 1:1 auf.

Die beiden anderen Partien wurden ausgespielt: Derdaks höchst eigentümliche Peaches-Variante schlug Klausers Propaganda-Flagpole, und Windauers Propaganda-loses Flagpole gewann gegen Sellners U/b Draw-Go (Splash für Diabolic Edict, sowie Lobotomy und Perish im Sideboard).

Im Halbfinale besiegte Derdaks Peaches Proschofskys Flagpole und Gregorichs Godzilla Windauers Flagpole. Das Finale entschied dann Derdak für sich.

Ein paar der Decks stelle ich Euch jetzt vor. Dabei verzichte ich auf die Flagpole-Varianten, die nichts wirklich Neues brachten, sowie auf das Draw-Go, von dem mir keine exakte Liste vorliegt:

Simon Grünauer:


15 Swamp
3 Wasteland
2 Volrath's Stronghold
1 Ebon Stronghold

4 Steel Golem

4 Dark Ritual
4 Nevinyrral's Disk
3 Spinning Darkness
4 Drain Life
4 Necropotence
4 Diabolic Edict
1 Snake Basket
4 Stupor
4 Funeral Charm
2 Agonizing Memories

3 Dread of Night
2 Perish
4 Bottle Gnomes
2 Bottomless Pit
3 Phyrexian Furnace
1 Wasteland

Diese Liste hat nur 59 Karten, aber ich will einmal hoffen, dass die vergessene Karte ein weiteres Land ist! Selbst 22 Länder wären reichlich knapp für ein Kontrolldeck. Man beachte den zahlreichen Discard, der in einem Meta, in dem Spieler Handkarten für Firestorm sparen oder Länder für ein geplantes Armageddon zurückhalten, selten tot ist, und den effektiven Time Walk der Agonizing Memories. Die Funeral Charm finden gegen Kreaturendecks eigentlich immer gute Ziele, und Volrath's Stronghold sorgt dafür, dass einem die Gewinnbedingungen nicht ausgehen. Ein wenig wundern mich die Bottomless Pit im Sideboard, welche in einem Kontrollaggro-Deck deplatziert wirken.

Christian Paratschek:


4 Birds of Paradise
4 Wall of Blossoms
3 Wall of Roots
3 Spike Feeder
3 Nekrataal
2 Man-o'-War
3 Uktabi Orangutan
2 Maro
3 Stampeding Wildebeests
3 Tradewind Rider
1 Lhurgoyf

2 Disenchant
2 Corpse Dance
2 Goblin Bombardment

2 Volrath's Stronghold
3 Reflecting Pool
2 Undiscovered Paradise
3 City of Brass
2 Gemstone Mine
2 Pine Barrens
2 Swamp
7 Forest

2 Disenchant
3 Lobotomy
4 Pyroblast
1 Scragnoth
3 Honorable Passage
2 Hydroblast

Stampeding Wildebeests, Corpse Dance und Goblin Bombardment waren alle normalerweise nicht in diesem Deck zu finden. Die Wildebeests konnten zwar mit den Blütenmauern Kartenvorteil machen, sowie Wall of Roots und Spike Feeder nachladen, aber so richtig überzeugen sie mich hier nicht. Corpse Dance konnte mit Spike Feeder, Goblin Bombardment und Tradewind Rider zusammenarbeiten, um eine Kreatur mehrfach zu verwenden (man spielte Corpse Dance eigentlich immer mit Buyback und suchte immer nach einer Möglichkeit, die Kreatur nicht am Ende der Runde aus dem Spiel entfernen zu müssen), wirkt aber auch eher wie eine Spielerei auf mich – war dieser Decktyp nicht bereits trickreich und kompliziert genug? Vielleicht sollte man den Viertelfinalisten der ÖM 1998 aber auch nicht überbewerten.

Christian Gregorich:


4 Verdant Force
4 Shivan Dragon
1 Sliver Queen
4 Hidden Horror
4 Merfolk Traders

4 Animate Dead
4 Necromancy
4 Dark Ritual
4 Firestorm
2 Living Death

3 Underground River
3 Sulfurous Springs
4 Gemstone Mine
4 City of Brass
2 Undiscovered Paradise
2 Reflecting Pool
1 Island
1 Swamp

4 Dread of Night
4 Pyroblast
2 Hydroblast
2 Uktabi Orangutan
3 Tranquil Domain

Oje, 55 Karten – hat denn damals niemand das Orakel Korrektur gelesen? Ein Vergleich mit der Dojo-Liste von Alan Comer legt jedenfalls nahe, dass die fehlenden Karten 4 Mana Leak und vielleicht ein Necrosavant (oder auch – warum nicht – vielleicht ein Volrath's Stronghold?) waren. Zwischen all den Living Death-Decks ist dies hier wohl der erste fokussierte Reanimator in einer kompetitiven Umgebung seit... seit... ich denke, es ist DER erste!

Natürlich hat es seinen Namen von den unglaublich großen Kreaturen, die es ins Spiel brachte. Merfolk Trader und Hidden Horror brachten die Viecher in den Friedhof, Animate Dead und Necromancy holten sie heraus. Sliver Queen und Verdant Force boten dabei eingebauten Schutz vor Diabolic Edict, aber Disenchant und Man-o'-War müssen diesem Deck doch ziemlich zu schaffen gemacht haben, von einem aktiven Tradewind Rider ganz zu schweigen. Die rohe Power von Godzilla lässt sich nicht leugnen, aber seine Konstanz und seinen Platz im damaligen Metagame muss ich doch eher anzweifeln. Aber naja, Erfolg gibt ja bekanntlich immer Recht!

Christoph Derdak:


2 Uktabi Orangutan
4 Spike Feeder
2 Birds of Paradise
3 Hermit Druid
2 Stampeding Wildebeests
4 Bottle Gnomes
3 Crazed Armodon
4 Wall of Blossoms
4 Nekrataal

4 Living Death
2 Disenchant
2 Corpse Dance
1 Phyrexian Furnace

2 Wasteland
4 City of Brass
2 Volrath's Stronghold
4 Reflecting Pool
6 Forest
2 Swamp
2 Gemstone Mine
3 Pine Barrens

1 Circle of Protection: Black
1 Whirling dervish
1 Circle of Protection: Shadow
2 Dread of Night
3 Pyroblast
2 Spontaneous Combustion
2 Lobotomy
1 Phyrexian Furnace
2 Disenchant

Sorry, an dieser Stelle muss es doch noch einmal sein: Dass die Meisterliste der ÖM 98 62 Karten enthält, bestätigt meinen die ganze Zeit über genährten Verdacht, dass die Ösis damals Tech-mäßig noch ein Stückchen hinterher waren! Diese Peaches-Variante verzichtet auf Blau (und damit auf Man-o'-War und Tradewind Rider) zugunsten einer Menge lustiger Tricks.


So finden sich auch hier Stampeding Wildebeests, aber auch Hermit Druid in der gleichen Doppelfunktion wie in Kellers Deck. Dazu wurde die Dancing-Gnomes-Kombo integriert, und zusätzlich wurden für den Corpse Dance auch Crazed Armodon benutzt (ja, gebraucht ruhig die Kartensuchfunktion von PlanetMTG!) Keiner kann mir erzählen, dass dieser Mischmasch in einem zu großen Deck wirklich ausgetunet war. Die letzten Zweifel beseitigt das Sideboard mit One-Ofs wie Whirling Dervish und Circle of Protection: Shadow. Spontaneous Combustion würde ich als originelle Idee ja gerade noch durchgehen lassen, wenn es nicht widersinnigerweise Aggro-Defense in der Splashfarbe wäre!

Suchen wir die Tech also doch lieber im eigenen Land (die Mehrheit der PlanetMTG-Leser sind ja vermutlich Deutsche), und nehmen wir nur einen generellen Metagame-Eindruck mit: Bunt, verspielt und kompliziert ist das Ganze!



Deswegen als Kontrast folgende Liste:


18 Mountain
4 Wasteland

4 Jackal Pup
4 Mogg Fanatic
3 Ironclaw Orcs
3 Mogg Flunkies
2 Viashino Sandstalker
4 Ball Lightning

4 Shock
4 Incinerate
4 Fireblast
1 Hammer of Bogardan
1 Firestorm
4 Cursed Scroll

4 Pyroblast
3 Shatter
4 Dwarven Miner
2 Nevinyrral's Disk
2 Firestorm

Dies hier ist die Deckliste des Deutschen Meisters 1998 Dirk Hein. Und die Liste des Viertelfinalisten Martin Lüdecke. Und (mit einer Disk mehr und einem Shatter weniger im Sideboard) die Liste des Halbfinalisten Daniel Brickwell, der dieses Deck gebaut und gemeinsam mit diesen Spielern getunet hatte. Es war ganz eindeutig das dominante Deck der DM 98.

Es ist schnell, schnörkellos und fokussiert. Selbst die One-Ofs, welche in besonderen Situationen hilfreich sein sollen, ergänzen nur den eigentlichen Game-Plan (Burn, falls Euch das nicht klar war!), und die 3/3-Verteilung zwischen Orcs und Flunkies war ein Resultat ausgiebigen Testens, keine Willkür. In einem Feld voller umständlicher und inkonsistenter Decks besann sich Daniel auf das Wesentliche und setze es um. Während andere Spieler gegen Sligh testeten und ihr Deck dann tuneten, um es zu schlagen, nahm Daniel sich Sligh vor und tunete es, bis es wieder gewann. Er erteilte der deutschen Magic-Szene damals eine deutliche Lektion in Sachen Tempo, Fokus, Effizienz und Konstanz.

Zu den anderen Spielern in den Top 8: Dirk besiegte im Finale Janosch Kühn, der im Halbfinale Daniel und im Viertelfinale Peter Schmitz-Hüser ausgeschaltet hatte. (Daniels Niederlage gegen Janosch, die er mit einigen haarsträubenden Misplays selbst mitverursachte, war die einzige Niederlage des Decks in den Top 8 außer gegen sich selbst – Martin Lüdecke hatte im Viertelfinale gegen Daniel verloren.) Dirk schlug im Viertelfinale Martin Valkyser und dann im Halbfinale Florian Dworak, der Thorsten Fehrentz besiegt hatte. Die anderen Decks:

Martin Valkyser:


17 Swamp
1 Volrath's Stronghold
4 Wasteland

1 Necrosavant
4 Steel Golem

4 Dark Ritual
4 Diabolic Edict
4 Drain Life
4 Funeral Charm
4 Necropotence
3 Spinning Darkness
4 Stupor
4 Nevinyrral's Disk
2 Snake Basket

4 Abyssal Specter
4 Stronghold Taskmaster
4 Bottle Gnomes
3 Phyrexian Furnace

Ich kann mir nicht helfen, auf mich wirkt diese Liste geglätteter und durchdachter als die von Simon... Im Sideboard verzichtet er auf zusätzliches Creature Removal gegen Farben, mit denen er sowieso weniger Probleme hat (Dread of Night, Perish) und setzt stattdessen auf Stronghold Taskmaster gegen Suicide Black und allgemein als zusätzlichen Threat gegen Kontrolle. Ob die Abyssal Specter damals wirklich gut waren, weiß ich nicht mehr, aber in diesem Deck überzeugen sie mich jedenfalls mehr als Bottomless Pit.

Florian Dworak:


2 Wall of Blossoms
4 Birds of Paradise
3 Tradewind Rider
4 Wall of Roots
3 Man-o'-War
3 Fallen Angel
3 Spike Feeder
1 Uktabi Orangutan

3 Living Death
3 Mana Leak
3 Firestorm
4 Intuition
3 Armageddon

3 Underground River
8 Forest
2 Undiscovered Paradise
3 Gemstone Mine
4 City of Brass
1 Reflecting Pool

3 Lobotomy
3 Pyroblast
1 Hall of Gemstones
2 Uktabi Orangutan
3 Ebony Charm
3 Dread of Night

Gegen Dirk hat Florian es vermutlich bitter bereut, "nur" 6 Walls zu spielen. Ich vermute jedoch, dass es einfach die 4 Wasteland und 4 Dwarven Miner gewesen sind, welche die Partie entschieden haben: Alleine mit Spike Feeder gewinnt man dann doch nicht gegen Sligh!

Thorsten Fehrentz:


4 Counterspell
4 Dissipate
3 Mana Leak
2 Portent
4 Impulse
3 Whispers of the Muse
4 Nevinyrral's Disk
1 Snake Basket
2 Lobotomy
2 Corpse Dance
2 Intuition

4 Bottle Gnomes
1 Rootwater Diver

2 Swamp
2 Reflecting Pool
4 Underground River
2 Quicksand
14 Island

1 Corpse Dance
1 Lobotomy
4 Perish
3 Dread of Night
2 Hydroblast
4 Propaganda

Dies hier war wohl das klassiche "Dancing Gnomes"-Deck: Draw-Go plus Schwarz für diese Kombo und ein wenig schwarze Utility und Creature Hate. Der Rootwater Diver konnte mit Hilfe von Corpse Dance Disks rekursieren und den einzigen wirklichen Threat, den Snake Basket wiederbringen bzw. helfen ihn mit Intuition zu holen und war vermutlich deswegen im Deck. Janoschs Version war ein wenig Counter-lastiger:

Janosch Kühn:


14 Island
3 Rootwater Depths
1 Underground River
4 Quicksand
2 Svyelunite Temple
1 Ice Floe

2 Bottle Gnomes
1 Rainbow Efreet

3 Whispers of the Muse
4 Counterspell
4 Dismiss
4 Impulse
4 Nevinyrral's Disk
1 Corpse Dance
1 Capsize
3 Force Spike
2 Power Sink
4 Dissipate
2 Memory Lapse

1 Wasteland
1 Grindstone
2 Phyrexian Furnace
2 Bottle Gnomes
1 Feldon's Cane
2 Legacy's Allure
4 Hydroblast
2 Suq'Ata Firewalker

Ein einsamer Efreet und zwei Gnömchen als einzige Threats – DAS nenne ich wahre Kontrolle!

Peter Schmitz-Hüser:


1 Barrow Ghoul
3 Soltari Monk
4 Soltari Priest
3 White Knight
4 Warrior en-Kor
1 Soltari Champion
3 Man-o'-War

3 Firestorm
2 Terror
4 Mox Diamond
3 Mana Leak
2 Armageddon
3 Incinerate
2 Disenchant
4 Tithe

3 Gemstone Mine
4 Undiscovered Paradise
1 City of Brass
8 Plains
3 Wasteland

1 Firestorm
4 Honorable Passage
3 Aura of Silence
3 Winter Orb
2 Power Sink
2 Sleight of Mind

(61 Karten)

Ich habe einmal im Scherz gesagt, dass sich in jeder Top 8 ein statistisches White Weenie befände (one Scrub has got to get lucky), und Peter Schmitz-Hüser, von dem ich ansonsten nie etwas gehört habe, scheint mit seinem 4CW diese Theorie zu bestätigen. An dieser Stelle finde ich es übrigens besonders praktisch, nicht auf die vielen kleinen Merkwürdigkeiten dieser Liste eingehen zu müssen um zu diskutieren, warum sie vermutlich suboptimal war, sondern einfach auf die Scrubkarte, die 61., verweisen zu können. Ja, ich habe es schon wieder getan – es ist aber nun einmal praktisch! Die sieben anderen Listen der Top 8 jedenfalls erscheinen mir durchdacht und getunet, und ihre Deckgröße widerspricht dem auch nicht.

Am letzten Juni-Wochenende fanden dann die Schweizer Meisteschaften statt. Ich hoffe, meine Schweizer Leser nehmen es mir nicht übel, wenn ich hier auf weitere Decklisten verzichte, denn dieser Artikel erreicht sonst Überlänge. Kurz, bevor Exodus das Standard-Metagame in seinen Grundfesten erschüttern sollte, gab es nichts wirklich Bahnbrechendes an
Decktech mehr zu vermelden. Im Halbfinale besiegte Timur Dogan mit einem Jay Elarar nachempfundenen 3CW Matthias Künzler und dessen 5CB (Künzler hatte keine Dread of Night im Sideboard), und Sepp Neffs verschlimmbessertes Sligh mit 4-Color-Sideboard unterlag Jürg Häberlis CounterSliver. Im Finale besiegte dann Timur Jürg.

Wie sah nun also das Metagame damals aus? Ich gebe diese Frage an meine Leser weiter. Kann man irgendetwas festhalten? Sligh, Dancing Gnomes, Peaches, Countersliver, 3CW, 5CB, Flagpole, Necro... Meine These ist ja, dass Sligh zu wenig gespielt bzw. von Spielern, welche seine Stärken nicht begriffen, verhunzt wurde und ansonsten das Deck-to-Beat gewesen wäre. Wie seht Ihr das?

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