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Community Das Wort zum Montag: Magicartikeltypen – Die Set-Review von Andreas "Zeromant" Pischner |
22.09.2008 |
| Wie die Zeit vergeht – dieses Wochenende ist doch tatsächlich schon wieder ein Prerelease! Naja, bei vier Sets im Jahr geht das natürlich alles Schlag auf Schlag. Höchste Zeit also, diese Reihe hier fortzführen! Was sollte man beim Verfassen einer Set-Review beachten?
Nun, einen zentralen Punkt setze ich offensichtlich – zumindest für Shards of Alara. – bereits voraus, nämlich dass Ihr sie noch nicht geschrieben HABT!
Wie gesagt: Dieses Wochenende ist das Prerelease. Dann wird es eine offizielle Spoilerliste mit allen Karten geben, und dann ist es auch sinnvoll, eine Set-Review zu verfassen!
Dabei schließe ich, wenn ich „Review“ schreibe, natürlich auch das ein – ja, meine es sogar in der Hauptsache –, was normalerweise als „Preview“ bezeichnet wird, nämlich einen frühen (nicht zwingenderweise ERSTEN!) Ausblick mit Vermutungen zu den Einsatzmöglichkeiten der Karten eines Sets im Constructed oder im Limited. (Da setze ich auch bereits den zweiten Punkt voraus: Versucht nicht beides auf einmal! Zwischen Limited-Tauglichkeit und Constructed-Relevanz einer Karte bestehen selten sinnvolle inhaltliche Verbindungen, so dass es sinnlos ist, beides gleichzeitig zu betrachten.)
Der Unterschied zwischen „Preview“ und „Review“ besteht im Wesentlichen in dem unterschiedlichen Zeitpunkt, zu dem sie verfasst werden, und aus den Kenntnissen, die der Autor sich bereits erworben hat (bzw. die man von ihm erwarten darf).
Machen wir mit einem ganz wichtigen Preview-spezifischen Punkt weiter:
WER EINE PREVIEW SCHREIBT, DARF SICH IRREN.
Das ist der Zeitpunkt, zu dem man noch dicke Fehler machen darf und zum Beispiel Tarmogoyf als uninteressant oder Æther Vial als unspielbar hinstellen darf, wenn man es – und damit sind wir bereits beim dritten Punkt! – gut begründen kann! Wenn es tatsächlich möglich wäre, bei allen Karten durch bloßes Ansehen und Nachdenken zu einer zuverlässigen Einschätzung ihrer Spielstärke zu gelangen, dann wäre Magic. ein weitaus langweiligeres und somit auch schlechteres Spiel, als es ist. Trotzdem sollte man sich tunlichst davor hüten, seine Meinungen mit übertriebener Autorität darzubieten! (Das ist dann auch schon der nächste Punkt.) Klare Aussagen sind in Ordnung – Einschätzungen á la „Hm, starker Effekt, aber ein bisschen teuer, mal sehen, ob die Karte etwas taugt“ will niemand lesen. Trotzdem ist es ein himmelweiter Unterschied zwischen der Aussage „Diese Karte ist eindeutig völliger Müll“ und „Ich bin daher überzeugt, dass diese Karte im Constructed keine Rolle spielen wird.“ Letzteres ist eine ehrliche (und hoffentlich gut begründete) Meinung, die sich später als zutreffend erweisen wird oder nicht. Ersteres ist eine Abwertung all derjeniger, die es wagen, anderer Meinung zu sein, und im Nachhinein furchtbar peinlich, wenn man damit dann doch daneben gelegen hat. (Das sollte es zumindest, aber die Peinlichkeitstoleranz vieler Großmäuler beeindruckt mich immer wieder!)
Nun, Meinungen zu neuen Karten hat jeder. Die Validität dieser Meinungen steht und fällt aber damit, wie sie begründet werden. Was macht also eine gut begründete Meinung aus?
Zunächst einmal ein Minimum an Recherche. Ich sage es noch einmal: Wartet den offiziellen Spoiler ab! Darüber zu schreiben, wie gut Manaplasm für zwei Mana ist, hat eben keinen besonderen Wert, wenn es tatsächlich drei Mana kostet. Außerdem muss man in Magic. Karten immer in einem größeren Kontext sehen. Im Limited sollte das offensichtlich sein – wie stark zum Beispiel ein 2/2er für zwei Mana ist, kann sich von Environment zu Environment erheblich unterscheiden. (So wurde zum Beispiel im ONS-Block Draft ein Glory Seeker. teilweise als Firstpick genommen, während im XXX-Draft Grizzly Bears. es nicht einmal immer ins Deck schaffen!) Doch auch im Constructed ist es gefährlich, Karten isoliert zu betrachten: Welchen Stellenwert hätte Roar of the Wurm. damals besessen, wenn es keinen Wild Mongrel. gegeben hätte? Oder wenn dieser gekostet hätte statt ?
Dann darf man vom Previewer eines Sets erwarten, dass er sich bereits ein wenig im Netz umgelesen hat. Ja, natürlich sind mindestens 90% aller Forenkommentare zu neuen Karten einfach Müll, aber in den restlichen 10% stecken manchmal wertvolle Ideen. Wenn schon sonst nichts, verringert man so die Chance, dass man etwas Grundlegendes übersieht (Hey – ich kann ja meinen Chameleon Colossus. für Wren's Run Vanquisher. vorzeigen!) Und wenn die Internet-Community bereits angeregt über die Möglichkeit diskutiert, mit Swans of Bryn Argoll. und Seismic Assault. Decks zu bauen, dann steht man schon ziemlich dumm da, wenn man in seinem Preview diese Kombo nicht zumindest erwähnt.
Diejenige Form der Recherche, die von Previewern jedoch am meisten vernachlässigt wird, ist der Vergleich der neuen Karten mit bereits existierenden! Okay, vermutlich hat nie jemand in einem Magic-Artikel tatsächlich ernsthaft Disenchant. als weißen Naturalize. bezeichnet und sich gefragt, ob diese zusätzliche Flexibilität. von Weiß den Color-Pie und damit das Gleichgewicht. zwischen den Farben stört. (In einem Forum habe ich das damals aber wirklich einmal lesen müssen!) Doch es kommt trotzdem immer wieder vor, dass ein Previewer sich aufdrängende Parallelen zu älteren Karten ignoriert, und der Grund ist meistens der, dass er selbst erst seit wenigen Jahren Magic. spielt und die Geschichte dieses Spiels nicht kennt.
Das geht selten gut, und führt häufig dazu, dass der Blickwinkel, unter dem die neuen Karten gesehen werden, extrem verengt wird, ganz besonders bei Constructed-Previews: „Gute Kreatur eigentlich, aber Faeries haben bessere Alternativen, und in das Merfolk-Deck passt sie auch nicht, also leider nutzlos.“
Viele Veränderungen hat Magic bereits hinter sich und wer sich damit befasst hat, ist auch besser in der Lage, das Potenzial einer Karte losgelöst vom aktuellen Kontext einzuschätzen! |
MAGIC. VERÄNDERT SICH.
Viele dieser Veränderungen hat es bereits hinter sich (und hoffentlich noch mehr vor sich), und wer sich damit befasst hat, der ist auch besser in der Lage, das Potenzial einer Karte losgelöst vom aktuellen (oder, genau genommen, seit Erscheinen des neuen Sets eben NICHT mehr aktuellen) Kontext einzuschätzen.
Ob eine Karte – oder ein Deck, in dem sie sich besonders wohl fühlt – den Sprung zur Constructed-Tauglichkeit schafft, hängt von einem komplexen Zusammenspiel zahlreicher Faktoren ab. Wem dies nicht einleuchtet, der sehe sich doch einmal in der Geschichte von Magic. um! Ich empfehle ganz besonders eine Betrachtung von Metagames vor und nach dem Banning oder der Restriktion einer Karte. Welche Wellen der Wegfall einer einzigen Karte doch im Metagame schlagen kann!
Eine zusätzliche Schwierigkeit, der sich Previewer heutzutage gegenüber sehen, ist der Umstand, dass Wizards den Anteil von Crap Rares (in der ursprünglichen, angemessenen Bedeutung dieses Begriffs) zuletzt deutlich zurückgefahren hat. Tatsächlich ist der Power-Level einzelner Karten heute um ein Vielfaches ausgeglichener als früher. Im Zusammenspiel damit, dass Wizards es auch weitestgehend vermeiden, überstarke Karten zu drucken (nein, Tarmogoyf, Cryptic Command. oder Bitterblossom. sind einfach kein Vergleich zu den „brokenen“ Karten von früher!), bedeutet dies, dass es heute kaum möglich ist, die Zusammensetzung eines zukünftigen Metagames zu prognostizieren, zumindest im Standard.
Deswegen VERSUCHT es gar nicht erst, ansonsten lesen sich Eure Constructed-Previews so, dass bei 98% der Karten steht „passt wohl in kein bestehendes Deck“ und bei vier oder fünf, wo es so offensichtlich ist, dass niemand dafür diese Preview lesen musste, „eine absolute Top Rare und ein Staple im neuen Metagame!“
Stattdessen schreibt über das POTENZIAL der Karten. Besitzt sie interessante Aspekte? Natürlich nimmt man immer ihre Manaeffizienz etc... unter die Lupe. 2/2er für ein Mana besitzen Potenzial, klar. Da man aber davon ausgehen kann, dass dies auch den meisten Lesern klar ist, sollte man sich auf andere Dinge konzentrieren: Gibt es etwas, was diese Karte Besonderes macht? Ist es etwas, was es schon einmal so ähnlich gegeben hat, oder ist es etwas völlig Neues? Was könnte man damit anfangen, und wie müssten sich die Dinge entwickeln, damit sich das auch auf kompetetiver Ebene lohnt?
Letzten Endes zolle ich solchen Previewern erheblich mehr Respekt, die zu zwei Dutzend Karten Ideen liefern, wie diese das Metagame beeinflussen könnten, auch wenn sie damit nur in ein oder zwei oder von mir aus auch in gar keinen Fällen richtig liegen, als solchen, die auf Sicherheit spielen und nur feststellen, dass Mutavault. als Manland ein Staple werden wird, dass Bitterblossom. super zu Faeries passt, und dass Chameleon Colossus. eine sehr starke Kreatur ist, die in vielen grünen Decks ein Zuhause finden wird. Okay, vielleicht schreibt Ihr ja nicht, um Euch meinen Respekt zu erwerben, aber auch für Eure sonstigen Leser sind Eure Previews mit Sicherheit intereesanter, wenn Ihr Euch mit Euren Prognosen ein wenig aus dem Fenster lehnt!
So, jetzt habe ich mich doch stark auf Constructed-Previews eingschossen, deswegen folgen jetzt ein paar W.orte zu Limited-Previews.
Zunächst einmal: Wenn Ihr nicht bereits seit mindestens zwei Jahren aktiv Magic. spielt und Euch mit verschiedenen Limited-Environments befasst habt, DANN LASST DIE FINGER DAVON! Ihr tut Euch selbst und Euren Lesern einen Gefallen.
Bei kleinen Sets, welche ein bestehendes und verstandenes Limited-Environment erweitern, kann man noch eine Ausnahme machen, aber wenn es darum geht, sich in ein völlig neues Format hineinzudenken, dann benötigt man einfach die Erfahrung, unterschiedliche frühere Formate kennengelernt zu haben. Jedes Limited-Environment tickt ein wenig anders, und schon seit längerer Zeit bauen Wizards in ihre Sets ganz bewusst zusätzliche Komplikationen in Form blockspezifischer Themen ein. Erst wenn man sich mit einigen dieser unterschiedlichen Dynamiken auseinandergesetzt hat, ist man in der Lage, den geistigen Schritt zurück zu machen und ein neues Set nicht durch die Linse der vorangegangenen zu betrachten.
Oh, natürlich kann man jederzeit schreiben „2/2-Flieger für drei Mana sind gut“ und „3/3er für fünf Mana ohne relevante Fähigkeit sind schlecht“, aber das genügt einfach nicht! Eine lesenswerte Preview sollte auch bereits Erkenntnisse der Art enthalten, dass ansonsten höchst unspektakuläre Changelings dank ihrer Spezialfähigkeit frühe Picks sind, und dass Springleaf Drum. gut mit Merfolk-Strategien harmoniert, während Clash in der Regel nicht mehr als ein netter Bonus ist, der die Spielbarkeit einer Karte nicht wesentlich erhöht. Und nein, natürlich muss man nicht ALLES vorher wissen – UND MAN DARF SICH IRREN – aber man muss eben in der Lage sein, gut begründete Erkenntnisse zu den Feinheiten des Formats zu präsentieren.
Kommen wir zu formalen Dingen:
Benutzt englische Kartennamen. Immer. Nein, die neueren Spieler, welche sich mit deutschen Karten wohler fühlen, lesen Eure Previews nicht. (Und wenn sie es doch tun, dann ist dies ein deutliches Zeichen, dass sie sich tiefer in die Materie einarbeiten wollen, und dann müssen sie sich eh mit englischen Karten beschäftigen.)
Okay, zu den wichtigeren Sachen: Überlegt Euch, wie Ihr Eure Review strukturieren wollt! Als Standard hat sich eine Aufteilung nach Farben durchgesetzt, und ich verstehe immer noch nicht, warum. (Okay, es hat ein bisschen etwas damit zu tun, dass man so aus einer Preview-Reihe ca. zwei Teile mehr herausholen kann, als eigentlich nötig wäre, was sowohl Autoren als auch Redakteuren entgegenkommt.) Gerade bei Limited-Previews empfehle ich nachdrücklich eine Aufteilung nach Commons, Uncommons und Rares, angefangen mit den Commons, denn Commons machen nun einmal den Hauptteil der Karten, mit denen man es im Limited tatsächlich zu tun hat, aus, und sie bestimmen auch weitestgehend die Dynamik eines Environments. Außerdem hat man so ein wenig mehr Zeit, um mit denjenigen Karten, die man seltener zu Gesicht bekommt, auch tatsächlich zu spielen, bevor man darüber schreibt.
Aber auch, wenn Ihr es anders macht, überlegt Euch bitte, ob Ihr aus Eurer Preview wirklich einen Sechsteiler machen wollt, der sich über eineinhalb Monate hinzieht! Ich werde nie begreifen, warum man zu Weiß immer wieder Einschätzungen lesen muss, die direkt nach (und teilweise VOR) Veröffentlichung des Spoilers verfasst wurden, während in die Betrachtungen zu Grün bereits die Erfahrungen von einem Monat aktiven Spiels einfließen. (Dafür sind es dann aber weniger, weil manchen Previewern zwischendurch die Puste ausgegangen ist.)
Wisst Ihr, ich kann natürlich nicht für alle Leser sprechen, aber ich bin Euch auch nicht böse, wenn Ihr in den ersten zwei Wochen nach dem Prerelease erst einmal eine PREVIEW mit vorläufigen Einschätzungen verfasst, und einen Monat später dann noch einmal eine REVIEW, in dem Ihr Eure unterdessen angesammelten, fundierten Erkenntnisse vorstellt! Ich befürchte allerdings, dass diese Methode bei vielen Autoren auf wenig Gegenliebe stößt, da bei dieser Gegenüberstellung der Artikelformen nur zu offensichtlich wird, wenn man sich eigentlich kaum weitergehende Erkenntnisse erworben hat...
Zum Unterschied zwischen Preview und Review gleich noch ein bisschen mehr. Noch zum Formalen: Ja, Copy/Paste der Kartentexte ist gut (zumindest in Previews)! Natürlich blähen sie einen Artikel enorm auf, aber auch leidenschaftliche Turnierspieler werden in der ersten Zeit noch nicht alle Kartentexte auswendig wissen, und selbst das Anklicken einer Verlinkung stört den Lese- und Gedankenfluss merklich. Da man davon ausgehen kann, dass ein kompetenter Editor die Kartentexte deutlich abhebt, hat so jeder Leser die Wahl, sie einfach zu ignorieren, oder sie sich eben zunächst einmal durchzulesen, bevor er sich dann gedanklich mit dem beschäftigt, was der Autor ihm dazu zu sagen hat.
Dabei gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Limited- und Constructed-Previews: Eine Limited-Review sollte VOLLSTÄNDIG sein. Ja, Ihr solltet zu absolut jeder Karte irgendetwas sagen – selbst dann, wenn es nur auf „2/2-Flieger für drei Mana sind gut“ hinausläuft! Der Trick dabei, eine inhaltlich zufriedenstellende Preview zu schrieben, ist nicht der, die Grundlagen außen vor zu lassen – denn man hat tasächlich auch Leser, denen diese Grundlagen noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen sind! – sondern der, an den Stellen, wo es wirklich etwas Interessantes zu sagen gibt, dies auch zu tun!
Der Trick dabei wiederum, das Ganze lesbar zu gestalten, ist der, nicht nach Schema F (auch Card-by-Card genannt) vorzugehen! Niemand hindert. Euch zum Beispiel daran, die meisten grünen Common-Kreaturen (oder, besser noch, wenn Ihr nicht nach Farben sortiert habt, die Common-Kreaturen ALLER Farben) auf einen Rutsch vorzustellen, kategorisiert nach „unspielbar“ – das ist die Bog Hoodlums-Kategorie, die in den letzten Jahren immer kleiner geworden ist –, „spielbar, aber unerwünscht“ – das sind die 3/3er für fünf Mana und so – und „solide“ – und das sind dann wohl die 2/2-Flieger für drei Mana. Karten, die besonders hervorstechen (entweder durch ihre Spielstärke, oder weil Ihr etwas Besonderes dazu zu sagen habt, zum Beispiel eine detaillierte Analyse, warum man in welcher Situation Wild Griffin. über Aven Cloudchaser. draftet oder umgekehrt), könnt Ihr immer noch einzeln betrachten.
Bedenkt bitte, dass Euer Artikel, wenn auch nicht von völligen Neulingen, so doch von Spielern auf unterschiedlichen Skillleveln gelesen wird! Deswegen sind auch Bewertungssysteme, wenn diese auch zuletzt völlig aus der Mode gekommen zu sein scheinen, durchaus nicht sinnlos. Eure ach so tiefgründigen Erkenntnisse lassen sich ansonsten möglicherweise gar nicht richtig einordnen.
Kartenbewertungen müssen nachvollziehbar, widerspruchsfrei und aussagekräftig sein! |
Wenn Ihr also Bewertungen verwendet, achtet darauf, dass sie NACHVOLLZIEHBAR, WIDERSPRUCHSFREI und AUSSAGEKRÄFTIG sind. Um sie nachvollziehbar zu gestalten, helfen einige generelle deskriptive Aussagen („Vier Sterne bedeutet, dass ich die Karte eigentlich immer im Deck habe, wenn ich diese Farbe spiele, dass ich aber ihretwegen nicht gleich mein ganzes Deck umkrempeln würde“) sowie Beispiele aus älteren Environments. Widerspruchsfreiheit bedeutet, dass Quervergleiche zwischen Euren Bewertungen Sinn ergeben müssen, und ist eigentlich kein Problem, wenn Ihr Euch ernsthaft Gedanken gemacht habt und Eure Bewertung AUSSAGEKRÄFTIG ist.
Zur Aussagekraft: Wer einer Karte 8,5 von 10 Punkten gibt, der beweist damit nur, dass er seine Skala nicht sinnvoll angepasst hat! Niemand braucht zwanzig (oder einundzwanzig) Abstufungen. Ich bin der Ansicht, dass man mit fünf bis sechs wunderbar auskommt, da es einfach nicht nötig ist, zwischen „Firstpick“, „Firsterpick“ und „Firstestpick“ zu unterscheiden, oder zwischen „völlig unspielbar“, „absolut unspielbar“, „absolut völlig unspielbar“ und „Hilfe, ich bin blind, seit ich diese Karte sehen musste!“ Wem solche Feinheiten wichtig sind, der kann sie an den entsprechenden Stellen eben im Text erwähnen. Benutzt also Eure gesamte Skala, dann benötigt Ihr auch keine unsinnigen Zwischenschritte.
Was ich übrigens als unheimlich nützlich ansehe, ist eine Einschätzung, als wievielter Pick eine Karte normalerweise genommen wird! Das hilft nicht nur zu verstehen, wie stark der Autor eine Karte einschätzt, sondern hilft auch dem unerfahrenen Drafter, der verzweifelt versucht, diese mysteriösen „Signale“ zu erkennen, von denen alle Welt spricht. Eine ungefähre Einschätzung á la „4.-6. Pick“ ist da schon viel wert. Und ja, es genügt, wenn man ein Mal ausdrücklich darauf hinweist, dass sich der relative Wert einer Karte natürlich im Kontext dessen, was man bereits gedraftet hat, und was man noch zu draften erwartet, verändert!
Übrigens sollte eine Draftreview im Idealfall gar nicht mit der Kartenbewertung beginnen. Stattdessen wären einige allgemeine Aussagen zum Format angebracht. An anderer Stelle habe ich schon einmal einen Artikel verfasst „Wie man eine Limited-Analyse angeht". Darin findet Ihr allerlei Tipps, nach welchen Kriterien man ein Limited-Environment analysieren kann. Ich will mich jetzt aber nicht wiederholen oder das Rad neu erfinden, deswegen nur der Verweis.
Zum Abschluss noch ein paar W.orte zum Unterschied Preview/Review: Zunächst einmal gibt es so etwas wie eine Constructed-Review eigentlich gar nicht! Eine Review fasst erworbenes Wissen übersichtlich zusammen. Das leisten bei Constructed-Formaten die Artikelformen Deckanalyse und Metagameanalyse.
Im Limited hingegen sieht das etwas anders aus. Während man in der Preview grundlegende Kartenbewertungen abgibt und auf erkennbare Synergien und Dynamiken hinweist, macht man in der Review Bestandsaufnahme. Welche Draftstrategien haben sich als erfolgreich erwiesen, welche als problematisch? Welche Karten spielen darin eine besondere Rolle? Gibt es so etwas wie ein Metagame, und wenn ja, welche Farben / Strategien sind darin überdraftet oder unterdraftet, und wie kann man das möglicherweise ausnutzen? Welche speziellen Strategien kann man verfolgen, wenn man früh bestimmte Schlüsselkarten erhält? Selbstverständlich gibt eine Review auch Gelegenheit, Einschätzungen aus der Preview-Ära zu korrigieren. Schließlich gibt es möglicherweise auch bereits Decklisten, auf die man sich beziehen kann, so zum Beispiel Top-8-Decks von Limited-Pro-Touren oder Grand Prix, die belegen, wie Draftdecks in der realen Welt tatsächlich aussehen.
Eine solche Review will man selbstverständlich nicht Card-by-Card organisieren! Stattdessen weist es Elemente der Deckanalyse und der Metagameanalyse, wie man sie beim Constructed kennt, auf. Hier kann es dann auch sinnvoll sein, bestimmte Deckarchetypen vorzustellen. Man sollte dabei aber nicht den Blick dafür verlieren, dass ein Limited-Metagame eben NICHT nur aus solchen Archetypen besteht, sondern in Limited-typischer Manier ein Reagieren auf sich kurzfristig ergebende Bedingungen darstellt.
Ironischerweise verlangt eine Limited-Review weniger Magic-Erfahrung als eine Preview, da die Idiosynkrasien des neuen Environments ja unterdessen bekannt sind. Dafür allerdings ist tatsächliche Praxis damit unabdingbar.
Mir fällt gerade auf, dass ich unter der Bezeichnung „Limited-Review“ den Artikeltyp „Draftstrategie“ eigentlich bereits besprochen habe! Letztlich liegt das wohl daran, dass eine Limited-Review für mich – wie wohl für viele andere auch – zumindest, wenn ich nicht darüber nachdenke, synonym mit einer Draftreview ist.
Wenn Ihr aber eine Limited-Preview oder -Review schreibt, vergesst die Sealed-Deck-Perspektive nicht! Natürlich ist es am angenehmsten, Überlegungen dazu in Form eines Deckbau-Artikels zu lesen, um gleich ein praktisches Beispiel zu sehen (und zu dieser Artikelform werde ich noch etwas schreiben). Nichtsdestotrotz ist es ein Bonus, wenn ein Autor sich auch zum Sealed Deck ein wenig Gedanken gemacht hat und Hinweise dazu gibt, welche Karten im Sealed im Gegensatz zum Draft signifikant stärker oder schwächer werden, sowie eine Einschätzung, wie das Sealed-Deck-Metagame aussehen wird / aussieht. Welche Farben wird man bevorzugt sehen? Wie schnell ist das Format? Wie wichtig ist Removal? (Jaja, Removal ist IMMER wichtig, aber manchmal ist es eben NOCH wichtiger, wenn man zum Beispiel mit vielen überstarken Utility-Creatures á la Sparksmith. oder Timberwatch Elf. rechnen muss.) Sollte man sein Deck eher auf Konstanz oder eher auf Power ausrichten?
Draft und Sealed können sich erheblich unterscheiden, und auch wenn wir wohl (fast) alle lieber draften – in einem PTQ oder Grand Prix spielen wir normalerweise mehr Sealed als Draft!
Bis zum nächsten Mal dann – mal sehen, ob es mit dieser Reihe hier weiter geht, oder ob ich etwas zu Shards of Alara. schreibe... eine Preview wird es allerdings wohl nicht sein!
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