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Drafting Scars: The Blues
von Florian Koch
05.11.2010

Dank meiner großartigen Erfolge in Bochum hat Tobi mich jetzt quasi dazu verdonnert, eine regelmäßige Kolumne zu schreiben. Das wirft direkt zwei Fragen auf:

Wie regelmäßig ist regelmäßig?
Welche Erfolge?!

Regelmäßig soll heißen, dass ich zumindest einmal das zu Ende führen möchte, was ich angefangen habe, also das Scars of Mirrodin-Draftformat zu beschreiben. Was danach kommt, steht in den Sternen. Einen Rückblick auf die PT-Saison werde ich euch sicher nicht ersparen und irgendwann erscheint dann auch schon wieder Scars of Mirrodin. Wenn mir etwas einfällt, lässt das sogar noch Platz für ein wenig Improvisiertes dazwischen, aber dafür muss mir erstens etwas einfallen und zweitens muss es mehr als ein halber Artikel werden, daran ist es in letzer Zeit nämlich häufiger gescheitert.

Was die Erfolge anbelangt, ihr wollt nicht wirklich behaupten, dass die Coverage meinen Triumph beim Super-FNM verschwiegen hätte, oder? Bombendeck aufgemacht und in der ersten Runde direkt das Bye abbekommen, um den besten Tiebreaker zu sichern; so gewinnt man Turniere! Den Plural des Worts Erfolgs erlaube ich mir übrigens für das Vordringen in die KO-Runde des größten PTQs aller Zeiten. Na ja, über den GP selbst breiten wir besser den Mantel des Schweigens aus und damit Schluss der Ironie, zur Substanz!


Ein Artikel über Infect


… scheint den Kommentaren nach recht gut angekommen zu sein und darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut. Fehlerlos war dieser Artikel aber sicher nicht und so möchte ich noch einmal festhalten, dass die Pickreihenfolge euren Kommentaren und dem Interview mit Kazuya Mitamura zufolge einen groben Fehler aufweist. Wie es ausschaut, ist Plague Stinger deutlich besser, als ich ihn gemacht habe, und so reiht er sich nicht am unteren Ende der 2-Drops, sondern am oberen Ende ein. Blight Mamba hingegen scheint dadurch schon fast in die Kategorie „grenzwertig spielbar“ abzurutschen, obwohl ich sie immer noch ganz in Ordnung finde, aber jedes Format lässt Platz für die Vorlieben verschiedener Drafter.


Gummi, überall Gummi!


Scars of Mirrodin-Boosterdraft ist ein schwieriges Format. Das kann man zum Beispiel daran festmachen, dass feste Draftpickreihenfolgen in diesem Format mehr noch als in anderen Formaten zum Scheitern verurteilt sind, weil die guten Decks fast ausschließlich aus Synergien und vielleicht ein paar Bomben bestehen. Es gibt zwar verschiedene Archetypen, die jeweils ein recht einheitliches Bild abgeben, unter der Haube schlummern aber innerhalb jedes Archetyps Decks, die verschieden funktionieren und dementsprechend auch ganz unterschiedlich zu draften sind. Innerhalb jedes Archetyps? – Na ja, fast. Infect bildet hier die Ausnahme, weil meines Erachtens nur ein gängiges Deck existiert, das recht klar vorgibt, wie es zu draften ist. Daher kommt man auch damit durch, einen Artikel zu schreiben, der sehr starr auf die Ordnung der Draftpicks ausgerichtet ist.

Diesen unkomplizierten Teil habe ich jedoch bereits abgearbeitet, sodass man die weiteren Archetypen mit einer anderen Herangehensweise untersuchen muss. Das führt dazu, dass dieser Artikel viel schwammiger ist als der letzte. Wo beim letzten Mal feste Pickreihenfolgen standen, werde ich diesmal eher versuchen, verschiedene Decktypen vorzustellen und einen Eindruck zu vermitteln, worauf es dabei ankommt. Was wir dafür aber zunächst brauchen ist ein Verständnis des Formats als Ganzem, dann ein Bild der verschiedenen Archetypen und schließlich eine Vorstellung davon, was der Schlüssel zu den funktionierenden Decks innerhalb eines Archetyps ist. Natürlich beeinflussen sich diese Ebenen alle gegenseitig, aber versuchen wir oben anzufangen.


Das Format

Was lässt sich im Allgemeinen über dieses Draftformat feststellen? Allein schon die Unterscheidung von zwei Ebenen, Decks und Archetypen, ist für eine Draftumgebung ungewöhnlich. Normalerweise reicht es, einige Archetypen zu unterscheiden, innerhalb dieser ist eine weitere Unterscheidung in Decks dann nicht mehr sinnvoll. Die Archetypen sind die Decks. Das ist in Scars of Mirrodin anders. Einerseits gibt es schier unzählig viele Decks, also Ansammlungen von Karten, wo das Ganze mehr ist als die Summe der Einzelteile. Andererseits lassen sich die meisten dieser Decks grob in ein Spektrum verschiedener Archetypen einteilen, wobei die Decks innerhalb eines Archetyps dann in vielerlei Hinsicht große Ähnlichkeiten aufweisen.

Gute Scars of Mirrodin-Draftdecks zeichnen sich in meinen Augen nicht durch gute Einzelkarten, sondern vor allem durch gute Synergien aus. Meist ist es so, dass ein Deck einen Kern hat, der die Synergien trägt, und dazu kommt ein Gerüst, das diesen Kern unterstützt. So sollte ein weiß-rotes Equipment-Aggrodeck (Sunspear Shikari/Goblin Gaveleer) möglicherweise eher versuchen, Kemba's Skyguard einzusammeln, um weitere Equipmentträger zu haben, als auf Krampf ein Metalcraftsubthema zu etablieren. Aus diesem Raster bricht Infect allerdings deutlich aus, als Archetyp, der nicht auf Synergien setzt, sondern einfach auf die Überlegenheit seiner Threats. Auf der anderen Seite steht Metalcraft, das häufig als Archetyp oder Deck bezeichnet wird, aber nur in den seltensten Fällen eines ist. Tatsächlich handelt es sich bei Metalcraft mehr um ein Werkzeug, das viele Decks aus verschiedenen Archetypen benutzen.


Die Archetypen

Grundsätzlich kann man natürlich auch in Scars of Mirrodin Aggro- und Kontrollstrategien unterscheiden. Es bei dieser groben Unterteilung zu belassen, wäre allerdings wenig hilfreich, weil innerhalb dieser Teiche sehr verschiedene Fische leben. Offenkundig gibt es Infect als abzugrenzenden Archetypen. Dieser besteht hauptsächlich aus einer grün-schwarzen Aggrovariante, die ich im letzten Artikel ausgiebig beschrieben habe. Dazu kommen, allerdings deutlich seltener auftretend, kontrolligere Varianten, die möglicherweise Blau hinzufügen, vielleicht sogar Schwarz oder Grün komplett durch Blau ersetzen. Ein solches Deck würde dann versuchen, einen größeren Nutzen aus den blauen Proliferatekarten zu ziehen. Leider muss ich ehrlich sagen, dass ich bisher keinen solchen Fisch gesichtet habe. Entweder habe ich gegen gute Infectaggrodecks gespielt oder gegen schlechte, aber nie gegen solche, die freiwillig auf Aggression verzichtet haben.

Kontrolldecks haben meist einen blauen Kern. Der Grund dafür dürfte sein, dass Blau schon auf Basis seiner Commons verhältnismäßig gut das frühe Spiel überstehen kann und gleichzeitig die am schwersten zu beantwortenden Threats hat. Dieser blaue Kern steht verhältnismäßig häufig allein und setzt dann auf Metalcraft. Alternativ sind Weiß und Rot als Removalfarben gern gesehene Ergänzungen. Schwarz hingegen hat in diesem Format verhältnismäßig wenig Unterstützung anzubieten. Als Kontrolldeck wollen wir ein langes Spiel, müssen also verhältnismäßig häufig gegen gegnerische Bomben antreten und brauchen daher zuverlässiges Removal und da ist Schwarz diesmal nicht gut ausgestattet. Schwarze Kreaturen sind ebenfalls eher nicht der Rede wert. Blau-Grün oder Blau-Schwarz ist als Infect-Kontrolldeck vorstellbar und überschneidet sich insofern mit diesem Archetypen.

Die aggressiveren Strategien bieten ein ziemlich weites Feld an Möglichkeiten. Gemein ist fast allen aggresiven Decks aber, dass sie Weiß und/oder Rot enthalten. Das Spektrum beginnt im Prinzip bei weiß-blauen Decks, die verhältnismäßig stark auf Flieger setzen, geht über zu Monoweiß, häufig mit Metalcraft. Gewissermaßen im Zentrum steht Rot-Weiß, von wo aus es dann zu Monorot, wiederum tendenziell mit viel Metall, zu Rot-Schwarz-„Schimmel“ (nach Conley Woods) geht. Hinter jeder dieser Farbkombinationen verbirgt sich mindestens ein Deck. Das ganze Aggrospektrum lässt sich meines Erachtens einigermaßen sinnvoll in zwei Archetypen aufteilen: Weißbasierte Aggrostrategien und rotbasierte, wobei Rot-Weiß zwischen allen Stühlen sitzt, aber keineswegs selten ist.

Dazu kommen noch ein paar Decks, die sich den gängigen Archetypen entziehen. GR-Artifact-Hate ist ein Klobodeck, das seine Stärke aus der Überlegenheit grüner Nicht-Infect-Kreaturen beziehen möchte. Außerdem gibt es Decks, die stark von Einzelkarten abhängen. So gibt es Grindclock-Milldecks und Furnace Celebration-Decks, die sich in den meisten Fällen allerdings als Aggro- oder Kontrolldecks klassifizieren lassen.


Der Einstieg

Offensichtlich kann ich nicht auf alle Decks sinnvoll in einem Artikel eingehen. Deshalb werde ich mich heute auf die Decks beschränken, die in den blue-based Control-Archetyp fallen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, bei einem solchen zu landen, in Wirklichkeit aber gar nicht so viele. Wenn man sich die blauen Commons und die Blau nahestehenden Common-Artefakte anschaut, dann fällt nämlich auf, dass es gar keine blauen First Picks gibt, nicht einmal ansatzweise. Die beiden mit Abstand besten blauen Commons sind Silver Myr und Perilous Myr und das sind beides keine Argumente dafür, in Blau zu gehen. Es gibt zwar noch Vedalken Certarch, der im richtigen Deck eine der vom Preis-Leistungs-Verhältnis her besten Commons ever is; doch damit dieses Potenzial zuverlässig abgerufen kann, muss eine Menge richtig laufen und daher eignet dieser Zauberer sich kaum als First Pick. Danach kommen dann Karten ŕ la Sky-Eel School und Neurok Replica, solide Karten, die man gern im Deck hat, aber immer noch nichts, was einen richtig Richtung Blau zieht.


Warum draften also überhaupt Leute Blau? Die häufigste Antwort darauf dürfte sein: „Ich habe Volition Reins geschoben bekommen.“ Ich verstehe zwar immer noch nicht recht, was diese Vorderleute immer dazu bewegt, die Reins weiterzugeben, aber man kann sich ziemlich sicher sein, dass derjenige, der sich der vom Powerlevel her besten Uncommon des Sets annimmt, dieses Signal dann auch zum Anlass nimmt, Blau zu draften. Wenn man weiterschaut, stellt man allerdings fest, dass Blau auch fast keine weiteren Uncommon-First-Picks hat: Darkslick Drake mag noch ganz passabel als solcher herhalten, aber Trinket Mage und Riddlesmith empfinde ich schon eher als enttäuschende First Picks und besser wird's nicht. Krasserweise schneidet Blau selbst bei den Rares und Mythics absolut mies ab. Die Mythic ist mit Quicksilver Gargantuan mehr ein Moneypick für Arme als ein First Pick und von den fünf Rares ist Shape Anew unspielbar, während Inexorable Tide und Dissipation Field nur in den seltensten Fällen überhaupt brauchbar sind. Grand Architect ist solide und Argent Sphinx ist neben Volition Reins wirklich der einzig blaue Wunsch-First-Pick.


Wir können also festhalten, dass man mit einem blauen First Pick häufig am Tisch allein sein wird. Ansonsten zeichnet sich ein Draft mit blauen Karten eher langsam ab, weil Blau kaum herausstechende Karten hat, die man früh draften wollte oder die andernfalls als Signale dienen könnten. Was Blau dafür jedoch hat, sind ein paar sehr solide Rollenspieler. Neurok Replica ist unübertroffen darin, im Weg herumzustehen. Sky-Eel School macht den Himmel dicht, greift später an und reduziert gleichzeitig noch die Floodgefahr. Soliton und Plated Seastrider können ebenfalls die Funktion von Neurok Replica übernehmen und in Scrapdiver Serpent hat Blau außerdem die Common mit dem höchsten Inevitability-Faktor. Soll heißen, dass die Schlange verdammt viele Spiele gewinnt, in denen das Board zugestellt ist. Schließlich hat man mit Bonds of Quicksilver sogar ein Removal, das zwar gegen wirklich aggressive Decks viel zu langsam ist, dafür so ziemlich jeden Threat abstellt, der nicht Hoard-Smelter Dragon heißt.

Blau lässt sich also als Farbe klassifizieren, die einige gute Vorraussetzunge für ein Kontrolldeck mitbringt, dem leider aber die Power komplett abgeht. Praktisch ist da, dass die meisten frühen Picks aus den anderen Farben ebenfalls prima in ein Kontrolldeck passen. Ob der Draft mit Arc Trail, Sylvok Replica oder Arrest beginnt, jede dieser Karten ist in einem Kontrolldeck willkommen. Dazu können wir hoffentlich ein paar andersfarbige Karten abgreifen, die nur in wirklich kontrollorientierten Decks brauchbar sind, die wir also später bekommen als ihr Powerlevel suggeriert. So hat es sich mittlerweile zum Beispiel rumgesprochen, dass Dispense Justice nicht so toll ist, aber für unsere Zwecke ist es unter Umständen genau richtig. Es läuft also darauf hinaus, dass man in Blau häufig hineinsurfen wird, weil nichts anderes offen ist. Dennoch kann man ein mächtiges Deck mit blauen Karten bekommen, wenn es einem gelingt, ein paar gute First Picks in der anderen Farbe mit einem funktionierenden Kontrollkern zu verbinden. Das Ziel sollte mittlerweile klar sein und durch weitere Wiederholung wird das nicht erhellender. Schauen wir uns also einmal an, wie blaue Decks aussehen können.


Monoblau mit Artefakten


Fangen wir mit dem monoblauen Deck an, weil wir dann ein Grundgerüst an Kartenbewertungen haben.

Strategie: Als Kontrolldeck versucht man selbstverständlich den Boden zuzustellen und mit einer Aalschule ist dann schnell auch in der Luft kein Angriff mehr möglich. Wenn man das schafft, sollte man tunlichst auch gewinnen können und das geht den blauen Decks manchmal tatsächlich ab. In einigen Matchups kann man eine Luftüberlegenheit erzeugen, die früher oder später keine Widerrede mehr zulässt. Bekommt man ein Infectdeck beispielsweise gestoppt, dann werden sie angreifenden Sky-Eel School und Lumengrid Drake nur in den wenigsten Fällen etwas entgegensetzen können. Sollte sich in einem Matchup jedoch keine klare Luftüberlegenheit abzeichnen, kann man entweder versuchen, den Gegner mit einer Scrapdiver Serpent umzuhauen, oder man hat einen Plan, wie man mit seinem Artefaktthema zum Sieg kommen kann. Das involviert dann häufig Vedalken Certarch und große Artefaktkreaturen wie Rusted Relic oder Golem Artisan.

Karten: Wenn man eh schon das blaue Artefaktdeck ist, dann sollte man Vedalken Certarch aufsammlen, wo man kann. Das Deck verträgt gut und gerne drei von diesen Wichten und die kann man oft auch bekommen. Dazu brauchen wir dann wohl alle Artefakte, derer wir habhaft werden können. Besonders begehrt sind Silver Myr als beschleunigender 2-Drop und Neurok Replica als Aggrostopper par excellence. Die guten Metalcraft-Artefakte wie Chrome Steed und Rusted Relic sammeln wir ebenfalls gern auf. Im Prinzip werden sie die meiste Zeit eine ähnliche Funktion erfüllen wie Neurok Replica, aber wenn unser Gegner einmal nicht so gut aus den Startlöchern kommt und wir zum Beispiel Certarch, Myr, Relic legen können, ist das Spiel auch ganz schnell vorbei, zumal wir recht zuverlässig mit unserem Certarch die Länder eines gescreweten Spielers tappen können. Soliton landet häufiger mal im Deck und Lumengrid Drake ist spielbar, aber unspektakulär. Falls man tatsächlich einfarbig bleibt, kann man übrigens auch Glimmerpost sammeln. Der Manabase werden sie kaum schaden und die Extraleben uns sicher ebenso wenig.

Einen großen Teil des Decks machen oftmals Uncommons aus, die andere Leute nicht so gern haben wollen wie wir. Rusted Relic, Volition Reins und Darkslick Drake habe ich bereits erwähnt und die nehmen wir natürlich alle in beliebigen Stückzahlen. Darksteel Myr ist selbst im nichtgrünen Deck fast strikt schlechter als Wall of Tanglecord, aber für uns immer noch akzeptabel. Contagion Clasp ist eins der wenigen Removalartefakte und einerseits deshalb begehrt, andererseits kann man häufig auch ein schwarzes oder grünes Trigon ganz gut integrieren und die machen sich natürlich besser mit unendlicher Munition.

Stärken und Schwächen: Durch die konsequente Fokussierung auf Metalcraft hat ein monoblaues Deck nicht selten schon früh im Spiel überproportional große Threats und kann dadurch auch einmal die Aggrorolle übernehmen. Das ist insbesondere dann hilfreich, wenn der Gegner mal nicht aus den Puschen kommt. Dann kann man sogar eigentlich überlegene Decks schnell in den Boden stampfen. Offensichtlich ist die Manakonstanz ein weiterer Vorteil eines einfarbigen Decks, doch Farbprobleme sind in Scars of Mirrodin ohnehin zumindest ungewöhnlich.

Beim Draften ist eins der Probleme, dass dieses mehr noch als andere blaue Kontrolldecks von der Verfügbarkeit bestimmter Uncommons abhängt. Volition Reins, Darkslick Drake, Contagion Clasp und Rusted Relic sind zum Beispiel Karten, die das Endprodukt echt besser machen. Im Spiel selbst ist es dann einigermaßen anfällig gegen Decks, die voll von Artefakthate sind. Das RG-Fatty-Deck voller Shatter, Oxidda Scrapmelter und Tel-Jilad Defiance möchte man nicht so dringend abbekommen. Schlimmer als die genannten sind aber fast noch Sylvok Replica und Slice in Twain, denn die tauschen gegen unsere ultimative Trumpfkarte, Volition Reins, fair ab. Und unangenehm ist natürlich auch Infect, also es ist sowieso ein unangenehmer Gegner, aber mit multiplen Tel-Jilad Fallen steigt das direkt noch einmal deutlich an. Ein Grund mehr Vedalken Certarch aufzusammeln.


Blau mit Weiß


Dazu habe ich einmal ein Beispiel auf CouchDraft gestellt. Wer sich den Draft anschaut, mag mich zwar Lucker schimpfen, weil ich gefühlt in der zweiten Hälte des dritten Boosters noch zwei Volition Reins geschoben bekam, aber tatsächlich hätte ich beispielsweise das erste Match auch gewonnen, wenn ich in beiden Games, anstelle Volition Reins zu ziehen, einen Mulligan genommen hätte. Dafür unterlag ich dann im zweiten Match in unter fünf Minuten. Infect ist nicht immer ein dankbares Opfer …

Karten: Während für das monoblaue Deck First Pick Volition Reins fast der Normalzustand ist, hat eines mit einer zweiten Farbe natürlich die Möglichkeit, Karten aus der Zweitfarbe zuerst genommen zu haben. Nach Arrest und Razor Hippogriff kommen keine Glint Hawk (Idols), stattdessen sammelt man ein paar blaue Karten ein … So könnte es zum Beispiel losgehen. Welche Karten, die andere Weißdrafter nicht wollen, helfen uns weiter? Dispense Justice mögen die meisten Weißdrafter nicht so gern. Die Karte hat ihre Sternstunden, wenn unsere Verteidigung nicht nur aus Wall of Tanglecord besteht, sondern auch aus Kreaturen, die andere vom Angreifen abhalten. Abschreckend wirkt zum Beispiel Ghalma's Warden. Der wird sowieso gemeinhin unterschätzt, ist in unserem Deck aber besonders stark, weil er genau auf die gerade ausgegebene Jobbeschreibung passt: Er hält gegnerische Kreaturen vom Angriff ab. Im späteren Spiel gibt er sogar den dicken Mann und boxt jede Common-Kreatur mit Ausnahme von Alpha Tyrannax ohne Verlust um. Dazu gibt es Loxodon Wayfarer, der selbst in diesem Deck nur selten einen Platz findet und Kemba's Skyguard, den auch nie jemand zu wollen scheint, der aber zumindest tauscht und dabei noch zwei Leben macht oder später sogar eine halbherzige Winoption darstellt. Bleibt Abuna's Acolyte zu erwähnen, der unspannend ist, aber in diesem Deck eins seiner besseren Einsatzgebiete findet. Einerseits setzen wir nämlich nicht auf Metalcraft, andererseits haben wir trotzdem genug Artefaktkreaturen.

Auf der anderen Seite gibt es Karten, die sich hier nicht ganz so gut machen wie in Monoblau. Dazu gehört jede Karte, die größeren Wert auf Metalcraft legt, also in erster Linie Vedalken Certarch, Chrome Steed, Rusted Relic und Lumengrid Drake. Es ist zwar nicht so, dass dieses Deck kein Metalcraft erreichen kann, aber da man mehr farbige Karten zur Auswahl hat, hat man tendenziell auch entsprechend weniger Artefakte im Deck. Statt 15–18 eher 12–14, sodass man Metalcraft nicht als gesetzt ansehen kann.

Stärken und Schwächen: Im Vergleich zum monoblauen Kontrolldeck kann dieses Deck meist besser mit Bomben umgehen. Arrest ist häufig der Einstieg und eben die Karte, die Hoard-Smelter Dragon, Carnifex Demon und Ähnliches abstellen kann, wenn man Volition Reins gerade nicht zur Hand hat. Auch Dispense Justice kann hin und wieder das Schlimmste verhindern, obwohl dann ein Teil des Schadens meist schon angerichtet ist. Gegen aggressive Flieger steht man ebenfalls etwas besser da, zumindest wenn man Kemba's Skyguard aufsammeln konnte. Schließlich ist man Artefaktremoval weniger ausgeliefert, weil man sich weniger auf Artefakte verlässt. Wenn man trotzdem Metalcraftkarten einbaut, geht der Schuss allerdings nach hinten los, denn dann mag der Gegner zwar seltener Gelegenheit haben, sein Artefaktremoval einzusetzen, aber Metalcraft kann man sich mit der geringeren Artefaktzahl ziemlich sicher abschminken. Relativ schlecht ist man auch gegen Infect aufgestellt. Wenn der Gegner Cystbearer ausspielt, kämpft so ziemlich jede der eigenen Kreaturen bis einschließlich vier Mana auf verlorenem Posten und großartig effizientes Removal ist auch nicht die Stärke dieser Farbkombination. Erst bei fünf Mana findet man mit Soliton und Sky-Eel School Kreaturen, die einen Cystbearer sicher aufhalten können.


Blau mit Rot


Wo das Verhältnis von Blau und Weiß in dem Sinne einigermaßen symbiotisch ist, dass Blau einen guten Partner findet und Weiß Verwendung für seine unterbewerteten Karten, ist das Verhältnis zwischen Blau und Rot eher parasitär. Das blaue Deck saugt einfach die besten roten Karten auf, also das Removal, und lässt die anderen Karten links liegen. Das läuft ziemlich plump darauf hinaus, dass man ein Deck mit den blauen kontrolligeren Kreaturen spielt, die einem ermöglichen, virtuellen Kartenvorteil zu erzeugen, und mit dem roten Removal alles aus dem Weg schießt, was wirklich nervt. Rein vom Draften her ist da wenig Geheimnis bei. Man nimmt alle roten Karten, die gut aussehen, und sammelt dann Neurok Replica und Sky-Eel School ein. Ein positiver Aspekt daran ist, dass man die Picks im Draft recht gut aufteilen kann. Die frühen werden eher rot sein und die späten eher blau. Gerade bei Monoblau passt das nicht immer so gut, da es ja nur wenig spektakuläre blaue Karten gibt, und wenn dann mal kein gutes Artefakt da ist, steht man direkt mit leeren Händen da. Und Blau-Weiß verhält sich diesbezüglich eigentlich nicht viel besser, nur dass man noch das Glück haben kann, Arrest aufzumachen.

Was die relative Stärke des Removals angeht, bin ich mir mittlerweile ziemlich unsicher geworden. Man sollte ja meinen, dass man mit der Zeit sicherer wird, aber Pustekuchen. Am Anfang habe ich noch über die Leute gelästert, die Artikel geschrieben haben mit der Aussage: „Shatter ist total wertvoll, noch besser als Galvanic Blast.“ Während ich das im Aggrodeck für ziemlich hanebüchen halte, finde ich es für Rot-Blau echt schwierig, eine definitive Reihenfolge anzugeben. Das Problem ist, dass es sehr matchupabhängig ist, welche Karten man haben möchte. Wenn alle Gegner Infect spielten, hätte ich am liebsten fünf Galvanic Blast. Dummerweise spielt man aber häufig auch gegen total harmlose Decks, die nur hintenraus mal 'ne Bombe haben. Da sitzt einem der Galvanic Blast in der Hand und man braucht ihn nicht, und sobald der Gegner den Drachen auspackt, wünscht man sich, es wäre Turn to Slag!

Wenn die Gegner nicht sehr aggressiv sind, ist Turn to Slag meines Erachtens tatsächlich einfach die bessere Karte. Die Manaeffizienz ist zweifellos am falschen Ende des Spektrums, aber wenn man das Board einigermaßen unter Kontrolle hat, müssen die Gegner häufig ihre besten Kreaturen ausrüsten, um noch irgendwie durchzukommen. Wenn man dann Turn to Slag hat, ist das Pech für sie. Und schließlich gibt es Shatter. Der schwankt ja bekanntlich zwischen terrific und terribad. Wenn der Infectgegner nicht im zweiten Zug Ichorclaw Myr auszockt, ist er da fast ein Mulligan. In anderen Matchups zerstört er dem Gegner die beste Karte und nimmt ihm gleichzeitig im unpassendsten Augenblick Metalcraft. Letzten Endes wird man wohl trotz allem Galvanic Blast am höchsten picken müssen, weil er das eher bescheidene Infect-Matchup verbessert, auch sonst natürlich nie wirklich tot ist und man fehlende harte Removal zur Not auch halbwegs sinnvoll mit Bonds of Quicksilver kompensieren kann, während es für fehlende Blasts keinen Ersatz gibt. Möglicherweise sollte man mit dem Blast allerdings nicht so sparsam umgehen wie zum Beispiel mit Arrest, sondern hat mehr davon, früh einen Sunspear Shikari abzuballern und noch ein paar Schaden zu verhindern, als ihn zurückzuhalten, nur um dann trotzdem vom gegnerischen Zombieherrscher niedergemacht zu werden. Einzig unumstritten bei rotem Removal ist, dass Oxidda Scrapmelter ist Beste, wie der Berliner zu sagen pflegt.

Stärken und Schwächen: Hängt ein wenig vom Removal ab, das man so hat. Je mehr Galvanic Blast, desto bessere Chancen hat man gegen Infect. Wenn der Gegner klobiger wird, werden die Blasts dafür entsprechend schlechter und das Matchup auch. Umgekehrt verhält es sich mit Turn to Slag. Ich habe im Prinzip ja bereits beschrieben, was wogegen gewünscht ist, und die Matchups entwickeln sich dann eben mit der Anzahl entsprechend passender Removal.



Ich hoffe der Artikel hat ein wenig Licht ins Dunkel gebracht und kann zumindest als Grundlage für eine Diskussion im Forum dienen. Über eine so konstruktive Diskussion wie beim letzten Mal würde ich mich jedenfalls sehr freuen. Nächste Woche gibt es dann die aggressiven Decks. Bis dahin!




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