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Limited
Masters Edition meistern
von Florian Koch
17.12.2010

Ab nächsten Donnerstag gibt es ein frisches Draftformat auf Magic Online: Masters Edition-Draft. Komplett frisch ist es zwar nicht, da man das Format vor gut drei Jahren schon einmal in Angriff nehmen konnte, aber drei Jahre sind eine lange Zeit und die meisten werden die Karten bestenfalls aus dem ME123-Draft kennen. So auch ich. Da ich Scars-Draft mittlerweile für etwas ausgelutscht halte und sicher der ein oder andere an der Force of Will-Lotterie teilnehmen möchte, ist das eine gute Gelegenheit, sich einem neuen Draftformat mal auf eine etwas andere Art zu nähern. Ich möchte dieses Format heute von der theoretischen Seite her erforschen. Wie geht man da ran?

Den Kern einer jeden Limitedumgebung bilden die Kreaturen und die muss man sich natürlich anschauen, ebenso wie das verfügbare Removal. Und dann schließlich schadet es auch nicht, einen Blick auf die Bomben zu werfen. Tatsächlich ist zunächst nicht ganz klar, ob man besser mit den Kreaturen oder dem Removal anfängt. Die Schwächen des Removals bestimmen zum Teil, welche Qualitäten eine Kreatur aus der Masse herausheben, aber genauso bestimmen die Schwächen der Kreaturen über die relative Stärken der Removal.

Ich möchte mit dem Removal beginnen, weil man deutlich schneller einen Überblick darüber erhalten kann. Zunächst einmal gibt es einfach weniger als Kreaturen und außerdem beeinflusst die Qualität der verschiedenen Removalsprüche sich nicht so stark gegenseitig wie die Qualität der verschiedenen Kreaturen.


Weiß

Da hätten wir vornweg Exile. Das ist auf jeden Fall schon mal eine Karte, die man als Combattrick im Kopf haben sollte. Der Lifeswing ist wichtig und man sollte darüber nachdenken, ob man mit einer wichtigen Utiliy-Creature wegen eines Schadenspunkts bei offenem angreifen möchte.


Holy Light betrifft wie Exile ausschließlich nichtweiße Kreaturen. Wenn man die Karte nur als Combattrick einsetzen kann, ist sie ähnlich reaktiv und klobig wie Exile. Falls in diesem Format viele Kreaturen ähnliche Größen haben oder sogar viele X/1-Kreaturen gespielt werden sollten, dann könnte diese Karte allerdings ziemilch stark sein.


Blau

Bei Word of Undoing handelt es sich im Wesentlichen um Unsummon mit ein bisschen zusätzlichem Text. Die Karte dürfte nur relevant sein, wenn es blaue Tempodecks gibt oder Auren (auch Removal-Auren) in diesem Format eine größere Rolle spielen.


Telekinesis ist offensiv potenziell stärker als Word of Undoing, dafür defensiv tendenziell schlechter. Insbesondere befreit es keine eigenen Kreaturen von gegnerischem Schmutz.

Bei Hydroblast handelt es sich offensichtlich um eine extrem starke Sideboardkarte, aber auch nicht mehr.


Arcane Denial ist die zuverlässige Antwort auf Bomben. Wie schlimm der Kartennachteil ist, wird davon abhängen, wie leicht die Boardposition sich zu Stalls entwickelt und ob man eher wenig Qualität mit einigen Bomben dazwischen oder viel hohe Qualität im Deck hat.


Schwarz

Feast or Famine alias „Terror für teuer“. Weiß zu sein, verschafft einer Kreatur Bonuspunkte; Schwarz hiermit nun ebenfalls.


Oubliette – so sah Journey to Nowhere vor 17 Jahren aus. Offensichtlich handelt es sich um eine sehr gute Karte. Wie gut sie genau ist, wird allerdings, wie auch bei Feast or Famine, vom Tempo des Formats abhängen. Vorteilhaft für diese Karte ist auf jeden Fall, dass es keinen Boomerang-Effekt gibt und dass Enchantments lediglich von zwei Rares entfernt werden können. Das bisher betrachtete Removal lässt außerdem schon ganz gut ausmachen, dass dieses Format weder besonders dankbar für Auren noch für Kreaturen mit Regeneration ist. Sowieso gibt es nicht eine Kreatur, die über die klassische Regenration verfügt, aber Death Ward, Goblin Chirurgeon und Thrull Retainer dürfte es interessieren.

Phyrexian Boon stellt weiteres Gefahrenpotenzial für kleinere Kreaturen dar. Kleintiere, die weder schwarz noch weiß sind, müssen also so aggressiv sein, dass sie bereits ein paar Schadenspunkte gemacht haben, wenn das Removal kommt. Für Utility-Kreaturen wird es extraschwer.


Paralyze ist offensichtlich eine Tempokarte und darauf wird es bei ihrer Bewertung ankommen. Umgekehrt kann man sagen, dass Blau und Schwarz Temporemoval haben und sich dementsprechend für Tempodecks eignen, wenn die Kreaturen stimmen.


Cuombajj Witches sind ein weiteres Problem für kleine Kreaturen, diesmal in allen Farben.


Rot

Lightning Bolt ist brutale Effizienz nach altem Rezept. Einerseits dadurch eine weitere Tempokarte, andererseits sagt es uns, dass eine Widerstandskraft >3 besondere Beachtung verdient, denn dann ist man aus der Reichweite alles toughnessbasierten Removals raus. Dummerweise gibt es allerdings auch eine ganze Menge Removal, das sofort tötet, sodass man diesen Aspekt wiederum nicht überbewerten sollte.


Wo wir dabei sind – Fissure tötet eine Kreatur einfach so, ohne Gnade. Die spannende Frage ist wieder, wie das Tempo des Formats ist, denn fünf Mana sind selbst für diesen Effekt eine Menge.

Pyroblast ist genau wie Hydroblast im Sideboard bestens aufgehoben.


Brothers of Fire sind mal wieder eine Karte, die X/1ern das Leben erschwert.


Grün

Etwas untypisch für Grün gibt es hier ein Removal, das nichtfliegende Kreaturen zuverlässig abräumt. Und zuverlässig ist auch genau das Stichwort – der Großteil des Removals in diesem Set ist zwar zuverlässig, aber teuer. Roots sind übrigens das einzige Removal, das darauf angelegt ist, dauerhaft als Aura im Spiel zu sein, mehr noch als Paralyze. Die Wurzeln kann man mit Word of Undoing heilen, aber wenn diese sonst nicht viele Einsatzmöglichkeiten finden, dann werden sie vermutlich eher nicht gespielt und die Verzauberung wiederum etwas sicherer.


Thorn Thallid? Dare you X/1!


Zusammenfassung

Von 60 Commons lassen sich 17, also fast 30%, grob als Removal klassifizieren. Das ist extrem viel. Da das meiste Removal teuer, aber gleichermaßen sehr effektiv ist, kann man vermuten, dass Bombenkreaturen in diesem Format eine eher untergeordnete Rolle spielen. Aber auch die Weenies haben nicht zwingend leichtes Spiel, da das restliche Removal auf kleine Kreaturen fokussiert und zum Teil auch mehrfach einsetzbar ist. Im Übrigen sollte man davon Abstand nehmen, Auren auf eigene Kreaturen zu spielen, da der Gegner sicher das ein oder andere Removal abbekommen haben wird, dass sich sehr über ein 2:1 freut.


Kreaturen

In einem Format, in dem es sehr viel effektives Removal gibt, existieren im Prinzip zwei Arten zu gewinnen. Entweder man versucht, so aggressiv wie möglich zu sein, also möglichst billige Kreaturen zu spielen, sodass die teuren Removalsprüche des Gegners viel zu langsam sind, um die Flut der Angreifer zu brechen, oder man legt gute Blocker, die möglichst wenig Mana kosten und schießt später alles um, was diese Blocker bedrängen könnte. Ein dritter Ansatz wäre, trotzdem zu versuchen, den Gegner mit überlegener Kreaturenqualität in die Knie zu zwingen, aber die Magic-Sets der Frühzeit waren nicht eben für die herausragende Qualität ihrer Kreaturen bekannt, sodass dieser Ansatz vermutlich die meiste Zeit fehlschlagen wird.

Schauen wir uns zunächst einmal an, was das Set an Evasion hergibt, denn große Zahlen von evasiven Kreaturen unterstützen aggressive Decks, wie man in Tempest oder spätestens in Zendikar lernen durfte. Da hätten wir:




Death Speakers, Knights of Thorn, Mesa Pegasus, Order of Leitbur, Righteous Avengers, Phantom Monster, River Merfolk, Sea Sprite, Hyalopterous Lemure, Order of the Ebon Hand, Goblins of the Flarg, Mountain Yeti, Scryb Sprites

Die Qualität dieser Kreaturen ist zum größten Teil erbärmlich. 1/1-Flieger für zwei Mana werden kaum der gute Plan für das durchschnittliche Aggrodeck sein und 1/1er für eins mit konditionaler Evasion kann man auch nicht richtig ernst nehmen. Eigentlich springen bloß fünf dieser zwölf Kreaturen ins Auge. Das sind einerseits die beiden Ordensritter und andererseits die Riege der 3/3er. Die Ritter sind gleichzeitig schwer zu blocken und gute Verteidiger, sicher mit die effizientesten Kreaturen dieses Sets. Das Manko ist die Wiederstandsfähigkeit von eins. Den schwarzen Ritter erledigt Holy Light, ebenso wie Cuombajj Witches. Außerdem sterben beide Ritter an Thorn Thallid und Brothers of Fire, aber das sind eher Sorgen für das Mid- oder sogar Lategame.


Wirklich beeindruckend sind aber die 3/3er. Phantom Monster und Mountain Yeti sind weit oberhalb der durchschnittlichen Kreaturenqualität jener Zeit und Hyalopterous Lemure mag ein Mana mehr kosten als Phantom Monster, aber so schlecht wird er im Kontext dieses Sets kaum sein. Jede dieser Kreaturen sieht sich allerdings einer großen Bandbreite an zum Teil auch hocheffizientem Removal gegenüber. Am besten steht hier noch der teure Lemur da. Roots, die Blasts, Feast or Famine und Phyrexian Boon imponieren ihm gar nicht.

Bei den Common-Kreaturen zeichnet sich bereits ab, dass vermeintlich überlegene Kreaturenqualität nicht unbedingt zum Sieg führt, weil wenig gute Kreaturen viel gutem Removal gegenüberstehen. Um dieses Urteil zu bestätigen, müssen wir uns allerdings noch die Kreaturen ohne Evasion anschauen, zumindest die, die angreifen können. Da hätten wir:





Benalish Hero, Icatian Lieutenant, Giant Tortoise, Basal Thrull, Cuombajj Witches, Erg Raiders, Mindstab Thrull, Brothers of Fire, Dwarven Soldier, Chub Toad, Fyndhorn Elves, Ghazban Ogre, Hungry Mist, Shambling Strider, Wyluli Wolf, Dragon Engine, Onulet

Tatsächlich gibt es die ein oder andere brauchbare Aggrokreatur. Insbesondere Erg Raiders und Ghazban Ogre sind von herausragender Qualität. Dazu kommen dann die schon erwähnten Hyalopterous Lemure und Order of Leitbur. Auffüllen kann man mit Scryb Sprites, Lily Wus Wolf und Hungry Mist. Als dritte Farbe des Aggrotrigons bietet sich Rot an. Dwarven Solider ist nicht so gut wie Erg Raiders, aber zumindest ein passabler Angreifer. Brothers of Fire ist die Allzweckaggromaschine und Lightning Bolt ist nicht nur das beste Removal des Sets, sondern sichert auch die eigenen Ghazban Ogre ab.

In den meisten Formaten ist Weiß häufig in Aggrodecks enthalten und das war im ME123-Draft zum Beispiel auch oft der Fall. Da profitierte Weiß allerdings noch von der Kombination von Icatian Lieutenant mit der Kavallerie aus Portal Three Kingdoms, denn die Reiter waren fast alle Soldier. In der Masters Edition bleiben davon als effiziente Aggrokreaturen nur noch Benalish Hero und Order of Leitbur. Da Exile ebenso eher eine Kontroll- als eine Aggrokarte ist, wird Weiß in diesem Format kaum zur Aggrofarbe taugen.

Wenn man ein Kontrolldeck draften möchte, sollte man natürlich mit den fokussierten Aggrodecks klarkommen können. Der All-Star dafür ist eine Schildkröte: Giant Tortoise. Das Tier blockt jede nichtfliegende Commonkreatur außer Shambling Strider und Hungry Mist, ist immun gegen Blitze und für zwei Mana sogar früh auf dem Tisch. Cuombajj Witches sind von ähnlicher Qualität, ein wenig kleiner aber auch deutlich gefährlicher mit ihrer Ping-Fähigkeit.


Weitere passable Kontrollkreaturen sind Dragon Engine, Onulet, Chub Toad und aus dem Board alle Kreaturen mit einer passenden Schutzfähigkeit. Kontrolldecks werden also fast immer einen blauen oder schwarzen Kern haben. Die andere Farbe scheint weitgehend beliebig zu sein. Es könnte Weiß für Exile, Holy Light und vielleicht sogar Order of Leitbur sein, Rot für gutes Removal und Mountain Yeti oder weniger wahrscheinilch Grün für Chub Toad, Roots und hintenraus Shambling Strider. Als angedachter Verteidiger sollte man übrigens darauf achten, entweder blaue oder grüne Kreaturen zu haben oder Kreaturen in den beiden eigenen Farben, denn Schutz vor Weiß, Schwarz und Rot sind in diesem Set ziemlich häufig anzutreffen, und zuzuschauen wie man vom Ordensritter genüsslich zerlegt wird, ist kein Spaß.


Uncommons

Ein großer Teil der qualitativ hochwertigen Karten wird auch in diesem Format von den Uncommons gestellt. Die Spells sind zwar zum größten Teil mies, aber die Kreaturenqualität ist durchschnittlich viel besser als bei den Commons. Von den Spells will man eigentlich nur Hymn to Tourach, Dwarven Catapult und Fire Covenant, die gut bis lächerlich overspoilt sind. Auf der Kreaturenseite gibt es aber so schöne Dinge wie:





Thunder Spirit, Illusionary Forces, Vodalian Knights, Black Knight, Derelor, Eater of the Dead, Goblin Mutant, Granite Gargoyle, Stone Giant, Carnivorous Plant, Singing Tree, Spectral Bears, Thicket Basilisk, Yavimaya Ants, Clockwork Beast, Phyrexian War Beast, Walking Wall

Das ist der größte Teil der Kreaturen, für die man Removal brauchen wird. Das liegt allerdings auch nicht daran, dass sie alle superunfair wären. Karten vom Kaliber Visara the Dreadful oder Steel Hellkite gibt es in diesem Set einfach nicht. Die genannten sind einfach ein Stück effizienter als die anderen, sodass man sie besser mit einem Removal abrüstet als zwei zu eins zu tauschen.


Rare-Kreaturen

Die Anzahl der Rarespoiler hält sich schließlich einigermaßen in Grenzen. Die Kreaturen, die am ehesten in diese Kategorie gehören:




Preacher, Serendib Efreet, Time Elemental, Vesuvan Doppelganger, Juzam Djinn, Ydwen Efreet, Gargantuan Gorilla, Ifh-Biff Efreet, Adun Oakenshield, Dakkon Blackblade, Phelddagrif, Su-Chi

Die meisten dieser Karten sind kaum besser als vergleichbare Uncommons und auch nicht besonders wählerisch darin, sich von einem Removal entsorgen zu lassen. Im Worst Case kann man sie fast alle zwei zu eins mit eigenen Kreaturen abtauschen. Am gefährlichsten sind wahrscheinlich Juzam Djinn, weil er einen ziemlich krassen Temposchwung verursacht, und Gargantuan Gorilla, weil er das Spiel einfach beendet.


Nichtkreaturen-Rares

Wirkliche Spoilerspells gibt es fast gar nicht. Diese fünf erfüllen den Tatbestand dann aber doch:




Moat, Contagion, Nevinyrral's Disk, Tawnos's Coffin, Thawing Glaciers


Was noch auffällt

Es gibt in diesem Set kaum Möglichkeiten, direkt zwei zu eins zu tauschen. Es gibt Kreaturen, die so effizient sind, dass sie den Gegner dazu nötigen können, aber nichts, was etwa einem Skinrender gleichkommt. Durch die vielen hochklassigen Removal kann man aber selbst solchen Tauschen häufig aus dem Weg gehen. Außerdem ist die Anzahl der Tricks sehr begrenzt. Death Ward ist nicht wirklich die Art von Combattrick, gegen die man normalerweise verliert.

Summa summarum spricht leider alles dafür, dass Spiele in diesem Format in erster Linie davon entschieden werden, wer seine Karten in der richtigen Reihenfolge zieht. Der letztende lebende Bär gewinnt oder so. Das ist ein sehr unbefriedigendes Fazit, aber vermutlich der Preis der Force of Will-Lotterie.




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