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The Artist
von Michael Diezel
14.06.2012

Wenn man aktuell ein Standarddeck bauen möchte, steht man recht schnell vor mehreren Problemen. Verschiedene Strategien gewinnen leider nie gegen Delver. Und andere, die genau das bewusst umgehen, sind meist chancenlos gegen die übrigen relevanten Decks des Formats. Sehr viele eigentlich vielversprechende Ansätze werden so zunichte gemacht, da ein Deck, das sowohl gegen Delver als auch gegen Ramp oder Solar Flare gewinnt, schon in der Theorie kaum vorstellbar ist. Zu verschieden sind die Strategien und gleichzeitig wahnsinnig stark.

Hoffnung gibt es trotzdem und das liegt vor allem daran, dass die Delver-Decks immer stärker aufs Mirror ausgerichtet werden. Offensichtlich verändern sich dadurch auch deren Matchups gegen völlig andere Decks - nicht immer zum Positiven –, zum Beispiel gegen das, welchem wir uns heute widmen wollen:


2 Vault of the Archangel
10 Plains
4 Isolated Chapel
4 Evolving Wilds
4 Swamp

4 Doomed Traveler
4 Blade Splicer
3 Restoration Angel
4 Blood Artist


3 Elspeth Tirel
4 Intangible Virtue
4 Lingering Souls
2 Go for the Throat
4 Midnight Haunting
3 Day of Judgment
1 Doom Blade


Ganz richtig, das ist ein klassisches WB-Token-Deck, das sich bei anderen erfolgreichen Strategien bedient. Dadurch behält es große Teile seiner Stärken, erhält sogar neue hinzu und ist längst nicht mehr so anfällig gegen die üblichen Hatekarten à la Ratchet Bomb.


Dieser Archetyp ist bekanntermaßen superstark - leider oft nur im Vakuum. Dazu tragen besonders die zahlreichen Synergien bei, die zufällig auch noch richtig gut gegen die meisten Delver-Decks sind. Andere Kreaturendecks haben ebenfalls so ihre Schwierigkeiten mit den Spielsteinmassen und benötigen oft extra aufgefahrene Antworten. Dass WB-Tokens trotzdem nie eine ganz große Rolle gespielt haben, liegt zum einen in ebendieser Anfälligkeit gegenüber den Antworten und zum anderen in der Schwäche gegen die weniger kreaturenlastigen Feinde.

Beide Punkte fallen jetzt deutlich weniger ins Gewicht. So wurde durch die gleich betrachteten kleinen Veränderungen die Anfälligkeit reduziert. Gleichzeitig nehmen Decks wie Ramp, Solar Flare oder UB-Control nur noch einen kleinen Platz im Metagame ein, welches stattdessen immer stärker von Delver und Anti-Delver-Decks besiedelt wird. Anti-Delver bedeutet fast immer harter Beatdown, zum Beispiel in Form von RG-Aggro, Naya-Pod oder Zombies - all die Decks also, gegen die man traditionell ein gutes Matchup mit den Tokens hat.

Zusätzlich zu den objektiven Argumenten, macht es auch einfach unheimlich viel Spaß, die tausend kleinen Kombos zum Laufen zu bringen. Die wichtigsten dürften dabei diese sein:

Token-Generatoren plus Intangible Virtue: Die Kombo selbst ist jetzt nicht so aufregend, spannender ist da die Auswahl der Produzenten selbst sowie der Verzicht auf Honor of the Pure. Letzteres geht dabei direkt mit der gesunkenen Zahl weißer Kreaturen (Spielsteine) einher, speziell mit dem Verzicht auf Gather the Townsfolk. Ich selbst mochte das Gather bekanntlich noch nie so sonderlich, da es eine reine Synergiekarte ist, die immer dann gut war, wenn der Draw eh schon gewann - im Gegenzug aber nur ganz selten etwas machte, wenn es mal nicht rund lief. Stattdessen gibt es jetzt Blade Splicer, dessen Kombination mit dem mittlerweile als broken angesehenen Engel in immer mehr Decks auftaucht. Etwas weniger Synergie also zugunsten von deutlich besseren Einzelkarten, die im Zusammenspiel trotzdem noch Spaß machen. Intangible Virtue selbst verleiht noch weniger Männern den Bonus als das gestrichene Honor of the Pure, gleicht das jedoch durch Vigilance mehr als nur aus. Eine weitere Karte, die hingegen gern zur Produktion weiterer Spielsteine genommen wurde, ist Sorin, der gute Lord of Innistrad. Das ist auch verständlich, liefert der doch eigentlich alles, was man so braucht, allerdings passt er dermaßen schlecht in die Manakurve, das aktuell kein Platz vorhanden ist.
P
Token-Generatoren plus Blood Artist: Auch das ist zunächst offensichtlich. Erwähnenswert sind hierbei deswegen die besseren defensiven Fähigkeiten des Künstlers im Vergleich zu beispielsweise Honor of the Pure, da er durchaus noch einen beachtlichen Effekt hat, falls der böse Gegner eine der gemeinen Karten wie Ratchet Bomb oder Bonfire of the Damned zockt. Und natürlich, wie gut der Artist letztendlich ist. Ich meine, er sitzt da so unschuldig und macht nichts außer einem guten Eindruck … bis er plötzlich das Spiel gewinnt, da er ein Damage-Race schlichtweg dominiert.
P
Token-Generatoren plus Blood Artist plus Day of Judgment: Es ist ja immer so eine strittige Frage gewesen - etwa wie Gomez oder Klose –, ob dieser Zorn Gottes wirklich ins Tokendeck gehört. Auf der einen Seite ist man halt doch ein potenzielles Aggrodeck und da ist so eine Massenvernichtungswaffe in den falschen Matchups natürlich kontraproduktiv. Auf der anderen Seite gibt es diese falschen Matchups momentan gar nicht so oft und man sorgt mit den Spielsteinmassen auch immer dafür, dass der Gegner das Board vollbauen muss - was wiederum Day of Judgment effektiver macht. Ausschlaggebend für die Pro-Day-Seite ist aber jetzt der kleine Blood Artist. Ihr erinnert Euch vielleicht, dass manche Zombieversionen auf Killing Wave zurückgriffen, um einen ähnlichen Effekt zu erzielen. Dieses Deck macht das ganz ähnlich, nur besser - in fast jeder Hinsicht. Es produziert selbst mehr Kreaturen für mehr Trigger und kann gleichzeitig eine gute Karte wie Day of Judgment spielen, die - anders als die Welle - auch in Situationen richtig stark sein kann, in denen eben nicht alles perfekt läuft.
P
Blade Splicer plus Restoration Angel: Die Kombo du jour ist weder sonderlich einfallsreich noch wirklich vernichtend, aber doch richtig gut. Dass dies ausreicht, um in so vielen Decks gespielt zu werden, liegt ganz einfach an der Stärke der Einzelkarten. Sowohl Blade Splicer als auch der Engel sind einfach gute bis unendlich gute Karten, die man auch so problemlos in einem solchen Deck unterbringen könnte. Hinzu kommt die schon angesprochene Differenzierung der eigenen Bedrohungen. Spielte man bisher in den Slots Karten wie Gather the Townsfolk und Sorin, war man gegen entsprechende feindliche Gegenmaßnahmen völlig kaputt. Mit Splicer/Engel verliert man kaum an Power, gewinnt aber massiv an Konstanz und Widerstandsfähigkeit.
P
Lingering Souls plus weißes und schwarzes Mana: Die vielleicht beste Kombination von allen! Schon letzte Woche hatte ich ja angedeutet, wie superstark die Seelen noch immer sind und daran hat sich mal überhaupt nichts geändert. Superstark gegen die ganzen modernen Delver-Listen und gleichzeitig nie schlechter als gut, selbst in ihren schlechtesten Matchups.
P
Vault of the Archangel und Kreaturen: Auch das klingt weniger spektakulär, als es sich in der Praxis ausspielt. Sehr viele Partien gehen in diesem Format in ein Damage-Race, Vapor Snag und ähnliche Tempokarten sorgen schon dafür. Entsprechend ist ein solches Land des Öfteren Gold wert, da es eben schnell einmal die entscheidenden Swings erlaubt, die sämtliche vorher getroffenen Berechnungen ad absurdum führen. Trotzdem gibt's nur das Doppelpack, weil das Deck erstaunlich anspruchsvoll in Sachen farbiges Mana daherkommt.
P
Elspeth Tirel und Day of Judgment: Die beiden arbeiten gleich in beide Richtungen gut zusammen. Zunächst ist so eine globale Massenvernichtung immer hübsch mit Planeswalkern, da es den Druck von ebendiesen nimmt. Andersherum liefern die drei Elspeth-Soldaten genügend Kanonenfutter, das sich feindlichen Armeen entgegenstellt und dadurch Nachschub (=Karten) fordert, die den Zorneffekt aufwerten. Auch ansonsten sollte man das Mädel in dem Deck nicht unterschätzen. Die Möglichkeit, mit nur einmal +2 in Ultimatereichweite zu kommen, sorgt häufig für unheimlichen Druck auf den Gegner. Gleichzeitig ist es die einzige Möglichkeit im Maindeck, störende Nicht-Kreaturen loszuwerden, weil ich bewusst auf Oblivion Ring verzichte. Dies erklärt sich schlicht durch eine extrem geringe Auswahl an leckeren Zielen. Eigentlich beschränken sich diese auf das Schwert aus Krieg und Frieden, das noch immer zum Schlimmsten gehört, was der Gegner auffahren kann. Trotzdem bekommt man es zwischen Splicer-Golems, Doom Blade, Go for the Throat und Day of Judgment zumindest so weit in den Griff, dass man nicht direkt dagegen verliert. Da die Schwerter immer mehr an Beliebtheit einbüßen, bin ich aktuell bereit, dieses Risiko einzugehen.

Wir fassen zusammen: Ein sehr synergetisches Deck mit hoher Power und fürs Metagame passenden Karten. Klingt sehr gut, ist es auch, Schwachstellen gibt es natürlich trotzdem, die wichtigsten sind diese hier:

Sword of War and Peace: Klar, ein hauptsächlich weißes Deck ohne Maindeckantwort hat mit Sicherheit Probleme gegen das passende Schwert. Zumal dank dessen Natur auch die ansonsten gern gewählte Methode des Racens wegfällt. Wie schon angedeutet hat man trotzdem nicht direkt verloren, wenn das Messerchen den Tisch betritt. Mit Golems kann man - zumindest einmal - blocken und die diversen Removalsprüche nehmen ein wenig die Schwertträger raus. Über kurz oder lang sollte man dann doch ins Race gehen und eben hoffen, dass beide die Hand schnell genug leer spielen (müssen). Solltet Ihr entsprechend mit einer größeren Anzahl dieser Schwerter in Eurem lokalen Metagame rechnen, würde ich doch auf Oblivion Ring oder vergleichbare Antworten setzen.
P
Ratchet Bomb: Ja, ich habe das Deck auch wegen seiner Unanfälligkeit gegenüber Hatekarten gelobt - und dennoch muss Ratchet Bomb zusammen mit Sachen wie Whipflare, Bonfire und so weiter hier genannt werden, weil sie nun mal trotzdem sehr unangenehm für unsere Spielsteine sind. Nicht im Alleingang tödlich, aber eben doch sehr unangenehm.
P
Blood Artist: So gut wie der Künstler in unserem Deck ist, so nervig ist er dann in gegnerischen Händen. Zum Glück springt er nur aus ein paar Zombieversionen, sodass man nicht wirklich oft gegen ihn ranmuss. Das ist auch besser so, da genau diese Decks häufig bessere Antworten auf unsere Artists haben (zum Beispiel Mortarpod) und der echt das Spiel dominiert und entscheidet.
P
Curse of Death's Hold: War bisher nicht ganz so dramatisch, wie man zunächst vermuten konnte, weil die bisher gespielten acht Anthem-Effekte den einen oder anderen Curse ganz gut ausglichen. Mittlerweile ist Honor aus dem Deck geflogen, wodurch ein einzelner Curse spürbar mehr schmerzt. Allerdings gilt hier noch mehr als bei den anderen genannten Karten, dass er aktuell eher eine Randerscheinung bildet.

Diese vier Karten sollte man also unbedingt im Blickfeld haben, wenn es an den Bau eines Sideboards geht, da nahezu jedes der relevanten Decks auf mindestens eine davon zurückgreifen kann und das auch wird. Für die beiden Erstgenannten gibt es zum Glück eine gemeinsame Antwort:


Der Nachteil dieser Karte ist, dass sie überhaupt nichts macht, wenn der Gegner plötzlich kein Artefakt benutzen möchte. Das kommt öfter vor, als einem lieb sein kann, sodass man doch hin und wieder in den Ratemodus gezwungen wird, ob beispielsweise Ratchet Bomb im Sideboard ist oder nicht. Positiv ist hingegen, dass die Verzauberung ausreichend zeitig auf dem Tisch liegt, dass sie eben die Bombe erwischt und gleichzeitig auch jeden Swing mit dem Schwert verhindert. Wie so oft führt das zu relativ varianzreichen Situationen, da Stony Silence wie gezeigt einfach eine Karte ist, die entweder nichts oder fast alles macht, und diese versuche ich im Normalfall zu vermeiden. Dass sie trotzdem in meinem Sideboard mitmachen darf, liegt ganz einfach daran, dass BW-Tokens an sich so gut sind, dass sie auch den gefühlten Mulligan einer nutzlosen Silence verkraften, beziehungsweise dass der Gegner fast gezwungen ist, derartige Gegenmaßnahmen zu ergreifen, und es andernfalls kaum einer einzelnen toten Karte scheitert.

Auch Blood Artist und Curse of Death's Hold lassen sich von derselben Karte beantworten, in diesem Fall Celestial Purge. Wenig spektakulär, aber durchaus potent. Anders als Stony Silence ist Purge vor allem (fast) immer extrem nützlich, weil auch so ein Geralf's Messenger versorgt sein will. Daher gibt es selten richtig alberne Dinge von dem Instant zu erzählen, dafür immer wirklich gute.


Eine dritte Sideboardkarte, die ich äußerst gern in meinen Tokendecks boarde, ist Timely Reinforcements. Gerade bei solch synergetischen Decks wie diesem muss man ja immer aufpassen, dass man nicht überboardet, also zu viel verändert, sodass die Synergien verlorengehen. Die Reinforcements passen ins Thema und sind auch noch eine völlig albern gute Karte in den entsprechenden Matchups.

Mit den bisherigen Karten verteidigt man sich also gegen die fiesesten Hatekarten sowie die aggressivsten Strategien. Der Rest kann dann dafür sorgen, dass unser Deck selbst besser auf schwierigere Matchups eingestellt werden kann. An erster Stelle steht da mit Falkenrath Noble der Blood Artist Nummer 5–X. Wie gut der Knabe im Kreaturenmatchup ist, habe ich jetzt ja schon mehrfach betont, insofern ist es sinnvoll, einfach noch mehr davon zu spielen, wenn dieses ansteht. Der große Vampir ist dabei aus Gründen der Manakurve deutlich schlechter, aber immer noch gut genug, um zumindest im Doppelpack gespielt zu werden.


Eine weitere Alternative im 4-Mana-Slot stellt Hero of Bladehold dar. Dieser ist fast ausschließlich für das Ramp-Matchup gedacht, mit dem man ansonsten ganz schön zu kämpfen hat. Dies liegt hauptsächlich an den zahlreichen Erdbebeneffekten, die uns um die Ohren gehauen werden und die wir jetzt mittels 4-Mana-Toughness-4-Crittern bekämpfen. Wie gesagt, abgesehen von diesem Matchup ist der Hero leider nur bedingt zu gebrauchen, zumal dank des Engels wohl auch Spotremoval im gegnerischen Deck verbleiben wird.

Als letzte Karte wandern dann noch ein bis zwei eigene Schwerter aus Krieg und Frieden auf die Ersatzbank. Die kann man quasi immer boarden, wenn man nicht zu Stony Silence greift, weil sie in genau diesen Matchups am besten sind. Zudem ist so ein Schwert schlicht an und für sich unverhältnismäßig gut, sodass man gerade auch gegen die Roguedecks in den ersten Runden auf diese Art den einen oder anderen leichten Sieg abholen kann.


Sideboard:

3 Timely Reinforcements
3 Celestial Purge
2 Stony Silence
2 Falkenrath Noble
3 Hero of Bladehold
2 Sword of War and Peace


So sieht das dann in Zahlen aus. Wie gesagt, so würde ich es hier spielen, Veränderungen, gerade im Bereich Artefaktremoval, sind durchaus vorstellbar.




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