miraclegames.de
Standard
Die erste Kugel trifft
von Michael Diezel
09.08.2012

Heute gibt es einmal ein kleines Rätsel:

Was vereint folgende Kreaturen?

a)
Eine Menge Flavortext.
b)
Sie sind furchtbar schlecht.
c)
Sie spielten alle in der Standard-Top 8 des letzten StarCityGames-Events mit.

Richtig sind natürlich a, b und c. Während wir uns über die ersten beiden Antwortmöglichkeiten ziemlich sicher einig werden, bedarf c doch ein wenig Erklärung. Oder auch nur den Verweis auf eine weitere Karte:


Mit dieser Kugel im Spiel werden nämlich plötzlich all die unendlich starken Valuekreaturen, die aktuell das Format prägen (Primeval Titan, Solemn Simulacrum, Snapcaster Mage, Augur of Bolas, Blade Splicer), zu den oben aufgeführten Deppen. Das allein klingt schon interessant, noch spannender wird es, wenn man sich überlegt, welche Decks so gespielt werden: Naya, Delver, Ramp, Zombies und grüne Kreaturen. Kein Wort von Kontrolle oder rotem Brand. Wenn aber alle relevanten Decks (viele) Kreaturen enthalten und überdies ein großer Teil dieser auch noch mehr oder weniger stark ihren Wert aus den „Enters-the Battlefield“-Fähigkeiten ziehen, warum spielen wir denn dann Torpor Orb nicht einfach mal im Maindeck?

Diese Frage stellte ich mir eines heißen Sommerabends und beantwortete sie gleich selbst:

Wenn Torpor Orb schlecht ist, ist Torpor Orb schlecht. (Soll heißen, gegen Decks ohne die angesprochenen Valuekreaturen macht die Kugel genau nichts.)
P
Der zweite Torpor Orb ist gravierend schlechter als der erste.
P
Um aber vollen Nutzen aus der Kugel zu ziehen, muss sie sehr zeitig liegen. Wenn der Blade Splicer nämlich schon einmal den Golem mitgebracht hat, ist ihm das Artefakt herzlich egal. Da es keine Tutoren gibt, ist die einzige Möglichkeit, das zu gewährleisten, einfach möglichst viele Kopien zu spielen.
P
Der dritte Punkt beißt sich mit dem zweiten.

Ihr seht, am Ende läuft es auf die folgende Konstellation hinaus: Eigentlich will man in Zug 2 immer so ein Ding haben, danach nie wieder. Das klappt jedoch nur, wenn man mindestens drei Exemplare ins Deck wirft, gleichzeitig erhöht man damit aber auch die Wahrscheinlichkeit in den unpassenden Momenten ein (weiteres) solches Gerät zu ziehen.

Dieses unschöne Problem löst man nur auf eine Art. Überschüssige Orbs müssen einen Alternativzweck finden. Um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Filtern, zum Beispiel per Faithless Looting
Angreifen, zum Beispiel via Tezzeret, Agent of Bolas
Opfern, zum Beispiel für Trading Post

Na, das klingt doch schon fast wie ein Deck!


Besonders Tezzeret und Trading Post passen super zusammen und wollten schon seit Längerem mal von mir in ein Deck verpackt werden. In dem Moment, wenn wir ernsthaft über den Handelsposten nachdenken, bedeutet das auch automatisch ein Nicken in Richtung von Mycosynth Wellspring und Ichor Wellspring, weil diese Synergie recht zügig beachtlichen Kartenvorteil hervorbringt. Als Artefakte, die noch dazu gern sterben, passen sie auch hervorragend zu Tezzeret. Legen wir also diese Basis aus Torpor Orb, Wellsprings, Tezzeret, Agent of Bolas, Trading Post zugrunde, gibt es noch völlig verschiedene Wege, wie wir weiter bauen können. Das liegt ganz einfach daran, dass ein großer bis sehr großer Teil der verwendeten Karten Artefakte sein werden, die bekanntlich farblich nicht sonderlich anspruchsvoll sind. Dank Mycosynth Wellspring verfügt man überdies zu diesem Zeitpunkt bereits über einen beachtlichen Fixer. Zwei sehr unterschiedliche Optionen werde ich jetzt gleich vorstellen, weitere sind – wie angedeutet – problemlos möglich.

Der Ansatz lässt sich aus offensichtlichen Gründen nur als Kontrolldeck bauen. Für ein solches muss man sich zunächst Gedanken über die Defensivmaßnahmen machen. Dazu gehören insbesondere ein paar Massremovaleffekte, von denen die realistischsten wohl …

Slagstorm & Whipflare
Black Sun's Zenith
Mutilate
Day of Judgment & Terminus

… heißen. Alle vier gehören in verschiedene Decks, wobei zusätzlich immer noch Ratchet Bomb bereitsteht. Schon hier erkennt man die unterschiedlichen Wege, die beschritten werden können. Der erste, den ich näher beleuchten möchte, ist der (fast) monoschwarze:


Torpor Black

Mit der Legalität von M13 wurden endlich wieder Rufe nach einem monoschwarzen Kontrolldeck laut. Ursache waren wie immer ein paar Einzelkarten, die mehr oder weniger eindeutig ein solches verlangen: Sign in Blood, Mutilate, Liliana of the Dark Realms, um einmal die wichtigsten zu nennen.


Um jedoch ein Deck mit ~20 Sümpfen zu bauen, braucht man schon eine gute Begründung, gerade in der heutigen Zeit, die mehrfarbigen Decks so entgegenkommt. Von den drei genannten Karten überzeugt mich eigentlich nur Mutilate. Sign in Blood ist sicherlich eine sehr gute Karte, aber längst nicht broken und lässt auch durchaus den einen oder anderen Splash zu. Die neueste Liliana-Inkarnation gefällt mir deutlich schlechter als ihre Vorgängerin, die wiederum ebenfalls Platz für andere Farben einräumt.

Somit müssen wir uns also die Frage stellen, ob Mutilate stark genug ist, dass wir dafür unsere Manabasis aus Unmengen Sümpfen gestalten müssen. Für den Moment einigen wir uns einfach mal auf ja …


1 Island
2 Phyrexia's Core
18 Swamp
2 Drowned Catacomb

3 Tezzeret, Agent of Bolas
4 Sphere of the Suns
3 Torpor Orb
3 Trading Post
2 Mycosynth Wellspring
3 Ichor Wellspring
1 Batterskull
2 Nihil Spellbomb
2 Pristine Talisman
1 Spine of Ish Sah
1 Ratchet Bomb
2 Curse of Death's Hold
2 Tumble Magnet
1 Black Sun's Zenith
1 Mox Opal
4 Mutilate


1 Wurmcoil Engine
2 Phyrexian Metamorph

Sideboard:

1 Ratchet Bomb
1 Karn Liberated
4 Vampire Nighthawk
3 Duress
2 Grafdigger's Cage
3 Bloodline Keeper
2 Liliana of the Veil


Ach, wie schön!

Es gibt unendliche Möglichkeiten beim Bau, selbst wenn man es – wie hier – weitestgehend einfarbig hält. Die Hauptfrage ist vermutlich, welches Removal man über Mutilate hinaus verwendet. Die beiden Optionen sind:

a)
mehr Massremoval und Tumble Magnet
b)
Liliana of the Veil und Tragic Slip

Beide Varianten haben Vor- und Nachteile und können noch beliebig mit Ratchet Bomb und/oder Doom Blade beziehungsweise Go for the Throat angereichert werden. Ich habe es in diesem Fall so herum gemacht, einfach weil es einmal etwas anderes ist. Auch bei der Wahl der Artefakte ist man durchaus offen. Sphere of the Suns erscheint mir zwingend notwendig, um den notwendigen Speed zu bekommen. Hinzu kommt eine Ballung in der Manakurve bei vier beziehungsweise zwei, was den angestrebten Sprung von zwei auf vier extrem begünstigt. Die Wahl der eigentlichen Finisher fällt auf die Mischung Batterskull, Wurmcoil Engine und Spine of Ish Sah, die jeweils in verschiedenen Situationen ihre Stärke ausspielen können. Weitere Kandidaten sind Mindslaver oder schlicht mehr der bereits vorhandenen Karten. Wie gesagt, das Ganze ist unglaublich eng, was auch erklärt, warum ich ausnahmsweise einmal ein Deck mit 61 Karten vorstelle. Ich kann einfach keine Entscheidung treffen, welche Karte überflüssig ist.

Ein weiteres Highlight ist das Sideboard, welches – schon fast traditionell – einen kleinen Morphplan beinhaltet. Die sieben Vampire sind sehr flexibel einsetzbar und können in verschiedensten Matchups zum Einsatz kommen. Interessant dabei ist, dass sie auch problemlos einzeln einboardbar sind. Grafdigger's Cage zusammen mit Torpor Orb sorgt dann endgültig dafür, dass dem Birthing Pod-Spieler Tränen in die Augen getrieben werden.


Metallrot, Splash Tezzeret

Das ist die andere Variante, die ich euch heute gern vorstellen will. Diese verwendet über die genannte Basis hinaus noch die Power von Faithless Looting und den roten Massenvernichtungswaffen.


Faithless Looting ist ein zusätzlicher Grund, potenziell starke, aber nur speziell einsetzbare Karten zu verwenden. Wenn man sie braucht, spielt man sie, wenn nicht, wirft man sie einfach ab. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass es auch ein wenig in die andere Richtung klappt. Dank Faithless Looting kommt man schneller durch die eigene Bibliothek und findet somit die für die jeweiligen Situationen perfekten Karten – sogar ohne dass man unendlich viele davon unterbringen muss.


2 Phyrexia's Core
2 Swamp
1 Darkslick Shores
2 Blackcleave Cliffs
3 Mountain
4 Dragonskull Summit
4 Sulfur Falls
4 Evolving Wilds
1 Island

1 Wurmcoil Engine
2 Phyrexian Metamorph


3 Tezzeret, Agent of Bolas
4 Sphere of the Suns
2 Torpor Orb
2 Trading Post
4 Ichor Wellspring
1 Batterskull
2 Nihil Spellbomb
2 Pristine Talisman
1 Spine of Ish Sah
1 Mox Opal
1 Grafdigger's Cage
1 Nicol Bolas, Planeswalker
3 Faithless Looting
3 Slagstorm
4 Galvanic Blast


Mehr Farben, mehr Spielereien. Manchmal glaube ich ja, dass man hiermit schon zu viel davon hat und ein wenig den Fokus verliert. Andererseits hat man mit den vier Blasts schon ab Zug 1 Antworten für gegnerische Bedrohungen, die später sehr zuverlässig auch größere Sachen (zum Beispiel Restoration Angel) beseitigen. Probleme hat man hingegen mit richtig dicken Karten, aber hier sollten die eigenen superteuren Sprüche wie Spine of Ish Sah oder Nicol Bolas, Planeswalker noch mal drübergehen. Ansonsten spielt man ein paar mehr Manaquellen als zwingend notwendig, aber – und das ist ein weiterer Vorteil von Faithless Looting – wirklich Wegfluten wird man trotzdem eher selten. Solemn Simulacrum ist übrigens in beiden Varianten nur bedingt sinnvoll – es kombiniert eben nicht sonderlich gut mit Torpor Orb.

Ein Sideboard habe ich hierfür nicht mit angegeben, obwohl ich natürlich eins besitze. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass man mit den drei Farben und Betonung auf Artefakte nahezu unendliche Möglichkeiten abwägen muss. „Detail“ ist dabei das wichtigste Wort, da plötzlich das erwartete Metagame extrem wichtig wird.


Bevor wir uns jetzt dem eigentlichen Spielen mit diesen Konstrukten zuwenden, noch kurz ein paar Regelfeinheiten, die mir in meinen Testpartien immer mal wieder aufgefallen sind:

Wurmcoil Engine und Trading Post sind supergut zusammen, aber nicht unendlich. Man kann die Engine nicht als Kreatur in den Handelsposten opfern, um die so gerade gestorbene Maschine wieder auf die Hand zurückzubringen. Klappt nicht, da man das Ziel schon beim Aktivieren ansagen muss und dann ist sie noch nicht im Friedhof.
P
Phyrexian Metamorph unter Torpor Orb funktioniert hingegen wunderbar. Weil der Kopiereffekt (wie jeder dieser Art) keine ausgelöste Fähigkeit ist, stört er sich auch nicht am Orb und kann kopieren, was auch immer er will. Beachtet aber, dass natürlich die möglichen Effekte der kopierten Kreatur beim Ins Spiel kommen nicht zum Zuge kommen.
P
Bei Mycosynth Wellspring und Trading Post geht ähnlich wie beim Opfern von Solemn Simulacrum zuerst der Effekt des Posts und dann der Trigger des sterbenden Wellsprings auf den Stack. Von hinten nach vorne aufgedröselt ergibt das ein Suchen des Standardlands gefolgt von der Extrakarte.

Nachdem wir das aus dem Weg haben, hier ein paar wichtige Tipps fürs Spielen der beiden Versionen:

Der perfekte Zug für Torpor Orb ist Turn 2 – oder nie. Sehr oft steht man im zweiten Zug vor der Auswahl verschiedener Sprüche, die man wirken kann. Die Reihenfolge dafür ist zwar recht variabel und situationsabhängig, prinzipiell sollte man aber in den meisten Fällen Torpor Orb legen – zumindest wenn man davon ausgeht, dass der Gegner irgendwelche Valuekreaturen spielt. Falls nicht, bleibt die Kugel auf der Hand und wird im Idealfall im Verlauf der Partie neuen Aufgaben zugeführt. Ansonsten gibt es eben auch schon im frühen Spiel zahlreiche beliebte Männer, die man lieber direkt kastriert.


Ein Trading Post muss verwendet werden. Klingt logisch, bedeutet aber im Klartext, dass man wirklich immer versuchen sollte, eine der vier Fähigkeiten zu verwenden, selbst wenn das gleichzeitig bedeutet, einen Spruch aus der Hand weniger zu spielen. Der Handelsposten ist nämlich ganz schön teuer und langsam und ergibt deswegen nur Sinn, wenn man wirklich jedes bisschen Nutzen aus ihm quetscht. Natürlich gibt es hier Ausnahmen, allerdings sollte es sich dabei unbedingt um solche handeln. Mutilate bei bevorstehendem tödlichen Angriff seitens des Gegners, wenn man bloß vier Mana hat, zählt. Der dritte Wellspring eher nicht.

Schnelles Erkennen des gegnerischen Plans sorgt für richtige Entscheidungen. Eine der wichtigsten Regeln für ein erfolgreiches Spiel stellt das möglichst zeitige Identifizieren des gegnerischen Decks und damit Plans dar. Nicht umsonst laufen so viele Leute in den ersten Runden durch die Gänge und beobachten ihre potenziellen Gegner. Mit diesem Deck ist das sogar noch wichtiger, schließlich gilt es festzustellen, ob man Karten wie Nihil Spellbomb oder Torpor Orb sinnvoll einsetzen kann. Sinnvoll ist natürlich immer ein wenig vage. Gerade die Spruchbombe zu opfern beziehungsweise just in diesem Moment zu opfern, bietet durchaus Möglichkeiten, Fehler zu begehen.

Artefakte zählen! Ihr glaubt gar nicht, wie viele Spiele ich schon mit dem Tezzeret-Ultimate gewonnen habe. Beide Decks haben wirklich viele Artefakte und das Ultimate selbst ist schnell abrufbar. Vergesst es bitte nicht, nur weil man es noch nicht so oft in Aktion gesehen hat. Entsprechend sollte man dann auch dafür sorgen, dass es möglichst schnell tödlich wird, das heißt, beim Vorbereiten eben mal nicht den Wellspring für Trading Post opfern, sondern stattdessen lieber eine Ziege schlachten.


Sümpfe sind die besten Länder. Das gilt besonders für das erste Deck. Dort sollte man mit Mycosynth Wellspring nur die Insel suchen, falls man keine der anderen Quellen blauen Manas zur Verfügung hat. Ebenso gilt, zuerst Sümpfe und nur im Bedarfsfall blaue Manaquellen oder Phyrexia's Core legen.

Karten gehören ins Spiel … oder auch nicht. Hier erkennt man einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Versionen. Prinzipiell gilt, dass man vorzugsweise viele Karten im Spiel haben möchte, da ein nachgezogener Trading Post oder Tezzeret, Agent of Bolas schnell einigen Nutzen aus jedem noch so sinnfrei aussehenden Artefakt (und irgendwann auch Land) ziehen. Mit dem ersten Deck hat man auch keine relevante Möglichkeit, etwas mit den Karten auf der Hand anzufangen (abgesehen vom Bluff/Trading Post), sodass man sie getrost ausspielen kann. Anders bei der Version mit Faithless Looting. Hier gibt es durchaus Momente, in denen man überschüssige Länder, Sphären, Orbs et cetera sammelt.

So, zum Abschluss gibt es noch eine letzte Variante von Orb-Kontrolle, diesmal ohne den ganzen Wellspringkram. Den benötigten Kartenvorteil erzielt man aus Faithless Looting und zwar manchmal sogar quantitativ, mithilfe diverser Phönixe:


14 Mountain
2 Desolate Lighthouse
4 Sulfur Falls
3 Buried Ruin

2 Phyrexian Metamorph
3 Kuldotha Phoenix
2 Wurmcoil Engine
4 Chandra's Phoenix


2 Mimic Vat
4 Galvanic Blast
3 Arc Trail
4 Sphere of the Suns
4 Bonfire of the Damned
1 Batterskull
3 Koth of the Hammer
2 Pristine Talisman
3 Torpor Orb


Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche euch viel Freude beim Verhauen all der Korallenmeervölker, Kinderschrecks und Torhunde!

Der MiDi




Kommentiert
.in unserem Forum

[ drucken ]

Weitere Artikel/Berichte von Michael Diezel

[23.07.2016]Der Mondmann
[02.06.2016]Grumpy Old Men
[26.05.2016]L.E. Crash #5
[12.05.2016]Das Glashaus
[05.05.2016]Apollo 13


miraclegames.de
 
 
zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite