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Fels der Entscheidung
von Michael Diezel
31.10.2013

Wir können derzeit von einem recht stabilen Metagame im Hinblick auf das Standardformat sprechen. Dabei dominieren schwarze, blaue und grüne Devotiondecks, für die es mit dem removalreichen Esper eine theoretische Antwort zu geben scheint. Schließlich beinhaltet der Gameplan aller drei Devotion-Decks ausgehend von der namensgebenden Fähigkeit das Ausspielen zahlreicher Permanents, um in den Genuss der ganzen farbigen Manasymbole zu kommen. Esper setzt genau hier an und versucht die Anzahl der im Spiel befindlichen permanenten Karten auf ein Minimum zu reduzieren. Klappt so weit auch ganz gut, das Einzige, was mich an Esper stört, ist die gewaltige Stärke der zu bekämpfenden Einzelkarten.

Ja, man kann theoretisch alles kaputtmachen. Allerdings hat man dafür sehr oft nicht allzu viel Zeit, da die Bedrohungen eben so ungemein … bedrohlich sind. Hinzu kommt, dass fast alle nach verschiedenen Lösungen verlangen. Das sieht man recht schön beim Duo Doom Blade/Ultimate Price, die beide Ziele haben, die sie nicht bekämpfen können. Logische Folge wäre dann, einfach Hero's Downfall beziehungsweise Detention Sphere zu spielen, die darüber hinaus auch lästige Planeswalker beantworten. Genau das machen auch die ganzen Esper-Decks und geben damit anderen Ansätzen eine Chance, namentlich Aggro. Ihre Flexibilität bezahlen diese beiden Karten nämlich mit höheren Manakosten und dies wiederum freut die Decks, die sehr schnell angreifen wollen. Nicht umsonst wird ja gerade Monorot von ungefähr jedem Schreiber als zukünftiger Star des Metagames bezeichnet. Noch funktioniert das in der Praxis nicht so richtig, was hauptsächlich daran liegt, dass eigentlich jedes der vier dominierenden Decks mindestens eine Karte spielt, die für den Rotmagier kaum zu besiegen ist. Hinzu kommt die traditionelle Schwäche in den Post-Sideboard-Spielen.

In der letzten Woche habe ich genau dort angesetzt und Schwarz ins rote Deck gesplasht, um in Dreadbore eine extrem flexible Antwort auf fast alles zu erhalten. „Fast“ ist leider ein wichtiges Wort in diesem Zusammenhang, folgendes Problem blieb nämlich bestehen:


Natürlich könnte man hier einfach mit Doom Blade oder Ultimate Price agieren, aber gerade im Maindeck gefällt mir das nicht, da beide – wie angedeutet – ihre Schwierigkeiten mit bestimmten Karten haben und ich in einem solchen Aggrodeck eigentlich keine Karte sehen möchte, die gegen bestimmte andere Kreaturendecks nichts macht. Für Hero's Downfall wiederum ist das Mana deutlich zu rot. Deshalb müssen wir in eine andere Farbe wechseln und finden bei Weiß das potenziell beste Removal des Formats überhaupt:


Für genau ein Mana bekommt man hiermit tatsächlich nahezu alles weg. Schwarze Kreaturen, bunte Kreaturen, Kreaturen mit Schutz vor Rot, ja selbst unzerstörbare Götter können ganz einfach an einen der zahlreichen Felsen geschmiedet werden, die man in einem knallroten Deck so spielen wird. Doch da hören die Vorteile von Boros gegenüber Rakdos noch nicht auf. So kann man etwa auf folgendes Land zurückgreifen:


Ja, Scry 1 auf einem Land ist tatsächlich so gut, dass dieses nur etwas bessere Guildgate eine eigene Erwähnung bekommt. Hinzu kommt noch, dass man selbstverständlich die passenden Tore auch zusätzlich zum Tempel spielen kann und damit die Farbstabilität – auf Kosten der Explosivität – noch weiter verbessert.

Somit haben wir also besseres Mana und besseres Removal, gibt es auch irgendwelche Nachteile? Offensichtlich, sonst würden es ja viel mehr Menschen spielen. Starten wir beim Mana. Die Stabilität hat ihren Preis und zwar darin, dass die meisten Doppelländer getappt ins Spiel kommen. Je schneller das Deck, desto störender ist das. Logische Folge wäre jetzt eine Reduktion ebendieser Offensive in der Grundausrichtung.

Aber auch Chained to the Rocks hat natürlich Nachteile. In erster Linie liegen die darin, dass man damit letztendlich nur Kreaturen beseitigt. Das bedeutet, falls der Gegner gerade einmal solche nicht ausspielt – sagen wir, da er als Espermagier unterwegs ist – können wir nicht alternativ Planeswalker kaputtmachen (Dreadbore) oder wenigstens den Brand ins Gesicht ballern. Insofern müsste man sich selbst in solchen Matchups die Daumen drücken, dass man geschickt an den Ketten vorbeizieht … Oder aber man akzeptiert, dass die genannten Änderungen, die sämtliche Kreaturenmatchups aufwerten (was im Normalfall ja ein Großteil der Gegner sein sollte), gegen Kontrolle nicht so stark sind. Immerhin kann man dann ja versuchen, das ein wenig an anderer Stelle auszugleichen. Die Farbkombination bietet hierfür beispielsweise den passenden Charm, der seine besten Auftritte zufällig gegen Decks mit Supreme Verdict hat:


Eine zweite Maßnahme besteht darin, den komboesken Charakter des Decks zu entschärfen. Zur Erklärung: Ein modernes Aggrodeck spielt sich in meinen Augen fast wie ein Kombodeck. Statt Rituals sammelt man billigste Kreaturen und spielt dann durch den Hate. Umso aggressiver man dabei ist, desto mehr benötigt man die kombinierte Power der Masse. In einem solchen Ansatz ist nicht angebrachtes Removal völlig tot – und nur schwer auszugleichen. Verringert man die Aggressivität zugunsten von Einzelkartenstärke, fällt das hingegen längst nicht so ins Gewicht.

Deswegen reduzieren wir einfach ein wenig die Geschwindigkeit. Mehr oder weniger zufällig erhalten wir durch diese Maßnahme auch eine Entschärfung der Tapp-Land-Problematik und zwar so stark, dass wir sogar Mutavault unterbringen können. Ändergewölbe selbst ist eine der besten Antikontrollkarten überhaupt – und damit schließt sich der Kreis.

Ich zeige euch erst einmal die fertige Deckliste:


10 Mountain
4 Sacred Foundry
4 Temple of Triumph
4 Mutavault
2 Boros Guildgate

4 Firedrinker Satyr
4 Rakdos Cackler
4 Boros Reckoner
4 Ash Zealot
3 Stormbreath Dragon
4 Chandra's Phoenix
1 Tajic, Blade of the Legion


3 Lightning Strike
3 Boros Charm
4 Chained to the Rocks
2 Chandra, Pyromaster

Sideboard:

1 Boros Charm
1 Chandra, Pyromaster
3 Mizzium Mortars
2 Wear/Tear
1 Warleader's Helix
3 Burning Earth
1 Tajic, Blade of the Legion
3 Shock


Zwischen Rakdos Cackler, Firedrinker Satyr und Ash Zealot hat man immer die Möglichkeit auf einen brokenen Start, anders als bei den anderen roten Decks hört es aber damit nicht gleich auf. Bis zum 5-Mana-Slot stapeln sich die Bedrohungen und jede einzelne ist eine ziemliche Ansage. Abgesichert wird das Ganze sowohl gegen Kreaturen (Lightning Strike und Chained to the Rocks) als auch gegen (Mass-) Removal (Boros Charm). So weit der Idealfall. Leider ist nicht alles im Leben perfekt und so muss man sich auch bei diesem Boros-Deck mit einigen Problemen herumschlagen:

Los geht's wie immer bei der Manabasis. Obwohl sie hier – wie schon mehrfach angedeutet – stabiler ist als bei den meisten vergleichbaren zweifarbigen Aggrodecks (etwa Selesnya) und sogar Mutavault enthält, klappt es nicht immer so, wie man es gern hätte. So fehlt hin und wieder das weiße Mana oder aber überhaupt eine dritte farbige Quelle, die Boros Reckoner nun einmal verlangt.
P
Dann sind wir direkt beim Start und dem Trio Cackler/Satyr/Zealot, von denen man schon sehr gern einen auf der Starthand sehen würde. Denn bei aller Einzelkartenstärke und Resistenz sollte man diese doch nicht überschätzen und lieber ein wenig Druck aufbauen. Gerade gegen die Devotiondecks ist dies sehr wichtig, da man zwar eine gewisse Zeit im Wettrüsten mithalten kann, es am Ende aber nicht positiv ausgehen kann.
P
Viele der aggressiveren Karten sind in dem Deck sicher nicht an der Spitze ihrer potenziellen Leistungsfähigkeit. Ein Chandra's Phoenix beispielsweise könnte sicher noch den einen oder anderen Burnspell vertragen, um sich nicht allzu lange im Friedhof aufhalten zu müssen.
P
Es fehlt so ein wenig die Einzelkarte, die verlorene Spiele noch einmal herumdreht. Eine Art Mizzium Mortars also. Diese kann man sich leider beim besten Willen nicht erlauben, wenn das volle Playset Chained to the Rocks mitmachen darf, weil man dann irgendwann einfach mit zu vielen Karten dasteht, die darauf angewiesen sind, dass der Gegner Kreaturen auf den Tisch bekommt. Immerhin bleibt noch die Möglichkeit, zwischen Boros Charm, Drachen und so weiter eine Menge Schaden aus dem Nichts zu entfachen.

Eine Menge der angesprochenen Probleme kann man zum Glück mithilfe des Sideboards angehen. So finden sich hier die angesprochenen Mizzium Mortars ebenso wie der verbliebene Boros Charm oder auch geschmeidige Extrabedrohungen für die Kontrollgegner. Gerade Burning Earth ist hierbei für den Espermagier eine Ansage, die noch dazu von Wear // Tear untermauert wird, welche wiederum Jagd auf Detention Sphere machen, was normalerweise die einzige Antwort darstellt.

Ansonsten muss ich noch Tajic, Blade of the Legion herausheben. Olle Tajic hat mich sehr positiv überrascht. Zunächst ist er von zweien der vier großen Decks quasi gar nicht zu beantworten. Zudem haut er in dem Deck wirklich oft ordentlich zu und das gern mal aus der Kalten, sprich über Haste und/oder Mutavault.

Zum Abschluss muss ich euch jedoch warnen: Es existieren ein paar Karten, gegen die man mit dem Deck und insbesondere mit Chained to the Rocks nicht antreten möchte. Detention Sphere und Ratchet Bomb zum Beispiel, wobei diese normalerweise aus Decks springen, die sich eh nicht sonderlich den Kopf über Kreaturenremoval zerbrechen. Noch schlimmer ist da schon Peak Eruption, die sich zum Glück (noch) im Schönheitsschlaf in den Heftern der Spieler befindet. Ähnlich wie bei Dark Betrayal muss das aber nicht so bleiben und spätestens dann hat man mit der Boros-Variante der roten Karten ein Problem. Doch unterdessen ist dieser Punkt ja lange nicht erreicht, und wenn es so weit ist, finden wir bestimmt ein anderes Deck, welches unserer Aufmerksamkeit bedarf.

Bis dahin noch schnell ein weiterer, durchaus bekannter Ansatz, der von ähnlichen Annahmen ausgeht und dadurch seine vielleicht etwas seltsameren Einzelkarten erklärt:


1 Selesnya Guildgate
9 Plains
9 Forest
4 Temple Garden

2 Ajani, Caller of the Pride
4 Advent of the Wurm
4 Selesnya Charm


4 Soldier of the Pantheon
4 Banisher Priest
4 Voice of Resurgence
4 Fleecemane Lion
4 Experiment One
4 Fiendslayer Paladin
3 Boon Satyr


Selesnya ist ja eigentlich genau das Deck, das man nicht in einem Metagame voller Removal und superstarker Einzelkarten spielen sollte. Es sei denn natürlich, man bereitet sich genau darauf vor. Mit viermal Selesnya Charm und Banisher Priest spielt man so ziemlich das Maximum an eigenem Removal, wodurch Devotion ausreichend ausgebremst werden sollte. Gleichzeitig gibt es in Fiendslayer Paladin einen Typen, der den ganzen Removaldecks aber mal so richtig das Leben schwermacht. Für den König der Kreaturenentfernung – Esper – gibt es darüber hinaus die bekannten „Hate“-Kreaturen wie Voice of Resurgence, Fleecemane Lion, Boon Satyr, Experiment One … ach, eigentlich ist ungefähr jede Kreatur eine Ansage.

Zwei Schwierigkeiten halten mich momentan noch davon ab, das Deck lauter zu propagieren: Erstens ist die Manabasis abenteuerlich schlecht und zweitens ist Experiment One eine ziemliche Gurke in diesem Deck, was aufzeigt, dass sehr viele Kreaturen auf sich gestellt nur mäßige Kämpfer sind.

Im Sideboard spielt man dann auf jeden Fall Unflinching Courage und Mistcutter Hydra aus nachvollziehbaren Gründen sowie Last Breath gegen Master of Waves, unseren Endgegner aus dem blauen Deck.

Wie gesagt, die Ansätze sind sehr vielversprechend, leider fehlt ein wenig die Konstanz. Aber irgendwas ist ja immer …

In diesem Sinne, bis zur nächsten Woche
Der MiDi




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