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Scoop! Oder was es bedeutet, kein Pro mehr zu sein
von Patrick Mello
09.09.2003

Eigentlich ist mein Thema ein ganz anderes, aber die Anspielung auf Andreas' schön provokativen Artikel konnte ich mir dann doch nicht verkneifen. Man muss Euch Leser ja schließlich irgendwie ködern!

[09.2003]: *** Mello has Quit.

Morgen fliege ich nach Boston zur Team PT, meiner 23. und wahrscheinlich letzten Pro Tour. Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, aber bisher konnte ich mich nicht dazu durchringen. Nun werde ich ab Oktober wieder studieren (nach einem kläglichen, Magic- und
Desinteresse-Bedingten BWL Abbruch an der Uni Hamburg). Und der Kontrast könnte nicht stärker sein, denn es geht in das beschauliche Nest Bayreuth zum BA Studiengang Anglistik / Rechtswissenschaft, der wird in dieser Form nur dort angeboten, daher also auf nach Bayern! Allerdings finde ich eine kleine Uni zum studieren auch deutlich angenehmer als beispielsweise die Uni hier in Hamburg.

Klar, man kann neben dem Studium und locker noch Magic-spielen, aber bei bis zu 20 Events im Jahr (wenn man, wie ich es in den letzten Jahren gemacht habe, fast alle erreichbaren Grand Prix mitspielt; sowie auch einige beknackte wie z.B. Philadelphia) wird die Zeit dann doch knapp und das Studium verzögert sich mehr oder minder unfreiwillig. Daher muss man Prioritäten setzen. Entweder Pro oder eben nicht. Ab Oktober bin ich dann wieder casual gamer Mello. Zurück zu den Wurzeln!

Nach der letzten Saison ist meine Lust auf Pro Magic aber auch auf dem Völler'schen Tiefpunkt angelangt. Mein 58. Platz in Yokohama war das Highlight einer desaströsen Saison. Der 3. Platz beim GP Reims tat gut, konnte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Luft raus ist. Dabei glaube ich nicht mal, dass ich heute schlechter spiele als vor ein, zwei Jahren, wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht sogar besser, aber das Feuer ist nicht mehr da. Und letztlich wird jeder, na gut – fast jeder einmal die Erfahrung machen, dass man dieses Spiel nur bis zu einem gewissen Punkt kontrollieren kann, danach ist Glück der entscheidende Faktor. Das ist in Ordnung solange man noch motiviert ist, aber wenn das nachlässt, sollte man aufhören.

Die großen Turniere haben einfach ihren Reiz verloren. Früher war ich glücklich darüber, qualifiziert zu sein und gegen ein paar bekannte Namen zu spielen (und dabei vielleicht sogar zu gewinnen!).
Doch nach den ersten größeren Erfolgen schaut man nur noch auf die Plätze die man bisher nicht erreichen konnte (Top 8, Top 16), alles andere wertet man dann leicht als Misserfolg. Es gibt eine ganze Reihe Spieler, denen es gelingt über viele Jahre hinweg konstant gut zu sein und auch die entsprechenden Ergebnisse zu erzielen andere jedoch haben nur einmal eine gute Phase. Wahrscheinlich zähle ich eher zur zweiten Gruppe.

Aber Warum erzähle ich Euch das hier überhaupt?

Könnte ich mir eigentlich auch sparen. Doch nach acht Jahren Magic und davon vier, fünf als Pro ist man ja doch irgendwie mit der Magic Szene verbunden, auch wenn ich kaum noch lokale Turniere spiele mittlerweile. Und bevor ich ganz von der Bildfläche verschwinde (was ich zwar nicht unbedingt plane, aber evtl. kommt es doch so), wollte ich hier noch mal kurz Guten Tag gesagt haben.

Und schließlich hat es auch viel Spaß gemacht über die Jahre mit Euch allen. Angefangen in Hamburg bei Fantasy & Science Fiction und Wizard's und später im Magic Treff und natürlich im Drachenei. Die ersten beiden Läden existieren schon lange nicht mehr, aber die Erinnerung bleibt. Ich will gar nicht anfangen Namen zu nennen, denn dann vergesse ich bestimmt einige – wie sagt man so schön: you know who you are! Also In diesem Sinne: Grüße an alle die damals mitgezockt haben oder in den Jahren danach dazugekommen sind. Das beschränkt sich natürlich nicht auf Hamburg allein. Schließlich haben wir genügend Hammer-Touren zu PTQs in ganz Deutschland gemacht (ich sag nur 180° Drehung bei schneebedeckter Fahrbahn nachts um 3, weil ich ja unbedingt zum PTQ nach Dietzenbach wollte, immerhin Christian und Gunnar haben sich damals die Flüge geschnappt). Auch schön waren die Rivalitäten zwischen den Teams aus Köln, Aachen, Berlin und Hamburg, die ganzen alten Haudegen, die teilweise heute noch zocken oder mit Magic Online wieder eingestiegen sind.

Jetzt wo ich die Entscheidung getroffen habe, freue ich mich richtig auf Boston.

Noch ein Mal richtig auf die Kacke hauen, hoffentlich. Mit John Larkin und Sam Gomersall hat sich mittlerweile auch schon ein ganz gutes Teamgefühl eingestellt, nachdem wir schon den Grand Prix Amsterdam und kürzlich den Team PTQ auf Worlds zusammen gespielt haben. Jetzt noch taugliches Produkt im Sealed Teil öffnen und los geht's.

[Dabei fällt mir eine Randgeschichte ein]

...die ich doch noch erwähnen will, auch wenn ich eigentlich keine schmutzige Wäsche waschen wollte. In Amsterdam haben wir (The JC Experience) in Runde 5 gegen die Phoenix Foundation gespielt, logischerweise ein bedeutendes Spiel für uns. Es stand 1:1 in Matches und zwischen John und Kai auch 1:1, bis John das entscheidende Spiel gewann. Soweit so gut. Doch die ‚Art und Weise' wie wir uns über den Sieg freuten (High-Fives im Team) führte dazu, dass Kai erst John den Handschlag verweigerte (hat er aber wohl später zurückgenommen) und mich dann verbal angriff, was ich mir denn rausnehmen würde.

Später führte dies auch noch dazu, dass Kai und Marco sich weigerten, den Team PTQ in Berlin zusammen mit mir zu spielen (Dirk hatte keine Zeit, daher hatte Kai mir ursprünglich zugesagt), alles ‚wegen der Aktion in Amsterdam'.

Die meisten würden so etwas wohl locker nehmen. Aber das schaffe ich leider nicht. Die Sache saß tief. Und im Ernst – wenn ich (ausnahmsweise in den letzten 12 Monaten) mal wieder ein Match gewinne, dann werde ich mich auch verdammt noch einmal darüber freuen, zusammen mit meinen Teamkollegen. Wer damit nicht klar kommt, hat bei sich nach einem Problem zu suchen, aber nicht andere zu beschuldigen. Da erwartet man mehr Größe und Gelassenheit von den Team-Champions.

Dass Kai und ich uns gelegentlich fetzen, wäre ja nicht Neues, von daher denke ich auch, dass diese Sache nicht auf Dauer ein Problem bleibt, da ich aber von den Jungs hierzu nie ne Erklärung geschweige denn Entschuldigung bekommen habe, ist es für mich auch noch nicht vergessen. Und solche Sachen nehme ich halt etwas persönlicher als your average gamer. In diesem Sinne, Prost.

[Ende Randgeschichte]

Ich denke schon, dass ich nicht komplett aufhören werde, zumindest werde ich nicht alle Karten verkaufen, wenn ich auch schon dabei bin den ganzen Überschuss auf ebay rauszuhauen. Immerhin kann ich in Zukunft wohl noch einmal im Jahr die Karten entstauben und in Peer/ Dirk –Style auf der DM mitmachen und gelegentlich wohl auch mal auf einem PTQ oder so auftauchen. Aber halt mit einer ganz anderen Einstellung dann – es ist dann nicht eines der Pflicht-Turniere, die man halt spielt wegen der PT Punkte um qualifiziert zu bleiben, sondern einfach so ein Turnier, weil man mal wieder Lust aufs Daddeln hatte. Kann kaum glauben, dass ich das gerade
getippt habe.

Wäre sicher cool gewesen, noch mal mit Michi zusammen in New Orleans zu zocken (und vorher zusammen zu testen), aber vom Termin her glaube ich nicht dran, dass ich das irgendwie einrichten kann, auch wenn es Schade ist, wo er sich gerade mal wieder qualifiziert hat.

Na denn, ich habe fertig. Auf nach Boston!

Patrick

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